Wichtige ethische Gebote, Tugenden und Verpflichtungen aus der Weltgeschichte
(zum Teil „ethische Universalien“ genannt)
siehe auch: Literatur: Wirtschaftsethik (1580-2001) Lebenslehren/ Umgangsformen/ Gutes Benehmen (2400 v. Chr. - 1700)
Inhalt Die vier wichtigsten Gebote aus dem Alten Ägypten (ca. 2600 v. Chr.): Die Moral der Sumerer (ca. 2400 v. Chr. - 1700 v. Chr.) Ägyptisches Totenbuch, Spruch 125 ( ca. 1500 v. Chr.) Die 10 Gebote der Bibel (um 1200-600 v. Chr.) Die Goldene Regel (seit 620 v. Chr.) Drei Kostbarkeiten des Laotse (6. Jh. v. Chr.) Die fünf Gebote des Buddha (um 500 v. Chr.) Tugenden bei Sokrates (ca. 430 v. Chr.) Die 4 Kardinaltugenden nach Platon (ca. 360 v. Chr.) Die Tugenden nach Aristoteles (ca. 330 v. Chr.) Aus dem konfuzianischen „Buch der Riten“ (ca. 200 v. Chr.) Zentrale Wertvorstellungen der Römer Tugendkatalog von Seneca: De tranquillitate animi (ca. 50 n. Chr.) Die christlichen Tugenden nach 1. Kor. 13, 13 (ca. 57 n. Chr.) und Ambrosius (386) Christlicher Tugendkatalog: 2. Petrusbrief 1, 3-7 (nach 70 n. Chr.) Benediktus-Regel (540) Ehrenkodex der Samurai (ab 800) Rittertugenden (ca. 1050-1300) Wilhelm von Conches: Moralium dogma philosophorum (um 1150) Eid der Gilde von St. Katharina in Stamford (14./15. Jh.) Bürgerliche Tugenden (ab 16. Jahrhundert) 4 feierliche Gelübde der Jesuiten (1540) Königstugenden (William Shakespeare: „Macbeth“, 1606) Kardinaltugenden bei Arnold Geulincx (1665) 5 Werte bei August Hermann Francke (um 1700) 7 Tugenden eines ehrbaren Kaufmanns (um 1700) Die 13 nützlichen Tugenden eines Erzkapitalisten (Benjamin Franklin, um 1730) „Preussische" Tugenden nach Friedrich dem Grossen (um 1750) Tugendlehre der Freimaurer (18. Jahrhundert) Das Göttliche (Johann Wolfgang von Goethe, 1783) Immanuel Kant: Definition der Tugenden (1797/98) Das Pfadfindergesetz (1907 - Schweizer Version) Olympischer Eid (1920) Genfer Gelöbnis (1949; Weltärztebund) 10 Gebote für den neuen sozialistischen Menschen (1958) Howard T. Odum: Ten Commandments of the Energy Ethic for Survival of Man in Nature (1971) Davoser Manifest 1973 Joseph C. Paradi: Ten Commandments of Business (1990ff) Sechs ethische Handlungsregeln (Prof. Dr. Wolfgang Grunwald, 1993) 10 Grundsätze für Manager (Roland Müller 1999)
Die vier wichtigsten Gebote aus dem Alten Ägypten (ca. 2600 v. Chr.):
1. Pietät gegenüber den Eltern, der eigenen Herkunft, der Tradition. 2. Hinhören, Ge-horchen, Achtgeben. 3. Wahrheit, Rechtschaffenheit,
Gerechtigkeit, 4. Nicht geizig und habgierig sein, sondern Güte und Toleranz üben. (James Henry Breasted: The dawn of conscience. New York: Scribner’s 1933; mehrere Aufl.; Reprint 1968; dt.: Die Geburt des Gewissens. Zürich: Morgarten 1950.)
Die Moral der Sumerer (ca. 2400 v. Chr. - 1700 v. Chr.)
„Ihren eigenen Aussagen nach schätzten die Sumerer Güte und Wahrheitsliebe, Gesetz und Ordnung, Freiheit und Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, Mitleid und Anteilnahme. Sie verabscheuten Bosheit und Lügenhaftigkeit, Gesetzlosigkeit und Unordnung, Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Unredlichkeit und Unaufrichtigkeit, Grausamkeit und Unbarmherzigkeit. Die Könige und Herrscher prahlten ständig damit, dass sie Gesetz und Ordnung im Lande aufrechterhielten, die Schwachen vor den Starken, die Armen vor den Reichen schützten, Unrecht und Zwang ausrotteten. In [einem] … Dokument stellt der lagaschitische Fürst Urukagina, der im vierundzwanzigsten Jahrhundert v. Chr. lebte, voller Stolz fest, er habe den vielgeplagten Bürgern Gerechtigkeit und Freiheit gebracht, die allgegenwärtigen und blutsaugerischen Beamten verjagt, dem Unrecht und der Ausbeutung ein Ende gesetzt, die Witwen und Waisen beschützt. Knapp vier Jahrhunderte später »veröffentlichte« Ur-Nammu, der Begründer der dritten Dynastie von Ur, seine Gesetzsammlung, in deren Prolog einige seiner lobenswerten Leistungen aufgezählt werden: Er hat eine Anzahl bürokratischer Missbräuche abgeschafft, die Masse und Gewichte geregelt, damit es auf dem Marktplatz ehrlich zugehe, und dafür gesorgt, dass die Witwen, die Waisen und die Armen vor schlechter Behandlung und Ausbeutung geschützt seien.“ (Samuel Noah Kramer: Geschichte beginnt mit Sumer. 1959, 86f)
Ägyptisches Totenbuch, Spruch 125 ( ca. 1500 v. Chr.)
„Ich habe kein Unrecht gegen Menschen begangen, Ich habe keinen Gott gelästert. Ich habe nicht getötet. Ich habe niemandem ein Leid zugefügt. Ich habe keine Unzucht getrieben. Ich habe nicht gestohlen. Ich war nicht habgierig Ich habe nicht die Unwahrheit gesagt Ich bin nicht aggressiv gewesen Ich habe mich nicht aufgeblasen, usw.
(Emma Brunner-Traut: Lebensweisheit der Alten Ägypter. Freiburg: Herder 1985, 60-65.)
