Home "Systemdenken "am Wendepunkt"

 

                      Zu den Berichten an den Club of Rome: Vorgehen, Ergebnisse, Kritik

 

geschrieben Juni - August 1975

ca. 50 Seiten

 

siehe auch: Systemtheorie als Orientierungshilfe?

                     Zur Ethik von Gesamtsystemen

                     Ist ganzheitliches Denken überhaupt möglich?

                     Vom Umweltschutz zur Lebensqualität

 

 

Themenübersicht

 

Teil I: Vorgeschichte

Die Studien

Der Ölschock vom Herbst 1973

Die wirtschaftliche Lage nach 1973

4 Ursachen für den Wirtschaftsboom sowie dessen Folgen

 

Teil II: Forrester und Meadows

Die Modelle

(Die 6 Hauptfaktoren, vgl. Schema I und Ia)

(Ungenauigkeiten)

Die Resultate: I - IX (vgl. separate Zusammenstellung: Computer-Simulationen)

Die stabilisierten Weltmodelle

Keine Kenntnisnahme durch den Club of Rome und Pestel

 

Teil III: Mesarovíć/ Pestel

Das Modell

Die Ergebnisse

Die Kluft Nord-Süd

Energie I Erdöl

   II Kernenergie

   III Sonnenenergie

Merkwürdigkeiten der Behauptungen

Keine Kenntnisnahme durch den Club of Rome

 

Teil IV: Die Kritik der Sussex-Gruppe

Drei Phasen der Modellkonstruktion (vgl. Schema II)

A. Festlegung der zentralen Variablen

B. Regelkreise und Beziehungen der Subsysteme untereinander

C. Test des gesamten Modells

Allgemeine Kritik

Der 2. Teil als Flucht in die Vergangenheit

 

Literatur siehe separate Liste (ergänzt 1958-2004)

 

rot = verwendet in einem Artikel, der im September 1975 zusammengestellt wurde. Er erschien ein halbes Jahr später unter dem Titel:

„Kontroverse um Zukunftsprognosen. Zum Nennwert genommen: Der Zweite Bericht an den Club of Rome zur Weltlage Oder: Systemdenken „am Wendepunkt“. Schweizer Rundschau 75 (7. April 1976), 3, 5-12;
kurz zusammengefasst durch Gerhard Kocher in SZF-Bulletin, Nr. 11 (Oktober 1975), 11.

Eine darauf basierende Kurzfassung der Kritik an „Menschheit am Wendepunkt“ erschien in der Neuen Zürcher Zeitung am 9. Oktober 1975, 15, unter dem Titel:
„Das Ressourcenproblem in den ‚Weltmodellen’ – Ein marktgerechtes Preisoptimum von zwei Dollar für Erdöl?
Seine Erwiderung am 30. Oktober 1975 in der NZZ betitelte Eduard Pestel:
Amoklauf gegen ‚Menschheit am Wendepunkt’“.

 

[Mitte Oktober 1973 stieg der Ölpreis von rund 3 Dollar auf über 5 Dollar, 1974 auf über 12 Dollar. 1979/80 stieg er erneut von rund 15 Dollar auf fast 40 Dollar.]

 

 

Teil I: Vorgeschichte

 

Die Studien

 

Wenn die Studien von Jay W. Forrester und seines Schülers Dennis Meadows ("Die Grenzen des Wachstums", 1972) auch nur etwas gezeigt hätten, dann wäre dies die Erkenntnis: Es gibt Zusammenhänge - und es wäre für die Bewältigung der Fülle von anstehenden Problemen der Menschheit ganz nützlich, ihnen auf die Spur zu kommen.

 

Wenn die Studie von Mihailo Mesarovíć und Eduard Pestel ("Menschheit am Wendepunkt", 1974) etwas gezeigt hat, dann ist es dies: Man kann die Spuren sozusagen über Nacht wieder aus den Augen verlieren und die Zusammenhänge atomisieren.

 

Seit Forrester - Professor für Management am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge - nach einer Konferenz des "Club of Rome" (1968 auf Initiative und unter dem Vorsitz von Aurelio Peccei in der Accademia dei Lincei gegründet) in Bern - zu welcher der Bundesrat eingeladen hatte - auf dem Rückflug in die USA im Juli 1970 eine erste Skizze seines Weltmodells angefertigt hatte, ist viel geschehen. Schon ein Jahr später konnte er erste Forschungsergebnisse unter dem Titel "World Dynamics" (deutsch: "Der teuflische Regelkreis", 1972) vorlegen, und ein gutes halbes Jahr nachher erschienen die "Limits to Growth", die in kurzer Zeit in zwanzig Sprachen übersetzt wurden.

 

Nahezu unabhängig davon beschlossen im Jahre 1971 Mihailo Mesarovíć - Professor am Systems Center der Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio - und Eduard Pestel - Professor an der der Technischen Universität Hannover - ein Projekt unter dem Titel "Strategie des zum Überlebens“ in Angriff zu nehmen, das sich ebenfalls konkreten globalen Problemen widmen sollte.

Hatte Meadows für die Ausarbeitung seines 1. Berichts an den Club of Rome eineinhalb Jahre benötigt, so dauerte die Ausarbeitung des 2. Berichts von Mesarovíć und Pestel doppelt so lange.

 

Um die "Grenzen des Wachstums" entfachte sich sofort eine weltweite Auseinandersetzung unter den Vorzeichen ungläubigen Erstaunens, beckmesserischer Kritik und heftiger Abwehr. Auf jeden Fall wurde die Studie beachtet. Weitaus harmloser entwickelte sich die Diskussion um die "Menschheit am Wendepunkt". So erschien bisher etwa in der NZZ erst ein einziger Bericht über dieses Buch (26./27.10.1974). Unterdessen ist es auch um die "Grenzen des Wachstums" stiller geworden.

 

Der Ölschock vom Herbst 1973

 

Auf verschiedene Weise haben nämlich die Ereignisse des schicksalsschweren Jahres 1973 den beiden Berichten den Wind aus den Segeln genommen.

 

siehe am Anfang bei: Die Wende von 1973: Ursachen und Folgen

 

Die wirtschaftliche Lage nach 1973

 

Seither hat sich die Lage weiter verschlimmert. Und da das unaufhaltsame Wachstum so abrupt und unfreiwillig gestoppt worden ist, hat kaum jemand noch Lust oder Interesse, seinen "Grenzen" weiter nachzuspüren. Die Bekämpfung von teilweise zweistelligen Inflationsraten, Massenarbeitslosigkeit und Kurzarbeit, von Betriebsschliessungen und Kapitalknappheit, Zahlungsbilanzdefiziten und leeren Kassen der öffentlichen Hände, von schwankenden Wechselkursen und Rohstoffpreisen durch Preiskontrollen und Konjunkturspritzen, Stützungsaktionen und Sparmassnahmen hat Vorrang.

Umweltschutz, langfristige Vorausschau und Folgenabschätzung sind von aufgeregten "Feuerwehrübungen“ und Machtkämpfen, die in ihrem Ausmass alle bisherigen Symptomtherapien weit in den Schatten stellen, verdrängt worden. Plötzlich geht es in einem ganz anderen Sinne, als man noch vor wenigen Jahren dachte, ums "Überleben".

 

Freilich: Nicht jede Wachstumskurve ist gebrochen. Ganz gewiss nicht jene der Bevölkerungszunahme. Die "Bevölkerungsbombe" (Paul R. Ehrlich, Richard W. Holm, 1963; ein Buch unter diesem Titel 1968; dt. 1971), auf welche spätesten seit William Vogt („The Road of Survival“, 1948; dt.: "Die Erde rächt sich", 1950) einige hellsichtige Wissenschafter ihr Augenmerk gerichtet haben, ist nicht entschärft worden.

 

Im Gegenteil: Das Gerangel der Industriestaaten um die Wiederankurbelung der darniederliegenden Wirtschaft hat zur Folge, dass die Entwicklungshilfegelder spärlicher fliessen. Und da die Entwicklungsländer das auch für ihre im Entstehen begriffene Industrialisierung notwendige Erdöl fast gleich teuer wie alle anderen Öl-Habenichtse bezahlen müssen, fehlen ihnen die Mittel sowohl für Handelsdünger- und Pestizid- als auch Nahrungsmittelimporte. Hinzu kommt im Gefolge der Ölverteuerung eine enorme Steigerung der Preise für landwirtschaftliche Hilfsstoffe. So hat die FAO ausgerechnet, dass die 33 ärmsten Länder der Welt für die im zweiten Halbjahr 1975 von ihnen benötigten 1,3 Mio. Tonnen Dünger fast 900 Millionen Dollar aufbringen müssen. Noch 1972/73 hatte dieselbe Menge erst 230 Millionen Dollar gekostet.

 

Dass die heute pro Kopf verfügbare Nahrungsmittelmenge trotz aller Erfolge der "Grünen Revolution" - einmal abgesehen von deren sozialen Folgen (Meadows, 132ff) - weltweit nicht grösser ist als vor 40 Jahren und dass die Weltreserven an Nahrungsmitteln im vergangenen Jahrzehnt auf einen Drittel gesunken sind, einen Bestand, der nur für 27 Tage reicht, ist einigermassen bekannt.

 

Angesichts dieser Perspektiven wäre es unverzeihlich, die Studien von Forrester und Meadows nicht wieder aus dem Bücherschrank zu holen und nachzulesen, was da eigentlich über die "Grenzen" unseres "Raumschiffs Erde" (Kenneth Boulding, 1966) steht. Trotz "Stagflation" oder "Depression" - oder gerade deshalb - tut es bitter not, sich diese am MIT erarbeiteten Zukunftsvisionen vollumfänglich in Erinnerung zu rufen.

 

4 Ursachen für den Wirtschaftsboom sowie dessen Folgen

 

Ziemlich unbestritten sind die Ursachen, welche den grössten Wirtschafts- und Bevölkerungsboom der Weltgeschichte ausgelöst haben. Sie lassen sich in vier Gruppen zusammenfassen:

 

1. Die ungeheueren Fortschritte von Technik, Technologie und Wissenschaft haben einerseits zu einer drastischen Senkung der Sterberate (vor allem von Müttern, Neugeborenen und Kleinkindern) und einer Erhöhung der Lebenserwartung (vor allem durch die Hygiene) geführt (MP, 83), anderseits eine weltweite Industrialisierung und Verbreitung materieller Güter in Gang gebracht.

Die Folgen davon sind einerseits eine superexponentielle Bevölkerungszunahme vor allem in den Entwicklungsländern (weltweit 1650: 0,5 Mia.; 1825: 1 Mia.; 1900: 1,5 Mia.; 1925: 2 Mia.; 1975: 4 Mia; 2000: 6-7 Mia. Menschen), eine zunehmende Steigerung des Energie- und Rohstoffverbrauchs sowie eine erschreckende Naturzerstörung durch Verkehrsanlagen und Bauten sowie Umweltverschmutzung und -vergiftung durch Produktion und künstliche Produkte.

 

Bedauerlicherweise trägt auch gerade die nur durch die Industrialisierung möglich gewordene Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion  und -produktivität zusehendes zur Umweltzerstörung bei. Obwohl allein von 1951-1966 die Welterzeugung an Nahrungsmitteln um 34 Prozent erhöht werden konnte - allerdings nur durch Erhöhung der jährlichen Ausgaben für Nitratdünger um 150%, für Insektizide um 300% (Meadows, 43) -, vermochte sie mit der Bevölkerungsentwicklung keineswegs Schritt zu halten. Da der Prozentsatz unterernährter Menschen immer etwa derselbe bleibt, hat sich einfach die Gesamtzahl der Hungernden stets erhöht (Forrester, 51, 88, 95, 102; vgl. auch Meadows, 39ff).

 

2. Der enorme Aufschwung von Wirtschaft und Technik war einerseits die Folge der Erschliessung immer reicherer Ressourcen durch Eroberung und Handel der Kolonial- und anderer Grossmächte (MP, 80), andererseits einer viel zu geringen Bezahlung der in der Dritten Welt liegenden Rohstoffen. Das Wachstum der Industriestaaten fand auf Kosten einer zunehmenden Verarmung und Verelendung der Rohwarenlieferantenländer statt.

Die bequeme Verfügbarkeit des enorm billig gehandelten Erdöls hatte darüberhinaus zur Folge, dass man auf die Entwicklung einer "wirtschaftlich operationalen Technologie für den Ersatz des Erdöls ebenso wie des Erdgases" verzichtete.

"Und so haben die Industrieländer sich vom Öl so abhängig gemacht wie der Rauschgiftsüchtige vom Heroin ... Die Förderung und der Verbrauch von Erdöl wurden allein von den unmittelbaren Produktionskosten bestimmt, ohne Rücksicht darauf, dass somit die Erdölreserven schon in wenigen Jahrzehnten erschöpft sein würden, und ohne zu bedenken, dass für das, was wir im Bruchteil einer Sekunde, häufig völlig sinnlos, verbrennen, die Natur einen Hunderte Millionen von Jahren währenden Syntheseprozess benötigte. Hier haben wir ein Musterbeispiel für die uneinsichtige Arroganz des heutigen Menschen gegenüber der Natur" (MP, 82).

 

3. Nicht zu gering zu veranschlagen ist schliesslich der unheilvolle Einfluss eines monetären Systems, das es seit 1931 unter erneuter Aufgabe des eben erst wieder eingeführten Goldstandards zahlreichen Ländern ermöglichte, "Landeswährung nicht nur gegen Gold oder gegen auf die Landeswährung lautende Schuldforderungen zu schaffen, sondern auch gegen Guthaben in fremder Währung, insbesondere in Dollar und Pfund" (Jacques Rueff in NZ, 17.6.1975; vgl. auch Fritsch, 1973, 12f). Der Mann auf der Strasse würden sagen: Es wurde zuviel Geld gedruckt, der Fachmann würde etwas genauer von Geld- und Kreditschöpfung sprechen.

Hinzu kommt, dass der Dollar seit dem Zweiten Weltkrieg etwa doppelt so hoch bewertet wurde als er leisten konnte.

 

4. Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg besonders bedeutsam ist ferner nach Gerhard Kade (1973, X) das "Opulenz-Programm als ökonomische Dimension der Systemkonkurrenz“. Das heisst auf Deutsch: Das Wettrüsten in der Phase des Kalten Krieges hatte ein ebenso starken Industriewachstum zur Folge, und die Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts galt als „a general index of national vitality, efficiency and capacity for survival“ (XII).

Dabei hatte die militärische, technologische und wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Systemkonkurrenz von Ost und West zwei Ziele:

·        Stabilisierung des Systems im Innern und

·        Ausbreitung des Kapitalismus resp. Sozialismus in den ehemaligen Kolonien resp. den Satellitenstaaten.

So fand der spätestens in den dreissiger Jahren eingeleitete 'Wachstumsfetischismus" - Fünfjahrespläne und „Stachanowismus“ unter Stalin, „New Deal“ unter Roosevelt, "Unternehmen Reichsautobahn“, Aufrüstung und „Reichsarbeitsdienst“ auf Grund von „Ermächtigungsgesetzen“ unter Hitler sowie syndikal-kooperatives System unter Mussolini - nach dem Zweiten Weltkrieg bald globale Verbreitung.

 

Dabei trug das „Armuts-Image“ der Entwicklungsländer „entscheidend zur Stabilisierung einer positiven Besetzung des wirtschaftlichen Wachstums in den Industrieländern bei“, und zugleich wurden die industriell zurückgebliebenen Staaten „zu einem willkommenen Objekt für die Notwendigkeit der Kapitalverwertung in den Industrieländern“ (Kade, 1973, XIII).

Hinzu kam folgendes: „Sobald die Idee des starken wirtschaftlichen Wachstums verbreitet war, konnten Verteilungsprobleme heruntergespielt werden: Ein stark wachsender Kuchen lässt automatisch auch die einzelnen Stücke anwachsen“ (Kade 1973, XIV).

 

Wenn man bedenkt, dass nach den Einbrüchen des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise die Industrieproduktion erst 1936 wieder denselben Stand wie 1913 erreicht hatte und bis Ende der vierziger Jahre nur noch um etwa 40 Prozent stieg, dann erkennt man erst das Ausmass der Entwicklung in den letzten 25 Jahren, die unter anderen mit sich führte:

·        eine Verachtfachung des Kunstdüngerverbrauchs,

·        (aber nur eine Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion um 34% von 1951-1966),

·        eine Versechsfachung der Ölförderung,

·        eine Verfünffachung des Welthandels (1950-1970)

·        eine Verfünffachung des Weltbruttosozialprodukts

·        eine Vervierfachung der Weltindustrieproduktion und

·        eine Verdreifachung des Weltenergieverbrauchs.

 

Resultat davon ist eine neue Bedrohung der gesamten Menschheit, die derjenigen durch die Atombombe - ebenfalls erst seit einer Generation - in nichts an Gefährlichkeit nachsteht: Die Möglichkeit der Vernichtung durch ein unausgeglichenes  und undifferenziertes Wachstum (MP, 15ff):

"Was früher dem Fortschritt den Weg bahnte, scheint nunmehr immer tiefer in die gegenwärtige Menschheitskrise hineinzuführen" (MP, 12). Und diese globale Krise im Gefolge des sogenannten Fortschritts wird durch zwei hauptsächliche Klüfte gekennzeichnet, die sich ständig vertiefen: „die Kluft zwischen Mensch und Natur und die Kluft zwischen 'Nord' und 'Süd', reich und arm. Dem weiteren Auseinanderklaffen muss kräftig entgegengewirkt werden, sollen welterschütternde Katastrophen vermieden werden" (MP, 8).

 

Am unheimlichsten an dieser Entwicklung ist dabei, dass sich in vielen Fällen das exponentielle Wachstum - also die Zunahme mit einer gleichbleibenden Rate (z. B. Zinssatz) - in ein superexponentielles gesteigert hat, das heisst, eine gegebene Menge von Menschen oder des Kunstdüngerverbrauchs verdoppelt sich in immer kürzeren Zeitabständen.

 

Doch bereits ein exponentielles Wachstum kann nicht ins Unermessliche weitergehen. Meadows (20f) illustriert dies sehr schön an einem Seerosenteich, in dem eine Lilie täglich auf die doppelte Grösse wächst, was bis am 29, Tag niemanden kümmert, da sie dann erst den halben Teich bedeckt. "Aber schon am nächsten Tag ist kein Wasser mehr zu sehen.“ Bei einem beschleunigten exponentiellen Wachstum, bei dem sich beispielsweise die Verdoppelungszeit nur um jeweils eine Stunde verkürzen würde, bedeckte die Lilie schon am 21. Tag den ganzen Teich.

Es gilt also, sich vorzusehen. Denn an diesem Grenzwert, der "kritischen Grösse", wie es Forrester nennt, treten gewaltige Gegenkräfte auf den Plan, welche Belastungen erzeugen, die zu schweren Konflikten führen (Forrester, 17ff).

 

 

Teil II: Forrester und Meadows

 

Die Modelle

 

Nun haben Forrester und Meadows ihren Berechnungen bloss "einfache" Wachstumsraten zugrunde gelegt. Umso eher verdienen sie es also, beachtet zu werden. Denn dass auch das Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung irgendwo an eine Grenze stösst, ist unbestritten. Unser "blauer Planet" ist zwar kein Seerosenteich, doch genauso begrenzt.

 

Wie begrenzt, das wollten die Forscher am MIT herausfinden. Zu diesem Behuf entwarf also Forrester sein Weltmodell. Es bildet unseren Globus als System ab, und das bedeutet, als eine Menge von Elementen, zwischen denen ganz bestimmte Beziehungen bestehen. Zweierlei ist daran bedeutsam:

1.      dass es die ganze Erde ungeachtet regionaler Verschiedenheiten umfasst, da ihre Endlichkeit als ganzes zur Debatte steht;

2.      dass die Zusammenhänge zwischen ausgesuchten wichtigen Faktoren (Elementen) gleichzeitig, als Gesamtstruktur gesehen werden.

 

Dies ist die Erfüllung eines Postulates, das der Operations Research-Spezialist und Management-Philosoph C. West Churchman in seinem Buch "The Challenge of Reason" (1968) aufgestellt hat, nämlich sich einer "Ethik von Gesamtsystemen" zu befleissigen. Wie schwer auch Wissenschaftern eine solche gesamthafte Betrachtungsweise schwerfällt - die nichts anderes ist als die „Zusammenschau", die Platonische Synopsis - zeigt der Rückfall in das sektorielle Denken und Vorgehen, der dem Team Mesarovíć/ Pestel unterlaufen ist.

 

Sehr schön beschreibt Forrester, wie es um die Notwendigkeit und Möglichkeit von "Denkmodellen von Gesellschaftssystemen" steht:

"Jeder Mensch benutzt Modelle, um Entschlüsse fassen zu können. Das geistige Bild, das jeder einzelne sich von seiner Welt macht, ist stets ein Modell; denn man hat weder eine Familie noch ein Geschäft, keine Stadt, keine Regierung und kein Land im Kopf, sondern nur Gedanken, ausgewählte Vorstellungen von der Umwelt und der in ihr wirkenden Beziehungen, welche die Wirklichkeit darstellen ... Es steht nicht zur Debatte, ob man Modelle gebrauchen will oder nicht. Man hat lediglich die Wahl zwischen verschiedenartigen Modellen" (29).

 

Ein präziseres und vollständigeres Modell auszuarbeiten als bisher auch in der Fachwelt von "der Welt" bestand, das war Forresters anspruchsvolles Ziel. Es ist ihm gelungen, da das menschliche Gehirn mit der grossartigen Fähigkeit ausgestattet ist, "die grundlegenden Kräfte und Wirkungen eines Systems abstrahierend zu erfassen, ... die Struktur einer komplexen Situation analytisch zu erkennen" (29). Was wir aber nur mangelhaft können, ist das Verhalten des ganzen Systems in der Zukunft - als Resultante aller einzelnen Aktionen und wirksamen Beziehungen - abzuschätzen. Hier springt der Computer ein!

 

Das hat nichts mit einem "Mythos der Denkmaschine" (Mortimer Taube, engl. 1961; dt. 1966) zu tun. Alle geistige Leistung bleibt beim Menschen. Er ist es„ der aufgrund sorgfältig gesammelter einzelwissenschaftlicher Erfahrungen und Theorien das Modell zusammenstellt, das die wesentlichen Eigenschaften des Gesamtsystems - also das Verhalten der einzelnen Elemente und das Geflecht ihrer Wirkungsbeziehungen - enthält. Der Computer ist nur ein Hilfsinstrument, die Konsequenzen abzuschätzen, die sich aus der Wechselwirkung aller Teile des Systems stets neu ergeben: Der Computer berechnet  - vornehmer: „simuliert“ - anhand des vom Menschen ausgetüftelten Modells und historischer Daten (sowie daraus z. B. abgeleiteten Entwicklungsraten) das dynamische Verhalten des Systems. Das ergibt keine Prognose, sondern nur ein Bild der künftigen Verhaltensweise des Systems, und zwar unter bestimmten Annahmen, die wiederum der Mensch dem Computer eingibt. Mesarovíć/ Pestel sprechen in diesem Zusammenhang von "Szenario".

