Grundlagen der Systemwissenschaft [?]
Versuche von Begriffsklärungen
(ca. 57 Seiten)
Zusammengestellt im Frühling 1975 für eine Vorlesung "Systemwissenschaft" am INDEL (Interdisziplinärer Nachdiplomkurs über Probleme der Entwicklungsländer) an der ETH Zürich
Dazu: Tabelle: Die "Struktur" der System-Betrachtung
InhaltTeil 1: Systeme und Nicht-Systeme, Absichten und MethodenWas ist ein System, was ist ein Element? Was ist kein System? Sehen und Erfassen von Ganzheiten Die sechs Nicht-Systeme Die Absicht Eine Absicht hineinbringen Der Urheber Die Methode: planmässiges Verfahren Seit 1600: Methode und Modell
Teil 2: Elemente und Beziehungen, Struktur und FunktionElemente Beziehungen, Ganzheit und Grenzen Struktur Zustand und Verhalten, Modell und Black-box Exkurs über Modelle Verhalten und Funktion, Output und Leistung
Teil 3: Betrachtungsniveaus und SystemtypenBetrachtungsniveaus 15 Haupt-Niveaus Systemtypen Systeme nach Forschungsgebieten Reale und ideale Systeme Konkrete und abstrakte Systeme Können wir Systeme sehen? Virtuelle Systeme Systeme als gedankliche Konstruktionen Natürliche und künstlich geschaffene Systeme Die 10 Gebote und die Naturgesetze Natürliche und künstliche Systeme aufgefächert Zwecke, Ziele und Funktionen 3 Klassen von Systemen der Systemtechnik Offene und geschlossene Systeme Dynamische und statische Systeme Determinierte und probabilistische Systeme Komplexität von Systemen Kompliziertheit, Organisation, Varietät, Konnektivität, u. ä. Regelung von Systemen Kybernetische Systeme Störungen, Stabilität und Zielstrebigkeit Gleichgewicht Ultra- und Multistabilität
Literatur
Johann Heinrich
Lambert: Drei Abhandlungen zum Systembegriff (1787,
1782). Entnommen aus derselbe: Logische und philosophische
Abhandlungen. Hrsg. von Johann Bernoulli, Bd. 1, Berlin, Dessau
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General Systems Theory - The Skeleton of Science. Yearbook of the
Society of General Systems Research: General Systems, Ann Arbor,
Bd. 1, 1956, 11-17; A. D. Hall and R. E.
Fagen: Definition of System. General Systems 1 (1956),
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1956, erneut 1964, zahlreiche Aufl. bis 1984; Stafford Beer:
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Organizations from a General Systems Viewpoint. In W. W. Cooper, H.
J. Leavitt, M. W. Shelly II (Hrsg.): New Perspectives in
Organization Reserach. New York 1964, 493-512; Wolfgang Wieser: Kybernetik. In: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften. Stuttgart, Tübingen, Göttingen: G. Fischer, Mohr, Vandenhoeck & Ruprecht, Bd. 12, 1965, , "Nachtrag", 625-633. F. de P. Hanika: New
Thinking in Management. London: Hutchinson 1965; Erwin Grochla: Automation und Organisation. Die technische Entwicklung und ihre betriebswirtschaftlich-organisatorischen Konsequenzen. Wiesbaden: Gabler 1966. Harold Chestnut:
Systems Engineering Methods. New York: Wiley 1967; Georg Klaus (Hrsg.): Wörterbuch der Kybernetik. Frankfurt am Main, Hamburg: Fischer Bücherei 1969 (Lizenzausgabe nach der 2. Auflage des Dietz Verlages, Berlin; 1. Aufl. 1967). Hans Ulrich: Die Unternehmung als produktives soziales System. Bern: Haupt 1968. C. West Churchman: The
Systems Approach. New York: Delacorte 1968; C. West Churchman:
Challenge to Reason. New York: McGraw-Hill 1968; Jay W. Forrester:
Principles of Systems. Cambridge, Mass.: Wright-Allen Press
1968.; Gertrud Wegner: Systemanalyse und Sachmitteleinsatz in der Betriebsorganisation. Wiesbaden: Gabler 1969. Herbert Fuchs: Systemtheorie. In Erwin Grochla (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation. Stuttgart: Poeschel 1969, Sp. 1618-1630. Erwin Grochla: Systemtheorie und Organisationstheorie. Zeitschrift für Betriebswirtschaft 40, 1970, 1, 1-16. Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler, 3. Aufl. 1970 (1. Aufl. 1966; 2. Aufl. 1967). Geoffrey Vickers: Freedom in a Rocking Boat. London: Allen Lane 1970. Hans Kunz: Selbstdarstellung, in Ludwig J. Pongratz, Werner Traxel, Ernst G. Wehner (Hrsg.): Psychologie in Selbstdarstellungen. Bern: Hans Huber 1972, 126-158. Walter Heitler: Naturwissenschaft ist Geisteswissenschaft. Zürich: Waage 1972. Gerhard Wilhelm Wittkämper: Analyse und Planung in Verwaltung und Wirtschaft. Bonn: Bad Godesberg: Godesberg Taschenbuch-Verlag 1972. Herbert Fuchs:
Systemtheorie und Organisation. Lothar Czayka: Systemwissenschaft. Eine kritische Darstellung mit Illustrationsbeispielen aus den Wirtschaftswissenschaften. Pullach bei München: Verlag Dokumentation; UTB 185, 1974. Frank Händle, Stefan Jensen (Hrsg.): Systemtheorie und Systemtechnik. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1974. Reinhard Haberfellner: Die Unternehmung als dynamisches System. Zürich: Verlag Industrielle Organisation 1974. Günter Ropohl (Hrsg.): Systemtechnik - Grundlagen und Anwendung. München: Hanser 1975.
Teil 1: Systeme und Nicht-Systeme, Absichten und Methoden
Was ist ein System, was ist ein Element?
Ausgehend von der Überzeugung, dass sich die "Fülle der Sachen" in Gebilde und die ihnen zukommenden Sachverhalte - Bestimmungen, Beziehungen (zu andern Gebilden bezüglich einzelner Bestimmungen) und Veränderungen (von Bestimmungen) - ausgliedern lassen, sprechen wir genau dann von "System", wenn drei Bedingungen erfüllt sind:
1. Es muss sich um mehrere Gebilde respektive Bestimmungen oder Beziehungen oder Veränderungen oder alles zusammen, kurz: um mehrere Sachen handeln.
2. Es müssen. bestimmte Beziehungen zwischen diesen Sachen bestehen.
3. Die Mehrheit von Sachen muss als Einheit im Sinne einer Ganzheit betrachtet werden.
Dagegen sprechen wir von "Element", wenn drei andere Bedingungen erfüllt sind:
4. Es handelt sich nicht um mehrere Sachen, sondern nur um eine.
5. Es bestehen bestimmte Beziehungen zu einer Ganzheit. (Diese Beziehung besteht in der Zugehörigkeit; die Ganzheit ist damit "übergeordnet".)
6. Die einzelne Sache ist auch eine Einheit im Sinne einer Ganzheit (jedoch im Unterschied zur "übergeordneten" eine "untergeordnete").
Das bedeutet zusammengenommen, dass "System" und "Element" aufeinander bezüglich sind. Die Sätze: "Ein System besteht aus Elementen", oder: "System: Menge von Elementen und Menge von Relationen, die zwischen diesen Elementen bestehen" (G. Klaus, 1969, 634) oder: "Menge von geordneten Elementen mit Eigenschaften, die durch Relationen verknüpft sind" (J. Löffelholz 1970, 77) oder gar: "Gesamtheit von Elementen mit Beziehungen zwischen diesen Elementen und ihren Eigenschaften" (A. Büchel, 1969, 373) sind also auf verschiedene Weise ungenau oder gar falsch.
Ein System besteht nicht aus Elementen, sondern einzelne Sachen, welche die Bedingungen 5 und 6 erfüllen, heissen "Elemente". Und ein System besteht auch nicht aus zwei Mengen, nämlich von Elementen und von Relationen, sondern es besteht aus mehreren Sachen, welche die Bedingungen 2 und 3 erfüllen.
Als Kurzformel könnte man am ehesten gelten lassen: "System ist ein zusammengesetztes Ganzes." Diese Bedeutung hat "sýstēma" schon bei den Alten Griechen gehabt.
Wichtig ist also der Charakter der Zusammengesetztheit einerseits, der Ganzheit andererseits. Bei G. Klaus (1969, 634) ist im nächsten Satz genau davon die Rede, unter "Element" allerdings nur von "Gesamtheit" (a. a. O., 173).
Bekannt ist die Formel: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile", was sowohl auf die Eigenständigkeit des Ganzen (gegenüber seinen "Teilen") als auch auf eine Mehrheit von "Teilen" (die das Ganze ausmachen) hinweist.
Was ist kein System?
Diese Bestimmungen unterscheiden Systeme etwa von Konglomeraten oder Aggregaten, oder, wie es der erste Systemtheoretiker, Johann Heinrich Lambert, zur Zeit Kants formulierte, von dem, "was man ein Chaos, ein Gemische, einen Haufen, einen Klumpen, eine Verwirrung, eine Zerrüttung etc. nennt. Sodann macht auch das Einfache, sofern es einfach ist, kein System aus" (J. H. Lambert 1787, 386f). Schon Lambert weist aber darauf hin, dass man bald alle "Ganze" als System auffassen könne. Wenn man das bisher nicht getan habe, so "geschieht es entweder, weil man sie noch nicht genau kennt, oder weil sie zu einem System zu einfach oder zu gleichartig sind, oder aus einem einigen Stücke bestehen, oder endlich nur als Theile eines Systems betrachtet werden. Überdiss hat man in der Sprache das Wort System noch immer gewissermassen in Ehren gehalten ..., dass man eben nicht sogleich jedes Flickwerk ein System nannte" (a. a. O., 385f.)
Etwas als System aufzufassen hängt also einerseits vom Stand der "Forschung" resp. dem Wortgebrauch ab, anderseits von der Einfachheit oder Gleichartigkeit der Sache resp. ihrer Betrachtung als Element eines Systems. Es kommt also ganz auf die Betrachtungsweise an, als was man etwas versteht oder wie man es benennt. Es ist durchaus möglich, etwas nicht als System zu betrachten, sofern es noch nicht genau bekannt ist oder wenn es als Element eines Systems gelten soll. In letzterem Fall sprechen wir heute von "Black-box". Demgemäss kann im Laufe der Zeit - also bei eingehender Forschung - auch ein "Einfaches" oder ein "Einiges" (durch Zergliederung) oder ein Element (durch Änderung der Betrachtungsweise) als System betrachtet werden, schliesslich sogar auch ein Flickwerk, ein Gemisch, ein Klumpen oder eine Verwirrung. Für letzteres haben wir eine treffliche Formel: "System in eine Sache bringen". A. D. Hall/ R. E. Fagen (1956, 22) sprechen von "progressiver Systematisierung".