Die 10 Gebote (= Dekalog, um 1200 v. Chr.; formuliert im 9. Jh. v. Chr.; nach anderen Angaben erst 600 v. Chr.) der Bibel (2. Mose 20, 2-17; 5. Mose 5, 6-21; gekürzt Mt. 5, 17-48, Mk. 10, 19, Röm. 13, 9) lauten in der evangelischen und reformierten Version:
Du sollst Gott, deinen. Herrn lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit allen deinen Kräften und von ganzem Gemüte, und deinen Nächsten wie dich selbst (5. Mose 6, 5 und 10, 12; 3. Mose
19, 18;
Dazu sind die 10 Gebote eine nähere Ausführung.
Ich bin der Herr dein Gott. 1. Du sollst keine andern Götter neben mir haben. 2. Du sollst dir von Gott kein Bildnis machen. 3. Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht. 4. Du sollst sechs Tage arbeiten. Aber am siebenten Tag sollst du ruhen und diesen Tag heilig halten. 5. Du sollst Vater und Mutter ehren. 6. Du sollst nicht töten. 7. Du sollst nicht ehebrechen. 8. Du sollst nicht stehlen. 9. Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten. 10. Du sollst dich nicht lassen gelüsten nach dem, was deinem Nächsten gehört.
(in der katholischen Version fehlt Pt. 2, dafür ist Pt. 10 aufgeteilt in 9. und 10.)
Die Goldene Regel (seit 620 v.
Chr.):
(unzählige verschiedene Versionen, z. B.: Pittakos, 620 v. Chr. [laut Ernst Haeckel: Die Welträtsel, 1899, 19. Kapitel]; Thales von Milet, um 550 v. Chr.; Isokrates: „Nikokles“, ca. 370 v. Chr.; im konfuzianischen „Buch der Riten“, sowie Tobias 4, 15 [oder 16], ca. 200 v. Chr.; Buddha: Dhammapada 10, 129-130 (1. Jh. v. Chr.) Rabbi Hillel und Pubilius Syrus, um 40 v. Chr.; Mat.7, 12; Lk. 6, 31, ca. 80-90 n. Chr.; Konfuzius: Lun yü („Analekten“) 12, 2 [ ? 12, 21; 15, 23] (1. Jh. n. Chr.) Kaiser Alexander Severus, um 230 n. Chr. Mahabharata XIII, 5571 ff.)
Drei Kostbarkeiten des Laotse (6. Jh. v. Chr.); vier verschiedene Übersetzungen
„Ich habe drei Schätze, die ich schätze und wahre. Der eine heisst: die Liebe; der zweite heisst: die Genügsamkeit; der dritte heisst: nicht wagen, in der Welt voranzustehen.
Wenn man nun ohne Liebe mutig sein will, wenn man ohne Genügsamkeit weitherzig sein will, wenn man ohne zurückzustehen vorankommen will: das ist der Tod.“
Übersetzung von Richard Wilhelm, 1921
„Wohl! Ich habe drei Kostbarkeiten, Die ich mir halte und hüte. Die erste heisst: Barmherzigleit; Die zweite heisst: Mässigkeit; Die dritte heisst: Nicht wagen, dem Reich voranzugehn.
Doch heutzutage ist man mutig Unter Verzicht auf Barmherzigkeit; Ist man grosszügig unter Verzicht auf Mässigkeit; Geht man voran unter Verzicht auf das Zurückstehn – Das wird zum Tode führen!“
(Günther Debon: Lao-Tse – Tao-Tê-King. Stuttgart: Reclam 1961; Kap. 67)
„ich habe drei schätze die halte ich fest der erste – mitleid der zweite – sparsamkeit der dritte – angst, sich vorzudrängen
wer mitleidlos, doch mutig ist nicht sparsam, doch freigiebig ist sich vordrängt, statt sich hintennach zu stellen der stirbt“
(Ernst Schwarz: Laudse – Daudesching. Leipzig: Reclam 1978, Kap. 67)
“I have three treasures to be maintained and cherished: the first is love; the second is frugality; the third is not pushing oneself ahead of others.
Now courage without love, generosity without frugality, and leadership by pushing oneself ahead of others are fatal.”
(Sanderson Beck: Laotzu/ Lao-zi – Dao De Jing, 1996)
Die fünf Gebote des Buddha (um 500 v. Chr.) für den gerechten Lebenswandel, der zum Heil führt:
1. Töte kein Lebewesen. 2. Nimm nicht, was dir nicht gegeben. 3. Sprich nicht die Unwahrheit. 4. Trinke keine berauschenden Getränke. 5. Sei nicht unkeusch.
Tugenden bei Sokrates (ca. 430 v. Chr.) Gottesfurcht Enthaltsamkeit (Selbstbeherrschung) Tapferkeit Gerechtigkeit
(Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999, 289.)
Die 4 Kardinaltugenden nach Platon (ca. 370 v. Chr.; Gastmahl 196b-e) Weisheit (sophia; sapientia) Tapferkeit, Stärke (andreia; fortitudo) Masshalten, Mässigung, Besonnenheit (sophrosyne; temperantia) Gerechtigkeit (dikaiosyne; iustitia).
(Nicolai Hartmann: Ethik. Berlin: de Gruyter 1926; 4. Aufl. 1962. Otto Friedrich Bollnow: Wesen und Wandel der Tugenden. Frankfurt am Main: Ullstein. 1958. Josef Pieper: Das Viergespann: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mass. München: Kösel 1964. Alasdair Chalmers MacIntyre:
After virtue. A study in moral theory. London : Duckworth 1981, 2. ed.
1985; Balthasar Staehelin, Silvio Jenny, Stephanos Geroulanos (Ed.): Mut und Demut. Schaffhausen: Novalis Verlag 1983. Hans-Jürg Braun (Ed.): Ethische Perspektiven. "Wandel der Tugenden". Zürich: Verlag der Fachvereine 1989. Josef Pieper: Das Menschenbild der Tugendlehre. Hrsg. von Berthold Wald. Hamburg: Meiner 1996; Werke, Bd. 4).