„Der Computer zeigt die exakten Folgen auf, die sich aus den Annahmen ergeben, und nutzt die hervorragendste Fähigkeit des menschlichen Gehirns, die Umwelt in ihrem Momentanzustand genau zu erfassen, und eliminiert seine grösste Schwäche, die daraus sich ergebenden Konsequenzen auch exakt zu bestimmen" (Forrester, 31; vgl. auch Meadows, 75ff).

Da ist also gar keine Hexerei im Spiel, vielmehr steht und fällt alles mit der Güte des Modells, das der ganzen Rechnerei zugrundeliegt.

 

(Die 6  Hauptfaktoren, vgl. Schema I und Ia)

 

Nun, Forresters Modell geht davon aus, dass alle Prozesse des Wachstums und des Gleichgewichts in Regelkreisen oder rückgekoppelten Schleifen ablaufen. Das sieht für die sechs Hauptfaktoren des Weltsystems etwa folgendermassen aus:

1. Die Bevölkerungszahl wird bestimmt durch die Geburten- und Sterbeziffer, die ihrerseits von Lebensstandard, Ernährung, Umweltverschmutzung und Bevölkerungsdichte abhängen.

2. Die Kapitalinvestierung im industriellen Sektor wird bestimmt durch die Kapitalerzeugung (die vom Lebensstandard und der Bevölkerungszahl abhängt) und die Kapitalabnutzung (Verschleiss, Schrott, Abbruch).

3. Die Umweltverschmutzung bestimmt sich durch Verschmutzungserzeugung und -absorption. Erstere hängt vom Industriekapital (sowie der Landwirtschaft, usw.) und der Bevölkerungszahl, letztere vor allem von der Absorptionszeit ab, die selbst eine Funktion, der Schmutzmenge sowie der Art der Verschmutzung (z. B. DDT, Dünger, Metalle, CO2, Wärme) ist.

4. Die Rohstoffreserven bestimmen sich aus eventuell weiteren Entdeckungen sowie dem Verbrauch, der seinerseits von der Kapitalinvestition sowie von Lebensstandard und Bevölkerungszahl abhängt (die ihrerseits miteinander verknüpft sind).
Hinzu kommt, dass mit abnehmenden Vorräten die Kapitaleffektivität sinkt, d. h. die Kosten für die Rohstoffgewinnung werden immer höher, was wiederum den Lebensstandard senkt. Auch Wiederverwertung und Ersatz kosten Energie und Geld und bewirken Umweltverschmutzung.

5. Die Nahrungsmittelproduktion ist bestimmt durch den Anteil der Kapitalinvestition in die Landwirtschaft (die ihrerseits mit dem Lebensstandard zusammenhängt), durch Bevölkerungsdichte und Umweltverschmutzung sowie Bodenfläche und -qualität, Frischwasser, Klima, usw.

6. Der Siedlungsraum wird hauptsächlich von Bevölkerungszahl und Lebensstandard beeinflusst, die landwirtschaftliche Anbaufläche darüberhinaus von der Nahrungsmittelproduktion, dem Anteil der Kapitalinvestition in die Landwirtschaft und der Umweltverschmutzung (z. B. Versalzung, Versteppung, Erosion). Grenzen setzen für beide Räume geographische und klimatische Besonderheiten.

 

Das ist in groben Zügen das ganze Einmaleins der gegenseitigen Verflechtungen in Forresters Weltmodell. Unnötig zu sagen, dass es besser sein könnte. Forrester weist ausdrücklich darauf hin, dass es nur ein "vorläufiges Modell" sei, "das Fragen aufwerfen und zu weiteren Forschungsarbeiten anregen soll" (36; ähnl. 26, 99, 106ff).

 

(Ungenauigkeiten)

 

Einige Anmerkungen sind somit am Platz. Ein Haupteinwand besteht darin, dass der Text von "World Dynamics", zumindest in der deutschen Fassung, nicht völlig mit dem aus 43 Kästchen und Kreisen zusammengefügten "Flussdiagramm" übereinstimmt und die Legenden nicht immer zu den Diagrammen passen (z. B. 97). So wird etwa auf das Problem des geographischen Raumes nur im Text summarisch eingegangen, und es werden keine Rückkopplungskreise dafür aufgestellt. Auch ist die Behauptung fragwürdig, wenn man von der gesamten Landfläche den Siedlungsraum abziehe, bleibe der Rest für die landwirtschaftliche Nutzung. Dabei sind nach Mesarovíć/ Pestel (151) etwa 60 Prozent der Landfläche Wüste, versalzter Boden, eisbedeckt oder Gebirge.

 

Solche Ungenauigkeiten sind zahlreich. Bedauerlich ist beispielsweise, dass der "Lebensstandard" nirgends definiert wird. Auf den Schemata ist er einzig abhängig vom "effektiven Anteil der Kapitalinvestierung" (z. B. 43), d. h. vom "zur Gestaltung des Lebensstandards zur Verfügung stehenden Kapital" (58; 45), das über die Schleife "Kapitalinvestment-Multiplikator" - Kapitalerzeugung - Kapitalinvestierung - Kapitalinvestierung pro Kopf "gesteuert" wird. Im Text ist er aber auch einmal (74) abhängig von der "gesamten Kapitalinvestition“, ein andermal (42) "von der Bevölkerungszahl und einem Normalwert“, ein weiteres Mal (53) noch abhängig vom Nahrungsmittelangebot, und etwas später fällt der Hinweis, „dass Forrester das Verhältnis von Lebensqualitätsfaktor aufgrund des Lebensstandards zu dem aufgrund des Nahrungsmittelangebots benutzt, um die Zuteilung von Kapital in die Nahrungsmittelerzeugung zu steuern“ (63).

Gerade diese Sache mit der Kapitalinvestierung vermag nicht so recht zu überzeugen, zumal auch Kapital zur Behebung der Umweltverschmutzung (95), zur Erzeugung von Nahrungsmitteln (51ff) und zur Gewinnung von Rohstoffen (58) eingesetzt werden muss (für letzteres gemäss dem „Abbau-Wirkungsgrad-Multiplikator“; 56, 68). So bleiben also für den Lebensstandard etwa „Gesundheitsdienste und Wohnungsverhältnisse“ (58).

 

Überhaupt sind die Kreise um Kapitalerzeugung, -bereitstellung, -ansammlung, -investition und -abnutzung (42ff), in Verbindung mit Pro-Kopf-Zahlen, Multiplikatoren und Raten, Faktoren, Einheiten und Indikatoren, Normalwerten, Anteilen und Durchschnitten äusserst undurchsichtig.

Unter dem Begriff „investiertes Kapital“ fasst Forrester „alle auf der Welt vorhandenen Fabriken, Schulen, Wohngebäude, Strassen, Universitäten, Forschungsanstalten, Verkehrsmittel, Maschinen, landwirtschaftliche Geräte, Talsperren, Bewässerungsanlagen“ zusammen, „aber darüber hinaus auch das 'potentielle Kapital' ..., das zum Beispiel in Form von ausgebildeten Menschen oder von Forschungsergebnissen vorhanden ist, da diese Form des 'Reichtums' sonst im Modell nicht erfasst wird“ (43). Ein Teil dieses „produktiven Kapitals“ (44) ist dann das „effektive“ (45 – nicht zu verwechseln mit der „Effektivität des Kapitaleinsatzes für die Rohstoffgewinnung“; 58, 67f, 78f), ein anderer der in die Landwirtschaft investierte Anteil (50), also „Maschinen, Düngemittel, künstliche Bewässerung, Verarbeitungs- und Transporteinrichtungen“ (51). Daneben gibt es den „Kapitalinvestierungsanteil ohne Landwirtschaft“ – wobei man sich oft des Eindrucks nicht erwehren kann, es handle sich hierbei um den „Kapitaleinsatz in der Landwirtschaft“ (z. B. 50ff, 71f, 76, 79, 83, 96), und sehr häufig ist ganz pauschal von „Industrialisierung“ die Rede.

 

Vollends mythisch wird es, wenn Forrester noch eine "Lebensqualität“ (Human Well-Being) einführt. Die Diskussion darüber stand zwar in den letzten paar Jahren hoch im Kurs, doch ist der Begriff so vage, dass sich wenig damit anfangen lässt. Er ist einerseits eng verwandt mit dem Lebensstandard - sowie den "Lebensbedingungen" (z. B. 75, 87, 109) - und lässt sich genausowenig sinnvoll messen wie dieser.

Deshalb sind Meadows wie Mesarovíć/ Pestel von beiden abgegangen. Wie wir sehen werden, fallen sie auch gar nicht ins Gewicht, geht es doch um viel mehr: ums "Überleben" respektive den Tod von Milliarden von Menschen.

 

Auch zum Flussdiagramm wäre einiges zu sagen. Beispielsweise, dass Forrester angibt, sein Weltsystem enthalte die Elemente

- die Menschen,

- ihre Sozialordnung,

- ihre Technologie und

- ihre natürliche Umwelt (15),

jedoch nicht angibt, wie er diese zu seinem Flussmodell ausfaltet, vielmehr spricht er sofort und fortan von "Faktoren" (bei Meadows heissen sie "Pegel"), wobei einmal von Bevölkerungswachstum, ein andermal von Bevölkerungszahl und Bevölkerungsdruck, einmal von Nahrungsmittelproduktion, ein andermal von in der Landwirtschaft investiertem Kapital und Nahrungsmittelversorgung die Rede ist (16 gegenüber 38 u. 39).

 

Apodiktisch befindet er zudem, zur Beschreibung des Systems reichten zwei Arten von variablen Grössen völlig aus (36), nämlich:

·        Zustände (als integrierte Momentangrössen oder "Werte" des Systems, besser: der Elemente oder Faktoren) und

·        Raten (als Grössen, welche die Veränderung von Zuständen beschreiben).

Sofort tauchen jedoch im Text Flussgrössen, Flussraten und Ratenflüsse, Beeinflussungsmöglichkeiten und wirkende Faktoren (bei Meadows: "zusätzliche Variablen“; 90), Schleifen, Koeffizienten, Prozentzahlen, Normalbedingungen und Standardwerte, Multiplikatoren und Multiplikationsfaktoren, usw. auf. Zusammen mit Ziffern und Zahlen, Pro-Kopf-Beträgen und Anteilen ergibt das ein an einen Kraut-und-Rüben-Garten erinnerndes Flussdiagramm mit Kästchen (z. T. mit "Ventilsymbolen" und „Wölkchen“) und grossen und winzigen Kreisen, die durch gestrichelte Linien untereinander verbunden sind.

Wenn man das etwas "systematischer" und vor allem übersichtlicher darstellen würde, ergäbe sich etwa das Schema von Seite X.

 

Bei den Computerdurchläufen fällt auf, dass etwa der Kapitalinvestierungsanteil ohne Landwirtschaft Eingang findet, jedoch nicht derjenige zur Gewinnung von Rohstoffen und Erzeugung von Nahrung. Bei der Lebensqualität werden nur Bevölkerungsdichte und Verschmutzung, nicht aber Nahrungsmittelangebot und Lebensstandard berücksichtigt. Der "geographische Lebensraum" (16), Siedlungs- und Anbauflächen finden allenfalls höchst indirekt Berücksichtigung.

 

Bemerkenswert ist auch, dass auf keinem der zahlreichen Verhaltensdiagramme alle fünf restlichen "Hauptfaktoren" zusammen auftreten, es gibt vielmehr zwei Gruppen von Diagrammen, die je umfassen:

- Rohstoffvorräte

- Bevölkerungszahl

- investiertes Kapital

- Verschmutzung

- Lebensqualität

oder

- Kapitalinvestierungsanteil ohne Landwirtschaft

- Nahrungsmittel/ Kopf

- Materieller Lebensstandard

- Lebensqualität (bezüglich Bevölkerungsdichte)

- Lebensqualität (bezüglich Verschmutzung).

 

Es sei nochmals betont, dass jedes Modell eine gewaltige Vereinfachung der Realität darstellt. Das ist nicht bedauerlich, sondern unumgänglich. Wichtig ist nur, dass die wesentlichen Elemente und Beziehungen eines Systems erfasst werden (vgl. auch Meadows, 79ff). Möchte ich beispielsweise mit dem Zug von Basel nach Zürich fahren, so brauche ich ausser dem Fahrplan gar nichts zu kennen, weder die Länge der Strecke, die Zahl der Weichen und Bahnübergänge noch die Stärke der Lokomotive und die Zahl der Wagen. Genauso steht es mit dem Weltmodell. Indem Forrester das seinige als "vorläufiges" (36) bezeichnet, weist er auf Meadows' Arbeitsgruppe hin, welche die Modellstruktur soweit als möglich zu verbessern sucht, "denn der Modellaufbau ist meist sehr viel wichtiger als die Zahlenwerte für die angenommenen Parameter, die man in das Modell einsetzt“.

 

Meadows hat also die Lebensqualität fallen lassen. (Ab und zu rutschen ihm allerdings noch „Lebensqualität“, z. B. 136, und "Lebensstandard" z. B. 31, 147, 150, hinein.) Dafür hat er sein besonderes Augenmerk noch auf

·        die Dienstleistungen,

·        den Arbeitsmarkt in den verschiedenen Sektoren,

·        die Verteilung und Nutzung der Landflächen (für die Landwirtschaft in Zusammenhang mit Kapitaleinsatz und Ertrag, Erschliessung und Nutzungsdauer) sowie

·        die Differenzierung der Bevölkerungsdynamik (Aufteilung in Altersgruppen; Gesundheitswesen; soziale Anpassung)

gerichtet.

 

Als erstaunlichste Konsequenz dieser Modellverfeinerung ergab sich, dass sich an den Charakteristiken des langfristigen Weltverhaltens nichts ändert, höchstens manifestieren sich die Zusammenbrüche deutlicher. Dies liegt zu einem grossen Teil daran, dass Meadows mehrere Verzögerungsglieder eingeschaltet hat, die der Realität mehr Rechnung tragen, z. B. der Tatsache, dass auch nach einem entscheidenden "Kurswechsel" die Bevölkerung sich noch lange vergrössert. Auch wenn es soweit käme, dass im Jahre 2000 jedes Ehepaar nur noch zwei Kinder auf die Welt stellte, nähme doch die Weltbevölkerung weiterhin noch um zweieinhalb Milliarden zu, bis endlich ein Gleichgewichtszustand erreicht wäre (163f; ähnl. 130f).

Ähnliche Verzögerungen sind beim Umweltschutz zu erwarten, würde doch z. B, trotz eines Rückgangs der Verwendung von DDT dessen Konzentration etwa in Fischen noch ein ganzes Jahrzehnt ansteigen, und erst in 25 Jahren ergäbe sich eine Konzentration die (immer noch) der gegenwärtigen entspricht (69-71; vgl. auch 130; bei Forrester, 46f, sind es 30 Jahre).

„Auch auf dem Kapitalsektor wirken Verzögerungszeiten, weil Kapital nicht sofort von einem Wirkungsbereich in einen anderen transferiert werden kann, um veränderten Bedürfnislagen nachzukommen“ (Meadows, 130).

 

Einige Verwirrung stiften dürfte, dass Meadows einen leicht veränderten Ansatz bei der Bildung des Industriekapitals macht. Bei ihm besteht ein solches nur in materiellem "aktivem industriellem Kapital" (Fabrikanlagen, Werkzeugmaschinen, Fahrzeuge), das unter anderem wiederum Anlagen, Maschinen und Fahrzeuge produziert, die ihrerseits als Investitionen (daher die Bezeichnung „Investitionsgüter") in das Industriekapital einfliessen (30f, 82).

Andere Güter der industriellen Erzeugung sind:

- Verbrauchsgüter (31),

- landwirtschaftliches Kapital wie Traktoren, Bewässerungsanlagen und Chemikalien (84, 111),

- Dienstleistungskapital wie Schulen, Krankenhäuser, Laboratorien, Banken (85, 112),

- Umweltschutzeinrichtungen (120ff) und

- Kapital zur Rohstoffgewinnung (85).

- (Ergänzen könnte man noch: Rüstungsgüter und Raumfahrt.)

 

Zu beachten ist, dass ein Wachstum des Industriekapitals auf der Zufuhr von Rohstoffen und Energie beruht (45), deren Gewinnungskosten zudem bei abnehmenden Vorräten immer höher werden (52-56; 85).

Etwas irreführend ist sodann, dass er in Zusammenhang mit dieser Industrieproduktion von Bruttosozialprodukt spricht (33f).

 

Dass die fünf Faktoren, Grundgrössen resp. "Pegel" nicht sauber auseinandergehalten werden - ist doch die Rede z. B. von Industrie (75), von Kapital (76) oder von Investition und Produktion (82) - und behauptet wird, kausale Beziehungen, die im Weltmodell mit gestrichelten Pfeilen angegeben sind, übten keine Wirkung auf das Modellverhalten aus, wenn es doch von den Kreisen, die durch sie verbunden werden, heisst, sie beeinflussten die Raten (90), das sind weitere Schönheitsfehler.

Dass die Autoren schliesslich unter Geburtenkontrolle nicht -beschränkung verstehen (z. B. Forrester, 90; Meadows, 124ff) hätte deutlicher gemacht werden müssen.

 

Alle diese Mängel und Unsauberkeiten beeinträchtigen natürlich das Vertrauen in diese beiden Weltmodelle. Sie zu beheben könnte ein lohnendes Ziel für die weitere Forschungstätigkeit sein. Desungeachtet lassen aber die Ergebnisse der Computerdurchläufe aufhorchen, zumal sie bei Forrester und Meadows so ähnlich sind - was freilich auf der Ähnlichkeit des zugrundeliegenden Modells beruht. (Daher trifft das Schema auf Seite X auch auf Meadows’ Ansatz zu.)

 

Die Resultate: I – IX (vgl. separate Zusammenstellung: Computer-Simulationen)

 

Was also sind die Resultate? (Punkt I. bis III. basierend dabei noch nicht auf Computer-Simulationen.)

 

I.

Wollte man die gesamte Erdbevölkerung so gut ernähren wie diejenige der USA, so brauchte man dafür jetzt schon mehr bebaubares Land als prinzipiell verfügbar ist. Doch von diesem potentiell landwirtschaftlich nutzbaren Land (bei Meadows, 39ff, sind es 3,2 Mia. ha, bei MP, 152, jedoch nur 2,4 Mia. ha) wird gegenwärtig nur die Hälfte (bei MP knapp 40 % ihrer Maximalfläche), und zwar die ertragreichere, leichter bebaubare genutzt.

Dass die Landfläche durch eine weiter zunehmende Bevölkerung vermindert wird (Ausdehnung der Siedlungs- und Industriefläche) und gleichzeitig der Nahrungsmittelbedarf steigt, ist klar. Auch wenn man nur vom gegenwärtigen Weltbedarf pro Person (knapp die Hälfte desjenigen der USA) ausgeht und sämtliches nutzbare Land bebauen würde, tritt „schon vor dem Jahr 2000 eine hoffnungslose Landknappheit" (Meadows, 41) auf.

Eine Verdoppelung der Hektarerträge verschöbe diesen Zeitpunkt nur um 30 Jahre, eine Verfierfachung um 60 Jahre (42) - all dies bei Fortdauer des gegenwärtigen Bevölkerungswachstums. (Dasselbe ohne konkrete Zahlenwerte findet sich bei Forrester, 20ff. Über die enormen Schwierigkeiten bei der Ausdehnung der Anbaufläche und der Erhöhung der Produktivität orientieren MP, 150-157.)

 

II.

Die „sich nicht regenerierenden Rohstoffe“ (Meadows, 45ff ) werden in einigen Jahrzehnten knapp. Dabei lässt sich die Erschöpfung der Vorräte bei gleichmässig weitersteigendem exponentiellen Bedarf auch durch das Auffinden einer vierfachen Menge der bisher bekannten Vorkommen nur um jeweils 20-40 Jahre hinausschieben.

 

Ohne bedeutende Neufunde würden sich bei gleichbleibenden Verbrauchsanstieg erschöpfen

            Jahre nach Meadows (46-49); Jahre nach Mesarovíć/ Pestel (28f)

Chrom            95                                                        101

Eisen              93                                                        75

Mangan          46                                                        86

Nickel             53                                                        -

Kobalt             60                                                        35

Platin              47                                                        32

ca. Jahrhundertwende

Kupfer             21                                                        44

                                                ca. Jahrhundertwende

Molybdän       34                                                        23

Aluminium      31                                                        -

Wolfram          28                                                        18

Blei                 21                                                        22

Zink                 18                                                        22

Zinn                 15                                                        18

Silber              13                                                        16

Gold                9                                                          20

Quecksilber   13                                                        -

 

Dabei sind die Erschliessungs-, Produktions- und Verteilungskosten nicht berücksichtigt. Nähme der Bedarf weiterhin exponentiell zu, böte nicht einmal die Wiederverwendung allen Altmetalls eine Lösung (Meadows, 51), auch nicht ein Ersatz durch andere Stoffe (Meadows, 52-56), für die überdies ebenfalls Rohstoffe benötigt werden.

 

Was Erdöl und Erdgas betrifft, so wird allgemein angenommen, dass es damit um die Jahrhundertwende zu Ende sein könnte (Meadows, 48, und MP, 157, rechnen sogar nur mit je ca. 20 Jahren Erschöpfungszeit). Einzig Kohle dürfte noch etwa 150-200 Jahre ausreichen (46 resp. 159).

 

III.

Was die Umweltverschmutzung betrifft, so scheint die Konzentration aller Schadstoffe, deren Werte über längere Zeit gemessen wurden, ebenfalls exponentiell zuzunehmen. Die Zeitverzögerung wurde schon erwähnt. Viele Schadstoffe werden zudem über die ganze Welt verbreitet. Über die tolerierbaren Grenzwerte, vor allem für die Kombination von Schadstoffen, weiss man jedoch noch wenig (Meadows, 57-73). "Die wichtigste Wissenslücke besteht bis jetzt beim Problem der Umweltverschmutzung" muss Meadows bekennen (162).

Dennoch lassen sich einige sinnvoll erscheinende Annahmen treffen. Sie ergeben zusammen mit den obigen beiden Punkten die Basis für die eigentlichen Computer-Studien, von denen nun die wichtigsten vorgeführt werden sollen.

 

IV.

Der sogenannte „Standardlauf des Weltmodells" basiert auf der Annahme, dass alle bisherigen Wachstumstendenzen wie bis anhin weitergehen.

Resultat: Die Bevölkerung wird nach Erreichung eines Höchststandes wieder abnehmen. Grund dafür ist die Erschöpfung der Rohstoffvorräte. Sie führt zu einem Zusammenbruch der industriellen Basis, was seinerseits die Nahrungsmittelversorgung und etwa auch die medizinische Fürsorge zum Erliegen bringt (Forrester, 24-26; 67-68; Meadows, 110-113).

 

V.

Auch eine Verdoppelung der nutzbaren Rohstoffvorräte durch "neue technologische Entwicklungen" (Meadows, 112-115) resp. eine sofortige Kürzung der Verbrauchsrate um 65 oder 75 Prozent durch den Einsatz von Kunststoffen, die Nutzbarmachung bisher ungenutzter Metallarten und die Erschliessung neuer Energiequellen (Forrester, 25ff, 72ff) brächte keine Lösung, denn die nun länger zunehmende Industrieproduktion erzeugte mit der Zeit eine derartige Umweltverschmutzung, dass der Bevölkerungskollaps apokalyptische Ausmasse annähme (bei Forrester ein Absinken von 6 auf 1 Milliarde Menschen in einem Zeitraum von 20-30 Jahren). Am stärksten davon betroffen würden dabei vermutlich die Industriestaaten (25, 28f, 75).