Sehen und Erfassen von Ganzheiten
Das Auffassen von etwas als einer Ganzheit hat eine ehrenwerte Tradition, die mindestens bis zu den Alten Griechen zurückreicht. Jedoch erst etwa seit 1900 wurde dieser Vorgang wahrnehmungspsychologisch erforscht. Das Sehen und Erfassen von Ganzheiten ist primär in zweierlei Hinsicht: Erstens geht es dem präzisen, "scharfen" Sehen voraus, und zweitens ist es auch die Grundlage für eine geistige Verarbeitung.
Genau aus diesem Grunde ist die System-Betrachtung keine rein "rationale" Angelegenheit. Sie geht weder allein induktiv-analytisch-deskriptiv, noch deduktiv-synthetisch-konstruktiv, sondern ebensosehr intuitiv vor. Man muss zuerst das Ganze sehen, seinen Sinn und seine Bedeutung "verstehend" erfasst haben, bevor man darüber sprechen, bevor man es erforschen kann. In J. Hoffmeisters "Wörterbuch der philosophischen Begriffe" (1955, 336) heisst es über "Intuition" denn auch folgendermassen:
"1. die Anschauung im Sinne unmittelbarer ganzheitlicher Sinneswahrnehmung im Gegensatz zu einem wandernden Beobachten oder abstrahierenden Betrachten,
2. im Gegensatz zur Reflexion die Fähigkeit, ein Ganzes mit seinen Gliedern in einem Akt 'einsichtig' zu erfassen, das Wesen eines Gegenstandes, das Wesentliche eines Sachverhaltes, die Struktur eines Zusammenhanges, die Idee einer Sache zu durchschauen und zu überschauen."
Sofern sich an diese Ganzheitsbetrachtung eine diskursive, d. h. zwischen Zergliederung und Zusammenfügen hin- und herlaufende Erforschung des Ganzen anschliesst, kann man durchaus sagen, die System-Betrachtung schliesse als ganze rationale wie irrationale Vorgänge ein. Oder etwas weniger verfänglich formuliert: Indem die Systembetrachtung sowohl grundlegende Methoden der Natur- und technischen wie der Geistes- oder Geschichtswissenschaften vereint, scheint sie in besonderem Masse dazu geeignet, die Kluft zwischen den "Zwei Kulturen" (C. P. Snow, 1959) zu schliessen.
Auch etwas C. West Churchman fordert in seiner "Philosophie des Managements" (1973, 195-223) das dialektische Zusammenwirken von "Realismus und Idealismus", von sektoriell-pluralistischer, faktengestützter Betrachtungsweise und gesamtheitlich-monistischem, eine Idee verfolgenden Entwurf. Er scheut sich dabei nicht, bei letzterem von "Weltanschauung" zu sprechen (a. a. O., 154).
Die System-Betrachtung geht also sowohl verstehend, deutend, typisierend und individualisierend wie abstrahierend, kausal-mechanistisch, konditional-deterministisch und probabilistisch-statistisch vor. Das ist das Besondere dieser Betrachtungsweise; es macht sie freilich auch für manchen so verwirrend oder wenigstens ungewohnt.
Die sechs Nicht-Systeme
Eine zweite Schwierigkeit, welche die System-Betrachtung bietet, ist die Erfassung dessen, was primär nicht als System gilt. Gerade was wir heute gerne als "komplexe Systeme" bezeichnen, gleicht viel eher einer "Verwirrung" oder einem "Flickwerk" als einem System, man denke nur an "die" Wissenschaft, "die" Moral, "die" Entwicklungshilfe, an "das" weltpolitische oder "das" weltwirtschaftliche System, an "das" Bildungs- oder Gesundheitswesen usw. Gerade heute ist aber die Tendenz gross, alles als System zu betrachten, mithin auch in die "Zerrüttung" System zu bringen. A. D. Hall / R. E. Fagen (1956, 22) sprechen diesbezüglich von "degenerierten Systemen".
Wenn wir nun selbst systematisch vorgehen, so können wir die oben erwähnten Nicht-Systeme in sechs Gruppen gliedern und sie als Extremfälle von Systemen betrachten:
1. Chaos, Verwirrung, Zerrüttung; 2. Gemisch, Haufen, Klumpen oder Sediment, Konglomerat oder Summe.
Wenn wir die Gruppen 1 und 2 als Systeme betrachten, müssen wir zeigen, in welcher Hinsicht sie defizient sind.
3. Flickwerk: Es ist ganz ähnlich insofern als System betrachtbar, wenn wir einerseits Lücken aufweisen (also Vollständigkeit und Zusammenhang hineinbringen), anderseits nicht dazu Gehöriges aussortieren. Eduard Pestel, der Herausgeber des Buches von Jay W. Forrester, "World Dynamics" (1971; dt.: "Der teuflische Regelkreis", 1972) stellt daher seine Einführung dazu unter den Titel: "Ein Weltmodell statt Flickwerkspolitik".
4. Zu Einfaches, zu Gleichartiges, "aus einem einigen Stücke" (Lambert); 5. Vorläufig noch nicht genau Bekanntes.
Wenn wir die Gruppen 4 und 5 weiter erforschen, z. B. zergliedern, können wir sie zu Systemen machen.
6. Teile eines Systems: Sie lassen sich durch eine Änderung der Betrachtungsweise resp. weitere Erforschung ebenfalls als Systeme betrachten.
Kennzeichen der ersten drei Gruppen ist der Mangel an "innerer Festigkeit" (Lambert), also der Mangel an Zusammenhang, Ordnung und Vollständigkeit; Kennzeichen der andern drei Gruppen ist umgekehrt die "Einfachheit", also das vorläufige Absehen von einer Aufteilung oder Suche nach der inneren Nettigkeit.
Die Absicht
Beim Erfassen der Ganzheit war von Sinn und Bedeutung die Rede. Damit hängt nun zusammen, was Lambert die "Absicht" nennt. Entweder hat ein System eine Absicht, oder wir selber haben eine Absicht, wenn wir etwas als System betrachten, dem Leser oder Hörer ein System "vorführen" oder eines selber errichten.
So ist die System-Betrachtung also keineswegs nur eine deskriptive Angelegenheit, sondern vielmehr eine normative sowie eine Angelegenheit der Entdeckung, Erfindung und Anwendung, mithin geradezu eine "schöpferische" Tätigkeit. Das ist nun nicht gerade mit der Schöpferkraft einer Gottheit zu vergleichen, doch ist bemerkenswert, dass in den meisten alten und grossen Mythen der Menschheit Gottheiten die Welt aus dem oder im Kampf gegen das Chaos geschaffen haben, also eine Ordnung in die ungeordnete "Fülle der Sachen" brachten. Die Aufgabe des Menschen lautet dann etwa in der alttestamentarischen Auffassung: die Errichtung der Weltordnung nachzuvollziehen.
Damit eng verbunden ist nun auch die Entdeckung der Absicht, des "Schöpfungs"-Plans. Nicht von ungefähr ist das Wort "Plan" mehrdeutig: Es bezeichnet als "Bauplan" die Struktur (Zusammensetzung, sinnreicher Aufbau) des Ganzen, als "Vorsatz", "Entwurf" oder "Absicht" das Wozu, das Woraufhin der Ordnung resp. die leitende Idee ihrer Errichtung (d. h. des Zusammenbaus von Elementen). Von daher rührt die Verfeinerung der Definition von System als: "zweckmässig zusammengesetztes Ganzes" (J. H. Lambert, 1987, 387).
Ganz ähnlich sind die Wörter wie "Aufbau" und "Organisation" zweideutig, bezeichnen sie doch sowohl eine Struktur als auch eine Tätigkeit, also den Vorgang des zweckmässigen Zusammenstellens von Elementen wie dessen Ergebnis.
Genau als ein solches System wurde bei den griechischen Stoikern schon der Kosmos (die "Wohlordnung") betrachtet. Er ist ein System aus "Himmel, Erde und den dazwischen liegenden Naturgewalten" oder, aus anderer Richtung betrachtet, ein "System aus Göttern, Menschen und was wegen dieser ist".
Diese Ordnung des Kosmos wie auch eines jeden sonstigen Systems ist gewiss abhängig von. der "Absicht" entweder des Systems, des System-"Bauers", des System-"Betrachters" oder System-"Vermittlers". Sie betrifft den Zusammenhang der das System ausmachenden Sachen und damit a) die Elemente (das "Woraus") sowie b) die besonderen Beziehungen (das "Wie") einerseits der Elemente untereinander, anderseits zum Ganzen (System) und darüberhinaus zu anderen Systemen oder Elementen davon c) die Ziele (das "Wofür").
Eine Absicht hineinbringen
Nun ist es freilich nicht dasselbe, ob ein Mensch, der ein System aufbaut, zergliedert, verändert oder darstellt, eine Absicht verfolgt, oder ob das System selbst ein Ziel hat. Dennoch kann man in manche Systeme, auch wenn sie von sich her keine Absicht haben sollten, eine hinein bringen. Was eine Gottheit bei der Erschaffung der Welt für ein Ziel hatte, welche Absicht sie in sie hineinlegte und ob sie das überhaupt tat, das ist eine Frage der Mythologie, Theologie und Philosophie.
Indirekt beschäftigen diese Fragen jedoch auch die Wissenschaft, zumal dann, wenn sie von der "Natur", dem "Leben" und. den einzelnen "Lebewesen", von der Stellung und Bestimmung des Menschen und seiner Schöpfungen handelt. Eine diesbezüglich "teleologische" Betrachtungsweise lässt sich weit über die Alten Griechen hinaus zurückverfolgen. Auch wenn wir heute meist nur noch von "zweckmässiger" Organisation sprechen, deuten doch manche Begriffe der Biologie wie "Bauplan", "Programm", "Selektion" ("Auslese"), "Anpassung" ("Adaptation"), "Selbstregulation", "Selbst- und Arterhaltung", "Überleben", Optimierung" und "Gleichgewicht" auf finale, d. h. zielbestimmte Momente hin, auch wenn wir die Behauptung weit von uns wiesen, die Natur oder ein Organismus verfolge einen "Plan". Wir wissen das ganz einfach nicht.
Die Namengebung eines Systems hängt meist sehr stark von der Geistesgeschichte ab. Häufig ergeben sich zahlreiche Nuancen. Beispielsweise wenn man schlechthin von "Organismus" spricht oder vom "System des Organismus", von einem "organismischen System", einem "Organismus-System", einem "organischen System", einem "Organ-System" usw.
Pragmatisch = nützlich
Es scheinen also nicht alle Gebilde oder Vorgänge ein System auszumachen. Demzufolge müssen bestimmte Forderungen an die Art der Beziehungen der Teile untereinander und zum Ganzen gestellt werden. Beispielsweise kann eine Reihe von Büchern auf einem Bord durchaus ordentlich aufgestellt sein, und damit eine zweckmässige Anordnung darstellen, doch ist das noch kein System. Erst wenn diese Bücher, zusammen mit vielen anderen in verschiedenen Gestellen etwa durch eine Kartothek mit verschiedenen Arten von Verweisen "erschlossen" sind, könnte man von einem System sprechen. Wie sehr "ordentlich" und "Ordnung" zusammenhängen mögen, es ist offenbar nicht dasselbe. Und auch die Zweckmässigkeit der Anordnung - z. B. optimale Platzausnützung und rasche Greifbarkeit - genügt noch nicht. Was aber denn?