(Ferner: Heinrich Klomps: Tugenden des modernen Menschen. Augsburg: Winfried-Werk 1969; 4. Aufl. Regensburg: Pustet 1976. Otto Betz (Hrsg.): Tugenden für heute. Zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit. München: Pfeiffer 1973. Dietmar Mieth: Die neuen Tugenden. Ein ethischer Entwurf. Düsseldorf: Patmos-Verlag 1984. Walter Schmidt: Führungsethik als Grundlage betrieblichen Managements. Heidelberg: Sauer 1986. siehe auch: Literatur Wirtschaftsethik)
Die Tugenden nach Aristoteles (ca. 330 v. Chr.) a) ethische (= Charaktertugenden) Gerechtigkeit Tapferkeit Besonnenheit, Mässigung, Selbstzucht (sophrosyne) Grosszügigkeit, Freigebigkeit (elentheriotes) Grossgeartetheit, Vornehmheit (megaloprepeia) Hochsinnigkeit, Ehr- und Schamgefühl
b) dianoetische (= Verstandestugenden) Vernunft, intuitiver Verstand (nous) Wissenschaft (episteme) Philosophische Weisheit (sophia) Kunst (techne) Sittliche Einsicht, Klugheit (phronesis) Wohlberatenheit (eubulia) Verständigkeit (synesis)
(Aristoteles: Nikomachische Ethik. Stuttgart: Reclam 1969.)
Aus dem konfuzianischen „Buch der Riten“ (ca. 200 v. Chr.)
Milde und Güte sind die Wurzeln der Menschlichkeit. Achtung und Rücksicht sind ihr Boden. Nachsicht und Toleranz sind ihr Handeln. Bescheidenheit und Verbindlichkeit sind ihr Können. Sitte und Höflichkeit sind ihre Haltung. Reden und Ausdruck sind ihr Schmuck. Lieder und Musik sind ihr Wohlklang. Teilen und Schenken sind ihr Wirken
(siehe Richard Wilhelm: Li Gi. Das Buch der Riten, Sitten und Gebräuche. Neuausgabe Düsseldorf: Diederichs 1981; 3. Aufl. 1997)
Zentrale Wertvorstellungen der Römer religio pietas fides pax dignitas
(Gabriele Thome: Zentrale Wertvorstellungen der Römer. 2 Bde, Bamberg: Buchner 2000.)
Tugendkatalog von Seneca: De tranquillitate animi (ca. 50 n. Chr.)
"Oder leistet der, welcher Fremden und Bürgern oder als Prätor den Parteien Recht spricht, mehr als derjenige, der lehrt, was Gerechtigkeit, was Frömmigkeit, was Geduld, was Charakterstärke, was Todesverachtung, was Göttererkenntnis, was für eine herrliche Sache ein gutes Gewissen sei?"
Die christlichen (theologischen, göttlichen, übernatürlichen, „eingeflössten“) Tugenden nach 1. Kor. 13, 13 (ca. 57 n. Chr.) und Ambrosius (386) Glaube (pistis; fides) Liebe (agape; caritas) Hoffnung (elpis; spes)
Christlicher Tugendkatalog: 2. Petrusbrief 1, 3-7 (nach 70 n. Chr.) 1. dem in der Welt durch die Begierde herrschenden Verderben entfliehen 2. Fleiss 3. Glauben 4. Tugend 5. Erkenntnis 6. Enthaltsamkeit 7. Geduld 8. Frömmigkeit 9. Bruderliebe 10. Liebe gegen jedermann
Dazu (Kol. 3, 12-14): Barmherzigkeit Gütigkeit Demut Sanftmut Langmut
Die Früchte des Geistes (Gal. 5, 22; ca. 57 n. Chr.)
Liebe Freude Friede Langmut Freundlichkeit Gütigkeit Treue Sanftmut Enthaltsamkeit
Dazu (Eph. 5, 9): Gerechtigkeit Wahrheit
Christliche Qualitäten (Phil 4, 8; 1. Tim.3, 8-13)
wahr ehrbar gerecht rein liebenswert wohllautend nüchtern
Benediktus-Regel (540) 78 Werkzeuge der geistlichen Kunst 19 Punkte des Gehorsams 7 Punkte der Schweigsamkeit 70 Punkte der Demut
Ehrenkodex der Samurai (ab 800) Rittertugenden: Tapferkeit, Mut und Standhaftigkeit, Ehrfurcht und Höflichkeit, Anstand, Sitte, Grossherzigkeit und Barmherzigkeit, sowie Achtung vor dem Feind, Einfachheit und Sparsamkeit
Rittertugenden (ca. 1050-1300; verschiedene Versionen)
1) mâze, zuht, hoher muot, êre, triuwe, stæte, milte
2) staete (Beständigkeit und Zuverlässigkeit in der Verwirklichung der ritterlichen Pflichten) triuwe (Treue gegenüber dem Herrn) hövescheit (höfisches Betragen) mâze (Mässigung in allen Lebensbereichen) hôher mout (Sich bemühen um Vollkommenheit)
3) staete als Treue zum eigenen Werk und zur Pflicht mâze als persönliche Selbstbeherrschung und Zurückhaltung vor allem jugendlichen Ungestüm wie allzu früher Musse milte: hochherzige Freigebigkeit und Schutzbereitschaft für alle Bedrängten und Verlassenen manheit als Tapferkeit vor dem Feind reht als Gerechtigkeit gegenüber den Mitmenschen arebeit: nach aussen gerichtete Aktivität, aber auch persönliches Ringen um das höchste Gut, um Gott und die eigentliche Reife des Helden (Wilhelm Wühr: Das abendländische Bildungswesen im Mittelalter. 1950, Kapitel II: „Rittertum und höfische Bildung“, 89f.)