 

Dieses Beispiel zeigt, "wie ein einziger technologischer Erfolg (die Verminderung der Abhängigkeit von Rohstoffreserven) uns zwar von einem Übel bewahren, dafür aber zu Opfern eines viel schlimmeren Schicksals machen kann“ (25f, 28f: vgl. auch 78), und Meadows fragt:

"Soll das heissen, dass es tatsächlich der Menschheit bestimmt sei, bis zu einem Optimalwert [?] anzuwachsen und dann in eine kümmerliche Existenzform zurückzufallen mit ungenügender Ernährung und hohen Geburten- und Sterberaten, also stark verkürzter Lebenserwartung?" (115; Über die Sterbe- und Geburtenzahlen ist freilich Forrester (75, 77f) anderer Meinung. Das ist aber kaum von Belang.

 

VI.

Die Folgerung aus dem "Versuch" V sei wiederholt: "Auf jeden Fall zeigt das Diagramm 43 ein Grundverhalten komplexer Systeme: Die Behebung einer Schwierigkeit oder die Beseitigung einer Belastung kann dazu führen, dass ein anderer belastender Faktor wirksam wird, der sehr viel unerwünschter ist, als es der vorhergehende war" (Forrester, 78).

 

Das zeigt sich deutlich, wenn man die Möglichkeit der Nutzung der Kernenergie etwas genauer betrachtet (Meadows, 118-120). Auch unter der optimistischen Annahme, dass durch ihren Einsatz Rohstoffvorräte doppelt so gut ausgenützt würden (magere Erze, Abbau vom Meeresboden) und zu drei Vierteln eine Wiedergewinnung aus Abfällen möglich wäre) ergäbe sich dasselbe wie vorher: Die wirtschaftliche Entwicklung wird derart stimuliert, dass wiederum eine Umweltverschmutzung zum Bevölkerungskollaps führt. Eine weltweite drastische Reduzierung der Umweltverschmutzung auf einen Viertel würde ihn nur hinausschieben, da dann der Nahrungsmangel einsetzt (Meadows,  120-123; bei Forrester, 95, 102ff, käme es allerdings dennoch zu einer späteren Erschöpfung der Rohstoffvorräte). Eine Verdoppelung des Hektarertrags würde die Umweltverschmutzung erneut so stark ansteigen lassen, dass das Bevölkerungswachstum dennoch zusammenbräche (124f; Forrester, 96f).

 

Führte man schliesslich zu alledem noch eine perfekte Geburtenkontrolle - allerdings auf freiwilliger Basis - ein, so liesse sich die Bevölkerung für vielleicht ein halbes Jahrhundert stabilisieren (bei einem fast so hohen Pro-Kopf-Einkommen wie heute in den USA), doch dann geriete das industrielle Wachstum wegen Rohstoffverknappung ins Stocken und die Umweltverschmutzung (samt Erosion) führte zu einem Rückgang der Nahrungsmittelproduktion und damit zu einem plötzlichen Ansteigen der Sterberate (Meadows, 124-128).

 

Fazit auch hier: "Technologische Lösungsversuche allein haben zwar die Periode des Wachstums von Bevölkerung und Industrie verlängert, erwiesen sich aber offensichtlich als ungeeignet, die endgültigen Grenzen des Wachstums zu beseitigen" (128).

 

VII.

Wenn man also von der Annahme ausgeht, "Bevölkerungswachstum und Kapital dürften nicht beschränkt werden und sollten sich selbst einpegeln, ist es einfach unmöglich, irgendwelche Massnahmen zu finden, die dieses Überschiessen von Grenzen verhindern könnten“ (Meadows, 129). Daran schuld sind einerseits die zeitlichen Verzögerungen bei der Stabilisierung der Bevölkerung, bei Kapitalverschiebungen und bei Umweltvergiftungen resp. -schutzmassnahmen, anderseits die gerade deshalb verbreitete Meinung, man könne ruhig noch etwas abwarten, da die Lage im Moment noch nicht beängstigend sei. (Doch wie schnell und unerbittlich kommt der 30. resp. 21. Tag für den Seerosenteich heran!)

 

Freiwillige Beschränkungen tun also not, soll nicht ein Grenzwert nach dem andern überschritten werden, "bis die Kosten technologischer  Lösungen die Kraft der Gesellschaft überschreiten oder bis die Nebenwirkungen der Technologie selbst das Wachstum unterdrücken oder bis Probleme auftreten, für die es keine technologischen Lösungen gibt. Dann aber wird es zu spät sein, um noch zu wählen“ (Meadows, 139; ähnl. 153).

Meadows betont nachdrücklich: "Die Technologie kann Symptome beheben, ohne die ihnen zugrunde liegenden Ursachen zu beseitigen. Der Glaube an die Technologie kann unsere Aufmerksamkeit vom Hauptproblem, dem exponentiellen Wachstum innerhalb eines begrenzten Systems, ablenken und wirklich wirksame Massnahmen zu seiner Lösung verhindern" (Meadows, 139).

 

Nun zeigt sich aber, dass auch nichttechnologische Nassnahmen in einzelnen Sektoren nicht genügen. Eine solche wäre Geburtenkontrolle. Meadows nimmt an, es gelänge, die Geburten- mit der Sterbeziffer so zu koppeln, „dass die Zahl der Neugeborenen pro Jahr der Zahl der jährlich zu erwartenden Todesfälle gleichkommt" (144).

Das hat zur Folge, dass das Industriewachstum so lange weitergeht, bis es durch eine Erschöpfung der Rohstoffvorräte zum Erliegen kommt.

 

Senkt man wie Forrester (89ff) einzig die Geburtenziffer, so ergibt sich für die Industrie derselbe Zusammenbruch, und zusätzlich nimmt die Bevölkerung infolge zunehmender Sterberate ab. Daran würde auch eine drastische Senkung des Rohstoffverbrauchs nichts ändern, da dann wegen der Industrialisierung eine enorme Umweltverschmutzung einsetzte (91f). Könnte man die Umweltverschmutzung auf Null reduzieren, nähme dafür die Bevölkerung - trotz Geburtenkontrolle, aber mit einiger Verzögerung - wieder stark zu (91f), woran auch eine Verschärfung der Geburtenkontrolle nichts ändern würde (91ff).

 

VIII.

Dass eine Erhöhung der Kapitalinvestitionen zu einem sehr rasch eintretenden Bevölkerungskollaps infolge Umweltverschmutzung führt, also noch bevor die Rohstoffe zur Neige gehen, hat Forrester (88f) gezeigt; wobei hinzukommt, dass "diese stärkere Industrialisierung das weitere Anwachsen der sozialen Spannungen beschleunigt" (102). Daran ändert auch eine gleichzeitige Reduzierung von Rohstoffverbrauch und Umweltverschmutzung sowie eine Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion nichts! (96f).

Auch eine noch schärfere Beschränkung der Umweltverschmutzung schöbe den Bevölkerungszusammenbruch nur um 20 Jahre hinaus; er würde dafür umso mehr Menschen treffen (97f). Versuchte man es dagegen mit Geburtenkontrolle, so erfolgte der Bevölkerungskollaps schon viel früher durch Umweltverschmutzung (98).

 

Erneutes Fazit: "Die konventionellen Mausnahmen gegen wirtschaftliche und soziale Probleme ... bringen keine Lösung auf lange Sicht. Die Suche nach einem dauerhaften und erträglichen Gleichgewichtszustand auf der Erde muss in einer anderen Richtung erfolgen" (Forrester, 99).

 

IX.

Ein Versuch in einer neuen Richtung ist also Koppelung der Geburten- mit der Sterberate, die Kenneth Boulding schon 1964 ("The Meaning of the Twentieth Century") vorgeschlagen hat. Doch führt das als isolierte Massnahme auch nicht weiter, ganz abgesehen von der Schwierigkeit ihrer Realisierung.

 

Es müsste also etwas Weiteres hinzukommen, und das ist ein wahrlich revolutionärer Gedanke in diesen beiden Studien: eine Begrenzung des Kapitalwachstums. Sie ist es, die im Verein mit allen andern Massnahmen Aussicht auf Erfolg verspricht.

 

Die stabilisierten Weltmodelle

 

Meadows (145ff) koppelt daher die Rate der Kapitalinvestition mit derjenigen des Kapitalverschleisses. Allein kombiniert mit einer Stabilisierung der Bevölkerung führt das aber noch nicht zu einem optimalen Resultat, denn die fallenden Rohstoffvorräte reduzieren das Industrieprodukt und damit auch die Nahrungsmittelproduktion. Das bedeutet nichts anderes, als dass alle früher erwähnten technologischen Massnahmen ebenfalls noch beigezogen werden müssen, und zwar in einer optimalen Kombination.

 

Daraus ergeben sich nach Meadows zwei "Stabilisierte Weltmodelle":

 

1. Zur Stabilisierung von Bevölkerung und Kapital treten hinzu:

·        Reduktion von Rohstoffverbrauch (inklusive Recycling) und Umweltverschmutzung,

·        Verlängerte Nutzungsdauer von Investitionsgütern und Kapital,

·        Hinwendung von Interesse und Kapital auf Dienstleistungen und Nahrungsmittelerzeugung (inklusive Kompostierung und Melioration).

 

Ergebnis: "Die Weltbevölkerung erreicht dann eine Höhe, die geringfügig über der heutigen liegt. Es gibt doppelt soviel Nahrungsmittel pro Kopf wie 1970; die Lebenserwartung beträgt fast 70 Jahre. Die Industrieproduktion pro Kopf liegt über dem heutigen Stand, und die Dienstleistungen pro Kopf sind dreimal so hoch wie heute. Das durchschnittliche Jahreseinkommen [?] ... entspricht etwa dem durchschnittlichen heutigen Einkommen in Europa und liegt dreimal höher als das durchschnittliche heutige Einkommen der Weltbevölkerung" (Meadows, 149).

 

2. Das wäre ein derart paradiesischer Zustand, dass auch Meadows nur staunt. Grund dafür ist die wohl ausserordentlich unrealistische Annahme, dass man Bevölkerung und Kapital "absolut und sehr rasch stabilisieren" (150) könne. Nimmt man daher - unter Beibehaltung des Übrigen - an:

·        die erwünschte Kinderzahl betrage zwei pro Familie, und

·        "das wirtschaftliche System" versuche, eine durchschnittliche Industrieproduktion pro Kopf nach dem Stand von 1975 zu erhalten und setzte die "überschüssige industrielle Kapazität eher zur Produktion von Konsumgütern [?] als zur Erhöhung der Investitions- über die Abnutzungsrate" ein,

so steigt die Bevölkerung viel höher bis sie sich endlich stabilisiert, weshalb zwar die Güter- und Nahrungserzeugung sowie die Dienstleistungen nicht so stark steigen, aber immer noch beträchtlich höhere Werte als heute erreichen (Meadows, 150f).

 

Schade dass Meadows bei dieser Variante nicht länger verweilt, gäbe doch das Gelegenheit, die Sache etwas genauer auszumalen und vor allem das Problem der Bremsung des Kapitalwachstums näher zu beleuchten.

 

Dies hat in Ansätzen Forrester versucht, der die Normalrate der Kapitalerzeugung um beachtliche 40 Prozent kürzt, worunter freilich der Dienstleistungssektor und die Nahrungsmittelproduktion etwas zu leiden hätten. Im Verein mit allen übrigen Massnahmen pendelte sich die Bevölkerungszahl um etwa 1990 auf ein Gleichgewicht ein (Forrester, 103ff). Eine zusätzliche leichte Verminderung der landwirtschaftlichen Produktivität sowie eine Senkung der Geburtenziffer (was Forrester in dieser Simulationsgruppe bisher weggelassen hatte) um 30 Prozent hätte eine beinahe sofortige Stabilisierung der Bevölkerung bei ganz ahnsehnlicher Lebensqualität, jedoch nicht mehr ansteigendem Lebensstandard zur Folge (103-109).

 

3. Durch selbstgewählte Beschränkungen und alle Raffinessen der Technologie liesse sich also die Entwicklung in den Griff bekommen.

Was geschähe, wenn man diese Massnahmen erst im Jahre 2000 einführte, untersucht zum Abschluss Meadows (180ff): Bevölkerung und Industrieproduktion pro Kopf erreichen zwar viel höhere Werte, doch kommt es zu einer raschen Rohstoffverknappung und einer dadurch fallenden Industrieproduktion mit bald auch verminderter Nahrungsmittelerzeugung, was schliesslich die Bevölkerung wieder reduziert.

 

Es gälte also, sofort zu handeln, soll nicht „zwangsweise Beschränkung durch Lasten aus der Umwelt" schon bald alles weitere Wachstum abwürgen. „Man müsste lernen, sehr viele Dinge in völlig anderer Weise zu tun" (Meadows, 153).

Doch Forrester meint: „Dafür werden zweifellos viele Jahre erforderlich sein, vielleicht mehr, als uns noch zur Verfügung stehen“ (106f).

 

Weit mehr als ein Schönheitsfehler ist nun, dass sich Forrester wie Meadows in ihren Folgerungen aus den Computer-Simulationen scheuen, das Kind beim Namen zu nennen. Der zentrale Punkt ist doch neben gewaltigen Anstrengungen für den Umweltschutz die massive Reduktion der Rohstoffverbrauchsrate (bei beiden um drei Viertel!) und die energische Bremsung des Kapitalwachstums. Das trifft doch die Industrie. In allen ihren zum Teil langatmigen allgemeinen Erwägungen über die Änderung von Wertmassstäben, Strebungen und menschlichen Verhaltensweisen sind die Autoren aber geradezu peinlich bemüht, die Industrie nicht zu erwähnen. Da ist dann nur von „Menschheit“, "politischer Öffentlichkeit“, „Gesellschaft“ oder gar „man“ die Rede; gegen Ende versteigt sich Meadows zur Behauptung:

„Das grösste Hemmnis, das einer besseren Verteilung der Schätze dieser Welt entgegensteht, ist das Bevölkerungswachstum“ (160) und schliesslich müssten „zum Beispiel die Kosten der Umweltverschmutzung und der Rohstofferschöpfung auf den Preis eines Produkts“ geschlagen werden (162).

Es verwundert deshalb nicht, dass einer der verbreitetsten Vorwürfe an die Adresse der Autoren ist, sie seien ja von der Industrie finanziert worden.

 

In weiten Kreisen der Wissenschaft ist es heute Brauch, am Ende eines Aufsatzes oder Buches ein kurzes und prägnantes „Summary“ zu geben. Davor schrecken Forrester und Meadows zurück, denn eine solche Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in knappster Form könnte nur lauten:

1.      Jede Einzelmassnahme nützt auf die Länge gar nichts.

2.      Auch eine Kombination aller noch so drastischen und erfindungsreichen Massnahmen führt nicht zu einer Stabilisierung auf lange Sicht, sofern nicht das Kapital beschränkt wird.

Eine übersichtliche Zusammenstellung sämtlicher Ergebnisse beider Autoren gibt das Schema auf Seite Y.

 

Der Kotau vor der Wirtschaft muss also an der wissenschaftlichen Redlichkeit der Autoren zweifeln lassen.

 

Keine Kenntnisnahme durch den Club of Rome und Pestel

 

Der Vorwurf, die Autoren seien von der Industrie finanziert worden - der zumindest durch die Computerdiagramme widerlegt wird - kann durchaus Nahrung darin finden, dass das Exekutiv-Komitee des Club of Rome in seiner immerhin 12seitigen "Kritischen Würdigung" des Berichts von Meadows nur in einem Nebensatz auf die Verlangsamung des Produktionswachstums eingeht (174) und sonst pauschal etwa von "menschlicher Gleichgültigkeit und politischen Schwierigkeiten“ (168), "dem Preis unbeschränkten materiellen Wachstums“ (170), dem „Machtkampf zwischen den Industrienationen und den unterentwickelten Völkern" (171) oder den „notwendigen Änderungen politischer und wirtschaftlicher Machtstrukturen" (174) spricht.

Dafür verlangt es umso beharrlicher (dreimal) eine Beschränkung des Bevölkerungswachstums (vgl. dazu Punkt VII.) und redet wie schon Forrester und Meadows von sozialen Spannungen, Kriegen und Epidemien – psychologisch gesehen also eine „Übersprungshandlung“.

 

Die mehrfach geforderte Neustrukturierung „unseres Denkens“ resp. die „grundsätzliche Änderung der Wert- und Zielvorstellungen" hat jedenfalls nicht stattgefunden. Die Mobilisierung der für diese "geistige Umwälzung kopernikanischen Ausmasses" notwendigen Kräfte ist schon beim Club of Rome gescheitert. Die „Botschaft der Grenzen des Wachstums“ gilt nur für Wissenschafter, Politiker, Regierungsmitglieder und Planer sowie die Bevölkerung (175 und 176).

 

Dem Exekutiv-Komitee des Club of Rome gehört auch Prof. Eduard Pestel an.

Er hat Forresters "Teuflischen Regelkreis" herausgegeben und behauptet in seinem Nachwort dazu, Meadows habe "andere, besser realisierbare Möglichkeiten zur Erlangung eines globalen Gleichgewichtes" herausgefunden (111). Davon kann auf Grund der obigen Zusammenstellung keine Rede sein: Die Forderungen für eine optimale Lösung sind nahezu dieselben. So können sie also kaum, "verglichen mit den von Forrester angegebenen vielleicht eine gewisse Chance" haben, "von der Menschheit akzeptiert zu werden".

Dass auch Pestel die Beschränkung des Kapitalwachstums ignoriert, ist nach alledem naheliegend, genauso wie er auch nur von den "politischen Verantwortlichen" spricht, die "sich der Simulationstechnik bei ihrer Entscheidungsfindung bedienen" sollten, sowie von "den Sozialwissenschaften", welche "dynamische Modelle" erstellen sollten, statt "komplexe Zusammenhänge ... ideologisch zu simplifizieren" (115 und 116).

 

Nach alledem könnte man vermuten, dass die sechs Mitglieder des Exekutiv-Komitees des Club of Rome die Studien von Forrester und Meadows gar nicht gelesen haben.

 

Das lässt sich auch aus dem Text der "Menschheit am Wendepunkt" schliessen, wo ausser zwei herablassenden Bemerkungen über Meadows ("unzulässige Vereinfachung“, die "zu irreführenden Resultaten" führen kann, 43) und Forresters Systemdynamik ("nur numerische Systemdarstellung", 54) als einzige Folgerung aus ihren Untersuchungen erwähnt wird:

"Zur Vermeidung eines Zusammenbruchs muss das Wirtschaftswachstum sofort verlangsamt werden, und zwar derart, dass in relativ kurzer Zeit der Gleichgewichtszustand des Nullwachstums erreicht wird" (56). Diese Simplifizierung grenzt an Rufmord. Die Talfahrt der Systembetrachtung beginnt.

 

 

Teil III: Mesarovíć/ Pestel

 

Vergleiche andere Anmerkungen zu Mesarovíć/ Pestel von:

Erwin Kradolfer, 1974

Werner Meissner, 1974

Emil Rechtziegler, 1975

Ossip K. Flechtheim, 1975

Colin Clark, 1976

N. D. Karunaratne, 1976

siehe:    Literatur zu den Weltmodellen (1958-2004)

 

Das Modell

 

Worauf sich Mesarovíć/ Pestel etwas zu gute halten, das ist die sogenannte (horizontale) Regionalisierung der Welt und ihre (vertikale) Gliederung in 5, 6 oder 8 Ebenen (vgl. Fritsch, 1975, 272ff). Das ist nun alles andere als sensationell, zumal sämtliche Hauptresultate nur den Unterschied zwischen Industriestaaten („Nord“; Regionen 1, 2, 3 und 4) und Entwicklungsländern insgesamt („Süd“) resp. ölexportierenden Ländern (Region 7: Nordafrika und Naher alias „Mittlerer“ Osten) oder Süd- und Südostasien (Region 9) betreffen.

 

Was die Ebenen anbelangt, so sieht das folgendermassen aus (45f):

·        Umwelt-Ebene: Klima, Land, Wasser, Luft und Rohstoffe sowie „ökologische Zustände und Prozesse“

·        Technologie-Ebene: alle materiellen und energetischen Umwandlungsprozesse von der Landwirtschaft bis zur Weltraumfahrt,

·        demo-ökonomische Ebene: Bevölkerung und Wirtschaft

·        Gesellschafts-Ebene: Institutionen (Firmen, Regierungen und Verwaltungen) und politische Gruppierungen,

·        Individual-Ebene: biologische und psychische Existenzbedingungen sowie Wertvorstellungen und Normen.

 

Das ist nun wahrlich auch keine Neuentdeckung, sind doch solche „Hierarchien“ spätestens seit der Jahrhundertwende immer wieder aufgestellt worden. Zudem bestehen die ersten drei (die „unteren“) aus nicht viel mehr als einer Umgruppierung der sechs Hauptfaktoren der MIT-Studien, wobei freilich „Umweltverschmutzung“ und „Kapital“ unter den Tisch fallen resp. auf diese Ebenen verteilt werden (müssten).

 

Als „neu“ erscheinen einzig die Sozial- und Individual-Ebene, die jedoch auch in den MIT-Studien einerseits in den „Annahmen“, anderseits in den Ausführungen über die Denkstrukturen oder Wert- und Zielvorstellungen sowie „die Menschen“ oder Entscheidungsträger zur Geltung kommen.

 

Es ist auch Mesarovíć/ Pestel nicht gelungen, diese „subjektiven Aspekte“ auf den „höheren“ zwei Ebenen wie die in den unteren drei Ebenen „wirksamen Relationen und Prozesse in einem Computer-Modell als Ursache-Wirkungs-Beziehungen abzubilden“ (46). Also müssen die nichtkausalen subjektiven Aspekte über „Szenarios“ eingegeben werden, was, unter Vermeidung dieses interessanten Wortes, Forrester und Meadows schon längst getan hatten.

Daran indert auch die numerische Darstellung von Entscheidungsprozessen sowie das interaktive Dialogverfahren (51-54) nichts, Diese Verfahren sind blosse Hilfsinstrumente, welche es dem Menschen (Interaktor, Entscheidungsträger) erlauben, mit dem Computer im Gespräch zu bleiben. In diesem Dialog werden „die Eingangsgrössen dem Computer in kleinen Zeitschritten stückweise eingegeben. Dabei bewertet der Interaktor – zum Beispiel Mitglied eines Planungsstabes, eines Entscheidungsgremiums oder ähnlicher Personengruppen - stets die Folgen des vorangegangenen Schrittes, wie sie ihm vom Computer auf Anforderung mitgeteilt werden, bevor er im nächsten Schritt dem Computer neue Anweisungen erteilt“ (54).

 

Das bedeutet nichts anderes als eine Zerstückelung des langfristigen Simulationsprozesses und ändert kein Jota an den Ergebnissen der MIT-Studien. Es ist dies jedoch ein treffliches Ablenkungsmittel von den dort erarbeiteten Konsequenzen: Das Gesamtverhalten des Weltsystems kann auf diese Weise nur verschlimmert werden. Damit man dies auf keinen Fall sieht, werden diese Ergebnisse also verschwiegen, und zudem wird der Zeithorizont beim Jahr 2025 abgeschnitten, während die MIT-Studien immer bis 2100 gehen (bei Forrester zweimal sogar bis 2300).