Gewiss gehört zum Postulat der Ordnung mindestens noch dasjenige der Vollständigkeit. Anderseits ist die Ordnung näher zu bestimmen, etwa dahingehend, dass die "Verknüpfung" der Teile auf eine besondere Art geleistet oder entdeckt werden muss und zwar so, dass über die räumliche oder auch zeitliche Anordnung hinaus eine Ordnung als "Organisation" entsteht oder besteht, die es dem System oder dem Systembenützer erlaubt, gewisse Ziele zu erreichen, sei das nun etwa Selbsterhaltung für das System oder brauchbaren Wissenszuwachs für den Benützer einer Bibliothek. Erneut kommt damit ein pragmatisches Moment ins Spiel.
Der Urheber
Da nun sowohl der Bau oder die Errichtung eines Systems, die Betrachtung, Entdeckung und Erforschung eines Systems sowie das Vortragen, Darstellen oder Vermitteln eines Systems Vorgänge sind, kommt der zeitlichen Dimension grosse Bedeutung zu: Wie sind die Elemente, die Beziehungen und daraus das Ganze entstanden, errichtet, entdeckt oder vermittelt worden? Es ist bereits deutlich geworden, dass unsere Blickrichtung oft wechselt, je nachdem wir die Urheberschaft eines Systems ansetzen: Entweder hat eine Gottheit das wohlgeordnete Weltall, den Kosmos als System errichtet, oder das System hat sich selbst aufgebaut (Organismus) oder es ist der Mensch, der die Form (Ganzheit) und den Aufbau (Konstitution) der Weltordnung oder anderer Systeme in der Betrachtung nachvollzieht (entdeckt, erforscht) oder Systeme selbst errichtet, sei es in praktischer oder theoretischer Absicht: theologische, philosophische oder wissenschaftliche Lehrgebäude und deren Darstellungen, aber auch künstlerische - z. B. Dichtwerke - und politische, z. B. Staat.
Die meisten dieser geordnet zusammengestellten Ganzheiten waren schon im Altertum als Systeme bekannt und benannt. Wiederum ist es jedoch Lambert, der als erster in umfassender Weise die verschiedenen Arten von Systemen auseinandergehalten und aufgezeichnet hat. Seine Leistung kann deshalb nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Die Methode: planmässiges Verfahren
Wer immer ein System aufbaut oder zergliedert oder verändert, verfolgt damit oder dabei eine Absicht. Diese Absicht kann als Idee, die verwirklicht, oder als Ziel, das erreicht werden soll, gefasst werden. Bleiben wir im bildhaften Bereich: Anvisierte Ziele erreicht man auf bestimmten Wegen mit den hiefür geeigneten Mitteln. Die Auswahl und Festsetzung von Zielen, der Beizug und Einsatz von Mitteln sowie das Finden, Aufzeigen und Festlegen des Weges geschieht nach Regeln, die aus dem "Plan" abgeleitet werden müssen. Dabei lässt sich ein Rückbezug feststellen: Einerseits bestimmt der Plan die Ziele, Mittel, Wege und Regeln, anderseits machen diese zusammen erst den Plan aus. Aufbau, Zergliederung oder Veränderung von Systemen sind also ineinander verflochtene Vorgänge.
Diese Vorgänge können wir als "systematische" - ein schöner Doppelsinn liegt in diesem Wort - bezeichnen. Das Wort liegt uns bereits auf der Zunge, es muss sich also um die "Methode" handeln. Die kürzeste Definition dafür heisst: planmässiges Verfahren. Das Wort Verfahren deutet - wie schon "verfolgen" und "Vorgang" - wieder auf den erwähnten bildhaften Bereich hin.
"Méthodos" heisst im Griechischen nichts anderes als "Nachgehen", also einen "Weg hin zu" einem Ziel "verfolgen". Das hängt wiederum eng zusammen mit dem Wort "Erfahrung" - die deutsche Übersetzung für lateinisch "experientia" -, was einerseits bedeutet: Sich-auf-den-Weg-Machen, um etwas zu erkunden, selber zu sehen, anderseits das Ergebnis dieser Fahrt, was man auf dem Weg er-fährt oder was einem wider-fährt, die Erfahrung also. Deshalb heisst das deutsche Wort für Methode: planmässiges Verfahren. Es ist sowohl der Weg, auf dem man mit bestimmten Mitteln etwas erreichen will, auf dem man zur Erfahrung, zur Erkenntnis (aber auch Belehrung oder Beeinflussung) oder zu einem bestimmten Gegenstand (Objekt, Produkt) gelangt, als auch das Einschlagen, Bahnen und. Beschreiten, Ver-fahren des Wegs, das Ver-folgen (Einhalten) der vorgezeichneten Spur (Absicht), das Vor-gehen auf ein vorgesetztes Ziel (Vorsatz, Entwurf) hin. Da letztere Vor-gänge allesamt Tätigkeiten sind, die von Route und Endpunkt geleitet und durch Mittel bestimmt sind - eine Folge der bei ihrer Suche, Auswahl, Anwendung und Festlegung be-folgter Vorschriften -, können wir auch sagen: Methode meint die Art und Weise des Vorgehens bei der Organisation zielgerichteter Vorgänge.
Teil 2: Elemente und Beziehungen, Struktur und Funktion
Elemente
Alle Dinge können Elemente sein
"Zum Begriff Element werden viele Synonyma, wie Ding, Objekt, Sache, Komponente, Teil, Bestandteil, Glieder, Baustein, Variable und anderes mehr verwendet ... In der allgemeinen Systemdefinition wird keine Einschränkung hinsichtlich der Art der Elemente vorgenommen, und es können alle Dinge und Sachverhalte als Elemente oder Systeme bezeichnet werden" (H. Fuchs, 1973, 39f; ähnl. 1969, 1620).
So zählt z. B. F. d. P. Hanika (1969, 22) in Anlehnung an Kenneth E. Boulding (1956) als "Elemente", neben sozialen Klassen und Waren, auf: "Elektron, Atom, Molekül, Kristall, Virus, Zelle, Pflanze, Tier, Mensch, Familie, Stamm, Staat, Kirche, Firma, Gesellschaft, Universität usw.", also eine Art Hierarchie, weshalb der Herausgeber im Geleitwort (a. a. O., II) "Unternehmungen, Universitäten, Kirchen oder andere Organisationsformen" durchaus als "sozio-technische Systeme" bezeichnen kann.
W. Wieser (1965, 626) nennt als Elemente nur "konkrete Bestandteile", wie Röhren, Relais, Moleküle, Zellen, Menschen und Büros.
W. Ross Ashby (1956): Zustände und Glieder
In der wohl allgemeinsten Formulierung, welche die Systemtheorie bisher gefunden hat, nämlich derjenigen von W. Ross Ashby (1956, dt. 1974) hat "Element" fünf spezifische Bedeutungen; es bezeichnet nämlich a) Zustände, welche ein repräsentativer Punkt in einem Ablauf-Graphen ("kinematic graph") einnehmen kann (1974, 43, 47, 52f), b) eine Gruppe von zwei Zuständen (oder ein Paar, 90), die in einer Transformation aufeinander folgen (also Operand und Transformierte; 57, 71), c) Bestandteile oder Bruchteile oder "Glieder" (225) einer "Menge"" deren Eigenschaften anders sein können als diejenigen der Gesamtmenge (181). Letzteres ist besonders wichtig im Zusammenhang mit der Vielfalt ("variety"; 184ff; vgl. sachlich schon 164ff; auch 18). d) Schliesslich gibt es auch Elemente eines Gitters (das die möglichen Vereinfachungen einer Maschine repräsentiert; 162). e) Zu guter letzt erwähnt Ashby auch chemische Elemente (283f).
Was im allgemeinen als Element gefasst wird, ist bei Ashby der Zustand eines Systems oder einer "Maschine", nämlich "eine genau definierte Bedingung oder Eigenschaft …, die wiederholt festgestellt werden kann" (1974, 47). Nun kann ein solcher Zustand einerseits als Vektor dargestellt werden, anderseits als Variable aufgefasst werden (55ff), woraus sich die Definition von System als "Liste von Variablen" (69) ergibt. Eine besondere Gruppe von Variablen stellen dann noch die "Parameter" als Eingangsgrössen von "Wandlern" resp. "Maschinen mit Signaleingang" dar (73); sie verändern die gesamte Verhaltensweise der Maschine.
A. D. Hall/ R. E. Fagen (1956), R. Haberfellner (1974): physische und abstrakte Elemente
A. D. Hall/ R. E. Fagen (1956, 18; 1970, 95) sprechen zwar nicht von Elementen, doch von "Objekten", welche "Teile oder Komponenten eines Systems" darstellen. Sie unterscheiden
Auch R. Haberfellner (1974, 6) spricht von
G. Klaus (1969): Schaltelemente und Bauelemente
Nebst "chemischen Elementen" spricht G. Klaus (1969, 173) von
Wenn man letztere etwas näher untersucht so ergibt sich etwa: Es sind alles "konkrete" Elemente (abstrakte erwähnt Klaus nirgends - es sei denn, man zähle die "abstrakten Neuronen", a. a. O., 3ff, 371, 647 dazu). Der Oberbegriff scheint "aktives Element" zu sein. Es ist "Element eines dynamischen Systems" und dadurch gekennzeichnet, dass es Inputs aufnimmt und Outputs abgibt (a. a. O., 18f; ähnl. 634f). Es kann entweder als Black-box (a. a. O., 107ff; vgl. 635) aufgefasst werden oder denn "Schaltelement" sein. Als solches kann es "den Fluss der Wirkungen bzw. Informationen in dem betreffenden System freigeben, sperren oder ändern". Solche Schaltelemente sind Elektronenröhren (z. B. Dioden), Transistoren, Ferrit- oder Magnetkerne, Widerstände, Kondensatoren (a. a. O., 548) sowie Relais und "pneumonische Bauelemente" (a. a. O., 82, 546). "In den Neuronennetzen der höher entwickelten Tiere etwa spielen Synapsen und Neuronen die Rolle von Schaltelementen" (a. a. O., 548). Unter den Schaltelementen sind zwei Sonderfälle interessant:
1. Nicht-funktionale Elemente sind Widerstände und Kondensatoren (a. a. O., 66).
2. die funktionalen Elemente, die als Baueinheiten von digital arbeitenden Automaten selbst einfach digital arbeitende Automaten (sog. "Elementarautomaten", a. a. O., 66, 370, 646) sind, also eine sequentielle Funktion" realisieren (a. a. O., 66, 218), z. B. Relais (a. a. O., 66) resp. die logischen Schaltelemente, welche logische Zusammenhänge wie etwa Wahrheitsfunktionen. realisieren. Dazu dienen "bistabile Elemente" oder " binäre Elementarglieder" (a. a. O., 102ff) - "auch Neuronen können angenähert als binäre Elementarglieder interpretiert werden" (a. a. O., 104).