4) die Wahrheit zu reden, das Recht zu beschützen, die Religion samt ihren Häusern und Dienern, die Schwachen und Wehrlosen, die Witwen und Waisen zu beschirmen, keinen Schimpf gegen Edelfrauen zu dulden und die Ungläubigen zu bekämpfen, dem Kaiser und seinem Stellvertreter zu gehorchen, demütig in Glück und standhaft im Leiden zu sein
5) „hochgemut im Unglück, anständig
gegen Gleichgestellte, freigebig in aller Ehrbarkeit, tadelfrei im höfischen
Sinn und ehrenfest in männlicher Tüchtigkeit; (Rittergelöbnis des Wilhelm von Holland 1247; nach Wilhelm Wühr, 1950, 97)
Siehe auch: Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 1948, 6. ed. 1967, Kap. XVIII: „Das ‚ritterliche Tugendsystem’“, 506ff. Joachim Bumke: Studien zum Ritterbegriff im 12. und 13. Jahrhundert. Heidelberg: Winter 1964. Günter Eifler (Hrsg.): Ritterliches Tugendsystem. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1970. Arno Borst (Hrsg.): Das Rittertum im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1976; 3. Aufl. 1998. Josef Fleckenstein: Ritter und Rittertum. In Ruprecht Kurzrock (Hrsg.): Mittelalterforschung. Berlin: Colloquium-Verlag 1981, 104ff.
Wilhelm von Conches: Moralium dogma philosophorum (um 1150) Anthologie moralischer Zitate aus antiker Literatur
a) weltliche Tugenden Klugheit Gerechtigkeit Tapferkeit Selbstbeherrschung
b) körperliche Tugenden Schönheit Adel Stärke Grösse Schnelligkeit Gesundheit
c) Glücksgüter Reichtum Macht Ruhm Vorrang
Eid der Gilde von St. Katharina in Stamford (14./15. Jh.)
„Ich werde Gott dem Allmächtigen, der Heiligen Maria und der Heiligen Katharina, zu deren Ehre und Anbetung diese Gilde gegründet ist, getreu sein und werde dem Vorsteher dieser Gilde und seinen Nachfolgern gehorsam sein und zu ihm und seinen Brüdern kommen, wenn ich geladen werde, und nicht ohne triftigen Grund fortbleiben. Bereitwillig werde ich stets in schottischer Münze bezahlen und meinen Anteil tragen und alle meine Verpflichtungen bezahlen und erfüllen. Bis zum Ende meines Lebens werde ich die Verordnungen, die Verfassung und die Regeln der Gilde halten, ihnen gehorchen, sie ausführen und nach Kräften bis an mein Lebensende verteidigen; (das schwöre ich), so wahr mir Gott und die Heiligen helfen und bei diesem Buche.“
(Joshua Toulmin Smith: English Gilds. London: Trübner 1870, 188; Nachdrucke London 1924 und London: Oxford University Press 1963)
Bürgerliche Tugenden (ab 16. Jahrhundert) Ordnungsliebe Sparsamkeit Gehorsam Pünktlichkeit Reinlichkeit, Sauberkeit Fleiss, Arbeitsamkeit (Leistungsbereitschaft)
Ferner: Verantwortungsgefühl (Eigenverantwortung) Pflichtbewusstsein, Pflichttreue, Pflichtgefühl Disziplin, besonders Selbstdisziplin, Selbstbeherrschung Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit Solidität, Standhaftigkeit Höflichkeit, Wohlanständigkeit Treue Zivilcourage Zielstrebigkeit, Eifer, Beharrlichkeit Rechtschaffenheit, Ehrenhaftigkeit Dezenz, Zurückhaltung, Schlichtheit Bescheidenheit Ehrlichkeit Gerechtigkeit Vorsicht, Bedächtigkeit Aufmerksamkeit Geduld Genussverzicht, Genügsamkeit Tätige Frömmigkeit Opferbereitschaft Häuslichkeit
(Paul Münch (Hrsg.): Ordnung, Fleiss und Sparsamkeit. Texte und Dokumente zur Entstehung der "bürgerlichen Tugenden". München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1984.)
4 feierliche Gelübde der Jesuiten (1540) apostolische Armut (Verzicht auf Privateigentum und die Ausrichtung auf das Leben der Armen) Ehelosigkeit Gehorsam (gegenüber dem Oberen) Bereitschaft zu jeder Sendung durch den Papst als Vertreter der Gesamtkirche
Königstugenden (William Shakespeare: „Macbeth“, 1606) Wahrheit Gerechtigkeit Starkmut Geduld Ausdauer Milde Andacht Gnade Kraft Mässigkeit Demut Tapferkeit
„This above all: to thine ownself be true, And it must follow, as the night the day, Thou canst not then be false to any man.“
(Polonius in „Hamlet“ (1603/23), Akt 1, Szene 3)
4 Kardinaltugenden bei Arnold Geulincx (1665) Fleiss Gehorsam Gerechtigkeit Demut
(Arnold Geulincx: De virtute et primis eius proprietatibus, quae vulgo virtutes cardinales vocantur. Dt.: Ethik oder Über die Kardinaltugenden. Hamburg: Meiner 1948.)
5 Werte bei August Hermann Francke (um 1700) Standhaftigkeit Ordnung Arbeitsamkeit Sparsamkeit und Bescheidenheit Pflichtgefühl und Gehorsam
7 Tugenden eines ehrbaren Kaufmanns (um 1700) Arbeitslust Fachliches Können Ehrlichkeit Sauberkeit in Denken und Tun Ordnungliebe Pünktlichkeit Sauberkeit
(Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999, 289.)
Die 13 nützlichen Tugenden eines Erzkapitalisten Benjamin Franklin, um 1730
1. Mässigkeit. - Iss nicht bis zum Stumpfsinn, trink nicht bis zur Berauschung! 2. Schweigen. - Sprich nur, was anderen oder dir selbst nützen kann; vermeide unbedeutende Unterhaltung! 3. Ordnung. - Lass jedes Ding seine Stelle und jeden Teil deines Geschäfts seine Zeit haben! 4. Entschlossenheit. - Nimm dir vor, durchzuführen, was du musst; vollführe unfehlbar, was du dir vornimmst! 5. Sparsamkeit. - Mache keine Ausgabe, als um anderen oder dir selbst Gutes zu tun« das heisst: vergeude nichts! 6. Fleiss. - Verliere keine Zeit; sei immer mit etwas Nützlichem beschäftigt; entsage aller unnützen Tätigkeit! 7. Aufrichtigkeit. - Bediene dich keiner schädlichen Täuschung; denke unschuldig und gerecht, und wenn du sprichst, so sprich danach! 8. Gerechtigkeit. - Schade niemandem, indem du ihm unrecht tust oder die Wohltaten unterlässt, die deine Pflichten sind! 9. Mässigung. - Vermeide Extreme; hüte dich, Beleidigungen so übel aufzunehmen, wie sie es nach deinem Dafürhalten verdienen! 10. Reinlichkeit. - Dulde keine Unsauberkeit am Körper, an Kleidern oder in der Wohnung! 11. Gemütsruhe. - Beunruhige dich nicht über Kleinigkeiten oder über gewöhnliche oder unvermeidliche Unglücksfälle! 12. Keuschheit. - Übe geschlechtlichen Umgang selten, nur um der Gesundheit oder der Nachkommenschaft willen, niemals bis zur Stumpfheit, Schwäche oder zur Schädigung deines eigenen oder fremden Seelenfriedens oder guten Rufes! 13. Demut. - Ahme Jesus und Sokrates nach!