 

Von den knapp 140 Seiten des Textes gehen solcherart 50 für die Darstellung dieses „regionalisierten Mehrebenen-Modells des Weltsystems“ (8) sowie die Aufwärmung altbekannter Platitüden dahin. Unter Ausklammerung des „Kapitals“ versteht sich. Es wird einzig darauf hingewiesen, dass die Industrieländer sich gegen den „Transfer riesiger finanzieller Mittel und damit eine gewaltige Verschiebung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse“ im Gefolge der Ölkrise von 1973 kaum wehren können und "ihre wirtschaftlichen Grossunternehmen auch an Kapitalmangel leiden" (27).

 

Hätten Mesarovíć/ Pestel den immerhin manchen Mitgliedern unserer globalen Gemeinschaft sinnvoll erscheinenden Forschungspfad Forresters und Meadows’ weiter beschritten und dabei etwa mit ihrer Regionalisierung Ernst gemacht, dann hätten sie allerdings sofort sehen müssen, dass sich da ein gewaltiger Zündstoff verbirgt. Der einzige Weg, der z. B. bei Forrester zu einem Gleichgewichtszustand führt, besteht doch im Einsatz sämtlicher drastischer und technologischer Massnahmen sowie einer Reduzierung der Kapitalerzeugung um 40 Prozent (103, 105). Das bedeutet wahrlich eine "Umbewertung jedes wirtschaftlichen Wachstums" (Forrester, 106) und träfe bei einer Regionalisierung die USA ganz besonders hart: Da dieses Land eine dreimal so hohe Kapitalerzeugung aufweist wie der Weltdurchschnitt (Forrester, 44), müsste sie hier somit auf 20 Prozent vermindert werden, Da denken manche an den vielzitierten Spruch von Wilhelm Busch Palmström, „weil ... nicht sein kann, was nicht sein darf".

 

Damit man eine solch bittere Medizin nicht schlucken muss, verteilt man das Problem lieber auf Arbeitsgruppen, die dann unter Vernachlässigung der Tatsache, dass Systemdenken etwas mit Systematik zu tun hat, zusammenhangslose Kapitel zu einem Buch ohne jeglichen Aufbau beitragen, z. B. Rohstoffverbrauch in Kap. 3, Kluft Nord-Süd in Kap. 5, 6, 9 und Anhang, Öl Kap. 7, 8 und Anhang, Kern- und Sonnenenergie Kap. 10.

 

Mindestens so bedauerlich ist die völlige Abkehr von der Darstellung von Zusammenhängen, wie sie in den MIT-Studien doch recht akribisch erhellt worden sind. Indem man 5 bis 8 Ebenen unterscheidet, durch Kästchen repräsentiert und mit Pfeilen verbindet, ist noch gar keine Einsicht in Zusammenhänge gegeben. Wenn etwas den „system's approach, den sogenannten System-Ansatz, der sich nicht auf die isolierte Betrachtung eines Problems beschränkt" (27), kennzeichnet, dann ist es doch gerade die „umfassende Betrachtungsweise“ (133), d. h. die Betrachtung einer beliebigen Sache einerseits unter verschiedenen Aspekten, anderseits als Ganzheit, welche von Elementen und den sie verbindenden logischen und Wirkungs-Beziehungen gebildet wird.

Dabei sind in vielen Systemen mehrere Elemente in der Form von Regelkreisen verbunden. Eine Verknüpfung solcher Regelkreise ergibt schliesslich die bekannten äusserst komplexen, vermaschten Systeme.

 

Dass man solche "dem Laien" (9) mit einigem Geschick auseinanderlegen kann, haben die MIT-Studien gezeigt. Mesarovíć/ Pestel ist das nicht gelungen. Die einzige Gruppe von Zusammenhängen, die sie vorführen, sind diejenigen im Bereich Ernährung, Nahrungsmittelzusammensetzung, -produktion und -verteilung (49-51), wobei die Darstellung einige Sorgfalt vermissen lässt. (So fehlen im Text etwa die Bezeichnungen DD und WFT; das FDN wird nicht erwähnt, und MAP heisst MAF.)

 

Wenn der System-Ansatz auch nur ein Ziel verfolgte, dann wäre es zumindest derjenige, Klarheit in alle Zusammenhänge und Übersicht in deren Darstellung zu bringen.

 

Was die "Menschheit am Wendepunkt" weiter auszeichnet, ist also der Rückfall in eine sektorielle Betrachtungsweise, wobei nicht einmal hier die Wirkungsbeziehungen dargelegt werden, Von einer „’holistischen', alle Lebensaspekte umfassenden Betrachtungsweise des Weltsystems“ (27) kann nicht die Rede sein. Was nämlich in diesem Buch vorgelegt wird sind nur zwei kleine, völlig isolierte Bereiche:

1. die Kluft „Nord-Süd" (betreffs Pro-Kopf-Einkommen und Ernährung),

2. die Energiefrage (Öl, Kernkraftwerke, Sonnenenergie).

 

Die „sich so bedrohlich rasch ausweitende Kluft zwischen Mensch und Natur" (8), „das wichtigste Problem unserer Zeit“ (140), also Ausbeutung, Verschandelung, Vergiftung, Belastung und Zerstörung des Ökosystems, findet sich nur in einigen versprengten Sätzen wieder – zu den Umweltproblemen finden sich einzig am Anfang (20f) sowie im „Epilog“  (136-139) und in Abschnittchen des „Anhangs“ (152-157, 175f) einige drastische Streiflichter.

Soziale Probleme werden allenfalls gestreift. Von "sozialer Innovation“, Ausbildung, Forschung, Gesundheit, Politik liest man höchsten Phrasen. Den Autoren scheint die Kluft zwischen ihren Ansprüchen und ihrem tatsächlichen Vorgehen nicht bewusst geworden zu sein, meinen sie doch, sie hätten nur "eine Reihe brennender politischer Probleme, die sich in der militärischen und ideologischen Polarisierung zwischen den grossen [?] Weltmächten manifestieren", insbesondere also die Gefahr eines Atomkrieges, vernachlässigt (10).

 

Die Ergebnisse

 

Doch zu den Ergebnissen. Sie triefen vor Banalität. So haben die Autoren unter Zuhilfenahme einer Grossrechenanlage und „einer sehr komplizierten und umfangreichen Menge von Beziehungen, die beim gegenwärtigen Stand des Modells etwa 100 000 betragen (39)“

·        zum Beispiel festgestellt, dass eine Zunahme der Geburtenziffer zu einem schnelleren Anwachsen der Bevölkerung führt, vorausgesetzt, dass die Sterbeziffer nicht auch zunimmt" (39f),

·        die industrialisierte Welt erkaufe sich „die Zeit zur Entwicklung anderer Energiequellen auf Kosten der Regionen, die noch am Anfang ihrer Industrialisierung stehen“ (126f),

·        man müsse sich „darüber im klaren sein, dass der Mensch keine Dollars isst, sondern Nahrungsmittel“ (110),

·        dass „für alle Beteiligten ‚Kooperation’ besser als ‚Konflikt’ ist“ (104) resp. „dass die ‚günstigsten Lösungen’ stets ‚Harmonie’ oder ‚Kompromisse’ zwischen gleichberechtigten, ausgewogenen Partnern voraussetzen“ (141), kurz: „Einigkeit stärkt, Zwietracht zerstört“ (94), oder

·        „man muss bereits heute handeln. Sind nämlich die Warnzeichen erst einmal nicht mehr zu übersehen, kommt jede Abhilfe zu spät“ (135).

 

Die Kluft Nord-Süd

 

Was die Kluft zwischen „Nord“ und „Süd“ anbelangt so bemisst sie sich am Pro-Kopf-Einkommen. Zur Eruierung dieser "Wohlstandskluft“ (58) bedarf es kaum eines Computer-Modells. Schon vor mindestens 10 Jahren hat John Pincus Berechnungen darüber angestellt, und was davon zu halten ist, sagte Bruno Fritsch (1973, 69f) deutlich:

"Stützt man sich einseitig auf ökonomische Faktoren und betreibt dabei - wie es heute allgemein üblich ist - Pro-Kopf-Einkommensarithmetik, dann wird sehr schnell sichtbar, dass es so gut wie gar keine praktikablen Lösungen gibt ... Das ist das einzig Brauchbare an solchen Kalkulationen: sie zeigen, zu welchen absurden Ergebnissen man durch die Beschränkung auf dubiose Vergleiche der absoluten Pro-Kopf-Einkommen oder der Wachstumsraten gelangt.“

 

In der Tat ergeben auch Mesarovíć/ Pestels neuerliche Berechnungen staunenswerte Ergebnisse, wobei der Unterschied zu Pincus und vielen anderen einzig in der Höhe der Beträge liegt: handelte es sich früher um Hunderte von Milliarden, so nun um Tausende. Dabei treffen Mesarovíć/ Pestel mehrere Annahmen, die mit einem Fragezeichen zu versehene sind:

1. Die Fertilitätsrate erreicht in allen Regionen der Erde in 35 Jahren einen Gleichgewichtszustand (59). Wäre dies nicht der Fall, müsste man allerdings (169) im Jahre 2025 statt mit einer Bevölkerung von 7,5 Milliarden mit einer solchen von fast 12 Milliarden rechnen; also ein Unterschied von immerhin 4 Milliarden Menschen (soviel wie heute leben).

2. Der Dollarwert ist entsprechend seinem Stand von 1963 konstant gehalten (63).

3. Die eigene Modellrechnung, wonach das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Region "Nord" nur „wenig mehr als die Hälfte“ des hier verwendeten Betrags erreicht (67), wurde vernachlässigt.

 

Nun gut. Ginge die bisherige Einkommensentwicklung ohne Störung weiter, würde sich die Wohlstandskluft massiv vergrössern, Möchte man bereits die gegenwärtige Kluft zwischen den Industriestaaten und dem tropischen Afrika (Region 8) sowie Südasien (Region 9) auf einen Viertel und zu Lateinamerika (Region 6) auf 60 Prozent verringern, erforderte das folgende Geldspenden seitens der Industrieländer bis zum Jahre 2025:

1. Bei sofortigem Beginn und Fortzahlung über 50 Jahre: 7200 Milliarden Dollar (63),

2. Bei einem Beginn der Hilfe erst im Jahre 2000: 11 000 Milliarden Dollar (64),

3. Bei einer Konzentration der Hilfe auf die nächsten 25 Jahre: 2500 Milliarden Dollar (64).

 

Hätten beispielsweise die Industriestaaten die Absicht, bereits "bis zum Jahr 2000 die Entwicklungsländer so weit zu bringen", dass sie von da ab die erwähnten Zielvorstellungen "bis zum Jahr 2025 aus eigener Kraft erreichen können", wären die dafür notwendigen Hilfeleistungen drei- bis fünfmal geringer als auf die anderen Arten. "Abwarten kostet nahezu fünfmal so viel wie schnelles Handeln" (64), folgern Mesarovíć/ Pestel, und meinen süffisant: "Das ist ein wahrlich erstaunliches Ergebnis.“

 

An das Problem, wer diese Gelder stiften soll, nach welchem Spenderschlüssel (vgl. dazu Fritsch, 1973, 75-81) vorgegangen werden könnte und was mit diesen Hunderten von Milliardenbeträgen in welchen Entwicklungsländern geschehen sollte, verschwenden die Autoren wenig Gedanken. Im Gegenteil, sie werfen die Flinte gleich ins Korn: „Die benötigten Hilfeleistungen und die Lasten, die damit den entwickelten Regionen der Erde aufgebürdet würden, dürften politisch nicht durchzusetzen sein, und ausserdem dürfte auch die Kapazität der hilfesuchenden Entwicklungsländer, solch grosse Investitionshilfen zu absorbieren, dadurch weit überschritten werden" (61). Die letztere Behauptung widerlegt etwa Bruno Fritsch (1973, 89f).

 

Immerhin soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Autoren den Vorschlag einer "Intermediate Technology" von Ernst Friedrich Schumacher in die Diskussion werfen und festhalten, die Industrieländer litten "an Fettsucht" und verbrauchten z. B. das Erdöl "übermässig schnell und in keinem vertretbaren Verhältnis zum Rest der Welt ... Auf diese Weise erkaufen sie sich die Zeit, die zur Entwicklung neuer Energieformen benötigt wird, ohne dabei tiefgreifende wirtschaftliche Opfer bringen zu müssen.“ (Das hat sich seit Herbst 1973 wohl geändert.)

Wenn also „die Entwicklungshilfe echt dazu dienen soll, denn hungernden Milliarden einen Weg aus' ihrer Armut hinaus zu bahnen, dann müssen die industrialisierten Regionen ihrer eigenen weiteren Überentwicklung Einhalt gebieten" (67-69).

 

Wie das geschehen soll, erörtern die Autoren nicht. Dafür untersuchen sie in einem späteren Kapitel noch die Ernährungssituation in Süd- und Südostasien.

Wiederum treffen sie einige Annahmen (111):

1. Eine erfolgreiche Bevölkerungspolitik in den nächsten 50 Jahren mündet schliesslich in einen Gleichgewichtszustand.

2. Schon gegen 1980 wird jedes Stück kultivierbaren Landes genützt.

3. Der Einsatz von Kunstdünger übertrifft in 50 Jahren die gegenwärtig in Nordamerika üblichen Mengen, womit sich der Hektarertrag um 1000 kg erhöhen liesse.

4. Sämtliche technologischen Möglichkeiten (z. B. Bewässerung) werden genutzt.

5. Es treten keine katastrophalen Missernten auf.

 

Trotz all diesen Massnahmen wird das Eiweissdefizit bis zum Jahr 2025 auf mehr als 50 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen. „Die Kosten für die Einfuhr der ein solches Defizit deckenden Nahrungsmittel“, nämlich über 500 Mio. t Getreide im Jahre 2025, „sind einfach unerschwinglich. Sie würden ein Drittel des gesamten regionalen Bruttosozialproduktes betragen und voraussichtlich dreimal so hoch sein wie alle denkbaren Exporterlöse der Region Südasien“ (113ff). Hinzu kommt noch das Transportproblem für diese Getreidemenge, die immerhin das Doppelte der heutigen Gesamternte in Nordamerika umfasste.

Blieben diese bereits jetzt zusehends notwendiger werdenden Nahrungsmittelimporte aus, so würde schon in den frühen 80er Jahren eine gewaltige Hungerkatastrophe einsetzen: Bis 2025 müssten eine Milliarde Menschen mehr sterben als ohnehin. Das "damit verbundene menschliche Leid“ (116) kann man sich kaum vorstellen.

 

Böte es eine Lösung, wenn in dieser Region immer mehr Investitionsmittel von der Industrie auf die Landwirtschaft verlagert würden? Hier zeigt die Computer-Analyse, dass der Hektarertrag nur bis zur Jahrhundertwende rascher anstiege, dann jedoch die Wachstumsrate der landwirtschaftlichen Erzeugung zusehends stärker zurückginge, bis im Jahre 2025 der selbe Stand wie beim vorigen Ansatz erreicht wäre. "Die industrielle Entwicklung der Region für die Landwirtschaft zu opfern, wäre also ganz offensichtlich ein vergebliches Opfer mit katastrophalen Folgen für die Arbeitslage und würde sicherlich lange vor dem Jahr 2025 zu einem sozialen und politischen Chaos führen" (117ff).

Könnte man jedoch eine zu einem Bevölkerungsgleichgewicht führende Fertilitätsrate bereits in 15 Jahren (also 1990) erreichen, dann müssten die Nahrungsmittelimporte erst in den 90er statt 80er Jahren beginnen und die Gesamtmenge reduzierte sich auf ein Fünftel (100 Mio. t jährlich). Doch wäre auch diese finanzielle Last für Südasien nicht tragbar.

 

So bietet sich als einzige Lösung an, dieser Region Investitionshilfen zur Verfügung zu stellen, dergestalt dass sie in der Lage wäre, die Kosten für die notwendigen Nahrungsmittelimporte selber zu tragen. "Dies würde bedeuten, dass man in Südasien die Entwicklung einer eigenen exportorientierten und im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung wettbewerbsfähigen Industrie kräftig fördern müsste" (119 - vgl. dazu auch Fritsch, 1973, z. B. 84ff, 136ff). Überdies müsste auch in Hinblick auf die schnell wachsende Stadtbevölkerung "der Anteil des industriellen Sektors am Bruttosozialprodukt stetig bis auf zwei Drittel des Gesamtwertes steigen" (118).

 

Zur Erzielung solcher Einsichten braucht es natürlich keinen Computer. Mit diesem hätten sich aber vielleicht Zusammenhänge zwischen der oben errechneten "Wohlstandskluft" und dem Nahrungsmittelproblem herstellen lassen. Wie wichtig das ist, betont wiederum Bruno Fritsch (1973, 136), wenn er an den Plänen der UNO für die Zweite Entwicklungsdekade bemängelt, sie hätten den "für die Weltwirtschaft so fundamentalen Zusammenhang zwischen Wachstumsraten und Ungleichgewichten in der Aussenwirtschaft" zu wenig berücksichtigt.

Überdies hat die Sache insofern einen Haken, als "viele einsichtige Beobachter" wieder holt die Meinung vertreten haben, "dass die Entwicklungsländer nicht den von der industrialisierten Welt durchlaufenen Pfaden folgen sollten", auch nicht in verkürzter Zeit, "denn immer wieder hat die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte gezeigt, dass die Einführung wirtschaftlicher Aktivitäten, die eine spezielle Ausbildung, eine spezielle Organisation und eine den Empfängern fremde Einstellung erfordern, die Entwicklung nicht fördert, sondern Fremdkörper erzeugt, die einer gedeihlichen Entwicklung entgegenstehen, indem die Reichen in den Entwicklungsländern noch reicher werden und das Riesenheer der Armen in noch tiefere Armut versinkt" (140ff; vgl. auch 66f).

 

Ob sich diese Problematik im interaktiven Dialogverfahren angehen lässt, ist kaum anzunehmen. Das Konzept des organischen, "wohl auf den jeweiligen Wirtschafts- und Sozialzustand der einzelnen Regionen abgestimmten" (56) Wachstums, das also die „Eigenarten und Möglichkeiten der unterschiedlichen Weltregionen“ (7; vgl. 43ff, 119), und zwar den wirtschaftlichen Entwicklungsstand ebenso wie das kulturelle Erbe (141) berücksichtigt, steht noch aus.

 

Geradezu ein Paradebeispiel für das "typisch englische 'muddle through', das heisst 'irgendwie sich durchmogeln'" (143) sind die Ausführungen über das Energieproblem. Drei Aspekte werden betrachtet:

I.         Erdöl,

II.       Kernenergie,

III.      Sonnenenergie.

 

Energie I: Erdöl

I.

Die ersten Untersuchungen gelten dem "Erdöl als einem Musterbeispiel für eine begrenzte Ressource“ (84). Zwei Fragen stehen hier im Vordergrund:

·        diejenige nach dem "ertragreichsten Maximalpreis" und

·        diejenige nach dem Vorteil einer weltweiten Kooperation gegenüber einer Konfrontation.

 

Wie ungenau hier gearbeitet wurde, zeigt sich schon an der beharrlichen Divergenz zwischen „Trillionen" von Dollar im Text (86ff) und „Billionen“ in den graphischen Darstellungen - immerhin ein Unterschied im Faktor von einer Million. (Das könnte an der Übersetzung liegen, entspricht doch die amerikanische Trillion einer deutschen Billion. Einmal rutschen allerdings, Seite 100, gar nur Milliarden in den Text.)

 

Muss dies schon zum Aufhorchen mahnen, so ist das erst recht einerseits

·        beim "Anfangspreis" (86ff), anderseits

·        bei den „Nachgewiesenen Reserven“ (157ff)

der Fall.

In ihren umständlichen Berechnungen vermeiden es die Autoren sorgfältig, diesen Anfangspreis zu beziffern. Nur einmal rutscht die verräterische Zahl in den Text: 1,35 Dollar pro Barrel auf der Basis des 1963er Dollars (92). Fast jeder Zeitgenosse weiss, dass im Gefolge des Ölschocks dieser Preis fast auf das Zehnfache getrieben worden ist. Dieses für die Computer-Berechnungen ausser acht gelassene Ereignis - die spärlichen pauschalen Hinweise im Text (z. B. 90) sind blosse Einschübe und dürften aus dem Winter 1973/74 datieren (vgl. z. B. 96f) - raubt natürlich den Berechnungen jeden Sinn, kommen, doch Mesarovíć/ Pestel zum Schluss, der für die ölexportierenden Länder des Mittleren Ostens und Nordafrikas (Region 7) ertragreichste Preis liege etwa 50% über dem "Anfangspreis", mithin etwa bei 2 Dollar!

Sich dennoch im Anhang über die "sogenannten ‚bestinformierten Experten’", deren schlimmste Befürchtungen durch den Ölschock vom Herbst 1973 weit übertroffen worden sind, lustig zu machen (162), ist infolgedessen schlicht Zynismus.

 

Doch weiter: Durch eine jährliche Steigerung des Anfangspreises um winzige 3 Prozent bis zu diesem Betrag erreichte im Jahre 2025 für diese Region sowohl das Bruttosozialprodukt (87: 2,7 Bio. Dollar; 93: 2,5 Bio.) als auch das aus den Überschüssen angesammelte Auslandsvermögen ( 89: 13 Bio. Dollar) das Maximum.

 

Eine Vervierfachung des Ölpreises hätte zwar kaum einen Einfluss auf das Bruttosozialprodukt, jedoch würde "der Wert des im Ausland bis zum Jahre 2025 investierten Vermögens auf weniger als die Hälfte des unter den gemachten Annahmen erreichbaren Maximums" fallen, und zwar wäre dieser Einnahmenrückgang "einfach eine Folge der wegen des höheren Preises abnehmenden Nachfrage nach Öl, wobei der Energiebedarf wegen des hohen Ölpreises dann entweder immer mehr durch andere, preisgünstigere Energieformen gedeckt wird, deren Entwicklung sich bei dem hohen Ölpreis nunmehr lohnt, oder überhaupt nicht" (87).

 

Umgekehrt hätte eine Konstanthaltung des Anfangspreises (von 1,35 Dollar pro Barrel) sowohl für die Region 7 als auch für die übrigen Entwicklungsländer wie auch die Industriestaaten unliebsame Folgen. Das BSP der Region 7 stiege nur auf 1,2 Bio. Dollar (86) resp. 300 Mia. Dollar (92) - ein bemerkenswerter, nirgends erhellter Unterschied -, während etwa ab dem Jahr 2015 das BSP der Industriestaaten von einem Maximum um 6 Bio. Dollar zurückgehen und in den übrigen Entwicklungsländern bei knapp 2 Bio. Dollar stagnieren würde.

Eine jährliche Erhöhung des Ölpreises um 3 Prozent ergäbe demgegenüber nebst den Vorteilen für die Öl-Region (2,5 Bio. Dollar ist bei den Autoren siebenmal mehr als 300 Mia.) auch eine Verdopplung des BSP für die übrigen Entwicklungsländer und für die Industriestaaten eine Erhöhung auf fast 8 Bio. Dollar. Dies trotz "beträchtlich höherer Ölpreise" (93), die so beträchtlich allerdings gar nicht sind - maximal ja 2 Dollar pro Barrel.