Auf der Ebene der technischen Realisierung werden die Schaltelemente als "Bauelemente" (a. a. O., 81f), "Bauteile" (a. a. O., 67) resp. "Bauglieder" (a. a. O., 237) gefasst. Unter "Kybernetik" spricht er gar von "Baumaterialien (a. a. O., 325). Das wird nicht überall sauber auseinandergehalten, werden doch im Bereich der Automatentheorie und -technik die "Verzögerungselemente" und. die "logischen Elemente" einmal als "Bauelemente" (.a. a. O., 60, 66, 370, 647), einmal als "Baueinheiten" (a. a. O., 60, 218) bezeichnet und gibt es wohl auch bei biologischen Systemen, zumal bei der "Selbstreparatur" "Bauelemente" (a. a. O., 557); als solche werden unter "Selbstreproduktion" "Stoff, Energie, Organisation" gefasst (a. a. O., 559).
Bauelemente sind in der Regel "standardisierte Grundbausteine" eines technischen Systems (a. a. O., 81; vgl. 77), z. B. Messwerterfasser, Einheitseffektoren und -rezeptoren, Logikbausteine usw. (a. a. O., 82) oder "Rechenelemente" bei Analogrechnern (a. a. O., 510f). Von Baugliedern spricht man "bei gerätetechnischer Betrachtung von Steuerungen oder Regelungen"; bei funktioneller Betrachtung heissen sie "Übertragungsglieder" (z. B. Regelstrecke, Messeinrichtung, Regler und Stellantrieb, a. a. O., 218, ferner: Stellglied, a. a. O., 616, Wandler, Vergleicher und Programmgeber, a. a. O., 617). "Glied" bedeutet dabei nichts anderes als "Abschnitt des Wirkungsweges" (.a. a. O., 237) resp. "Signalflussweges" (a. a. O., 571, 671, 717) in Steuerungen oder Regelungen. Zwischen den Übertragungsgliedern bestehen zudem "Signalleitungen" (a. a. O., 571). (Das Stellglied wird auch "Teil", a. a. O., 523, 616, der Regler auch "Bestandteil", a.a.O., 525, genannt.)
Überdies spricht G. Klaus statt von Elementen auch von "Komponenten" (a. a. O., 729) oder "Funktionseinheiten" (a. a. O., 110, 113, 114), ja "komplexen Funktionseinheiten" (a. a. O., 113), worunter er aber "Teilsysteme" zu verstehen scheint. Bei Rechenautomaten sind das z. B. Eingabewerk, Steuerwerk, Speicher ("Bestandteil", a. a. O., 585), Rechenwerk und Ausgabewerk.
G. Wegner (1969), J. Löffelholz (1970), H. Fuchs (1973), E. Grochla (1966), R. Haberfellner (1974), L. Czayka (1974): Elemente des Betriebes
Nach G. Wegner legt St. L. Optner (1960) seinen Untersuchungen folgende Elemente zu Grunde: Input, Output, Handlungseinheit, Kontrolleinheit und Rückkopplungen, während Johnson/ Kast/ Rosenzweig (19672) sechs "Subsysteme bzw. Elemente des Betriebes" unterscheiden:
G. Wegner selbst will in ihrer Konzeption nur die beiden "Aktionsträger" Mensch und Sachmittel "in Verbindung mit einer ihnen übertragenen Teilfunktion aus den gesamten Prozess der Zielerreichung" als Elemente, d. h. "kleinste Einheiten ..., aus denen sich alle übrigen Subsysteme zusammensetzen" betrachten. (G. Wegner, 1969, 1614).
Ähnlich unterscheidet auch J. Löffelholz (1970, 78, 79, 80) bei den Mensch-Maschine-Systemen soziale und sachliche Elemente bzw. Menschen und Sachen resp. Sachmittel, "in Verbindung mit den ihnen übertragenen Verrichtungen aus dem Prozess der Zielerreichung".
H. Fuchs schliesst sich dem an und zählt zu den Sachmitteln: "Gebäude, Materialien, Kraftmaschinen, Servo-Mechanismen usw."; an unterschiedlichen Kombinationen sind dann nach E. Grochla (1966, 76ff) möglich:
Dazu kommt freilich noch das Informationssystem, "das dem Basissystem überlagert ist" (a. a. O., 145).
Abgesehen von der Erwähnung, dass künstliche konkrete Systeme "praktisch immer natürliche Elemente oder Untersysteme" (R. Haberfellner, 1974, 17) enthalten, unterscheidet Haberfellner ebenfalls als besondere Art von Elementen Menschen und einfache technische Hilfsmittel (a. a. O., 18) resp. "soziale (menschliche)" oder "natürliche" und "technische" Elemente, ferner "abstrakte Unter- oder Teilsysteme" (a. a. O., 27; 18, 19). Sie alle machen das System "Unternehmung" aus.
Etwas detaillierter ist L. Czayka (1974, 26), wenn er z. B. für den Produktionssektor einer Volkswirtschaft je nach "Auflösungsebene" folgende System-Elemente unterscheidet:
Beziehungen, Ganzheit und Grenzen
Ist ein System eine Menge?
Wenn man wie Klaus oder Hall/ Fagen System mit Hilfe des Mengenbegriffs definiert, ist es nicht leicht, zu unterscheiden zwischen System und Menge. Im allgemeinen scheint Menge als der weitere Begriff betrachtet zu werden.
Bis heute wird noch gerne, ohne erläuternde Bemerkungen, Cantors Definition aus dem Jahre 1895 zitiert "Unter einer 'Menge' verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten [m] unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die 'Elemente' von M genannt werden) zu einem Ganzen. In Zeichen drücken wir dies so aus : M = {m}" (Herbert Meschkowski: "Hundert Jahre Mengenlehre", 1973, 38; Walter R. Fuchs: "Knaurs Buch der modernen Mathematik", 1966, 104).
R. Haberfellner (1974, 6) macht daraus: "Eine Menge ist das Ergebnis der Zusammenfassung verschiedener, gedanklich voneinander abgrenzbarer Elemente zu einer Einheit."
Wichtig für eine Menge ist also die Mehrheit von Objekten sowie der Ganzheitscharakter. Wie Haberfellner richtig bemerkt, ist aber von den Beziehungen zwischen den "Elementen" nicht die Rede. Die einzigen Arten von. Beziehungen, die hier eine Rolle spielen, sind a) ihre Zugehörigkeit zu einem Objektbereich (sei es der Anschauung, sei es des Denkens) und b) ihre Zugehörigkeit zu einer Zusammenfassung, zu einem Ganzen, eben zur Menge.
Vernachlässigt man diese beiden Beziehungsarten, so kann man mit R. Haberfellner (1974, 6) sagen: "Ein System ist eine Menge, zwischen deren Elementen irgendwelche Beziehungen bestehen." So einfach ist die Sache allerdings auch wieder nicht, schreibt er doch später: "Eine Anhäufung von Elementen die untereinander keine oder keine den Beobachter interessierenden Beziehungen aufweisen bzw. erkennen lassen, soll als Menge bezeichnet werden und nicht als System .... Eine Anhäufung von Backsteinen ist demzufolge kein System, obwohl zwischen den einzelnen Backsteinen ohne Zweifel Lagebeziehungen [sowie Gestalt-, Qualitäts-, Funktions- usw. -beziehungen] bestehen. Demgegenüber ist ein Haus ein System, die Lagebeziehungen der Backsteine weisen zueinander eine sinnvolle Ordnung auf" (R. Haberfellner, 1974, 16, 212).
Das Interesse des Beobachters
Da ist zweierlei ins Spiel gebracht; 1. Das Interesse des Beobachters, was ein System in die Nähe des "Modells" rückt, das auch stets Modell von einem Original, für ein Subjekt ist. 2. Die Ordnung, die der System-Beobachter an einem gegebenen System "entdeckt" oder die der System-Gestalter in eine "Menge" von Objekten "hineinbringt".
Zum ersteren äussern sich auch Hall/ Fagen, wenn sie schreiben:
"Die Beziehungen, auf die es uns ankommt, sind diejenigen, die 'das System zusammenhalten'." Es ist stets schwierig, "triviale" Beziehungen auszuschliessen; es kommt ganz auf das "anliegende Problem" an, welche Beziehungen wir als wichtig oder unwesentlich erachten. Die Entscheidung darüber ist damit stets auch "Sache der Person, die sich mit dem Problem beschäftigt; die Frage der Trivialität stellt sich ... als von jemandes Interesse abhängig dar" (A. D. Hall/ R. E. Fagen, 1956, 18; 1970, 96). Im weiteren Verlauf zeigen dann Hall/ Fagen auf, wie man "Ordnung" in eine Menge bringt.
Ähnliches gilt auch für die Bestimmung der Elemente: Sie hängt "in concreto von dem Zweck der jeweiligen Untersuchung ab" (G. Wegner, 1969, 1614). Auf den "speziellen Untersuchungszweck" weist auch L. Czayka (1974, 27) hin; der Systemwissenschafter muss immer veranlasst werden, genaue Angaben zu machen, "inwiefern er einen bestimmten Gegenstand als System oder als Element eines Systems betrachtet" (a. a. O., 24).
Auch Geoffrey Vickers (1970, 201f) betont: "The Variables we select are chosen from their relevance to our interests and to the time span of our concern; and we must often choose between the simplification which makes the problem manageable but gravely unrealistic and the more complex representation which makes it realistic but gravely unmanageable." Ebenso H. Fuchs (1973, 40): "Die Abgrenzung von System und Element hängt von der Perspektive, von der spezifischen Zielsetzung der Untersuchung und von dem zu untersuchenden Objekt ab. Daher ist es auch schwierig, allgemeingültig zu bestimmen, was von Fall zu Fall als System bzw. als Element anzusehen ist."
Noch deutlicher wird dies bei W. Ross Ashby (1974, 69), bei dem System "nicht ein Ding, sondern eine Liste von Variablen" bedeutet. Dies rührt von der Auffassung her, dass jedes materielle Objekt "nicht weniger als eine Unendlichkeit von Variablen [z. B. "voneinander unterscheidbare Zustände", a. a. O., 50, 159; etwa als Vektoren von "Positionen", a. a. O., 55f; aber auch andere "Daten] und somit möglichen Systemen" enthält. D. h. es ist nötig, "die Daten herauszugreifen und zu erforschen, die für ein bereits festgelegtes Forschungsziel von Bedeutung sein könnten" (a. a. O., 68). Der Experimentator muss also die Liste von Variablen variieren, d. h. stets andere Variablen berücksichtigen, "bis er schliesslich eine Gruppe von Variablen ausfindig gemacht hat, die die gewünschte Eindeutigkeit ergibt" (a. a. O., 69), nämlich eine geschlossene eindeutige Transformation, welche das Verhalten eines dynamischen Systems als eine determinierte Maschine kennzeichnet (a. a. O., 46). "Letzten Endes sind wir es, die entscheiden, was wir als 'maschinenartig' anerkennen und was wir verwerfen wollen" (a. a. O., 70).
Die Einführung von Beziehungen in ein Ganzes
Recht anschaulich beschreiben A. D. Hall/ R. E. Fagen (1956, 18-19; 1970, 96) wie aus einer Ansammlung von Teilen ein System "entsteht". Solange etwa eine Spiralfeder und eine Masse unter einer festen Decke herumliegen, bestehen keine interessanten Beziehungen (ausser etwa: Vorhandensein im selben Raum, gleiche Temperatur, ev. gleiche Farbe, gleiches Material usw.). "Wenn man aber die Feder an die Decke hängt, die Masse an ihr befestigt, rufen die somit eingeführten Beziehungen (des physikalischen Zusammenhangs) ein System von grösserem Interesse hervor. Insbesondere werden ebenso neue Beziehungen zwischen bestimmten Attributen der Teile eingeführt [:] Die Länge der Feder, die Entfernung der Masse von der Decke, die Federspannung und die Grösse der Masse stehen alle in Beziehung miteinander."