Benjamin Franklin: Autobiographie. München: C. H. Beck 1983, 116-117. Siehe auch Max Weber
„Preussische" Tugenden nach Friedrich dem Grossen (um 1750)
Unbestechlichkeit Sparsamkeit Fleiss Pflichtbewusstsein Bescheidenheit Gemeinsinn Toleranz (Duldsamkeit)
(Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999, 289.)
Jörg Schönbohm 1997 hat: Redlichkeit Aufrichtigkeit Bescheidenheit Bildung Sparsamkeit Pflichtbewusstsein Ordnungssinn Treue Mut Leistungsbereitschaft
Zusätzlich werden genannt: Arbeitseifer/ Arbeitsamkeit konzentriert arbeiten Durchhaltevermögen Gerechtigkeit Geradlinigkeit Pünktlichkeit Selbstverleugnung Zuverlässigkeit/ Verlässlichkeit
Ebenfalls werden genannt: Disziplin/ Selbstdisziplin Strenge/ eine geisse Härte (unbedingter) Gehorsam Pflicht/ Pflichterfüllung/ -denken Ausführen von Befehlen Bereitschaft, sich unterzuordnen Prinzipientreue/ Regeltreue Zielstrebigkeit Beharrlichkeit Beständigkeit Standhaftigkeit Ehre Sauberkeit Nüchternheit Schlichtheit Mass Tapferkeit Wahrhaftigkeit Stärke Handlungsbereitschaft Einsatzfreude/ -willen Arbeitsfreude Genauigkeit/ Akkuratesse Gewissenhaftigkeit Verantwortung/ Verantwortungsgefühl/ -bewusstsein Anstand/ Höflichkeit/ Korrektheit Freundlichkeit Bereitschaft zu Opfer und Verzicht Dienst am Staat Loyalität (gegenüber dem Staat)/ Staatstreue Vertrauen Realitätssinn Rechtsempfinden Friedensliebe Vaterlandstreue Genügsamkeit Gottesfurcht Effizienz Interesse an der zugewiesenen Arbeit Wille zur bestmöglichen Dienstleistung Selbstaufopferung Dienst am Ganzen Energie Gleichberechtigung „Mehr sein als scheinen“ Familienwerte, usw.
(„Ein Traum, was sonst?“ Preussische Tugenden. Ein Lesebuch. Hrsg. von der Stiftung Schloss Neuhardenberg aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Schloss Neuhardenberg. Wallstein Verlag 2002.)
Tugendlehre der Freimaurer (18. Jahrhundert) siehe auch: William Smith: Die Pflichten eines Freimaurers, 1735 Freimaurerische Tugenden, Untugenden und sittlichen Strebungen
“What did you come into the Lodge for? I came there to conquer my passions, correct my vices and improve my morals. What qualifications does a man require to be a Mason? Silence and Secrecy. What constitutes the character of a Mason? To walk humbly in the sight of God, to do Justice and to love Mercy. What are the qualifications suitable for the dignity of the Craft? To afford succour to the distressed, to give bread to the poor, and to put the misguided traveller into his way. What does Masonry order us to guard against? Blasphemy, Drunkenness, Lewdness, Swearing, Evil plotting, Lying and Controversy. Then what does Masonry require? Ability, attendance and a good appearance. (Colin F. W. Dyer: Symbolism in Craft Freemasonry. 1976, 60f – ähnlich z. B. in „Ahiman Rezon“, 1756) (weitere Zusammenstellungen in Eugen Lennhoff,
Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. Wien 1932, Sp. 404-405, 531-534,
717-718, 1463-1466, 1601-1602;
Weitere freimaurerische Tugenden (Gemäss Akten der 1770 gegründeten Grossen Landesloge der Freimaurer von Deutschland:) Mässigkeit Standhaftigkeit Arbeitsamkeit Redlichkeit (auch Gehorsam) Verschwiegenheit Vorsichtigkeit Barmherzigkeit
(Im Ritual der deutschen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“:) Unerschütterliches Gottvertrauen Aufrichtigkeit gegen alle Menschen Freundschaft gegen die Brüder Freie, ungezwungene Denkungsart Unstrafbarer Lebenswandel
(Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999, 289-290.)
Das Göttliche
Edel sei der
Mensch,
Nur allein der Mensch Er allein darf Und wir verehren Der edle Mensch (Johann Wolfgang von Goethe, 1783)
Immanuel Kant: Definition der Tugenden (1797/98)
Tugend ist die Stärke der Maxime des Menschen in Befolgung seiner Pflicht. (Die Metaphysik der Sitten in zwei Teilen, II, S. 28)
Tugend ist die moralische Stärke in Befolgung seiner Pflicht, die niemals Gewohnheit werden, sondern immer ganz neu und ursprünglich aus der Denkungsart hervorgehen soll. Sie konzentriert sich in der Frage: Was soll ich tun? (Anthropologie in pragmatischer Hinsicht abgefasst. § 10, S. 35)
Das Pfadfindergesetz (1907 - Schweizer Version)
„Ich verspreche auf meine Ehre, nach Kräften zu sein: treu Gott und dem Vaterland, hilfreich dem Nächsten, gehorsam dem Pfadfindergesetz: 1. Des Pfadfinders Wort ist wahr. 2. Der Pfadfinder ist treu. 3. Der Pfadfinder hilft, wo er kann. 4. Der Pfadfinder ist ein guter Kamerad. 5. Der Pfadfinder ist höflich und ritterlich. 6. Der Pfadfinder schützt Pflanzen und Tiere. 7. Der Pfadfinder gehorcht willig. 8. Der Pfadfinder ist tapfer; er überwindet schlechte Laune. 9. Der Pfadfinder ist arbeitsfreudig und genügsam. 10. Der Pfadfinder hält sich rein in Gedanken, Wort und Tat.“
Olympischer Eid (1920)
"Wir schwören, dass wir an den Olympischen Spielen als ehrenwerte Kämpfer teilnehmen, die Regeln der Spiele achten und uns bemühen werden, ritterliche Gesinnung zu zeigen, zur Ehre unseres Vaterlandes und zum Ruhme des Sports."