Ob durch diesen Preis "die Entwicklung und Einführung anderer Energieformen zeitig genug gefördert" (94; vgl. auch oben, 87) würde, könnte bezweifelt werden.

 

Unklar bleibt auch wie die Stabilisierung des "ertragreichsten" Ölpreises "bei etwa 50 Prozent über dem Anfangspreis" (87) erfolgt, wenn anderseits durch einen jährlichen "relativen Preisanstieg von 3 Prozent" (86) dieser Wert schon in 14 Jahren erreicht ist. (Auf den Tabellen 98ff ist das merkwürdigerweise erst in 22 Jahren der Fall.) Ein weiterer Anstieg bis zum Jahr 2025 ergäbe doch bereits mehr als den vierfachen Anfangswert. Diese 3 Prozent (93) bedeuten jedenfalls keine "allmähliche" (90; auch 93, 97, 99) Steigerung auf den "ertragreichsten" Wert, zumal die Inflation ausgeklammert wird.

 

Genauso unbefriedigend bleiben die Erörterungen über Konflikt und Kooperation. Aus den obigen Berechnungen zeigt sich jedenfalls noch keineswegs, "dass Kooperation der einzig vernünftige Weg ist" (94), solange weder die Fragen um den Anfangspreis noch seine Erhöhung auf maximal 50 Prozent und die Steigerungsrate von 3 Prozent geklärt sind. Zu behaupten, die Lösung des Ressourcenproblems könne "nur auf globaler und langfristiger Basis gefunden werden" (94) ist zumindest auf dieser Basis reichlich voreilig.

 

Unter anderem wohl deshalb haben die Autoren weitere Szenarien ausprobiert. Sie gelten der Beziehung Industriestaaten-Ölstaaten, wobei diese leider bereits wieder dadurch vorbelastet ist, dass angenommen wird, der Mittlere Osten verfolge die oben erwähnte - also bereits überholte - "optimale" Preispolitik (97).

Überdies, und das ist wie schon oben der erstaunlichste Punkt, vernachlässigen die Autoren ihre eigenen Angaben, wonach die Erdölreserven dieser Region schon im Jahre 2000 (bei einer wie bisher zunehmenden Förderung) resp. im Jahre 2030 (bei gleichbleibender Jahresförderung wie 1972) völlig erschöpft sein werden (157; vgl. 68). Aus den Tabellen auf Seiten 102 und 105 ergibt sich desungeachtet eine Ölförderung bis zum Jahre 2025, welche die bisherigen Reserven um mindestens die Hälfte übersteigt, wobei die Jahresförderung kurz vor diesem abrupten Abbruch des Zeithorizonts weit über 20 Mia. Barrel beträgt, also das Dreifache der heutigen jährlichen Menge! Wie das möglich sein soll und was nach dem Jahr 2025 geschieht, sollen wohl die Götter wissen.

 

Ähnlich steht es mit den Angaben über den Weltölhandel. Er soll in 50 Jahren fast ausschliesslich vom Mittleren Osten gespiesen werden - sofern die Ressourcen noch nicht erschöpft wären - und um die 20 Mia. Barrel im Jahr betragen (102, 105), also doppelt soviel wie heute und etwa soviel wie die heutige weltweite Förderung! Darüberhinaus soll das Erdöl dannzumal nur noch 5 Prozent des "Gesamtenergiebedarfs der Welt" decken. Bedenkt man, dass heute knapp die Hälfte des weltweiten Energieverzehrs von ca. 8 Mia. t SKE auf Erdöl entfällt (NZZ vom 14./15.6.1975 - auf den Tabellen sind es über 50 Prozent, mit einem Anstieg bis im Jahr 1990 auf sogar über 60 Prozent), so hiesse das, dass die Autoren für das Jahr 2025 mit einem ungefähr zehnfachen Energieverbrauch rechnen (aus Tabellen 98ff herauszulesen; auf einer Tabelle für die USA, 124 - wo es Milliarden, nicht Millionen heissen müsste – ergibt sich dagegen nur eine Steigerung auf das Dreieinhalbfache; und das gilt auch für die Industriestaaten überhaupt, 123.)

 

Dämpfen schon diese Seltsamkeiten das Vertrauen in die Szenarien, so sind auch die Konsequenzen daraus wenig überzeugend. Die drei wichtigsten Szenarien ergeben nämlich folgendes

1. Würden die Ölländer den Ölpreis schrittweise bis zum "ertragreichsten" Niveau steigern und ab etwa 2015 die Jahresproduktion auf 14 Mia. Barrel einfrieren (knapp dem doppelten Betrag von heute), dann verfügten sie im Jahre 2025 über ein BSP von 1,8 Bio. Dollar (vgl. oben 2,5 oder 2,7 Bio.) und ein Auslandsvermögen von nahezu 1 Bio. Dollar (100), die Industriestaaten über ein BSP von 7 Bio. Dollar. Wohin die fast 13 Bio. Dollar Auslandsvermögen von der Tabelle auf Seite 89 verschwunden sind, sagen die Autoren nicht.

2. Würden sich die Industriestaaten gegen die schrittweisen Preiserhöhungen zur Wehr setzen, indem sie ihren Ölbedarf durch eigene Ressourcen zu decken begännen (was schon in Fall 1 geschieht, vgl. 100) und den Preis für die in die Ölländer zu exportierenden Investitionsgüter an den Ölpreis ankoppelten (101), ergäbe sich eine leichte Verminderung des BSP der Ölländer auf 1,6 Bio. und eine leichte Erhöhung desjenigen der Industriestaaten auf 8 Bio. Dollar. Die "relativ geringe" (100) Produktionsdrosselung ab 2015 würde allerdings das BSP nur auf 7 Bio. Dollar steigen lassen und reduzierte das Auslandsvermögen der Ölländer auf 400 Mia. Dollar.

3. Verzichten dagegen die Industriestaaten einerseits auf "Vergeltung" ausserhalb des "üblichen wirtschaftlichen Kräftespiels" und entwickeln anderseits ihre eigenen Ölvorkommen und anderen Energiequellen "entsprechend den üblichen Marktverhältnissen" (104) weiter, während der Mittlere Osten "keine nach oben begrenzte Produktionshöhe" festsetzt und überdies "alle sich ansammelnden Überschüsse aus den Ölverkäufen in den 'westlichen' Industrieländern re-investiert", so erreichen letztere im Jahre 2025 ein BSP von 8,5 Bio. Dollar und die Ölstaaten ein solches von 1,8 Bio. sowie ein etwa doppelt so grosses Auslandsvermögen wie im Fall 1 und 2 (ohne Drosselung).

 

Wird aus diesen Ergebnissen tatsächlich "ganz offensichtlich, dass für alle Beteiligten 'Kooperation' besser als 'Konflikt' ist" (104)? Da diese drei Szenarien beim BSP lediglich Unterschiede von 20% (Industrieländer) resp. 10 % (Ölländer) ergeben, fällt das kaum als "entscheidende Vorteile" (104) ins Gewicht. Was das Auslandsvermögen der Ölstaaten anbelangt, kann man deshalb zumindest skeptisch sein, ob die Industriestaaten ein Interesse daran haben könnten, es durch "Kooperation" doppelt so hoch ausfallen zu lassen, wobei sie erst noch auf die Gunst angewiesen wären, dass die Ölländer diese Überschüsse rezyklisierten - anstatt sie etwa in die übrigen Entwicklungsländer fliessen zu lassen. Es wäre durchaus möglich, dass die Industriestaaten einer solchen „realistischen Interessenabstimmung" (104) die "Vergeltung" vorzögen. Jedenfalls könnten einige politische Führer solche "Beweise" für die "absolute Notwendigkeit“ der "Entwicklung eines kooperierenden Weltsystems" (107) mit scheelen Augen ansehen.

 

Dass da "systemare Betrachtungen" gepflegt worden seien, "die sich nicht lediglich auf der ökonomischen Ebene des Weltmodells abspielten, sondern auch auf der technologischen und der geophysikalischen" (108; vgl. 83f), wird der Politiker zusammen mit dem Laien bezweifeln müssen.

 

Energie II: Kernenergie

 

II.

Für die Perspektiven der Kernenergie stützen sich die Autoren unter dem zügigen Titel 'Ein faustischer Pakt?" auf die Visionen von Alvin Weinberg, wobei nun plötzlich der Zeithorizont ausgeweitet wird. In 100 Jahren nämlich erfordert die Deckung des globalen Energiebedarfs 120 000 Atomkraftwerke heutiger Leistung, sofern der "gegenwärtige Entwicklungsstil" weiterginge, dannzumal (fast) alle Primärenergie nuklearen Ursprungs wäre und die Weltbevölkerung sich vervierfacht hätte. Das hiesse, dass ab sofort jede Woche mehr als vier neue Reaktoren von der fünffachen heutigen Leistung in Betrieb genommen werden müssten und bald täglich zwei neue solche Reaktoren gebaut werden müssten, welche die alten (jeweils nach dreissig Jahren ausgedienten) ersetzen (125).

(Etwas differenziertere Angaben macht dazu z. B. Theo Ginsburg, 1975, 205ff.)

 

Weder gehen die Autoren auf den technologischen, organisatorischen und finanziellen Aufwand für ein solches Unternehmen ein, noch erwähnen sie die gewaltige thermische Belastung der Umwelt - das geschieht erst im "Epilog" (137ff) - und die Beseitigung der radioaktiven Abfälle (mit Strontium-90 und Caesium-137). Ihnen scheint einzig der Schutz der nuklearen Grossanlagen (126; vgl. 69) kurz Sorge zu bereiten. Die Behauptung, dass durch die gigantische Entwicklung der Kernenergie "fast alle Industrienationen relativ grosse Unabhängigkeit von den Rohstoffländern ebenso wie einen günstigen Energiepreis" gewännen (126), bedürfte noch eines genauen Nachweises.

Wenn dies das einzige Fazit darstellte und zuträfe, dann ist das Interesse der Industriestaaten an der Schliessung der Kluft zwischen "Nord" und "Süd" nicht allzu hoch zu veranschlagen, und der Wunsch der Autoren, "sie sollten ein erstes Zeichen dadurch setzen, dass sie dem Anwachsen ihres Energieverbrauchs Einhalt gebieten" (127) wäre nichts anderes als fromm.

 

Energie III: Sonnenergie

 

III.

Dies scheint auch den Autoren aufgegangen zu sein, denn sogleich stürzen sie sich auf das Problem, wie der Energiebedarf bis zum Ende des nächsten Jahrhunderts gedeckt werden könnte. "Ein Szenario, das aus technischen, ökonomischen und politischen Gründen besonders vorteilhaft erscheint, fasst drei Strategien zeitlich und räumlich in eine zusammen" (127, 129):

1. "Die kurzfristige Strategie beruht auf der Sicherung der Ölversorgung in einem Umfang, dass wenigstens die sozio-ökonomische Stabilität der industrialisierten Regionen nicht gefährdet wird". Der Goodwill der Ölländer müsste dadurch gewonnen werden, dass sie auch nach Erschöpfung ihrer Ölquellen Energielieferanten sein dürfen (siehe nachfolgend Punkt 3).

2. Die mittelfristige Strategie für die Jahre 1985 bis 2000 basiert auf der Kohle „zur Ergänzung anderer primärer Energieträger". Wünschenswert scheint den Autoren hier noch eine Begrenzung der Weltbevölkerung auf 10 Mia. Menschen und des weltweiten Pro-Kopf-Verbrauchs von Energie auf dem Niveau von 40 Prozent des heute in den USA erreichten (das bedeutet eine Verzweieinhalbfachung gegenüber heute).

3. "Die langfristige Strategie stützt sich auf die Nutzung der Sonnenenergie. Wenn ein grosser Teil der riesigen Sonnenenergiefarmen in den hierfür besonders geeigneten Erdölregionen Afrikas und Arabiens aufgestellt würden, könnten diese nach wie vor ihre Rolle als Primärenergielieferanten weiterspielen. Dann schwindet dort die Furcht, nach Erschöpfung der Erdölquellen wieder nur noch Sonne und Sand zu besitzen. Auf diese Weise könnte dann auch ihre Kooperationsbereitschaft nicht nur für die nahe Zukunft, sondern langfristig gesichert werden" (129).
Die Ölländer könnten dazu angehalten werden, "einen grossen Teil der Erdölexport-Erlöse, die sicherlich bald astronomische Zahlen erreichen, auf die Dauer nutzbringend anzulegen, indem sie die Forschung, die Entwicklung und den Bau ihrer Sonnenenergieanlagen gemeinsam mit den industrialisierten Regionen finanzieren" (130).

 

Wie die Autoren nachgewiesen haben (104), kommt die Kooperation vorwiegend - bezüglich des Auslandsvermögens - den Ölländern zugute; weshalb sie für Kooperation "gewonnen", resp. ihre Bereitschaft dazu "gesichert" werden muss, ist daher nicht zwingend.

 

Und wieder einmal werden auch die andern Regionen völlig ausser acht gelassen. Wie sich der Ostblock zu dieser interessenbedingten Verflechtung des "Westens" mit dem Mittleren Osten stellen würde und wie sich Lateinamerika, Tropisch-Afrika, Süd- und Südostasien verhalten könnten, fällt ausser Abschied und Traktanden. (Immerhin könnte, laut Seite 68, der Energiebedarf Südasiens in 50 Jahren fünfmal so hoch sein wie derjenige von Westeuropa heute.)

 

Die Sache mit der Sonnenenergie trägt darüberhinaus geradezu utopische Züge. Sicher wäre sie "auf die Dauer die sauberste und sicherste Form der Primärenergie" (130) und gewiss „entspricht die auf der Erde jährlich eingestrahlte Sonnenenergie der Wärmeenergie von 185 Tausend Milliarden Tonnen Steinkohle, das ist etwa das Vierzigfache der nachgewiesenen Kohlenreserven auf der Erde" (131), doch ihre Nutzung erforderte nun tatsächlich den Einsatz astronomischer technischer Anlagen und finanzieller Mittel. (Zudem ist sie "für die Bedürfnisse der heute noch in Entwicklung befindlichen Nationen weniger geeignet", 68). Ausgehend von den unter Punkt 2 genannten Bedingungen müssten nämlich 1,6 Millionen Quadratkilometer Fläche mit Sonnenkraftanlagen bedeckt werden, Woher für solche Anlagen, welche also etwa die vierzigfache Fläche der Schweiz bedecken müssten, die Rohstoffe herkommen sollten, wissen wiederum die Götter. Die Vorräte für Silber - z. B. für die Spiegel - sollen ja schon in 16 Jahren, für Blei, Zink, Zinn, Molybdän und Wolfram schon in etwa 20 Jahren erschöpft sein (28f).

 

Das Problem des "Energietransports über grosse Entfernungen" (131) wird nur in zwei Sätzen angetippt: Wasserstoff soll dafür herhalten. Worin wird dieser transportiert, wenn nicht in rohstofferheischenden Pipelines oder Tankern, also in "neuen weitverzweigten Verteilernetzen" (132).

Soziale und politische Probleme werden dabei wiederum ausgeklammert, und wie, von wem und wodurch schliesslich die Finanzierung solcher Sonnenenergiefarmen und Zusatzeinrichtungen in der Grössenordnung von bis zu 50 000 Milliarden Dollar (132) - also 14 Mal das gegenwärtige Welt-Bruttosozialprodukt (125) – aufgebracht werden soll, steht in den Sternen.

 

Da steht auch, wie diese Utopien sich mit der Entwicklungshilfe (siehe oben: „Intermediate Technology“, 66ff, und Tausende von Milliarden Investitionen), mit der Bremsung der "Überentwicklung" der industrialisierten Regionen (69) resp. mit dem "Übergang von einer wachstumsorientierten Wirtschaft zum wirtschaftlichen Gleichgewicht" (132) mit der Umweltverschmutzung durch die Verbrennung fossiler Stoffe (setzt CO2 frei) und die Industrie (136f, 175) sowie der rasch sinkenden "Effizienz einer Organisation" bei steigender Komplexität (139f) vertragen und wann dies alles zu geschehen hätte, vermeiden doch die Autoren jede Jahresangabe.

Es heisst nur lakonisch: "Der jährliche Ausstoss an Primärenergie, wahrscheinlich in Form von Wasserstoff, würde dann dem Energieinhalt von etwa 200 Milliarden Fass Erdöl entsprechen" (132) - was immerhin das Elffache der heutigen jährlichen Weltförderung (157) bedeutet.

 

Dass die Sonnenenergie nicht alle Energieformen ersetzen kann und ihre Nutzung den Einsatz anderer Energieformen erfordert, wird nicht berücksichtigt.

 

Merkwürdigkeiten der Behauptungen

 

Trotz alledem verkünden die Autoren: "Die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit der vorgeschlagenen endgültigen Drei-Phasen-Lösung der Energiekrise haben wir anhand unserer Modelluntersuchungen nachweisen können" (132).

 

Ein Modell, das eine Mehrzahl solcher sektoriellen Utopien als realisierbar (vgl. 8) zulässt, dürfte doch weitherum auf Argwohn stossen. Erst recht, wenn die Autoren paradoxerweise als direktes Fazit daraus ableiten:

"Zum erstenmal, seit der Mensch überhaupt existiert, wird er herausgefordert, sich gegen das vom wirtschaftlichen und technologischen Standpunkt aus Machbare zu entscheiden und sich dafür einzusetzen, was seine Moral und seine Verantwortung für alle kommenden Generationen von ihm verlangen" (132). Für solche Schlussfolgerungen aus Computer-Analysen, (die erst noch auf ausserordentlich zweifelhaften Annahmen beruhen) haben die Schweizer eine Formel: "geistige Rösselsprünge".

 

Diese Sprünge setzen sich munter fort im "Epilog". Obwohl Mesarovíć/ Pestel offensichtlich sämtliche Grundlagen und Ergebnisse der MIT-Studien ausser acht gelassen, Faktoren isoliert und Zusammenhänge atomisiert haben - von Abhängigkeiten, Wechselwirkungen, Regelkreisen keine Spur -, beharren sie darauf: "Notwendig ist ... eine umfassende Betrachtungsweise, in der, von individuellen Wertvorstellungen, Traditionen und Verhaltensweisen angefangen bis hin zur Umweltbeeinflussung, alle Aspekte berücksichtigt werden, die in den verschiedenen Ebenen der hierarchischen Struktur unseres Weltmodells ihren Niederschlag gefunden haben" (133).

 

Angesichts des tatsächlichen Absehens von "systemaren Eigenschaften unserer heutigen Welt" sowie "allen Aspekten" (133) und damit des Scheiterns einer echt globalen Betrachtung der Probleme in einem Bericht, der für sich in Anspruch nimmt, "eingehend die Möglichkeiten der Menschheitsentwicklung in den nächsten fünfzig Jahren erörtert" zu haben (136; vgl. 21ff), ist es müssig, die desungeachtet daraus abgeleiteten "Lehren" (134) resp. herausgefilterten "spezifischen Empfehlungen" vorzustellen.

Schon in der Formulierung (133-136) sprechen manche für sich, z. B.

·        Es muss "zu einem fairen und dauerhaften System der Verteilung der Welt-Ressourcen" kommen.

·        "Selbst wenn erkannt wird, dass solche Gewinne nur kurzfristig sind, langfristig jedoch nachweislich zu Nachteilen führen, ist es für viele schwer, dem Drang zu widerstehen, den in kurzer Zeit erreichbaren Gewinn 'schnell mitzunehmen' (vgl. 81f, 143).

·        „Der gesamte persönliche und gesellschaftliche Erfahrungsschatz des Menschen“ bedarf "einer Umwertung, die ein neues ethisches Bewusstsein ... hervorbringen muss" (134).

·        "Dass engstirniger Nationalismus nutzlos ist und stets in eine Sackgasse führt, muss ein für allemal eingesehen und quasi als ein Gesetz anerkannt werden“ (vgl. 119f).

·        "Ein Weltkrieg der fraglos mit dem Einsatz von Kernwaffen geführt würde, wäre sicherlich Selbstmord und gehört deshalb einfach nicht mehr zur Kategorie politischer Alternativen."

·        "Zu einem dauerhaften Frieden wird die Welt weder durch Friedens- und Konfliktforschung noch durch ständig neue, sich immer länger hinziehende, mit faulen Kompromissen überladene Sicherheits- und Abrüstungskonferenzen gelangen."

·        "Hungersnot im tropischen Afrika muss einen deutschen Bürger ebenso beunruhigen und erschüttern wie eine Hungerkatastrophe im eigenen oder in einem Nachbarland. Da Erwachsene ihr Handeln von Vorstellungen leiten lassen, die sich in ihrer Kindheit gebildet haben und später kaum auszulöschen sind, müssen die Kinder überall in der Welt in diesem Geiste erzogen werden."

·        "Mit der Natur soll der Mensch in Harmonie leben, statt sie rücksichtslos erobern zu wollen."

 

An diese durchaus wohlmeinenden Ratschläge schliessen sich unvermittelt ein paar längst fällige Bemerkungen über die Zunahme des CO2- und Staub-Gehalts der Atmosphäre sowie die Wärmefreisetzung in der Energieerzeugung an: Das arktische Eis könnte dadurch schmelzen.

 

Was die Bewässerung in der Landwirtschaft betrifft, rechnen die Autoren dereinst mit einem zwanzigfachen Wasserverbrauch, da wir gezwungen werden "noch weit mehr bebaubares Land in den ariden und semiariden Regionen zu kultivieren" (137), obwohl sie im Anhang schreiben: "Tatsächlich sind heute nur noch in Nordamerika und, in etwas geringerem Masse, in Australien grosse Landreserven vorhanden" (152). Dass dieser zwanzigfache Verbrauch gerade sämtliche „für den Menschen verfügbaren Wasservorräte" (175) aufzehren würde, womit für Industrie- und Trinkwasser nichts mehr übrig bliebe, kommt hinzu, ganz abgesehen davon dass lndustrieabwässer „heute das Fünfundzwanzigfache ihres eigenen Volumens“ verunreinigen und in 50 Jahren "praktisch das gesamte in Zirkulation befindliche Frischwasser allein durch die Industrieabwässer in Anspruch genommen" werden könnte (175). Wollte man das durch Meerwasserentsalzung ausgleichen, so wäre dafür "etwa das Fünf- bis Zehnfache der gesamten heutigen Energieerzeugung auf der Erde" (175f) nötig.

Es hätte sich sicher gelohnt, wenn die Autoren bei diesem Problem noch etwas verweilt wären. Doch mit diesen staunenswerten Perspektiven des letzten Abschnitt des "Anhangs" endet das Buch.

 

Mit der Klage: "Keiner scheint darüber Überlegungen anzustellen, wie unsere gesellschaftlichen Organisationsformen mit diesem immer schlimmer werdenden Problem der Effizienz fertig werden sollen" (139f), schneiden sich schliesslich die Autoren selber ins Fleisch.

 

Es ist also eine durchaus unerfreuliche Angelegenheit, dass zwei Autoren unter Beizug von über 40 Mitarbeitern und über 20 Beratern (darunter als einziger Schweizer Prof. Bruno Fritsch, dessen Schriften die Autoren leider nicht zu kennen scheinen) ein solches unausgereiftes Werk auf den Buchmarkt geworfen haben. Nimmt man ihre Aussagen beim Nennwert, dann muss der Laie wie der Wissenschafter und Politiker höchste Zweifel darüber hegen, dass dieses "Regionalized Multilevel World Model", zu dem am Schluss 28 Titel angegeben sind und über das zahlreiche Technical Reports vorliegen oder noch ausgearbeitet werden, den hohen Ansprüchen der Autoren gerecht wird, die letztlich nichts anderes als das "Gedeihen der gesamten Menschheit" (141; vgl. 7, 143) zum Ziel aben.