Was die Frage nach der Ganzheit resp. Summativität betrifft, so gilt für Hall/ Fagen: Das System verhält sich als Ganzheit, wenn Veränderungen eines Elements Veränderungen aller andern Elemente des Gesamtsystems nach sich ziehen. Sind die Elemente untereinander nicht in solcher Wechselwirkung verbunden, so lässt sich das Gesamtverhalten des Systems nur als "physikalische Summe" aller Veränderungen der voneinander unabhängigen Elemente fassen. Im allgemeinen sind Systeme mehr oder weniger Ganzheiten (A. D. Hall/ R. E. Fagen, 1956, 21).
Auch Stafford Beer (1962, 24) meint, man müsse feststellen, "dass die Definition jedes besonderen Systems beliebig ist ... Das Universum scheint sich aufzubauen aus einem Gefüge von Systemen, wo jedes System von einem jeweils grösseren umfasst wird ... Ein System lässt sich über einen weiteren Bereich ausdehnen; man kann es aber ebensogut auf kleinere Einheiten beschränken."
Wichtig jedenfalls ist, das betont Beer, dass Systeme nicht als "Aggregate von Einzelteilen" vorgestellt werden, sondern als "Ansammlung miteinander in Beziehung stehender Teile"; und zwar müssen die Teile auf "eine dynamische Weise miteinander in Beziehung stehen", es muss eine besondere Verbindung, eine "dynamische Wechselwirkung" zwischen ihnen bestehen. H. Fuchs definiert deshalb Systeme als "interdependente Elementkomplexe" (1973, 140).
Merkmal dieser Systeme ist also die "zusammenhängende Ansammlung von Elementen", die "Konnektivität" sowie die "Ganzheit" (S. Beer, 1962, 21, 24f). Denn: "Was wir als System definieren, ist deshalb ein System, weil es miteinander in Beziehung stehende Teile umfasst und in gewisser Hinsicht ein in sich abgeschlossenes Ganzes bildet. Gleichzeitig ist aber jede so betrachtete Ganzheit immer Mitglied einer Reihe von übergeordneten Systemen, die ihrerseits wiederum Untersysteme sind von noch umfassenderen Systemen" (S. Beer, 1962, 25).
"Formal" lässt sich ein System durch ein Netzwerk darstellen: Die Elemente (resp. Teilsysteme oder Funktionseinheiten) werden durch Punkte (bei einem Graphen) oder Kästchen (beim Blockschaltbild) repräsentiert, die - wesentlichen - Beziehungen durch Verbindungslinien (Beer nennt sie "Kommunikationsbahnen"); das von diesen Linien gebildete Muster stellt die Struktur des Systems dar und wird von Beer gleichzeitig als "Zustand des Systems" definiert. Der Zustand aller Linien in einem gegebenen Zeitpunkt gibt den "Informationsbetrag" des Systems wieder. Dabei gilt: "Die Struktur [besser wohl: "Kapazität", a. a. O., 22] der Kommunikationsbahnen und die Beschaffenheit [oder der "Zustand'] der Information, die durch sie zu einem der Elemente des Systems fliesst, bestimmen zu jedem gegebenen Zeitpunkt, ob das Element in einem gegebenen Zustand ist oder nicht" (S. Beer, 1962, 26); d. h. das Element fällt anhand der "Information" eine Entscheidung. Damit ist ein System, zumal ein kybernetisches, "ein eng geknüpftes Netzwerk von Informationen" (S. Beer, 1962, 39).
Aber auch eine "logische" Darstellung ist möglich: Einer Zustandsänderung des Systems entspricht dann eine Transformation dieser Logik oder dieses "Modells". Als solche dient meist eine Matrix oder ein Gleichungssystem.
Die Grenze als Problem
Das Problem der Grenze stellt sich im "Bereich" des Atomaren so gut wie in dem des Betriebswirtschaftlichen oder Psychischen, Lebendigen oder Kosmischen. Seit sich in der Atomphysik die Kernbestandteile (Nukleonen: Neutronen und Protonen) in immer weitere Elementarteilchen aufgelöst haben und der Ort eines Elektrons nur in Aufenthaltswahrscheinlichkeiten angegeben werden kann, hat man die Demokritsche Auffassung immer mehr zugunsten der Platonischen Ideenlehre aufgegeben und damit das in seinen Abgrenzungen wenigstens noch einigermassen anschauliche Bohrsche Atommodell in das Reich wissenschaftshistorischer Reminiszenzen verwiesen.
Ähnliches gilt seit der Entdeckung der kosmischen Expansion durch Edwin Hubble im Jahre 1929 für die pythagoräische Sphärenharmonie, nachdem schon ein Dutzend Jahre vorher Einstein auf Grund seiner Allgemeinen Relativitätstheorie ein endliches, aber unbegrenztes All postuliert hatte. Es ist auch gar nicht so leicht, die Grenzen eines Betriebes anzugeben, denn da eine Produktionsstätte nicht nur aus Bauten und Anlagen sondern auch aus einem Fahrzeugpark und Absatzkanälen, Menschen - auch solchen im Aussendienst, z. B. als Handelsvertreter oder Serviceleute - und Unternehmenspolitiken, Richtlinien und Verfahren "besteht", ist die Grenze kaum mit dem Werktor gleichzusetzen. Auch die Ich-Grenzen (P. Federn) des Menschen als seelisches und geistiges Wesen sind nicht immer leicht zu bestimmen, man denke etwa an die Kleider oder das Auto, aber auch an "Besitz", "Erwerb", "Macht", "Einfluss" usw.
Weshalb diese Grenzen so wichtig sind, zeigt sich bei der Frage der "Umgebung" eines Systems. Es ist leicht ersichtlich, dass sie, sofern die Grenzen einmal abgesteckt sind, wiederum aus Systemen (oder denn Elementen davon) besteht, und zwar nicht nur von solchen auf derselben Betrachtungsebene, sondern mindestens auch von solchen auf der nächstunteren und -oberen Ebene. Daraus ergibt sich das unermessliche Geflecht der Verschachtelungen, von dem bereits mehrfach die Rede war.
Einer der Pioniere des Operations Research, C. West Churchman hat sich recht erfolglos mit diesem Problem herumgeschlagen. So fragte er etwa in seiner "Einführung in die Systemanalyse" (1970), ob der Lack die "wahre Grenze" eines Autos sei oder ob die Haut eines Elefanten wirklich "die Trennungslinie zwischen Elefant und Umgebung" darstelle. "Es könnte doch auch sein, dass die Kenntnis über die Heimat dieses Tiers notwendig ist, und möglicherweise sollte sie als Teil des elefantischen Systems betrachtet werden." Noch schwieriger wird es mit der Technik. Nach McLuhan ist "im Zeitalter elektronischer Technologie das Telefon Bestandteil des Individuums geworden ... Sicher dürfte es in einigen Fällen schwierig sein, zwischen dem Gehör und dem Telefon, das ihm dient, zu differenzieren. McLuhan begründet seine These damit, dass wir das Telefon nicht einfach abschneiden können. Genausowenig wie wir ein Ohr abschneiden können. Das Telefon Ist ein Teil des Systems, das wir Individuum nennen." Soweit Churchman (1970, 40f). Spinnt man diesen Faden weiter, so kann man auch die Telephonkabel nicht abschneiden; die automatischen Vermittlungsstationen dürfen auch nicht vergessen werden, ebensowenig die Gebäude, in denen diese stehen, die Übertragungssatelliten usw., womit man schliesslich damit endet, dass die ganze Welt zum System Individuum "gehört": McLuhans "globales Dorf".
Die Ausgrenzung eines Systems aus einer Umgebung und seine Abgrenzung ihr gegenüber ist damit, wie die meisten Systemwissenschafter zugeben, beliebig, ja völlig willkürlich. Sie erfolgt daher vorwiegend unter pragmatischen Gesichtspunkten, ist mithin abhängig von Interessen und Untersuchungszwecken, Methoden und Hilfsmitteln.
Die Bestimmung der Grenzen
Selbstverständlich kann man nach wissenschaftlichen Kriterien suchen, die es erlauben, zwischen "Innen" und "Aussen", zwischen Elementen des Systems und eines Umsystems, kurz zwischen System und Umwelt zu unterscheiden.
R. Haberfellner (1974, 14, 212) erwähnt als Abgrenzungskriterien eines Systems gegen das Umsystem:
1. N. Hartmanns ("Der Aufbau der realen Welt", 1949, 332) "Übergewicht der inneren Bindung";
2. H. Ulrichs (1968, 108) Definition von System: "Ein System liegt dann vor, wenn innerhalb dieser Gesamtheit ein grösseres Mass an Interaktionen oder Beziehungen besteht, als von der Gesamtheit aus nach aussen",
3. G. C. Homans ("Theorie der sozialen Gruppe", 1960, 102f) Gruppenkriterium der Sozialpsychologie: "Die Häufigkeit der Interaktionen zwischen Individuen ist ausschlaggebend für die Konstituierung und Abgrenzung von Gruppen."
4. A. D. Halls ("A Methodology of Systems Engineering", 1962, 112f) Bemerkung: "Neither functions, nor inputs and outputs suffice to decide the actual physical boundaries of systems, although they are by far the most important factors."
Haberfellner glaubt daraus schliessen zu können, dass die Wahl der Systemgrenzen einerseits vom Zweck abhänge, den der Systembeobachter oder -gestalter verfolge, anderseits vom Ermessen, der Erfahrung, den individuellen Präferenzen. Jedenfalls sei die Grenzziehung stets nur vorläufig und müsse in einem iterativen Prozess verbessert oder korrigiert werden. "Sinngemäss ergeben sich dieselben Probleme bei der Unterteilung eines Systems in Untersysteme" (R. Haberfellner, 1974, 15), also bei der System-Differenzierung.
Zu ergänzen ist, dass dieses Problem auch die Differenzierung des Umsystems betrifft, vor allem, wenn man, wie etwa C. W. Churchman (1970, 40-44) die "Umgebung" des Systems von seinen "Hilfsquellen" streng zu unterscheiden versucht. Wenn etwas ausserhalb des Systems von diesem her nicht zu verändern ist, jedoch zu den Zielen des Systems in Beziehung steht, soll das "Umgebung" heissen; was innerhalb des Systems steht und von diesem veränderbar und zu seinem eigenen Vorteil ge- oder verbrauchbar ist, das sind die "Hilfsquellen", z. B. Geld, Personal resp. Arbeitsstunden und Ausrüstung resp. Materialkosten. Wie schwierig diese Unterscheidung zu treffen ist, zeigt sich etwa am Beispiel eines Schiffes. "Seine Umgebung umfasst alle äusseren Bedingungen, mit denen es konfrontiert werden kann, wie Wetter, Windrichtung und Wellen. Aus der Sicht des Kapitäns sind hier die Leistungen der Maschinen und Seeleute eingeschlossen, da diese bei jeder Reise als 'gegeben' vorauszusetzen sind. Die Hilfsquellen des Schiffes sind die Maschinen selbst und die Besatzung, soweit sie für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden" (C. W. Churchman, 1970, 51).