(1964 zu einem "Gelöbnis/ Versprechen“ verändert)
Genfer Gelöbnis 1949 vom Weltärztebund in Genf beschlossen
"Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. · Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben. · Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein. · Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse wahren. · Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten und bei der Ausübung meiner ärztlichen Pflichten keinen Unterschied machen, weder nach Religion, Nationalität, Rasse, noch nach Parteizugehörigkeit oder sozialer Stellung. · Ich werde jedem Menschenleben von der Empfängnis an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden. · Ich werde meinen Lehrern und Kollegen die schuldige Achtung erweisen. Dies alles verspreche ich feierlich auf meine Ehre."
[Originalwortlaut des Hippokratischen Eides, ca. 400 v. Chr.: Ich schwöre bei Apollon dem Arzt und bei Asklepios, Hygieia und Panakeia sowie unter Anrufung aller Götter und Göttinnen als Zeugen, daß ich nach Kräften und gemäss meinem Urteil diesen Eid und diesen Vertrag erfüllen werde: Denjenigen, der mich diese Kunst gelehrt hat, werde ich meinen Eltern gleichstellen und das Leben mit ihm teilen; falls es nötig ist, werde ich ihn mitversorgen. Seine männlichen Nachkommen werde ich wie meine Brüder achten und sie ohne Honorar und ohne Vertrag diese Kunst lehren, wenn sie sie erlernen wollen. Mit Unterricht, Vorlesungen und allen übrigen Aspekten der Ausbildung werde ich meine eigenen Söhne, die Söhne meines Lehrers und diejenigen Schüler versorgen, die nach ärztlichem Brauch den Vertrag unterschrieben und den Eid abgelegt haben, aber sonst niemanden. Die diätetischen Massnahmen werde ich nach Kräften und gemäss meinem Urteil zum Nutzen der Kranken einsetzen, Schädigung und Unrecht aber ausschliessen. Ich werde niemandem, nicht einmal auf ausdrückliches Verlangen, ein tödliches Medikament geben, und ich werde auch keinen entsprechenden Rat erteilen; ebenso werde ich keiner Frau ein Abtreibungsmittel aushändigen. Lauter und gewissenhaft werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren. Auf keinen Fall werde ich Blasensteinkranke operieren, sondern ich werde hier den Handwerkschirurgen Platz machen, die darin erfahren sind. In wieviele Häuser ich auch kommen werde, zum Nutzen der Kranken will ich eintreten und mich von jedem vorsätzlichen Unrecht und jeder anderen Sittenlosigkeit fernhalten, auch von sexuellen Handlungen mit Frauen und Männern, sowohl Freien als auch Sklaven. Über alles, was ich während oder ausserhalb der Behandlung im Leben der Menschen sehe oder höre und das man nicht nach draussen tragen darf, werde ich schweigen und es geheimhalten. Wenn ich diesen meinen Eid erfülle und ihn nicht antaste, so möge ich mein Leben und meine Kunst geniessen, gerühmt bei allen Menschen für alle Zeiten; wenn ich ihn aber übertrete und meineidig werde, dann soll das Gegenteil davon geschehen.]
10 Gebote für den neuen sozialistischen Menschen (1958)
1 Du sollst Dich stets für die internationale Solidarität der Arbeiterklasse und aller Werktätigen sowie für die unverbrüchliche Verbundenheit aller sozialistischen Länder einsetzen.
2 Du sollst Dein Vaterland lieben und stets bereit sein, Deine ganze Kraft und Fähigkeit für die Verteidigung der Arbeiter- und Bauern-Macht einzusetzen.
3 Du sollst helfen, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beseitigen.
4 Du sollst gute Taten für den Sozialismus vollbringen, denn der Sozialismus führt zu einem besseren Leben für alle Werktätigen.
5 Du sollst beim Aufbau des Sozialismus im Geiste der gegenseitigen Hilfe und der kameradschaftlichen Zusammenarbeit handeln, das Kollektiv achten und seine Kritik beherzigen.
6 Du sollst das Volkseigentum schützen und mehren.
7 Du sollst stets nach Verbesserung Deiner Leistungen streben, sparsam sein und die sozialistische Arbeitsdisziplin festigen.
8 Du sollst Deine Kinder im Geiste des Friedens und des Sozialismus zu allseitig gebildeten, charakterfesten und körperlich gestählten Menschen erziehen.
9 Du sollst sauber und anständig leben und Deine Familie achten.
10 Du sollst Solidarität mit den um ihre nationale Befreiung kämpfenden und den ihre nationale Unabhängigkeit verteidigenden Völkern üben.
Walter Ulbricht auf dem V. Parteitag der SED am 10. Juli 1958 in Berlin u. a. nachgedruckt in Georg Klaus, Manfred Buhr (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1964; 12. Aufl. 1976; Lizenzausgabe unter dem Titel: Marxistisch-Leninistisches Wörterbuch der Philosophie. Reinbek: Rowohlt 1972, erweiterte Aufl. 1976-77; erneut 1983; am Ende des Stichworts „Moral“ Dazu: Hans Stenssloff: Marxismus und sozialistischer Humanismus. Ein Beitrag zu theoretischen Grundfragen der ethischen Konzeption von Karl Marx, Beilage zur Wissenschaftlichen Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, 17. Jahrgang (1968); Heft 1.