 

Dass auf dieser Basis einerseits eine "neue globale Wirtschaftsordnung" (133) und "weltweit konzertierte Aktionen" in einem "internationalen Rahmen" (134; vgl. 56)„ ja "im Rahmen eines rationalen Generalplans für langfristiges organisches Wachstum" (143; 15ff) sowie die "Gestaltung eines neuen globalen ethischen Bewusstseins", eines "Weltbewusstseins" (135), anderseits "stärkere übernationale Bindungen und weitgespannte regionale Zielvorstellungen" (134), "regionale kohärente Konzepte" im Verein mit einem "regionalen Gemeinsinn" (141) möglich sein sollen, scheint unglaubhaft.

Dies erst recht, da die Autoren keinerlei konkrete Inhalte für die bitter notwendige "neue Strategie" und "fundamentale Reorientierung" (140) vorzulegen imstande waren, Zur Verminderung der Kluft zwischen Mensch und Natur machen sie überhaupt keine Vorschläge, und die Kluft zwischen" Nord" und "Süd" versuchen sie mit Widersprüchen zu schliessen (kapitalintensive Industrialisierung und wettbewerbsfähige Exportkapazität nach westlichem Muster gegenüber "smail is beautiful") sowie mit der herablassenden Bemerkung:

"Trotz aller hochtrabenden Erklärungen ist für die Entwicklungsländer ein neuer Weg in die Zukunft noch nicht gefunden worden" (140f).

 

So flüchten sie in die durchaus vage Hoffnung, die "politischen, wirtschaftlichen und sozialen Organisationsformen ..., die dem regionalen wirtschaftlichen Entwicklungsstand und dem kulturellen Erbe Rechnung tragen" entstünden "höchstwahrscheinlich ... erst im Laufe der Entwicklung selbst" (141). „Im Besitz eines eigenen Konzepts“ würden dereinst die Entwicklungsländer "den unterstützungsbereiten Industrieländern den Weg zu einer wirkungsvollen Hilfe weisen" (142) - auf Seite 67 waren die Autoren noch weitaus skeptischer.

Dennoch dürfen wir aber „nicht mehr wie bisher abwarten", sondern müssen "vorausschauend Gegenmassnahmen" zur Meisterung der gegenwärtigen und bald "gewaltige Ausmasse und unwiderstehliche Wucht" erreichenden Krisen ergreifen (142): "Die Menschheit kann es nicht länger dem Zufall überlassen, unheilvolle Entwicklungen aufzuhalten" (143).

 

Ob soviel Ungereimtheiten scheint es recht gewagt, wenn die Autoren nach einem "Planungsinstrument" (vgl. 8) rufen, das "glaubwürdig und durchschaubar" sein muss - "nicht nur für Entscheidungsträger und eine gewisse kleine 'Elite', sondern auch für die grosse Masse der Bürger in allen Ländern" (143) -, und dabei bereits ihr eigenes "Mehrebenen-Weltmodell“ im Auge haben (143), stellt es doch "einen ersten - wenn auch unseres Erachtens ziemlich grossen - Schritt zu einem computergestutzten Instrument für die Planung und Entscheidungsfindung dar" (54f).

 

Keine Kenntnisnahme durch den Club of Rome

 

Wie sehr sich der Club of Rome von diesem Bericht blenden liess, zeigt sich in der abschliessenden "Kritischen Würdigung" durch Aurelio Peccei und Alexander King, greifen sie doch den obigen Satz auf und behaupten: "Hier wird ein wichtiger neuer Schritt getan auf dem Wege zum tieferen Verständnis des globalen Natur- und Menschheitssystems, in dem wir leben" (179). Man könne das Werk von Mesarovíć und Pestel nicht beiseiteschieben, denn es biete einen "Bezugsrahmen für politisches Denken und Handeln" und stelle "gleichzeitig ein potentiell sehr mächtiges Werkzeug dar, um den Wert oder Unwert von Meinungen und politischen Zielsetzungen zu testen" (179).

 

Wiederum werden die MIT-Studien falsch verstanden, ging es darin doch keineswegs nur darum, "die Konsequenzen eines 'Weitermachens wie bisher' aufzuzeigen". Forrester und Meadows haben vielmehr ein detailliertes Programm zur Verhinderung der Katastrophen aufgestellt, das zur Kenntnis zu nehmen, "man" sich offenbar hartnäckig weigert.

 

Zu behaupten, Mesarovíć und Pestel hätten "einen völlig neuen Anfang mit ihren Forschungsarbeiten gemacht" (180), ist nach der vorstehenden Analyse natürlich bittere Ironie, ebenso die Beschreibung der Notwendigkeit und Vorteile eines Computer-Modells wie sie sich in den MIT-Studien zeigten und ebenso die Behauptung, das Mesarovíć/ Pestelsche Modell sei "besser als die MIT-Modelle in der Lage ..., die Entwicklung materieller Probleme mit dem politischen Prozess und der Dynamik sich ändernder Wertvorstellungen in Beziehung zu setzen" (182). Den Schlussfolgerungen daraus könne man "sich in ihrer allgemeinen Bedeutung nicht entziehen", meinen Peccei und King.

Da darin weder vom "Kapital" noch von Unternehmern noch von Argumenten für eine Wachstumsbeschränkung die Rede ist, sprechen auch sie nicht davon, sondern beschwören lediglich einen "neuen Humanismus" (183) und einen "neuen Geist aktiver Solidarität und Zusammenarbeit unter allen Menschen und Nationen" (184).

 

Was der Bericht von Mesarović und Pestel dazu beitragen kann, und ob er tatsächlich ein "universales Verständnis der Natur der Weltproblematik und des Ernstes der Lage" "einer breiten Öffentlichkeit" und den "politischen Entscheidungsträgern" (184; vgl. 8-9) nahezubringen vermag, bleibt abzuwarten.

 

 

Teil IV: Die Kritik der Sussex-Gruppe

 

Haben Forrester und Meadows, Kassandren gleich, mögliche globale Menschheitskatastrophen an die Wand des Kartenhauses projiziert und stellt das Buch von Mesarovíć/ Peste eine Art wissenschaftlicher Katastrophe dar, so potenziert sich beides in der fast 400seitigen Studie „Zukunft aus dem Computer?“ zur totalen Katastrophe, wird doch darin vermeldet, dass einerseits die Modelle des MIT völlig unbrauchbar seien und anderseits eine Verbesserung weder dieser Modelle noch der Weltlage zu erhoffen ist, da wir überhaupt nichts genau wissen.

 

Diese bereits ein knappes Jahr nach den „Grenzen des Wachstums“ erschienene und sogleich ins Deutsche übersetzte (bei Luchterhand, 1973) „Antwort“ - so der Untertitel - ist wohl eine der umfassendsten Kritiken an den MIT-Modellen. Sie wurde von einem Dutzend Mitarbeitern des „Science Policy Research Unit“ (Forschungsgruppe für Wissenschaftsstrategien unter Christopher Freeman) an der Universität Sussex (GB) erstellt, u. a. von ICI und BP unterstützt und von Frau Marie Jahoda, Professor für Sozialpsychologie, koordiniert. Für die deutsche Ausgabe hat Prof. Dr. Gerhard Kade von der TH Darmstadt ein langes Vorwort über „Das Elend der bürgerlichen Ökonomie“ beigesteuert.

 

Da die 14 Aufsätze wenig mit dem englischen Haupttitel “Thinking About the Future“ zu tun haben, stellen sie weniger „Antworten auf erkennbare Probleme“ (XXX) dar, als vielmehr eine ebenso heftige wie destruktive - Freeman nennt sie „umfassend und oftmals schonungslos“ (3) – „Critique of 'The Limits to Growth'" (so der englische Untertitel).

Sie betrifft ganz prinzipiell dreierlei:

1. Das Datenmaterial ist ausgesprochen schlecht.

2. Viele Hypothesen über Zusammenhänge sind falsch oder unbegründet.

3. Wichtige Faktoren und Regelkreise fehlen.

 

Drei Phasen der Modellkonstruktion (vgl. Schema II)

 

Es mag das Verständnis dieser Vorwürfe erleichtern, wenn sie anhand einer Rekapitulation des grundsätzlichen Aufbaus eines Modells geordnet werden. Dabei hat eine Modellkonstruktion, entgegen der Auffassung von Christopher Freeman, primär gar nichts mit Computertechnik (4), noch mit dem Versuch "Wissen durch Mathematik und Verstehen durch Berechnen zu ersetzen“ (15) zu tun; im Gegenteil: Sie verläuft in folgenden Phasen:

 

A. Festlegung der zentralen Variablen

 

Festlegung der "zentralen Variablen" (Kade, XVII) resp. der Subsysteme des Systems (Freeman, 5), also dessen, was überhaupt untersucht und damit als wesentlich für das Verhalten der im Modell "abgebildeten" Realität erachtet wird.

Forrester und Meadows haben sich hierbei auf Bevölkerung, Ressourcen, Nahrungsmittelproduktion, Landnutzung, Kapital und Umweltverschmutzung beschränkt.

 

Dass die begrifflichen Schwierigkeiten schon hier beginnen, wurde am Anfang nachgewiesen, spricht doch Forrester z. B. auf nur zwei Seiten (15f) bereits von Elementen, Erscheinungen, Gebieten, Zuständen, Komponenten, Vorstellungen und Begriffen, Hauptfaktoren und Sektoren; später von Grössen, Untersystemen, Kräften, Teilen, Einzelstrukturen, usw.

Meadows spricht von variablen, Grund- oder Zustandsgrössen, Erscheinungen, Wachstumsfaktoren, Komponenten, materiellen Grundlagen oder Quellen, Pegeln, Sektoren, Teilen, usw.

 

Mit solchen Begriffsklaubereien oder -klärungen geben sich die Sussex-Leute leider nicht ab, dabei liesse sich hier möglicherweise bereits ein Grund für die Unzulänglichkeiten den MIT-Modells aufweisen.

 

Wie zentral die Bestimmung der "Wichtigkeit" der einzelnen Faktoren ist, ergibt sich aus der nicht nur von der Suesex-Gruppe geäusserten Kritik, bestimmte technologische, wirtschaftliche, politische und soziale Rückkopplungsmechanismen seien vernachlässigt worden.

Hier gilt es allerdings zu differenzieren: Bereits bei Forrester sind technologische Verbesserungen - wenn auch in umstrittener Form, nämlich mit einem konstanten Faktor - in die Berechnungen eingegangen (72ff, 78ff, 86f, 92-99, 102ff). Desgleichen bei Meadows (112ff).

 

Was etwa soziale Faktoren anbelangt, so findet sich das Gesundheitswesen bei Forrester unter "Lebensstandard" (58), die Bildung beim „Investierten Kapital" (43); Meadows zählt beide zum „Dienstleistungskapital“ (z. B. 85f). Darüberhinaus weist Forrester auf soziale und psychische Probleme beim „Ballungsgrad“ resp. „Bevölkerungsdruck“ (49 ,60, 79ff) sowie bei der Geburtenkontrolle (49, 93, 107) hin, gibt aber zu, er habe sie in seinem Modell nicht berücksichtigt, genauso wenig wie die Möglichkeiten von Rohstoffembargos (69, 78) oder kriegerischen Auseinandersetzungen.

 

Etwas präziser fasst sich Meadows, wenn er die Vernachlässigung „sozialer Gegebenheiten“, wie „Völkerfriede und soziale Stabilität, Erziehung und Beschäftigung und stetiger technischer Fortschritt“ (Meadows, 36), rechtfertigt. Diese Faktoren beeinflussten zwar das Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft stark, doch seien sie „kaum exakt zu erfassen" und Änderungen liessen sich nur schwer vorhersagen. Demgegenüber handle es sich bei den „materiellen Grundlagen, auf denen sowohl die physiologischen wie industriellen Aktivitäten beruhen“, um „mess- und zählbare Grössen, wie zum Beispiel bebaubares Land, Frischwasser, Metalle, Waldungen und die Meere“ (Meadows, 36).

 

Gerade hier kann nun die Sussex-Gruppe einhaken.

Die Divergenzen beim bebaubaren Land wurden schon oben erwähnt (3,2 Mia. ha bei Meadows gegenüber 2,4 resp. 1,4 Mia. ha bei Mesarovíć/ Pestel). Hinzu kommt, dass man einerseits etwa 7 Kilogramm Getreide benötigt um 1 kg Fleisch zu erzeugen (Mesarovíć/ Pestel, 151), anderseits die Möglichkeit, synthetische Nahrungsmittel zu erzeugen und mehrstöckige Treibhäuser einzurichten.

Auch was das Frischwasser anbetrifft, ist eine genaue Messung fraglich, da es ja von der Industrie verschmutzt wird (Mesarovíć/ Pestel, 175f), usw.

 

Doch zu den massiven Geschützen, welche die Sussex-Leute auffahren:

 

a) "Die engsten Grenzen für eine weitere Zunahme der Rohstoffnutzung sind nicht geologischer Art: die Natur hat auf und in der Erde vielleicht für einen Vorrat von Tausenden und Abertausenden von Jahren gesorgt" (Page, 51). So wird geschätzt, im Meerwasser seien Vorräte wichtiger Metalle für einige bis Tausend Millionen von Jahren vorhanden. Technische Verbesserungen der Erkundung, des Abbaus und Transports sowie der Aufbereitung sind möglich (52-57), und „historisch gesehen" sind die realen resp. relativen Kosten für Rohstoffe ungefähr konstant geblieben (57-60).
Das heisst, die fundamentale These von Forrester (z. B. 58), dass die Kapitaleffektivität mit abnehmenden Rohstoffvorräten sinke, wird angefochten. Allerdings wird das - ausser mit einer Grafik, die bei 1950 abbricht - durch keinerlei Zahlen belegt. Deshalb gibt der Sozialpsychologe William Page zu, dass seine Behauptungen genauso fragwürdig, aber immerhin "gleich gut (oder schlecht) fundiert“ seien wie diejenigen der MIT-Leute; wir wüssten kaum etwas, und nichts sei sicher.
Leider vernachlässigt William Page - als Folge des von der Sussex-Gruppe gewählten Vorgehens der isolierten Betrachtung der einzelnen Subsysteme - den Hinweis von Forrester (25f, 77f) und Meadows (112-115), dass eine Verminderung von der Rohstoffabhängigkeit zu einer gewaltigen Umweltverschmutzung führt.

 

b) Gesondert von den übrigen Ressourcen betrachten A. J. Surrey und A. J. Bromley in dem einzigen überhaupt mit Zahlenmaterial operierenden Artikel des Buches die Energiequellen. Im Gegensatz zu William Page nehmen sie an, dass die Erschliessungskosten, zumal für Erdöl, zunehmen, d. h. die Grenzproduktivität "wahrscheinlich selbst bei technischen Verbesserungen" abnehmen werde (152f).
Die Schätzungen über die potentiellen Vorräte gehen natürlich weit auseinander. Nähme man als Konsensus 1200 Mia. Barrel Öl an, so hielten diese bei gleichbleibendem Verbrauch noch etwa 70 Jahre an. Kohle dürfte hingegen noch einige hundert Jahre dienen, während bei Uran der Gesamtbedarf schon in 10 Jahren "den gegenwärtig geschätzten Umfang der gesicherten Vorkommen, die zu einem Pfundpreis von 10 Dollar abzubauen sind, übersteigen" könnte (163). Auch hier wissen wir also recht wenig Sicheres.
„Wenn sich der Weltenergieverbrauch langfristig mit der momentanen Zuwachsrate weiterentwickelt, dann werden sich zweifellos ernsthafte Probleme ergeben" (164; ähnl. 167). Allerdings liesse sich eine "wirtschaftlich rentable Ölgewinnung aus Ölschiefer, Ölsand und Kohle" bewerkstelligen, vorausgesetzt, dass "gemässigte Preistendenzen und kontinuierliche Forschungsaktivitäten" bestehen (166).
Damit kommt neben dem technischen Fortschritt die Wirtschaftspolitik ins Spiel, weshalb die Autoren nebst dem zweimaligen Hinweis, dass die Öl-Endpreise "wenig mit den realen Kosten zu tun" haben (144, 155), von den Regierungen eine "zukunftsorientierte Energiepolitik, die mit dem Ziel wirtschaftlichen Wachstums vereinbar ist", sowie "wirtschaftliche und politische Abkommen auf internationaler Ebene" fordern (168f). Dies gerade, weil, wie auch William Page (57) betont, die verarbeitende Technologie zunehmend von der Energiegewinnung abhängt. Auf diesen wichtigen Punkt gehen die Sussex-Leute freilich nicht ein.

 

c) Genausowenig "mess- und zählbar“ ist auch die Umweltverschmutzung, was Meadows immerhin bewusst war. Auch Pauline K. Marstrand und T. C. Sinclair bringen deshalb "subjektive Auffassungen" und „Mutmassungen" (128) ins Spiel, da bisher etwa „keine empirischen Werte für die Absorbierungszeit von Umweltverschmutzung vorliegen" (129) und sich die verfügbaren Daten meist auf lokale Gegebenheiten beziehen und von ihnen abhängen (130). "Die Aggregation von Schadstoffen ist ein ebenfalls umstrittenes Verfahren" (131). „Ausserdem kommt noch hinzu, dass sich die Zusammensetzung der Schadstoffe infolge unterschiedlichen Absorptionsraten zwangsläufig verändern muss" (132), usw.
Kurz und gut: Eine pauschale Zusammenfassung von Schadstoffen, und dies erst noch in weltweitem Rahmen, ist unmöglich (132, 135f, 139f). Wiederum wissen wir viel zuwenig.
Die Autoren meinen sogar, es könnte durchaus sein, "dass die Umweltverschmutzung mit wachsender Produktion zurückgeht" (136; ähnl. 139). Technische Verbesserungen unter gesetzlichem Druck sind möglich, wenn auch "zugegebenermassen recht bescheiden" (129). Was die Kosten dafür betrifft, so könnten sie zwar  „beträchtliche wirtschaftliche Konsequenzen haben" (137), liegen aber laut OECD "im allgemeinen beträchtlich unter denen für andere soziale Aufgaben“ (138; vgl. auch Page, 58; Sinclair, 306).
Ohne irgendwelche genauen Angaben vorzutragen oder Vorschläge zu machen, versteigen sich die Autoren dennoch zur Behauptung, Meadows "lenke die Aufmerksamkeit auf fiktive physikalische Krisensituationen" und sein Modell fördere "weder unser Verständnis für die Verschmutzung noch ihrer Verflechtung mit anderen Aspekten der Weltentwicklung" (140).

 

d) Auch bei der Landwirtschaft sieht es nicht besser aus. Zum einen bestreiten Pauline K. Marstrand und K. L. R. Pavitt das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs (88). Es sei "durch die geschichtliche Erfahrung nicht bestätigt worden" (88), auch nicht „in den hochentwickelten Ländern“ (89). Leider belegen das die Autoren nicht mit Zahlen. Solche waren jedoch etwa am 9. April 1975 in der NZZ („Wird das postindustrielle Zeitalter ein biologisches?“) zu finden, und sie bestätigen das angefochtene Malthusische Gesetz (Berichte von Pimentel et al., 1973, Steinhard und Steinhard, 1974).
Da hilft auch der Hinweis nichts, Meadows habe nur Kunstdünger und Schädlingsbekämpfungsmittel, nicht aber andere Faktoren wie "Klima, Umfang und Planung der Erzeugung, Züchtung neuer Arten" (94-96) berücksichtigt.
Von den Problemen, welche Pflanzenzüchtung (z. B. höhere Anfälligkeit) und rationellere Bewirtschaftung (z. B. Arbeitslosigkeit und Landflucht durch Mechanisierung) mit sich bringen, sprechen die Autoren nicht, dafür beklagen sie das in der Praxis geübte nationalstaatliche Vorgehen. Das heisst, die Grenzen sind nicht naturgegeben, sondern politisch.
Man müsste deshalb den „Einsatz landwirtschaftlicher Produktionsmittel auf der ganzen Welt optimal verteilen“ (97; ähnl. 92, 99). Dem ist gewiss nicht zu widersprechen, doch erstaunt die zweimalige Behauptung, die Landerträge in Nordamerika seien niedrig (90, 99). Laut Mesarovíć/ Pestel (153) betragen da die Getreideerträge jedoch immerhin 3450 kg/ha, gegenüber 3150 in West- und 1700 in Osteuropa, 1350 in Südasien und 1800 in China.

 

e) Ähnliche Seltsamkeiten steuern Christopher Freeman, P. A. Julien und C. M. Cooper zum Subsystem Kapital bei, Abgesehen davon, dass auch sie keinerlei Zahlenmaterial vorlegen und etwa die Ansicht vertreten, der Preis sei eine Funktion von Angebot und Nachfrage (113) – von Erdöl oder Kartellen, Subventionen, Schutzzöllen, usw. haben sie wohl noch nie gehört -, steuern sie wenig weder zum Verständnis dieses gewiss ungemein komplizierten Sektors noch zur Verbesserung des Modells bei. Weder werden Fachausdrücke erklärt, z .B. rückläufige Kapitalverzinsung, Harrod-Domar oder Cobb-Douglas Produktionsfunktion, konstanter Reallohnsatz, Grenzprodukt, -produktivität, -nutzen, -erträge, usw. noch Zusammenhänge sichtbar gemacht.
Wiederum muss beklagt werden, dass „es den Experten auf dem Gebiet der Wirtschaftsgeschichte und der Ökonometrie bisher nicht gelungen (ist), zufriedenstellende Statistiken über die für das MIT-Team relevanten Variablen zu erstellen" (108). So stützen sich die meisten Annahmen denn auch auf die Daten eines einzigen Jahres.

 

f) Über die Unzuverlässigkeit von Bevölkerungszahlen und Entwicklungsschätzungen schliesslich ist bald jedermann im Bilde. Obwohl die Wachstumsrate 1970 etwa 2,1% betrug (damit rechnet Meadows, 26), verwendet Forrester 1,2% (41). Auch in andern Angaben unterscheiden sich bereits die Bücher von Forrester (41) und Meadows (33), betragen doch die Verdopplungszeiten der Bevölkerung für die BRD 175 resp. 70 und für die UdSSR 70 resp. 54 Jahre, während eigenartigerweise die Zahlen für Indien und China (worüber bekanntlich höchst Ungenaues bekannt ist) nahezu übereinstimmen.
Im Vergleich mit Mesarovíć/ Pestel ergeben sich andere Divergenzen. Während bei diesen Autoren die Weltbevölkerung im "Standardlauf" im Jahre 2000 bereits fast 7 Mia. (169) resp. 6 Mia. (71) erreicht, kommt Forrester (26, 68) nur auf 5 Mia.
Mit solchen Zahlenunterschieden lässt sich natürlich kein Staat machen. Wenn daher William Page in zwei Kapiteln das tatsächliche Elend der Bevölkerungsstatistik auf insgesamt 50 Seiten breit ausmalt, so ist das zwar interessant, besonders was die Feststellung betrifft, der Einbezug jeweils neuester Daten führe zu mehr Fehlern (271, 274, 278), trägt jedoch zur Sache wenig bei, denn. wir müssen "den Schluss ziehen, dass es so gut wie unmöglich zu sein scheint, langfristige Prognosen über die zukünftige Bevölkerung eines Landes zu machen" (279).
Paradox ist dann allerdings die Bemerkung, die zukünftige Bevölkerungsgrösse sei in diesem Jahrhundert unterschätzt worden (281), doch es wirkten die "Änderungen der Wachstumsrate der Bevölkerung sich nur minimal auf das Gesamtverhalten des Weltmodells aus" (80, 82; vgl. 193ff), deshalb hätte "das System sehr viel einfacher konzipiert sein können" (83).