Aus diesen Gründen hat Churchman versucht, eine "Umgebung" anhand des Kriteriums "beeinflussbar" vom System abzutrennen, wobei auch dies rasch in "uferlose" Schwierigkeiten ausmündet.
Dieser Schwierigkeiten waren sich schon Hall/ Fagen bewusst. Sie definierten: "Für ein gegebenes System ist die Umwelt der Satz [besser: die Menge] aller Objekte, bei denen eine Veränderung ihrer Attribute das System beeinflusst, und auch jener Objekte, deren Attribute durch das Systemverhalten verändert werden" (A. D. Hall/ R. E. Fagen, 1956, 20; 1971, 100). Wann allerdings ein Objekt zur Umwelt, wann es zum System gehört, können sie auch nicht sagen: "Eine Unterteilung dieses Universums [nämlich "aller in einem gegebenen Kontext interessierenden Dinge"] in zwei Sätze [Mengen], System und Umwelt, kann auf vielerlei Weisen durchgeführt werden, die tatsächlich völlig willkürlich sind" (a. a. O., 20 resp. 100), sie hängt "wesentlich vom jeweiligen. Gesichtspunkt" (a. a. O., 101) ab. Dasselbe gilt für die Aufgliederung eines Systems in Sub-, Teil- oder Untersysteme.
Arten von Beziehungen
Geht man bei der Frage nach den Grenzen nach dem "Übergewicht der inneren Bindung" vor, so muss man sich die Beziehungen, vor allem zwischen Elementen des vorläufig abgegrenzten Systems, vornehmen. Etwas ungenau meint H. Fuchs, synonym zum Begriff Beziehungen seien: Zusammenhänge, Relationen, Kopplungen, Bindungen (H. Fuchs, 1969, 1620; 1973, 43).
Beziehungen lassen sich grundsätzlich auf zwei Weisen unterscheiden, nach dem, was sie für Sachen betreffen und nach ihrer Art. Die erste Gruppe ergibt Beziehungen a) zwischen Elementen b) zwischen Elementen und dem System c) zwischen Systemen d) zwischen Elementen und andern Systemen e) zwischen Elementen und Elementen anderer Systeme f) zwischen Systemen und Elementen anderer Systeme.
Da fragt sich freilich sofort, wie Beziehungen zwischen Elementen und dem System (das ja nicht etwas neben den Elementen ist, sondern vielmehr durch sie "konstituiert" ist) aussehen und ob nicht Beziehungen zwischen Systemen stets über einzelne Elemente erfolgen, beispielsweise "Randelemente".
Auch L. Czayka (1974, 28) weist darauf hin: "Da die Struktur als systemkonstituierend betrachtet wird, kann sie strenggenommen kein systemwissenschaftliches Forschungsobjekt sein."
Was die Art der Beziehungen betrifft, so nennt Haberfellner (1974, 6, 15):
Ähnlich, aber etwas "konkreter", unterscheidet L. Czayka (1974, 26) z. B. im Produktionssektor einer Volkswirtschaft je nach Auflösungsebene an "möglichen systembildenden Beziehungen" - Lieferbeziehung - Konkurrenzbeziehung - Kooperationsbeziehungen - juristische Beziehungen - räumliche Beziehung - organisatorische Beziehungen - technische Beziehungen - soziale Beziehungen.
Hauptsächlich für Management-Systeme unterscheidet Forrester (1972, 143) folgende Arten von Strömungsgrössen, d. h. "bewegte Mengen von Ort zu Ort im System": - Informationen - Material, Produkte - Aufträge, Bestellungen - Geld - Personen - Investitionsgüter.
H. Fuchs (1969, 1620; 1973, 44) hat eine formale Klassifikation der Beziehungsarten vorgenommen, die - anhand der Wirkungsbeziehungen - zur folgenden Einteilung führt:
reale ideale
natürliche künstlich geschaffene
zeitunabhängige zeitabhängige
interne externe
aktive inaktive
einseitige wechselseitige
Die unterlegten Merkmale treffen auf Elemente (resp. Systeme) zu, die über Inputs resp. Outputs von Elementen (resp. Systemen) verfügen. Was heisst das? "Beziehungen können sich durch den Austausch von Energie, Materie und Information zwischen Elementen konkretisieren. Diese Grössen sollen als Strömungsgrössen bezeichnet werden. Solange die Strömungsgrössen nicht gleich Null sind, handelt es sich um aktive Beziehungen; sind sie jedoch Null, so liegen keine aktiven Wirkungsbeziehungen, sondern inaktive Beziehungen vor, wie z. B. Lagebeziehungen bei realen Phänomensystemen oder logische Beziehungen zwischen den Elementen von Aussagensystemen. Stehen Elemente in einem System oder Systeme untereinander in Aktion oder Interaktion, also in einem aktiven Wirkungszusammenhang, so müssen sie sowohl Inputs als auch Outputs besitzen" (H. Fuchs, 1969, 1620f; leicht abgewandelt 1973, 45). Fuchs spricht auch von "dynamischer Interaktion" (a. a. O., 1619) und erwähnt (1973, 36), dass Adolf Adam (1959, 12f) fordert, "dass die Elemente Leistungen oder Informationsgüter, wie Nachrichten, Energien, Werte, Substanzen, untereinander austauschen".
Was sind Funktionen bei G. Klaus (1969)?
Für G. Klaus (1969, 531f) ist Relation eine "logische Beziehung zwischen zwei oder mehreren Dingen, Prozessen usw. ... Eine für die Kybernetik grundlegende Relation ist die Input-Output-Relation eines aktiven Elements ... Von grosser Bedeutung sind Relationen, die reflexiv, symmetrisch und transitiv sind; sie werden als Äquivalenzrelationen bezeichnet. Äquivalenzrelationen sind ein wesentliches Hilfsmittel zur Konstruktion exakter Definitionen, sog. Definitionen durch Abstraktion. Die wichtigste Klasse von Relationen sind die Funktionen. Relationen werden auch als mehrstellige Prädikate bezeichnet ..."
Das ist ein bisschen viel auf einmal. Weitere Verwirrung lässt sich sofort herstellen, wenn wir unter "Funktion" (a. a. O., 215, 217) lesen: "Die Funktion eines dynamischen, insbesondere kybernetischen Systems ist die Abstraktionsklasse der möglichen Verhaltensweisen dieses Systems. Aus der Kenntnis der Funktion der Elemente des Systems und der Natur der Kopplungen der Elemente, fixiert in der Strukturmatrix des Systems, lässt sich die Funktion des Systems erkennen bzw. konstruieren ... Strukturen wie Funktionen sind stets Eigenschaften einer Klasse von Systemen." (Sie lassen sich mathematisch ausdrücken.)
Das ist offensichtlich der "falsche" Funktionsbegriff, obwohl etwas später die "Funktion eines Systemelements" als "Umwandlung eines bestimmten Inputs in einen bestimmten Output" (a. a. O., 215f) beschrieben wird. Mit der oben genannten Funktion ist aber eher die "mathematische Funktion" gemeint, die "eindeutige Abbildung aus einer Menge M in eine Menge M' " (a. a. O., 381). Die Kybernetik unterscheidet nun:
Was uns an dieser Stelle beschäftigen soll, sind jedoch nur die möglichen Beziehungen - zwischen mehreren Elementen resp. Systemen und - zwischen Inputs und Outputs von einzelnen Elementen resp. Systemen.
Für erstere ist der Begriff "Kopplungen" gefallen. "Eine Kopplung von Elementen (Systemen) liegt vor, wenn bestimmte Outputs [es müssen aber nicht alle sein] des einen Elements (Systems) zugleich Inputs eines anderen Elements (Systems) sind" (a. a. O., 321; ähnl. 626). Unter Input versteht Klaus "Einwirkung der Umgebung", unter Output "Wirkung ... auf die Umgebung". "Der Output kann in einem Material-, Energie- oder Informationsfluss oder mehreren hiervon zugleich bestehen" (a. a. O., 280, 471).
Nun spricht aber Klaus auch z. B. von der "Kopplung zwischen Input und Output eines Konjunktionselementes" (a. a. O., 217) oder der "Input-Output-Kopplung gegebener Elemente" (a. a. O., 337); somit betrifft Kopplung also beide oben angegebenen uns interessierenden Beziehungen. Deshalb pflanzt sich die Verwirrung fort: Einerseits bestimmen Inputvektor und Kopplungsmatrix eines Elements den Outputvektor (a. a. O., 280), anderseits ist der "spezielle Charakter" des Outputs durch den Input und die Transformationsmatrix des Elements bedingt (a. a. O., 472). Schliesslich bringt die Kopplungsmatrix zweier Elemente "zum Ausdruck, ob die einzelnen Komponenten des Outputvektors des einen Elements in die Komponenten des Inputvektors des anderen Elements transformiert werden oder nicht" (a. a. O., 321; vgl. auch 626).
Nun, die Transformation führt wieder zur (mathematischen) Funktion zurück, ist doch "die Transformation einer Menge M von Dingen, Zuständen eines Systems, Informationen usw. ... eine umkehrbar eindeutige Abbildung s von M auf sich ... Viele kybernetische Begriffe und Beziehungen können durch Transformationen interpretiert werden. So kann etwa der Output eines aktiven Elements als Resultat einer Transformation aufgefasst werden, die auf den Input dieses aktiven Elements durch dieses aktive Element angewandt wird ... Allerdings ist der Sachverhalt, bei dem ein bestimmter Input ... durch das System bzw. aktive Element, auf das er einwirkt, in einen bestimmten Output transformiert wird, ein Grenzfall. Letztlich sind die Beziehungen zwischen Input und Output immer statistischer Natur ... W. R. Ashby hat darauf aufmerksam gemacht, dass jede Maschine im abstrakten Sinne als Transformation aufgefasst werden kann" (a. a. O., 651, 653-655).
Was sind Wechselwirkungen bei G. Klaus (1969)?
Doch wie steht es nun mit den Beziehungen? "Verknüpfung" und "Interaktion" definiert Klaus nicht, "Interdependenz" nur indirekt als "wechselseitigen Zusammenhang" (a. a. O., 678) - sie lässt sich mathematisch durch die "Verflechtungsbilanz" oder "Input-Output-Matrix" darstellen. "Wechselwirkung" jedoch definiert er als: "Form des Zusammenhangs zwischen den Dingen und Prozessen der objektiven Realität. Der dialektische Materialismus betrachtet das Universum als ein Netz von Wechselwirkungen" (a. a. O., 713). Seltsamerweise spricht er hier nur von Zusammenhängen zwischen Teilsystemen eines Gesamtsystems einerseits, System und Umwelt anderseits, aber nicht zwischen Elementen. Die "Wirkung" erfolgt dabei nicht mit Outputs, sondern "Faktoren" (was nicht definiert wird).
Spezialfälle der Wechselwirkung sind die:
Nun unterscheidet Klaus indirekt neben "Bewegungsprozessen" (a. a. O., 325):
wobei er zumindest die erste Gruppe als einen "speziellen Typ von Wechselbeziehungen" (a. a. O., 278) betrachtet.