In der DDR sind die "humanen Werte" in den "10 Geboten der sozialistischen Moral" formuliert, die "objektiv begründet" sind. Zwei Stufen der Wertung können dabei unterschieden werden: "1 Stufe: Ein bestimmtes Verhalten ist gut, weil es dem Sozialismus dient ... 2. Stufe: Ein dem Sozialismus dienendes Verhalten ist gut, weil der Sozialismus gut ist“ (24f). Wer die Objektivität begründet, ist die Partei: "Insofern ist die marxistisch-leninistische Partei, das einzig dazu qualifizierte Organ kollektiver wissenschaftlicher Analyse und Leitung, auch die führende und lenkende Kraft bei der Entwicklung des moralischen Bewusstseins und des praktischen moralischen Verhaltens aller Gruppen und eines jeden einzelnen in der sozialistischen Gesellschaft" (17f).
"Die humanistischen Ideale des Sozialismus und Kommunismus, die den objektiven Erfordernissen der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechen und die dank der kollektiven geistigen Arbeit der Partei zu immer konkreteren Idealbildungen, Zielstellungen und Aufgabenstellungen. führen, können und müssen als Kriterium, als Norm und Regulator dienen" (49). Deshalb: "Realer Humanismus hat Klassencharakter: er behandelt den Feind als das, was er wirklich ist, eben als Feind" (50) und: "Die objektive Dialektik der Geschichte besteht darin, dass die Überwindung des Klassenkampfes nur auf dem Wege des Klassenkampfes selbst real möglich ist" (51). "Reales humanistisches Streben und Verhalten schliesst die Anerkennung der positiven Rolle der Gewalt ein" (52).
Grundlegend: Der einzelne wie das Kollektiv sind Formen des gesellschaftlichen Wesens des Menschen, nicht aber dieses Wesen selbst (21). Im Sozialismus sind Gemeinschaft und Persönlichkeit untrennbar verbunden.
Howard T. Odum: Ten Commandments of the Energy Ethic for Survival of Man in Nature (in: Environment, Power and Society. 1971, 244)
1. Thou shall not waste potential energy. 2. Thou shall know what is right by its part in survival of thy system. 3. Thou shall do unto others as benefits the energy flows of thy system. 4. Thou shall revel in thy systems work rejoicing in happiness that only finds thee in this good service. 5. Thou shall treasure the other life of thy natural system as thine own, for only together shall thee all survive. 6. Thou shall judge value by the energies spent, the energies stored, and the energy flow which is possible, turning not to the incomplete measure of money. 7. Thou shall not unnecessarily cultivate high power, for error, destruction, noise, and excess vigilance are its evil wastes. 8. Thou shall not take from man or nature without returning service of equal value, for only then are thee one. 9. Thou shall treasure thy heritage of information, and in the uniqueness of thy good works and complex roles will thy system reap that which is new and immortal in thee. 10. Thou must find in thy religion, stability over growth, organisation over competition, diversity over uniformity, system over self, and survival process over individual peace.
Davoser Manifest 1973 zur Verantwortung der Unternehmensführung gegenüber der Gesellschaft
A. Berufliche Aufgabe der Unternehmensführung ist es, Kunden, Geldgebern und der Gesellschaft zu dienen und deren widerstreitende Interessen zum Ausgleich zu bringen. B.
1. Die Unternehmensführung muss den
Kunden dienen. Sie muss die Bedürfnisse der Kunden bestmöglich befriedigen. Fairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen, der größte Preiswürdigkeit, Qualität und Vielfalt der Produkte sichert, ist anzustreben. 2. Die Unternehmensführung muss den Mitarbeitern dienen, denn Führung wird von den Mitarbeitern in einer freien Gesellschaft nur dann akzeptiert, wenn gleichzeitig ihre Interessen wahrgenommen werden. Die Unternehmensführung muss darauf abzielen, die Arbeitsplätze zu sichern, das Realeinkommen zu steigern und zu einer Humanisierung der Arbeit beizutragen. 3. Die Unternehmensführung muss den Geldgebern dienen. Sie muss Ihnen eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals sichern, die höher ist als der Zinssatz auf Staatsanleihen. Diese höhere Verzinsung ist notwendig, weil eine Prämie für das höhere Risiko eingeschlossen werden muss. Die Unternehmensführung ist Treuhänder der Geldgeber.
4. Die Unternehmensführung muss der
Gesellschaft dienen. Die Unternehmensführung muss für die zukünftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt sichern. C. Die Dienstleistung der Unternehmensführung gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Geldgebern und der Gesellschaft ist nur möglich, wenn die Existenz des Unternehmens langfristig gesichert ist. Hierzu sind ausreichende Unternehmensgewinne erforderlich. Der Unternehmensgewinn ist daher notwendiges Mittel, nicht aber Endziel der Unternehmensführung.
H. Steinmann: Zur Lehre von der „Gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmensführung“ – Zugleich ein Kritik des Davoser Manifests. Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt), Heft 10, Oktober 1973, 467-473; Manifest 472-473.
Joseph C. Paradi: Ten Commandments of Business (1990ff)
1. Limit the number of "owner/operators" to contributing people whose primary goals agree on what the business is to accomplish, for whom and in what time frame. 2. Know your product, market, customers and why your product/service is competitive. 3. Focus on a few goals only - but reach them. 4. Prepare and update regularly a detailed Business Plan. 5. Recruit key people with proven, successful past, consistent with the team culture. 6. Reward individual performance that exceeds agreed-upon standards. 7. Expand methodically from a profitable base to a balanced business but remember that cash flow and good credit are fundamental to success. 8. Avoid surprises - plan for the eventualities which you hope will not materialise. 9. Maintain a detached point of view. 10. Anticipate change - it is a way of life today, be ready with your business plan.
Sechs ethische Handlungsregeln (Prof. Dr. Wolfgang Grunwald; io Management Zeitschrift 62, 1993, 36-38)
[siehe bereits Jean-Paul Thommen: Unternehmungsethik: Neuorientierung der Betriebswirtschaftslehre? unizürich, Mitteilungsblatt des Rektorates, Nr. 5/1988, 8-10, siehe auch: Was ist Wirtschaftsethik?]