 

Mit seiner Begründung für die Auswahl der fünf Hauptfaktoren - Forrester gibt gar keine an, bei ihm bestimmen einzig ihre „gegenseitige Wirkungen die Dynamik unser es Weltsystems offensichtlich" (16) - ist Meadows also ins Fettnäpfchen getreten. Nicht weil sie mess- oder berechenbar wären fiel die Wahl auf sie, sondern aus Tradition, stehen doch seit Adam Smith und Malthus Kapital, Bevölkerung und Ernährung, ihr Verhältnis zueinander und ihre Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und technischen Fortschritt im Zentrum der Interessen von Nationalökonomen (vgl. Pavitt, 215-283).

 

Neu bei dem MIT-Modell ist also nur die Umweltverschmutzung - nach Gerhard Kade (IXf, XVf, XX, XXIV) nur Augenwischerei (vgl. auch Pavitt, 246ff, und Sinclair, 285-316) - und im Verein damit die "Lebensqualität" - nach Kade nur ein anderer Name für "Gemeinschaftsaufgaben" (XVI) - sowie die Begrenztheit natürlicher Ressourcen - laut Kade "ein beliebtes Gesellschaftsspiel der bürgerlichen Ökonomie“ (XIX). Christopher Freeman gibt zu, dass die Wirtschaftswissenschafter seit den Tagen von Malthus und Ricardo dazu neigen, die Ausbeutung von Ressourcen und die Umweltverschmutzung zu ignorieren (5) und wie die Soziologen und Politologen noch heute über keine "einleuchtende Theorie des sozialen Wandels" verfügen.

Nach H. S.  D. Cole (31), K. L. R. Pavitt (244) und T. C. Sinclair (286f) ist sogar nur die Umweltverschmutzung eine neue Grösse gegenüber der klassischer Ökonomie.

 

Wie dem auch sei, Forrester und Meadows hätten also genausogut andere Hauptfaktoren in ihr Weltmodell aufnehmen können., als da wären:

·        Arbeitsteilung, -markt und -produktivität (Meadows berücksichtigt allerdings die Arbeitslosen sowie die Arbeitsplätze in Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungssektor, 90; vgl. dazu Julien und Freeman, 104, Cooper, 117ff);

·        Einkommens- und Besitzverteilung (vgl. die Studien der Japan Techno-Economics Society);

·        Welthandel, Zölle, Subventionen, Quoten, Preise;

·        weltweite Investitionen, Kredite, Schenkungen und Weltwährungssystem;

·        Verkehr und Transport;

·        Kommunikation und Tourismus;

·        Werbung und Konsum;

·        Land/ Stadt, Zersiedelung;

·        Rüstung, Kriege, Pakte;

·        nationale und internationale Vereinigungen und Organisationen;

·        Regierung, Verwaltung, öffentlicher Haushalt;

·        Planung, Organisation, Rationalisierung, Infrastruktur;

·        Forschung, Entwicklung, Technologie (samt Nebenwirkungen), Lizenzen;

·        Bildung (vgl. etwa Philip H. Coombs: „The World Educational Crisis“, 1968; dt.: „Die Weltbildungskrise“, 1969);

·        Gesundheitswesen und Epidemien (bei Meadows z. T. unter Dienstleistungen), usw.

 

B. Regelkreise und Beziehungen der Subsystem untereinander

 

Die Auswahl der Hauptfaktoren ist also durchaus fragwürdig. Die "relative" Einfachheit der MIT-Modelle täuscht über die Zahl und Komplexität der tatsächlich wirksamen Faktoren hinweg. Ausser der "Kunst" und den meisten Freizeitbeschäftigungen ist wohl jede menschliche Tätigkeit für das langfristige Weltverhalten relevant.

 

Doch kommen wir zur zweiten Stufe der Modellkonstruktion: Sind die Subsysteme einmal festgelegt, so geht es darum,

a) die je in ihnen wirksamen "rückgekoppelten Regelkreise" oder Schleifen sowie

b) die Beziehungen der Subsysteme untereinander zu erhellen. Entgegen den Gepflogenheiten der Systemanalyse machen Forrester und Meadows dabei nicht von der "Black-box-Analyse" Gebrauch, sondern geradewegs von Theorien oder Annahmen, was der Sussex-Gruppe weiteren Anlass zur Kritik gibt (vgl. u. a. Simmons, 324, 331ff, 342f).

 

Aus den Regelkreisen und den Beziehungen der Subsysteme ergibt sich die Struktur des Weltmodells als ganzes. Nicht nur seine Vorstellung auf knapp einem Dutzend Textseiten enthüllt die Lieblosigkeit dieser "Einführung" durch H. S.  D. Cole, sondern auch, dass viele Angaben nicht aus den im Buchhandel erhältlichen "Grenzen des Wachstums", sondern aus "frühen hektographierten Fassungen des Technical Reports" (3, 177f) übernommen worden sind.

So hat denn etwa das Flussdiagramm von Meadows Modell 121 statt 99 Punkte (wie Meadows, 88ff) und werden im späteren Verlauf der Sussex-Studie immer wieder Abkürzungen aus dem Technical Report in den Text übernommen, ohne dass sie in Diagrammen (z. B. 49, 64, 71, 102) eingetragen wären, oder es werden Tabellen daraus entnommen, deren Kennzeichnungen nicht erläutert werden (z. B. 93: „log P = 2.575 log Y – 5.620“).

Dass die Zitate nicht genau sind, mag wie vieles anderes - davon später - den Buchherstellern angelastet werden. Immerhin hätte als Schema für den Standardverlauf von Meadows Modell (27, 185) nicht eine gegenüber dem "Original" (Meadows, 113) verzerrte gewählt werden sollen, in der erst noch die Industrieproduktion fehlt.

 

Dass Forresters und Meadows Vorschläge für "stabilisierte" Weltmodelle nicht angemessen wiedergegeben werden, ist leider auch bei H. S.  D. Cole (sowie Simmons, 325, 331f, 335, und Jahoda, 345, 347) zu beanstanden. Vor allem das doch Hervorstechende, die Reduktion der Kapitalerzeugungsrate, scheint auch ihm nicht aufgegangen zu sein (dagegen Harvey Simmons hämisch, das sei „keineswegs überraschend“, 326).

Die polemische Tendenz von H. S.  D. Cole zeigt sich schliesslich darin, dass er, obwohl Meadows betont, sein Modell sei "unvollständig, stark vereinfacht und verbesserungsbedürftig" (15), von ihm nur die - später abgeschwächte (178) - Behauptung zitiert: "Unserer Ansicht nach genügt das vorliegende Modell bereits als Grundlage für Entscheidungen" (Meadows, 16; Cole, 28).

 

Nun meint H. S.  D. Cole, "Kritik an den Modellen muss auf Computerrechnungen basieren, um anerkannt zu werden" (29), und die "gründliche Untersuchung" der Eigenschaften des Modells erfordert "den Zugang zu Grosscomputern" (211). Nach dem bereits oben unter a) bis f) Gesagten - und wie im nachfolgenden ebenfalls zu sehen ist - trifft das gewiss nicht zu. Darüberhinaus vermögen Coles späteren Spielereien mit dem Computermodell (173-212) nicht zu überzeugen, gerade wenn er die "generelle Problematik solcher mathematischen Modelle" (30) ins Feld führt. Auch Frau Jahoda meint, es bedürfe "keiner ausgeklügelten Computeranalyse" (347).

 

Im weiteren ist die Darstellung des Gesamtmodells in einem Schema (33) zwar anschaulich, jedoch unvollständig, sie stimmt mit dem Text nicht ganz überein, der seinerseits Verwirrung stiftet, indem er verschieden grosse Rückkopplungsschleifen gleich behandelt. Solche in einzelnen Subsystemen von denen zwischen den Subsystemen auseinanderzuhalten, wäre für das Verständnis des Modells sehr hilfreich, da die bereits erwähnte Klage, es fehlten bestimmte technologische, wirtschaftliche, soziale und politische Regelkreise, nicht mehr als eine pauschal formulierte Banalität darstellt, wenn nicht gesagt wird, in oder zwischen welchen Bereichen diese spielen sollen.

Da die Ausgestaltung und der Einbau solcher Regelkreise in das Modell erhebliche Schwierigkeiten bereit, verwundert es nicht, dass die Sussex-Gruppe nicht einmal den Versuch dazu unternimmt. H. S.  D. Cole formuliert lakonisch: "Die meisten der in den beiden Modellen beschriebenen Vorgänge in der realen Welt sind noch weitgehend unverstanden. Nicht zuletzt deshalb, weil darüber nur wenige Daten existieren" (36).

 

Dennoch wird das Fehlen folgender Rückkopplungsprozesse bemängelt:

 

1.

Ein Regelkreis zwischen Bildung und Forschung führte in der Vergangenheit zu ständigen technologischen Veränderungen und erweiterte die „Weltkapazität“ (Cole, 34). Gerade wenn man wie P. A. Julien und Christopher Freeman annimmt, das "durch Forschung und Bildung im Dienstleistungssektor erworbene Wissen" bilde "den grössten dynamischen Faktor" für das Wachstum (114), und "dass Forschung auf dem medizinischen Sektor und in der Gesundheitsfürsorge zu grossen Erfolgen führte" (Page, 77), ja dass überhaupt der vielfach angeführte ständige technische Fortschritt (samt dessen Anwendung) eine so bedeutsame Rolle spielt, müsste man ihm unbedingt einbeziehen.

 

Laut Christopher Freeman gibt es allerdings hier "zwei durchaus nicht von der Hand zu weisende Gründe für Pessimismus" (12):

"Erstens gibt es einige Anzeichen dafür, dass die Verzinsung von Investitionen für Forschung, Entwicklung und Bildung rückläufig ist".

Zweitens gibt es "noch stärkere Anzeichen für eine besorgniserregende Missverteilung der gossen Summen, die heute für Forschung und Entwicklung aufgewendet werden ... Über die Hälfte aller verfügbaren Mittel wird für Rüstungs- und Prestigezwecke ausgegeben und weniger als zwei Prozent für die dringende Lösung von Landwirtschafts-, Umwelts- und Wirtschaftsproblemen der Entwicklungsländer ... Solange dieses Ungleichgewicht nicht behoben wird, muss die Möglichkeit eines anhaltenden Fortschritts auf den Gebieten Ernährung, Energie und Verbesserung der Umwelt weiterhin in Frage gestellt werden. Hier werden die politischen und sozialen Veränderungen, die wir für notwendig halten, in erster Linie ansetzen müssen" (13f).

 

Es scheint nicht unangebracht zu sein, auf diese Sätze besonderen Nachdruck zu legen, zumal die andern Sussex-Autoren sie sich offenbar nicht hinter die Ohren geschrieben haben. Von den "unerwünschten Nebenauswirkungen des technischen Fortschritts" (14), ökologischen wie sozialen, nehmen sie schon gar nicht Kenntnis. Was das wohl für einen Rückkopplungsmechanismus ergäbe?

 

2a.

Ein Regelkreis zwischen Wohlstand und Umweltverschmutzung sorgt für das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Faktoren mit dem Ziel, die prognostizierten Katastrophen zu vermeiden (Cole, 34f); allerdings sind bisher, wie Pauline K. Marstrand und T. C. Sinclair bemerken (129), die "Erfolge laufender Umweltschutz-Programme als soziale Kontrollmechanismen" recht bescheiden gewesen (was auch Freeman bemängelt, 13). Dennoch weisen sie mehrfach auf die "sozialen Kontrollen" hin (133, 136ff, 139). Bei andern Autoren soll jedoch ein solcher Rückkopplungsmechanismus wirkungsvoll sein (189).

 

2b.

Wünschenswert wäre ein anderer Mechanismus „zur Absorbierung von Umweltverschmutzung", welcher nicht „von einer gleichmässigen Verteilung von Verschmutzungs- und Absorbierungspartikeln über die ganze Welt" ausgeht (Marstrand und Sinclair, 130). Besonders berücksichtigt werden könnten auch die "heimtückischen Gefahren" etwa bei der Kernenergiegewinnung, z. B. Reaktorunfall, genetische Schäden, Abfall (131; vgl. auch Surrey und Bromley, 164).

Über den Einfluss der Umweltverschmutzung auf die Sterblichkeit der Bevölkerung und die Bodenfruchtbarkeit weiss man leider kaum etwas (130, 132-134). Nicht erfasst werde ferner der private Autoverkehr (129) und der Abfall (136).

 

3a.

"In dem Modell ist eine wichtige Beziehung (oder Rückkopplungsschleife) nicht enthalten, und zwar die Bedeutung der Marktbedingungen für Richtung und Geschwindigkeit sowohl der technologischen Entwicklung wie auch der Verfügbarkeit der Rohstoffe" (Page, 60);

 

3b.

Dass das ganze Problem der Energieversorgung gesondert betrachtet werden sollte, wurde bereits erwähnt. A. J. Surrey und A. J. Bromley (143-172) weisen etwa darauf hin, dass man dabei "längst bekannte Energieformen" ebenso wie "neue Quellen und neue Technologien in Betracht ziehen" müsse (144), ferner dass die "Substitution der Grundbrennstoffe durch sekundäre oder aufbereitete Energieformen den Nutzungsgrad der Brennstoffe ändert“, wobei technische Grenzen wie auch Verbraucherpräferenzen, Preisunterschiede und staatliche Kontrollen einen grossen Einfluss haben (144).

Gerade auch in diesem Bereich sind also wirtschaftliche, technische, politische und soziale Bedingungen von grosser Bedeutung (145ff, 154f, 159f, 163f, 167ff). Dabei könnte etwa "der Zuwachs an Energieverbrauch bei steigendem Sozialprodukt" abnehmen (148).

Überhaupt wäre hier sehr genau auf nationale Unterschiede zu achten. Jedenfalls ist es nicht möglich, die Gesamtvorräte noch die langfristige Nachfrage- und Produktionsentwicklung abzuschätzen. Eine "dynamische, realistischere Analyse“ muss auf alle Fälle "Kostenfluktuationen und den technischen Fortschritt bei Energieproduktion und Transportmöglichkeiten mit einbeziehen" (167).

 

Da man sich aber nicht auf den Marktmechanismus und den technischen Fortschritt verlassen. kann, müssen "wirtschaftliche und soziale Anpassungsvorgänge“ eingeleitet werden, also Strategien gegen die Energieverschwendung, zur Förderung von Forschung und Entwicklung sowie zur besseren Verteilung von Verbrauch und - auch sozialen - Kosten (167-169). Die Frage ist nur erneut: Wie konstruiert man daraus ein sinnvolles Sub-Modell?

 

4.

Ein kontinuierlicher Fortschritt der Technik in der Landwirtschaft und ein „wirtschaftlich vernünftiger Einsatz landwirtschaftlicher Produktionsmittel" über nationale Grenzen hinaus, d. h. in Gegenden, wo es sich lohnt (90-92, 99-100), verschöbe die "naturgegebenen" Wachstumsgrenzen ebenfalls über das Jahr 2100 hinaus. Freilich haben diese Annahmen "auch nicht mehr empirische Validität" (97) als jene der MIT-Studien.

Und wie sollen die „ökonomischen Mechanismen" aussehen, "nach denen das Nahrungsangebot auf die Nachfrage reagiert, landwirtschaftliche Investitionsentscheidungen getroffen und landwirtschaftliche Produkte verteilt werden" (99)?

 

5.

Das Modell enthält "keinerlei Mechanismen zur Darstellung plötzlicher Veränderungen" der „die gewünschten Dienstleistungen und Leistungen der Landwirtschaft“ bestimmenden Wertvorstellungen (Julien und Freeman, 107, 111). Es ist auch anzunehmen, dass "unter dem Druck akuten Kapitalmangels“ die materielle Nutzungsdauer bedeutend vergrössert wird (109).

Auf jeden Fall müsste viel mehr "Anpassungsfähigkeit" in das Modell eingebaut werden, sei sie nun technologisch, organisatorisch oder sozial (113-115; 121), worunter nicht nur Preismechanismen, sondern auch die Faktoren Arbeit sowie Forschung, Entwicklung und Bildung fallen. Die Frage ist nur wieder einmal: wie?

Jedenfalls würden schon "variable Koeffizienten ... das Modell erheblich komplizieren" (Cooper. 121f). Hinzu kommt, dass "trotz der Annahme fixer Koeffizienten" die MIT-Leute die Diskussion "unter Annahme einer Produktionsfunktion mit variablen Koeffizienten“ führen (122; ähnl. 116).

 

6.

„Das Problem der politischen Strategien und Massnahmen" im Bereich der Bevölkerungsdynamik (Page, 65f, 82f), wobei auch „soziale Gründe“ (69) eine Rolle spielen können, kurz: die Beziehung zwischen gewünschter Fruchtbarkeit (Ziel) und Geburtenkontrolle (Mittel) über wirtschaftliche Faktoren hinaus, fehlt (69f).

Ebenso "sollte das Modell durch eine Beziehung zwischen Nahrung und Gesundheitsfürsorge ergänzt werden" (75).

 

Da alle diese Regelmechanismen nicht berücksichtigt sind, ist das MIT-Modell "unrealistisch und deterministisch“; die "sogenannten sozialen Anpassungsprozesse" (Cole, 35) und Kontrollprozesse werden vernachlässigt.

Zwar hat schon Forrester auf regionale Unterschiede hingewiesen (z. B. 22, 25, 28f, 41, 44, 46, 49f, 53, 69, 74, 78, 87f), doch verwenden er und Meadows dennoch Weltdurchschnittswerte, was „zwangsläufig zu starren und unrealistischen Annahmen über die Verteilungsstruktur des Weltsystems“ (Cole, 35) führt.

 

Wie man dies angesichts der fehlenden resp. ungesicherten empirischen Unterlagen ändern körnte, sagt H. S.  D. Cole nicht. Ebensowenig, wie sich sein Wunsch nach einer Vereinfachung des Modells (36) mit dem Einbezug zahlreicher zusätzlicher Regelkreise verträgt, zumal die Beziehungen prinzipiell "ungewiss", d. h. mit Fehlerquoten behaftet sind (37) und sich die Fehler vor allem bei empfindlichen rückgekoppelten Regelkreisen (40) und Extrapolationen (41, 43) addieren.

 

Was die Annahmen in den einzelnen Sektoren betrifft, so seien sie nochmals zusammengestellt:

 

1.a) Ob die wirtschaftlichen und sozialen Kosten für den Abbau der Rohstoffe mit der Abnahme der leicht ausbeutbaren Vorräte steigen, wird einerseits angezweifelt (Page), anderseits für die Energiequellen (Surrey und Bromley) als wahrscheinlich angenommen.

 

1.b) "Addiert sich die Summe der jährlichen Zuwachsrate der Entdeckung von Rohstoffvorkommen, der Recyclage und der wirtschaftlicheren Nutzung auf mehr als 2%", was "sowohl sozial wie auch technologisch möglich scheint“, dann kann eine Nettoabnahme der verfügbaren Rohstoffe verhindert werden (Page, 61; vgl. Cole und Curnow, 186ff).

 

2.) Das Gesamtverhalten des MIT-Modelle wird vom Subsystem Bevölkerung kaum beeinflusst, obwohl es "eine Reihe von Fehlern und Problemen" enthält (Page, 65). Unbekannt ist vor allem einerseits der Zusammenhang zwischen politischen oder sozialen Massnahmen und der Fruchtbarkeit, anderseits derjenige zwischen Umweltverschmutzung, Überbevölkerung, Ernährung oder Gesundheitsfürsorge und der Sterblichkeit.

 

3.a) Nicht nur bei der Rohstoffgewinnung, sondern auch in der Landwirtschaft nimmt im MIT-Modell die Grenzproduktivität des investierten Kapitals ab. Zwingende Daten sind offensichtlich nicht verfügbar, auch nicht über die regionale Verteilung des potentiell anbaufähigen Landes, weshalb die Sussex-Leute noch zwei logische Fehler geltend machen: Zum einen basiert das MIT-Modell auf einer "vollkommenen Mobilität von Kapital und Arbeit auf weltweiter Ebene" (Marstrand und Pavitt, 92; Cooper, 116ff), was sich nicht mit der Annahme von Investitionen "hauptsächlich innerhalb der eigenen nationalen Grenzen" (91; ähnl. 96f, 99) verträgt, zum andern widerspricht die 'hypostasierte Tendenz rückläufiger Kapitalverzinsung im Bergbau und bei der Ausbeutung von Ressourcen sowie in der Landwirtschaft" (Julien und Freeman, 103), also die Abnahme der Grenzproduktivität oder Kapitalertragsrate in diesen beiden Sektoren (sowie bei der Umweltverschmutzung, 175), der Annahme eines konstanten Grenznutzens der Nahrungsmittel [?] und Dienstleistungen (107) resp. des kontinuierlichen technischen Fortschritts im Industriekapitalsektor (110, 122f).

 

3.b) Der Kapitalsektor ist beim MIT-Modell gekennzeichnet durch auffallend "unelastische“ oder "starre" Beziehungen: So werden Nutzungsdauer und Kapitalkoeffizient, der Anteil des Konsumsektors und die wirtschaftlichen Wertvorstellungen alle als konstant angenommen, und zwar weltweit (Julien und Freeman, 101-116; Cooper, 116-123). Auch hiefür liegen weder stichhaltige noch repräsentative Daten vor (108-112).

Darüberhinaus rechnet Meadows, wie erwähnt, manchmal mit fixen Koeffizienten als seien sie variabel (116, 122). Dass ferner Investitionen in umweltfreundliche Technologien zu einer weiteren Umweltverschmutzung und beschleunigtem Wachstum führen sollten, scheint den Sussex-Leuten absurd (110). Sie betonen, dass "gerade eines der wesentlichsten Merkmale des realen Verhaltens der Weltwirtschaft“ das anpassungsfähige, flexible Reagieren auf sich wandelnde Umstände ausmacht (112). Dabei kommt allerdings soviel Politik ins Spiel, dass P. A. Julien und Christopher Freeman zu dem erstaunlichen Schluss gelangen: "Man kann wahrscheinlich in bezug auf ein politisches Modell viel überzeugender für eine pessimistische Einstellung argumentieren, als man es auf der vom MIT gewählten Basis des physischen Kapitals kann“ (115).

Cooper stöhnt gar angesichts der vielen logischen Ungereimtheiten im Kapitalsektor des MIT-Modells, man möchte deshalb "fast die ganze Untersuchung aufgeben. Wir müssen uns mit völlig widersprüchlichen Hypothesen in bezug auf die Produktionsfunktion auseinandersetzen, und die Entscheidung zwischen ihnen ist so gut wie unmöglich" (122).