Ein anderer Typ ist etwa der "dialektische Widerspruch" (a. a. O., 141) , für den Relationen gelten, wie - "bedingen sich gegenseitig, setzen einander voraus", - "sind einander entgegengesetzt, ... befinden sich miteinander in Widerstreit", - "entwickeln sich in unterschiedlicher Weise".
Auch wenn Klaus innere und äussere Widersprüche unterscheidet (a. a. O., 141, 180, 714), so bleibt doch die Frage unbeantwortet, wie sie sich unterscheiden lassen, resp. was das System von der Umgebung trennt. Genauso wenn auch bezüglich "Störungen" von "inneren und äusseren Einwirkungen" (a. a. O., 521) die Rede ist, diese Unterscheidung aber nirgends spezifiziert wird. Es ist deshalb nicht zwingend, zur Erläuterung des "dialektischen Widerspruchs" ein strategisches Spiel zu nehmen und den einen Partner "Regler", den andern "Umgebung" zu nennen (a, a. O., 142), zumal entweder "Spiel" als durchaus vergleichbar einem kybernetischen System (z. B. a. a. O., 611) oder jeder Spieler als System (a. a. O., 593; ähnl 597) betrachtet werden kann. (Oder umgekehrt können Elemente oder Teilsysteme eines kybernetischen Systems sowie solche und ihre Umgebung resp. Systeme daraus als Spieler aufgefasst werden; a. a. O., 598).
Die Abgrenzung von Systemen bleibt also fraglich.
Struktur
Struktur = Organisation?
"Die Menge der Relationen zwischen den Elementen macht die Struktur des Systems aus" (G. Klaus, 1969, 634). Nun ist Struktur heute ein mindestens ebenso vage wie vielseitig verwendeter Begriff - ja es gab eine Zeit, etwa das erste Drittel des 20. Jahrhunderts, da Struktur genau für das gebraucht wurde, was wir heute System nennen. Umgekehrt ist es heute so, dass "unter dem Gesichtspunkt der kybernetischen Abstraktion ... die Begriffe der Organisation und der Struktur nicht unterscheidbar" (G. Klaus, 1969, 469; ähnl. J. Löffelholz, 1970, 77) sind.
Das bedeutet freilich nicht, dass man sie nicht doch verschieden gebrauchen und auch sonst einige Verwirrung in die Sache bringen kann.
So definiert Klaus z. B. Organisation als "Struktur der Elemente eines Systems" (a. a. O., 469). Auch anderswo (a. a. O., 109) spricht er von der "Struktur von Teilsystemen bzw. Elementen eines Systems". Schliesslich ist auch von Strukturelementen" (a. a. O., 696) die Rede. Bei der Black-box ist häufig von "innerer Struktur" die Rede (a. a. O., 107ff), ohne dass anderswo eine äussere vorkäme, es sei denn, man fasse die bei der "Selbstreparatur" verwendeten "Strukturen aus der Umgebung" (a. a. O., 557) als solche auf. Auch H. Fuchs (1973, 41f, 122) spricht von der Struktur von Elementen resp. "determinierten Elementstrukturen".
Gewiss haben auch Elemente - nicht nur Systeme - eine Struktur, sei es im Sinne eines Aufbaus oder einer Oberflächenbeschaffenheit, doch unter Struktur versteht Klaus andernorts doch die "Menge der die Elemente eines Systems miteinander verbindenden Relationen und aller dazu isomorphen Relationsgefüge" (a. a. O., 625 ; ähnl. 634). An einer Stelle (a. a. O., 559) wird Organisation gar als "Bauelement" gefasst.
Nun weist aber Klaus noch auf einige Unterschiede hin:
1. "Üblicherweise verbindet man mit dem Begriff der Organisation stets auch ein quantitatives Moment (den. Grad der Organisiertheit), während dies beim Begriff der Struktur, ohne dass ein sachlicher Grund vorläge, nicht der Fall ist." Gerade anschliessend bestimmt er als Organisiertheit diejenige "Eigenschaft eines Systems, die dann vorliegt, wenn dessen Elemente nicht einfach eine statistisch willkürliche Anhäufung bilden, sondern durch bestimmte Relationen miteinander verknüpft sind" (a. a. O., 469). Diese Präzisierung deutet doch eher auf ein "qualitatives" Moment hin.
2."Unter dem Gesichtspunkt der Informationstheorie wird die Reichhaltigkeit usw. der Struktur eines Systems durch den Begriff der Organisation erfasst" (a. a. O., 634). Das deutet in Richtung "Komplexität" (siehe dort).
3. Die Systemtheorie untersucht neben den Beziehungen zwischen den Elementen eines Systems auch die Relation zwischen Struktur selbst und Funktion von Systemen sowie Beziehungen zwischen Teilsystemen und Gesamtsystemen (a. a. O., 637f). Hiesse das etwa, dass nur die Relationen zwischen Elementen, nicht aber andere Relationen die Struktur ausmachen?
Nun wird, vor allem in der Betriebswirtschaft, gerne zwischen Aufbau- und Ablauf-Organisation resp. zwischen Gebilde- und Prozess-Struktur (z. B. R. Haberfellner, 1974) unterschieden. Das bedeutet nichts anderes, als dass man zwei Gruppen von Relationen trennt: auf der einen Seite Anordnungsbeziehungen, auf der andern Kopplungen. H. Fuchs (1973, 165) spricht von "strukturbezogenen Beziehungen" und "aktiven Wirkungsbeziehungen".
Der Ausdruck "Gebilde-Struktur" ist unglücklich gewählt, geht es doch nicht um die Struktur von Gebilden, sondern um die "räumliche", "sachliche" oder "funktionelle" Gliederung, die "Aufbau-Organisation", also "die gegenseitige Anordnung der Elemente des Systems" (R. Haberfellner, 1974, 13).
Gibt die Aufbau-Struktur den statischen, so die Prozess-Struktur "den dynamischen Aspekt wieder, d. h. den Ablauf (die Logik) eines Prozesses innerhalb dieser Gebilde Struktur" (R. Haberfellner, 1974, 13). Es handelt sich damit um eine raum-zeitliche Strukturierung von Bewegungs- oder Arbeitsvorgängen. So wird etwa eine Unternehmung als "Aktionsgefüge" aufgefasst.
Ist die Aufbau-Struktur etwa in einem Organigramm darstellbar, so sind einzelne Abläufe, z. B. bei der Durchführung eines Projekts, in einem Netzplan aufzeichenbar.
Es fragt sich natürlich, ob diese Ablauf-Struktur tatsächlich in den folgenden Definitionen von Struktur enthalten ist:
1. "das abstrakte Gerüst der Elemente eines Systems und ihrer Beziehungen" (R. Haberfellner, 1974,13); 2. "die jeweils vorliegende Art des formalen Aufbaus" (H. Fuchs, 1969, 1621; 1973, 51); 3. "die Anordnung der einzelnen Teile eines Systems und ihre Beziehungen untereinander ebenso wie zum Ganzen" (H. Chestnut, 1970, 87); 4. die Menge der Relationen zwischen den Elementen (G. Klaus, 1969, 634; ähnl. L. Czayka, 1974, 28, J. Löffelholz, 1970, 77).
Eine andere Unterscheidung betrifft nach H. Fuchs (1973, 153, 163f) die objekt- und verrichtungsorientierte Gliederung eines Unternehmens resp. eines betrieblichen Informationssystems und deren Kombinationsform, die Matrixorganisation.
H. Fuchs (1973) als Wortschöpfer
Andere Bezeichnungen für Struktur sind nach H. Fuchs (1969, 1621) etwa Baumuster, Gliederung und Hierarchie; es ist bei ihm aber auch von "Strukturzusammenhang", "systemimmanenter Beziehungskonstellation", "innerem Ordnungszusammenhang eines Systems", "Elementzusammenhang" die Rede. In seinem Buch "Systemtheorie und Organisation" (1973) tauchen, vor allem in Zusammenhang mit den Beziehungen, folgende Wortschöpfungen auf:
struktureller institutionaler Aufbau (164) Aufgabenstruktur (196) Aufgabenzusammenhang (153, 155, 164, 166, 196) konkrete, inhaltliche Ausprägungsform (152) Austauschbeziehungen (64) Beziehungsgefüge (51) Beziehungskonstellation (50, 51, 58) Beziehungskontext (39, 43, 48ff) Beziehungszusammenhang (13, 47, 51, 167, 179, 192f) Dynamisches Interaktionsnetz (57) Elementeaufbau (91) Interdependente Elementkomplex (140) Elementzusammenhang (36) Informationsbeziehungen (153f, 164, 201f) Informationsverarbeitungszusammenhänge (161) Interdependenz (55, 59, 143, 161, 194) Intraaktion nach Adolf Adam (1959) (36) Interaktionsgefüge (144) Konstitution (118) Koordination der Elemente (127) Ordnungsgefüge (95) innerer Ordnungszusammenhang (53, 66, 94) durch den Elementkontext begründeter Ordnungszusammenhang (41) Prozesstruktur (91) dynamischer oder logischer Prozesszusammenhang (144, 153) Struktur- und Funktionszusammenhang (53, 179) gegenseitige Verflechtung von Prozessen (195) Wirkungsbeziehungen (165) Wirkungsbeziehungskonstellation (49, 59) Wirkungszusammenhang (47) Zielzusammenhang (160, 162, 179) funktionsmässig geschlossenen Zusammenhänge (160).
Diese reichhaltige Angebot rührt einerseits wohl von den Nachwirkungen unserer Schulzeit her, nämlich von der Aufforderung des Lehrers oder der Lehrerin, denselben Sachverhalt mit möglichst immer anderen Wörtern zu schildern, anderseits von der ebenso weit verbreiteten Angewohnheit, Sätze aus anderen Büchern mehr oder weniger wörtlich zu übernehmen und sie weder als Zitate zu kennzeichnen noch in das eigene Konzept sinnvoll einzufügen.
Wie hängen Funktion und Struktur zusammen?
Dass die Struktur entweder im Zeitablauf unverändert bleibt oder aber sich verändern kann, bedarf keiner näheren Erläuterung. Dass sich mit einer Strukturveränderung auch das Systemverhalten ändert, ist naheliegend, doch ist die "Interdependenz von Struktur und Funktion von Systemen" (H. Fuchs, 1969, 1622; 1973, 55) gar nicht so leicht zu beschreiben, schon weil Funktion einmal als "Verhalten" (H. Ulrich, 1968, 110) "Ablauf, Prozess, Dynamik" (H. Fuchs, 1969, 1622; 1973, 53) resp. "Abstraktionsklasse der möglichen Verhaltensweisen" (G. Klaus, 1969, 215), ein anderes Mal jedoch als "Zweck" (R. Haberfellner, 1974, 13, 19) gefasst werden kann.