Führungskräfte, aber auch Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften fragen immer wieder, woran man sich in Konflikten halten solle, ob es verallgemeinerungsfähige und zugleich praktikable ethische Handlungsregeln, Faustregeln gebe. Diesbezüglich könnten Philosophie und Lebenserfahrung mit sechs nützlichen Maximen helfen:
• allgemein 1. Die Goldene Regel 2. Der kategorische Imperativ 3. Der zukunftsorientierte Imperativ
• speziell 4. Das Nutzenprinzip 5. Die Expertenprüfung 6. Der Öffentlichkeitstest
Die Goldene Regel
Die «Goldene Regel» ist uraltes Menschheitswissen. Sie findet sich in allen Weltreligionen. Sie ist eine «Gegenseitigkeits-Regel» im Sinne eines imaginativen Rollentausches und nicht blosses Ökonomieprinzip des gegenseitigen Nehmens und Gebens. Sie ist charakterisiert durch ihre universelle Lebensgesetzlichkeit [13] und existiert in zwei Versionen; in einer positiven (a) und in einer negativen (b):
a) «Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch.» (Matth. 7, 12; Luk. 6, 31). b) «Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem andern zu.»
Der kategorische Imperativ
Das Verallgemeinerungsprinzip in Form des kategorischen Imperativs des Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) ist wohl die meistdiskutierte Norm sittlichen Handelns [14]. Der Imperativ lautet im Original [in verschiedenen Versionen]:
• «Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.» (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785) • «Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.» (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785) • «Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloss als Mittel brauchest.» (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785) • «Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.» (Kritik der praktischen Vernunft, 1788)
Der zukunftsorientierte Imperativ
Der Philosoph Hans Jonas (1903-1993) plädierte wegen der irreparablen Eingriffe des Menschen in die Natur für eine Ergänzung des mehr augenblicksbezogenen und individuumzentrierten Imperativs von Kant durch zukunftsorientierte Imperative, welche die Folgen menschlichen Tuns bedenken. Es handelt sich hierbei also um eine Ethik der Voraussicht und der Verantwortung für Künftiges. Wie bei der Goldenen Regel gibt es eine positive (a) und eine negative (b) Variante [15]:
a) «Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.» b) «Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen nicht zerstörerisch sind für die künftige Möglichkeit solchen Lebens.»
Die nachfolgenden Prinzipien können als Spezifizierung der drei allgemeinen Regeln gesehen werden.
Das Nutzenprinzip
«Nutzen» kann materiell wie immateriell gesehen werden.
John Rawls [16] forderte, dass jede Handlung daran zu messen sei, ob sie dem am meisten Benachteiligten den grössten Vorteil bringe [17]. Das nennt man auch Maximin-Prinzip in der Ethik.
«Handle so, dass durch dein Handeln der grösste Nutzen bzw. der geringst mögliche Schaden für die grösste Anzahl der Betroffenen entsteht.»
Die Expertenprüfung
«Handle so, dass dein Handeln von unabhängigen Experten als angemessen/ richtig/ gerechtfertigt befunden würde.»
Das bedeutet nicht eine «Expertokratie», sondern eine Prüfung durch Personen mit anerkanntem Fachwissen oder sachverständige neutrale Dritte anhand von Expertenwissen in Form einschlägiger Bücher und Zeitschriften.
Der Öffentlichkeitstest
Diese Regel ist ebenfalls von Hans Jonas aufgestellt worden, um der Telekommunikation und ihrer bewusstseinsverändernden Auswirkungen Rechnung zu tragen:
«Handle so, dass du dich in deinem Gewissen bestätigt weisst, wenn du dein Handeln vor den Fernsehkameras öffentlich zu rechtfertigen hast.»
Hier wird die Situation einer imaginären Fernsehöffentlichkeit zum Prüfstein ethischen Denkens und Handelns.
Wie umsetzen?
Die Frage nach der praktischen Umsetzung der Kardinaltugenden sowie der sechs Handlungsregeln in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei in Anlehnung an Schopenhauer mit skeptischem Optimismus wie folgt beantwortet:
• Moral predigen ist leicht, • Moral begründen schwer, • Moral vorleben ein Ideal.
«Führen» bedeutet wortgeschichtlich: «vorangehen», «den Weg weisen». Führungskräfte sind aufgerufen, den Weg der Führungsethik vorauszugehen.
Literatur
[12] G. Enderle: Die goldene Regel für Manager?, in: Ch. Lattmann (Hrsg.): Ethik und Unternehmensführung, Heidelberg, 1987, S. 130-148 H.-U. Hoche: Die Goldene Regel, in: Zeitschr. f. Phil. Forschung, Bd. 32 (1978), S. 355-375 N. Hoerster: Kants kategorischer Imperativ als Test unserer sittlichen Pflichten, in: Riedel, M. (Hrsg.): Rehabilitierung der praktischen Philosophie, Bd. II, Freiburg 1974, S.455-475 D. Höffe: Autonomie und Verallgemeinerung als Moralprinzipien, in: F. Oser (Hrsg.): Transformation und Entwicklung, Frankf. / Main 1986, S. 56-86 P. Müller: Fördern oder hemmen ethische Grundsätze die Atmosphäre im Unternehmen und den Erfolg am Markt?, in: H. Bäck (Hrsg.): Entwicklung von Teams zu Spitzenleistungen, Köln 1990, S. 23-54 H. Müller-Merbach: Philosophie-Splitter für das Management, Bad Homburg 1991 H. Jonas: Das Prinzip Verantwortung - Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankf./Main 1979 J. Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankf./Main 1979 [13] K. O. Schmidt: Das Geheimnis
der Goldenen Regel, München 1972, [14] I. Kant: Grundlegung zur
Metaphysik der Sitten, Bd. IV, Hrsg. W. Weischedel, Darmstadt 1956 [15] H. Jonas: a. a. O., 1984, S.35f. [16] J. Rawls: a. a. O., 1979 [17] O. Höffe: a. a. O., 1979
10 Grundsätze für Manager zusammengestellt von Roland Müller 1999
1. Die erste Absicht muss sein: den Menschen etwas geben.
2. Das Hauptziel soll sein: eine gute Arbeit, ein gutes Produkt, ein gutes Verfahren.
3. Mit den Mitarbeitern arbeiten, nicht gegen sie.
4. Die Mitarbeiter streng, aber fair behandeln.
5. Jeden Menschen so behandeln, wie man selber an seiner Stelle behandelt werden möchte.
6. Alles aussprechen.
7. Nicht nachgeben.
8. Nicht übertreiben.
9. Für jedes Problem gibt es nicht nur eine, sondern auch eine gute Lösung.
10. Manchmal ist eine Trennung am besten.
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