 

4.) Bezüglich Umweltverschmutzung ist festzuhalten - wie z. T. bereits angeführt -:

·        dass die Absorbierungszeit nicht unbedingt mit steigendem Verschmutzungsgrad steigen muss (Marstrand und Sinclair, 128-130),

·        dass das Zahlenmaterial überhaupt völlig ungenügend ist (127ff) und

·        dass deshalb auch weder globale Verallgemeinerungen (130, 134, 139f) noch die Annahme stets gleicher Art und Zusammensetzung der Umweltverschmutzung (131f) zulässig sind.

Infolgedessen kann von bestimmten Grenz- und Durchschnittswerten bezüglich Absorbierungszeit und Verzögerung zwischen Entstehung und Absorbierung nicht die Rede sein. Auch die Zusammenhänge über Landwirtschafts- sowie Industrieproduktion und Umweltverschmutzung bleiben fragwürdig (134-136, 139); letztere könnten ja mit wachsender Produktion zurückgehen. Und überdies werden "die zur Kontrolle der Umweltverschmutzung erforderlichen technologischen Mittel" weder das Kapitalwachstum noch die Umweltverschmutzung steigern (138f).

Erstaunen muss aber die Behauptung der Autoren, die Landwirtschaft verschmutze die Umwelt erst seit 25 Jahren (131f, 139).

 

In der zusammenfassenden "Bewertung der Weltmodelle" nehmen H. S. D. Cole und R. C. Curnow das Lamento über "das Fehlen gewisser wirtschaftlicher, technologischer und gesellschaftlicher Rückkopplungsmechanismen" (173, 175f, 186, 206, 209), über die unzulässigen "Aggregationen" (173, 190, 198f) und die "möglicherweise durchgehende Verzerrung der numerischen Werte" (173, 178, 210) sowie die pessimistische Grundhaltung (176, 198, 206, 210) und die Verwendung von Weltdurchschnittswerten (176, 190) wieder auf. Immerhin geben sie zu, dass die unzulängliche Datengrundlage "nicht die Schuld von Meadows und seinen Kollegen" ist (174), was nicht heisst, dass die Auswahl und Verwendung der verfügbaren Daten über jeden Zweifel erhaben gewesen sei. Pauline K. Marstrand und T. C. Sinclair nennen sie z. B. "sehr zufällig und sehr begrenzt" (134), und Christopher Freeman findet, dass "der Versuch, eine derart dürftige Datenbasis für eine so komplizierte Theorie und so weitreichende Schlüsse zu verwenden, durchaus Kritik verdient" (6). Meadows selbst habe ja zugegeben, "dass zur Zeit erst etwa 0,1% der Daten, die zur Konstruktion eines zufriedenstellenden Weltmodells benötigt werden, verfügbar sind" (8; ähnl. 334).

 

Obwohl das erklärte Ziel der MIT-Studien war, unter Ausklammerung von politischen und gesellschaftlichen Faktoren die materiellen oder „absoluten“ (Meadows, 17) Grenzen der Weltentwicklung aufzuzeigen, kann man nach der berechtigten Kritik an diesem Modell den Sussex-Leuten zustimmen, dass es eher politische und soziale Grenzen sind, welche uns Sorgen machen müssten (was ja, allerdings indirekt, auch bei Forrester und Meadows durchschlägt!).

 

Mit drei Gruppen von Annahmen resp. Massnahmen liessen sich nämlich die physischen Grenzen beinahe beliebig weit verschieben; das wären:

 

1. steter technischer Fortschritt (z. B. 11ff, 186-190, 198-206)
anstelle vereinzelter und diskontinuierlicher Verbesserungen, aber unter Berücksichtigung der unerwünschten Nebeneffekte;

2. soziale resp. politische Kontrollen (207),
vor allem zur Behebung der Umweltverschmutzung und Steuerung der Forschungsförderung;

3, vernünftiges wirtschaftliches Handeln im weltweiten Rahmen (91f, 96, 99, 167ff).
Das Problem hierbei ist nur: Wie bringt man die Menschen, Konsumenten wie Politiker, Unternehmer wie Berater zu solcher Einsicht?

Das könnte doch nur durch Argumente geschehen. Aber dazu fehlen sowohl die Daten als auch ein sinnvolles Modell.

 

C. Test des gesamten Modells

 

Wie wenig sinnvoll das MIT-Modell ist, lässt sich auch in der dritten Phase der Modellkonstruktion, der Überprüfung zeigen. H. S. D. Cole und R. C. Curnow stellen in dieser Richtung einmal mit dem Modell von Forrester, ein andermal mit demjenigen von Meadows einige Übungen an:

Zeigt schon eine Analyse der Annahmen in den einzelnen Subsystemen "grobe Fehler bei einzelnen Parametern" (178), so erlaubt ein Test des gesamten Modells, die Beziehungen zwischen den Subsystemen resp. ihre verschiedenen Gewichtungen unter die Lupe zu nehmen. Erschwerend kommt hier allerdings dazu, dass man bei der Testung das Modell sich einspielen lassen kann ("letting the system settle down", 179). Das führt dann etwa dazu, dass das Modell für die Jahre 1900-1970 den geschichtlichen Trends entspricht, jedoch bei einer darauf beruhenden Rückwärtsberechnung nicht den Zuständen vor 1900 (179-186). Baut man dann einen Korrekturfaktor ein, dann "könnte eine Korrektur aller anderen, benachbarten Parameter erforderlich sein, weil sonst die 'Doppelzählung' dazu führen könnte, dass die Ergebnisse nicht mehr mit den geschichtlich festgehaltenen Trends übereinstimmen" (179).

 

Nun sind natürlich solche Pröbeleien mit einem offenbar falschen Weltmodell ungemein fragwürdig. Man kann zwar "die Zuwachsraten technologischen Fortschritts auf zwei Prozent jährlich anheben" (187), was den "Zusammenbruch" vermeiden liesse, doch ergeben sich dann für die Rohstoffreserven "wirklichkeitsfremde" Werte (187f; die Abbildung dazu ist dementsprechend konfus). Dennoch heisst es auf der nächsten Seite, dass die "in die Rechenbeispiele eingesetzten tatsächlichen Werte für den Verbesserungszuwachs der einzelnen Technologien ... sehr gering angesetzt und in der realen Welt nicht unwahrscheinlich sind" (189).

 

Auch die von William Page (59) wie Pauline K. Marstrand und K. L. R. Pavitt (99 - vgl. auch Pavitt, 239ff, 250f) geforderte Zweiteilung des Modells in hoch- und unterentwickelte Länder bringt wenig. Einerseits ist die Sache anscheinend "ausserordentlich primitiv" (192), anderseits kam schon Forrester zum Schluss: "Die entwickelte Welt geht zuerst unter, da sie rasch von der zunehmenden Umweltverschmutzung erstickt wird“ (193). Bei Forrester selbst heisst es: Die Hauptbetroffenen wären sehr wahrscheinlich die Industriestaaten. "Sie hätten die Hauptlast des Zusammenbruchs zu tragen" (Forrester, 25; vgl. 28f, 74).

 

Ebenso ist bereits aus den MIT-Studien hinlänglich bekannt (und von den Sussex-Leuten bestätigt worden), dass eine Veränderung der Bevölkerungsdynamik im Vergleich zur Bedeutung veränderter Zuwachsraten des Kapitals von untergeordneter Bedeutung ist (195-198, 80, 82; vgl. Forrester, 88f). Desungeachtet meinen H. S. D. Cole und R. C. Curnow: "Es ist irreführend, wie Forrester zu folgern, dass die Industrialisierung 'ein schwerwiegenderer Störfaktor im ökologischen Gleichgewicht der Erde' ist als das Bevölkerungswachstum" (198). Dabei haben doch auch P. A. Julien, Christopher Freeman und C. M. Cooper eindringlich betont, dass „die Weltmodelle weit empfindlicher auf das Verhalten des Kapitalsektors als auf das der Bevölkerung“ reagieren (101; ähnl. 112f, 116, 119).

 

Unwahrscheinlich bei den Abbildungen (deren Legenden, 194/195 und 196/197 je vertauscht sind) ist übrigens, dass die maximale Bevölkerung nur auf fünf bis sechs Mia. Menschen steigen soll, kommen doch auch unter optimistischen Annahmen Meadows (163) und Mesarovíć/ Pestel (169) auf acht Milliarden.

 

Langsam ungeduldig geworden fragt man sich, was denn nun die Sussex-Leute an fundiertem Optimismus anzubieten haben. H. S. D: Cole und R. C. Curnow schlagen "einige Rechenübungen" mit „beständigen Verbesserungen der technischen Effizienz" vor, betonen allerdings sogleich: „Diese einfache Methode genügt für Sensitivitätsanalysen, nicht aber für einen ernsthafter Versuch der Neukonstruktion des Modells" (198). Darüberhinaus sind die eingeführten Veränderungen zwar "völlig willkürlich", aber "ebenso realistisch“ (200) oder „ganz gewiss nicht weniger plausibel als Meadows' ursprüngliche Schätzungen" (201).

 

Nun gut. Diese Spielereien überzeugen keineswegs, besonders was etwa die „Pro-Kopf-Versorgung an Nahrungsmitteln“ betrifft, die erstens bei Meadows andere Kurven ergab (113, steiler Anstieg bis nach dem Jahr 2000), und zweitens bei einem so starken Sinken nach dem Jahr 2000 die Bevölkerung kaum (wie in Abbildung, 202) auf gegen 20 Mia. im Jahre 2100 steigen liesse.

Darüberhinaus müssen die Autoren "doppelte Zählungen" (206) zugeben.

 

Weitere Manipulationen verhindern entweder die Bevölkerungsabnahme nicht oder ergeben "wirklichkeitsfremde" Bilder. Fazit: „Es scheint, dass das Modell sehr empfindlich auf Eingabeparameter reagiert, die einen grossen Irrtumsspielraum haben“ (205; ähnl. 207, 208, 210). Die gegenüber dem Modell von Forrester "zusätzliche Komplexität“ desjenigen von Meadows trägt also „wenig zu seiner Nützlichkeit als Werkzeug der Vorhersage bei, und gibt ihm nur einen falschen Anschein von Ausgefeiltheit und Genauigkeit“ (209). P. A. Julien und Christopher Freeman wundern sich gar, dass trotz eigener Sensitivitätstests die MIT-Leute nicht selber dazu gelangt sind, "die Plausibilität der Hypothesen für ihr 'Grundmodell’ oder die von ihm postulierte Starrheit der Struktur in Zweifel zu ziehen“ (113; vgl. 121).

 

Allgemeine Kritik

 

Nochmals wird betont, man müsste „ein detailliertes Modell, das ausdrücklich die Probleme von Transfers zwischen den entwickelten und den unterentwickelten Weltteilen behandelt“, entwerfen (207; vgl. 190f, 209), „die maximal mögliche(n) Wachstumsraten in jedem Sektor untersuchen“ und „realistisch soziale Kontrollmechanismen zur Steuerung der verschiedenen Wachstumsraten“ einbauen (207). Dazu hat aber das Sussex-Team keinen substantiellen Beitrag geleistet.

 

Einerseits mag, das an der mangelnder Fachkenntnis gelegen haben - befasste sich doch etwa der Sozialpsychologe William Page ganz allein mit dem Rohstoff- und Bevölkerungssektor -, anderseits war man wohl in grosser Eile. Denn man stützte sich auf den im April 1972 erschienenen ersten Entwurf des Technical Reports und berücksichtigte dessen endgültige Version vom September desselben Jahres schon nicht mehr. Einzig H. S. D. Cole und R. C. Curnow weisen zweimal auf letzteren hin (178, 209f), wobei sie feststellen müssen, es seien von Meadows „kontinuierliche Zuwachsraten der Verbesserung verschiedener Technologien im Weltmodell III getestet worden, und es kann nicht überraschen, däss die Ergebnisse den in diesem Kapitel (d. h. von Cole und Curnow dargelegten) ähnlich sind' (209). Vielleicht hätte es sich gelohnt, noch einige Monate zuzuwarten, doch hätten dann die Sussex-Leute ihre Artikel möglicherweise beträchtlich umschreiben müssen.

 

Mehrere, ja viele "logische Fallgruben“ (178, 211) aufzudecken und aufzupassen, dass man nicht selber hineinfällt, ist stets zweierlei, vor allem wenn man sich wie Harvey Simmons (327f) darüber aufhält, dass Forrester von „Fallen“ spricht. Jemandem vorzuwerfen, er habe „ziemlich primitive Fehler“ (211) gemacht, zeugt zudem von schlechtem Geschmack, wenn man selber nichts anderes als höchstens ebenso plausible resp. wahrscheinliche oder nicht besser fundierte Hypothesen anzubieten hat. Und schliesslich zu behaupten, die Kritik sei "konstruktiv" (3), wenn auch nicht der geringste Vorschlag gemacht wird, wo und wie welche Regelkreise mit welchen Variablen und Zusammenhängen in das Modell einzubauen wären, ist völlig unangebracht.

Da müsste man doch darauf hinweisen, dass eine wissenschaftliche Arbeit nichts mit dem Feuilletonteil einer Zeitung zu tun hat. Dort ist es durchaus statthaft, wenn jemand sich als Kunstkritiker etabliert, der selbst weder Virtuose, Regisseur noch Komponist oder Lyriker ist.

 

Weder bringt also diese umfangreiche Studie für den Wissenschafter „Klarheit in komplexe Streitfragen“ (XXIXf)) noch hat der Leser, auch der gebildete, den Eindruck, die Aufsätze seien vom Wunsch getragen, ihm Zusammenhänge deutlich zu machen. Auch auf Zusammenfassungen der Kapitel oder des ganzen Buches wurde verzichtet.

 

Was schliesslich den Verlag oder das Lektorat betrifft, so hätte man mehr Sorgfalt auf die Vermeidung von Druckfehlern, falschen Zahlenangaben und unpräzisen Kurvendarstellungen (besonders deutlich im Kap. 9, 173-212) verwenden dürfen. Ferner hört die Legende von Weltmodell III bei Punkt 111 (von 121) auf (25); die Kurven von Seiten 91, 92 stimmen nicht mit dem Text überein (... "da Afrika, Südamerika und Australien in der rechten unteren Ecke verzeichnet sind“), bei manchen Abbildungen fehlen die Quellenangaben, und beim „Kausalkreis des Kapitalsektors" (102) fehlen Rohstoffe und Konsumartikel.

Eine einheitliche Schreibweise hätte sich für den Begriff „Rückkopplung“ empfohlen, und die Zitate aus „World Dynamics“ hätten gut der deutschen Version („Der teuflische Regelkreis“) entnommen werden können (z. B. 17-22, 327f, 332).

 

Der 2. Teil als Flucht in die Vergangenheit

 

"Die MIT-Hypothesen sind nicht nur in technischer Hinsicht problematisch ... Jedes Modell irgendeines Sozialsystems geht zwangsläufig von Hypothesen über das Funktionieren dieses Systems aus, und diese Hypothesen sind zwangsläufig von den Einstellungen und Werten der betroffenen Individuen oder Gruppen geprägt" (Freeman, 7; vgl. Cole und Curnow, 210, Simmons, 322ff). Diese durchaus - auch auf die Sussex-Gruppe (10, 128) - zutreffende Feststellung bietet AnIass, in fünf Aufsätzen auf beinahe 150 Seiten in einem 2. Teil den "ideologischen Hintergrund" (10, 213) der MIT-Studien zu durchleuchten.

Gerade weil es sich dabei eher um eine Flucht in die Vergangenheit, um eine weitgehend chronologische Darstellung von Lehrmeinungen und Sachverhalten handelt, die in die Behandlung der einzelnen Subsysteme einzubauen weit sinnvoller (aber schwierig) gewesen wäre, kann man der Ansicht des Vizekanzlers der Universität Sussex kaum zustimmen, es sei "das Buch als Ganzes sorgfältig geplant" gewesen (XXIX). Dies auch, da Christopher Freeman meint, diese Kapitel trügen „spekulativen und kontroversen Charakter" (10), was zumindest auf die ersten beiden historischen nicht zutrifft: Was K. L. R. Pavitt über die Entwicklung der ökonomischen Theorien seit Adam Smith (215-254) und William Page über die Bevölkerungsprognostik seit Malthus (255-283) berichten, ist keineswegs "zwangsläufig feuilletonistischer, subjektiver, spekulativer und ohne Zweifel politischer als die detaillierte kritische Analyse des MIT-Modells als solchem im ersten Teil des Buches" (Freeman, 10).

 

Sei’s drum. K. L. R. Pavitt weist nach, dass ausser der Umweltverschmutzung (und den Ressourcen) alle Faktoren des MIT-Modells seit 200 Jahren diskutiert werden und dabei "Prognosen des Untergangs" mit Optimismus abgewechselt haben.

 

Der erste Wachstumskritiker war um 1800 der Genfer Simonde de Sismondi. Bereits Karl Marx hat den technologischen Wandel sorgfältig beschrieben und war der Ansicht, dass unsere Probleme gesellschaftliche Ursachen und gesellschaftliche Lösungen haben. 100 Jahre später meinte der Schwarze William Arthur Lewis ("The Theory of Economic Growth“, 1955; dt. 1956) einerseits, zu grosses Wachstum könnte die Zerstörung stabiler sozialer Beziehungen und ein steigendes Wohlstandsgefälle zur Folge haben, anderseits müsse das Wachstum unbedingt weiter beschleunigt werden (240f).

Wiederum verficht K. L. R. Pavitt die These, technischer Fortschritt lasse eine Krise vermeiden (244ff), ohne allerdings Zahlen beizubringen oder die notwendigen tiefgreifenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen näher zu definieren. Ja er stellt wie schon Christopher Freeman fest, dass die Investitionen vielleicht nicht optimal verteilt werden (245, 250f) und folgende Tendenz besteht: "Die Umweltprobleme in den reichen Ländern werden es rechtfertigen, dass die technologische Hilfe für die Entwicklungsländer eingeschränkt wird" (249). Also wäre es laut K. L. R. Pavitt angebracht, statt wie seit 200 Jahren über angeblich "naturgegebene" Grenzen "über die wirtschaftlichen, politischen und ethischen Probleme einer gerechteren und effektiveren Verwendung der Ressourcen dieser Erde zu diskutieren" (250).

 

Diesbezüglich kann auch T. C. Sinclair mit nicht viel mehr Optimismus aufwarten, findet er doch in den sorgfältig aufgezeichneten Bemühungen zur sozialen Kontrolle der Luftverschmutzung in England in den letzten 150 Jahren nur zwei Beispiele für ein Gelingen:

- die Alkali-Gesetze von 1863 (307) und

- die Clean Air Act nach dem Londoner Smog von 1952 (295, 308).

 

Im allgemeinen sind also „die Mechanismen gesellschaftlicher Kontrolle und Überwachung seit jeher unzulänglich und werden erst eingeführt, wenn die Bevölkerung schon lange gefährlichen Risiken ausgesetzt ist" (308; ähnl. 287, 295f, 302) . Zweitens spielen starke Partikularinteressen, hauptsächlich politischer und ökonomischer Art (301f, 305ff), darunter "das ungezügelte private Gewinnstreben und nicht die Industrie und die Technik per se" (308), eine grosse Rolle.

„Man könnte daher sagen, dass die Modellkonstrukteure Recht haben, besonders wenn sie ... fürs erste die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Auswirkungen verbesserter Techniken der Beseitigung von Verschmutzung ausser acht lassen" (310). Dabei ist festzuhalten, dass das "System Technik" ohne weiteres "auf wirksam ausgeübten gesellschaftlichen oder verwaltungsmässigen Druck zu reagieren" imstande ist (313; ähnl. 310, 312). Fragt sich nur, wie es dazu kommt. Ob da "lebhafte Kampagnen von Bürgerinitiativen" das Richtige sind?

 

Zwar geht der kanadische Politikwissenschafter Harvey Simmons - wie P. A. Julien Gast der Sussex-Gruppe - u. a. ein bisschen auf die politischen Probleme ein, doch liegen diese nicht im "teuflischen“ Charakter der sozialen Systeme (322, 327, 333), wie Forrester meint, sondern eher darin, "dass die Art, in der wir ein System angehen, durch unsere politischen Wertvorstellungen und Präferenzen geprägt ist" (327). "Es ist ... klar, dass die Probleme nicht aufgrund besonderer Eigenschaften komplexer Systeme, sondern bestimmter politischer Konstellationen entstehen" (328). Dass diese "Interessenkonflikte" (333), also die "politische Struktur" oder die "Machtstruktur" (329), eben gerade wesentlich zum System gehört, scheint Harvey Simmons nicht einzuleuchten. Die Wechselbeziehungen zwischen Wählern und Parlament, Unterprivilegierten, Regierung und Industrie sind doch integrierende Bestandteile des sozialen System.

 

Gewiss hat Forrester "die permanente Änderung der Wertvorstellungen und die daraus resultierende Beeinflussung des Verhaltens" (333) nicht gebührend berücksichtigt, doch solange Harvey Simmons nur lakonisch feststellen kann, "dass zwischen Wählerschaft und Politikern Informationen über sich ändernde Ziele, Werte und Prioritäten rückgekoppelt werden" (333), ist damit gar nichts gewonnen. Auch nicht mit der vielsagenden Bemerkung: "In Wirklichkeit resultieren erfolglose Massnahmen aus vielen Faktoren, von denen nur einige mit dem komplizierten Wesen sozialer Systeme zusammenhängen oder durch die Schwierigkeit, soziale Systeme 'intuitiv' zu erfassen, bedingt sind" (334).

 

Erfrischend sind somit die Eingeständnisse von Frau Jahoda in ihren den Band beschliessenden "Bemerkungen zum sozialen Wandel", es bestehe "kein Anlass zur Selbstzufriedenheit" (346) - womit sie eine initiale Feststellung von Christopher Freeman (4) wiederaufnimmt - und das Sussex-Team habe "zwangsläufig" nur "widerlegen" können, also "dem Bemühen der MIT-Autoren kein realistischeres Modell entgegensetzen, geschweige denn politische Empfehlungen darüber abgeben, wie die Übel der Welt zu kurieren seien", können (347).

 

Was Frau Jahoda nun gibt, ist ein letzter Hinweis auf die "Unterbewertung der negativen Regelkreise" (349) in allen untersuchten Bereichen, also der Kräfte, welche das exponentielle Wachstum abschwächen könnten. Doch Genaues über diese seelischen und sozialen Anpassungsmöglichkeiten weiss sie auch nicht. "Das Verständnis der Prozesse, über die menschliche Bedürfnisse in ökonomische Entscheidungen umgesetzt werden, die den status quo in der Einkommensverteilung im nationalen und internationalen Rahmen festigen oder ändern und die zu den Kompromissen führen, die in jeglichem Regime das Wesen des politischen Prozesses ausmachen" (351), geht auch ihr ab.

Doch der Einbezug des „Faktors Mensch" in ein Weltmodell ist auch sonst noch niemandem gelungen.

 

So bleibt also Unwissenheit auf der ganzen Linie - ausser vielleicht, dass das MIT-Modell jedenfalls nichts taugt und allein "die Herausforderung an alle, denen es um die Zukunft der Menschheit geht" bleibt, "einen besseren Versuch zu wagen“ (356). Schade, dass die Sussex-Leute diese Herausforderung nicht aufgenommen haben.

 



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