Jedenfalls können Struktur und Funktion eines Systems einander nicht eindeutig zugeordnet werden. Obwohl H. Fuchs (1973, 116) beiläufig meint, eine Strukturänderung ziehe stets eine Funktionsänderung nach sich, betont G. Klaus, dass ein und dieselbe Funktion durch verschiedenartige Strukturen realisiert werden könne. "Systeme mit völlig unterschiedlicher stofflicher und energetischer Realisierung und völlig verschiedener Struktur können daher die gleiche Funktion realisieren." Deshalb "können viele Funktionen des Systems 'Mensch' bzw. 'Gesellschaft' durch Automaten realisiert werden, ohne dass dies irgendein Argument für die Postulierung einer Identität von Mensch und Automat gibt" (G. Klaus, 1969, 217f).
In der organismischen Betrachtungsweise von L. von Bertalanffy sieht die Sache etwa so aus, dass die Funktion der Struktur vorausgeht. Er übernimmt dabei Ansätze des Philosophen Nicolai Hartmann ("Philosophische Grundfragen der Biologie", 1912, 41ff), der etwa schrieb: "Die Form [des Organismus] hat ihre Bedingungen, aus denen sie sich erbaut, im Prozess", und: "Wir kennen die lebendige Form nicht anders als im Prozess begriffen und im Prozess entstehend". In Umkehrung der Aristotelischen Theorie, wonach die Form Ursache der Prozesse ist, sind die Prozesse die konstitutiven Bedingungen der Form. Hartmann postuliert bereits ausdrücklich eine logische und naturwissenschaftliche Priorität des Prozesses vor der Form (a. a. O., 87), somit ist etwa die Aktivität nicht eine Folgeerscheinung, sondern vielmehr eine Bedingung des Lebens (a. a. O., 46). So kommt L. von Bertalanffy sinnvollerweise zu dem bekannten Satz: "Die Formen des Lebendigen sind nicht, sie geschehen" ("Das biologische Weltbild". 1949, 120). Oder: Es gibt, biologisch gesehen, "nur einen Strom des Geschehens, der sich in scheinbar beharrenden Formen auswirkt" (a. a. O., 132). Ein dynamisches System ist somit der "Ausdruck eines immerwährenden Prozesses, wie andererseits die Prozesse durch Strukturen und Formen getragen werden" (a. a. O., 129). Dabei versteht von Bertalanffy unter Strukturen nichts anderes als "lang ausgedehnte, langsame", unter Funktionen "hingegen kurze und rasche Prozesswellen" (a. a. O., 129).
H. Fuchs (1973, 53; ähnl. 1969, 1622) meint dazu: "Obwohl aus methodischen Gründen oft eine Trennung zwischen Struktur und Funktion zweckmässig zu sein scheint, gehen jedoch beide Phänomene ineinander über und bedingen sich gegenseitig." Dynamische, oder, wie sie Fuchs nennt, Wirkungssysteme, haben also eine "komplementäre Erscheinungsform", die durchaus analog zum "Problem der Physik" gesehen werden kann, "das dadurch entsteht, dass entweder nur der Ort eines Elektrons, also das Ruhende, oder nur die Geschwindigkeit [besser: der Impuls], also das sich Bewegende, gemessen werden kann" (1973, 53f; vgl. auch 147).
Zustand und Verhalten, Modell und Black-box
"Der Zustand eines Systems in einem bestimmten Zeitpunkt ist die Gesamtheit der Werte der inneren Parameter [= "charakterisierenden Grössen"] dieses Systems im gegebenen Moment; er kann als Vektor aufgefasst werden, dessen Komponenten die Parameter sind, und ist also selbst ein Parameter, der allgemeinste innere Parameter des Systems ... Bei der Festlegung, was ein Zustand eines Systems ist, wird von für das gegebene System unwesentlichen Parametern abstrahiert" (G. Klaus, 1969, 735).
Nun ist die Stabilität eines Zustandes von der Stabilität des Systems zu unterscheiden. "Ein Zustand heisst stabil, wenn er bei Abwesenheit von Einwirkungen der Umgebung auf das System bestehenbleibt" (a. a. O., 735). Ein System hingegen ist stabil, wenn es "trotz der Einwirkung von Störungen im Stabilitätsbereich bleibt". Das hat also etwas mit dem "Verhalten" des Systems zu tun. Als solches gilt für Klaus die "Menge der z. B. durch äussere Einwirkungen hervorgerufenen zeitlich aufeinanderfolgenden Zustände eines dynamischen selbstregulierenden Systems" (a. a. O., 692).
Bestimmend für den Charakter des Verhaltens sind die Struktur, Kompliziertheit und Komplexität des Systems. Unabhängig von den strukturellen Besonderheiten ist aber das Verhalten eindeutig festgelegt "durch den mittels der Übergangsfunktion mathematisch erfassbaren funktionellen Zusammenhang zwischen den Ein- und Ausgaben des Systems" (a. a. O., 695). Die Übergänge von einem Zustand in einen andern ergeben die "Verhaltensweise" eines Systems. Auch sie können mathematisch erfasst und dargestellt werden, z. B. durch Transformationen. Das beschreibt W. Ross Ashby in seiner "Einführung in die Kybernetik" (1956; dt. 1974) ausführlich.
Die mathematische Darstellung des Verhaltens darf freilich nicht nur eine Zusammenfassung von Beobachtungsdaten sein, da jedes System auch "Möglichkeiten" enthält. "Wenn man nicht in der Lage ist, auch diese möglichen Verhaltensweisen einzuschätzen, ist es unmöglich, gewisse Parameter in einer gewünschter Weise zu beeinflussen. Dies ist aber der Inhalt des geplanten und bewusst durchgeführten kybernetischen Experiments, des Aufbaus und der zweckmässigen Anwendung von Verhaltensmodellen" (G. Klaus, 1969, 695).
Exkurs über "Modelle"
Modell und Original
Ausserhalb der mathematischen Logik und Grundlagenforschung wird im allgemeinen unter Modell, etwas verstanden, von dem bestimmte Rückschlüsse auf ein Original gezogen werden können, sofern zwischen Modell und Original die besondere Beziehung "Analogie" besteht. Unter dem Einfluss der Kybernetik wurde diese Auffassung wie folgt erweitert: Man kann nicht von einem Modell schlechthin sprechen, sondern ein solches ist immer bestimmt einerseits durch das wovon es Modell ist ("Original"), anderseits durch das, wofür es Modell ist ("Subjekt"). Während als Modellsubjekte (S) nur kybernetische Systeme wie Menschen, Organismen und Automaten fungieren, können Originale (O) wie Modelle (M) beliebige Gebilde, Sachverhalte oder Systeme sein. Bestehen die Beziehungen zwischen Modell und Original in Analogien, so zwischen Subjekt und Modell im Austausch von Informationen, zwischen Subjekt und Original in Verhaltensweisen ("Beherrschung") des Subjekts gegenüber dem Original.
So lässt sich formulieren: "Wenn zwischen einem Objekt M und einem Objekt O (dem 'Modelloriginal') Analogien bestehen, ist M für ein kybernetisches System S (das 'Modellsubjekt') in diesem verallgemeinerten Sinne ein Modell, sofern informationelle Beziehungen zwischen S und M dazu beitragen können, Verhaltensweisen von S gegenüber O zu beeinflussen" (G. Klaus, 1969, 413).
Interne und externe Modelle
Die Vielfalt der Modelle kann nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Unter kybernetischen Gesichtspunkten ist etwa die Unterscheidung von "internen" und "externen" Modellen von Bedeutung. "Für den Menschen ist es charakteristisch, seine Handlungsweisen, sein Verhalten gegenüber seiner natürlichen und sozialen Umwelt entsprechend den Ergebnissen seines 'Experimentierens' an seinem inneren Modell der Umwelt [und wohl auch von sich selbst] zu gestalten ... Interne Modelle sind jedoch nicht an den Menschen gebunden. Auch moderne automatische Systeme können bestimmte Umwelterscheinungen in Gestalt interner Modelle abbilden, und sie vermögen dann, wenn sie ihr internes Modell durch Lernen selbsttätig verbessern können, auch 'Entscheidungen' zu treffen, die der Konstrukteur des betreffenden Automaten nicht voraussehen kann" (a. a. O., 415f).
Sind interne Modelle stets "ideelle", "nichtmaterielle", "abstrakte" Zeichensysteme wie mathematische Ausdrücke oder Urteilsfolgen oder "Bilder", so können als externe Modelle "materielle", "reale" Gebilde und Sachverhalte wie physikalische, technische oder biologische Gegenstände und Prozesse - eingeschlossen Menschen und Automaten - betrachtet werden. Technische Modelle von biologischen Prozessen wie z. B. die kybernetische Schildkröte von William Grey Walter oder der Homöostat W. Ross Ashbys können dazu dienen, "gewissermassen den Denkprozess zu objektivieren" (a. a. O., 416).
Betrifft die Klassifizierung intern-extern die Beziehungen, die zwischen Modellsubjekt und Modell bestehen, so können nach Aspekten des Originals, die im Modell Analogien besitzen, Funktions-, Struktur- und Verhaltensmodelle unterschieden werden.
Gibt ein Verhaltensmodell Aufschluss über die Struktur des Systems?
Ein Verhaltensmodell ist hierbei ein reales, technisches oder biologisches Modell, "dessen Analogie zum Original sich auf die Gleichheit des Verhaltens und nicht notwendig auch der Struktur, Funktion und des Substrats (d. h. der stofflichen und energetischen Beschaffenheit) von Modell und Original bezieht .... Da aber gleiches Verhalten durch unterschiedliche innere Funktionskombinationen und Strukturen erreichbar ist, ... sind Schlüsse vom Verhalten auf andere Eigenschaften des Originals nur bedingt möglich. Die Kybernetik deckt jedoch gesetzmässige Zusammenhänge zwischen bestimmten Verhaltensweisen und dafür notwendigen Strukturelementen auf, so dass auf der Grundlage einer Analyse des Verhaltensmodells bestimmte Hypothesen über den inneren Aufbau des Originals möglich sind. Die auf diese Weise auf das Verhaltensmodell angewandte Black-box-Analyse erlaubt die Vervollkommnung der Analogie von Original und Modell; insbesondere kann es möglich werden, das Verhaltensmodell durch schrittweise Annäherung in ein Verhaltens [wohl: Funktions-] und Strukturmodell zu verwandeln" (G. Klaus, 1969, 698f).
Obwohl sich Klaus die Frage nicht stellt, ob die "Black-box" auch ein Modell sei, ist anzunehmen, dass sie ein abstraktes kybernetisches Modell darstellt, das der Erkenntnisgewinnung über Originale dient. So wird etwa ein System, bei dem nur die Inputs und die Outputs bekannt sind, als Black-box betrachtet. (A. D. Hall/ R. E. Fagen, 1956, 21, sprechen von der Beobachtung des "makroskopischen Verhaltens des System als eines Ganzen".) Dieses einfache Modell kann nun verfeinert werden, indem der "schwarze Kasten" geöffnet wird. Das geht in zwei Etappen vor sich:
"a) Durch Beobachtung der Variationen der Werte der Eingangsgrössen I1, I2, ... bzw. deren zufällige oder gesetzmässige Veränderung und die Beobachtung sowie Registrierung von Veränderungen der Werte der Ausgangsgrössen O1, O2, ... können Relationen zwischen den Eingangs- und den Ausgangsgrössen (sog. Input-Output-Relationen) ermittelt und tabellarisch erfasst oder als mathematische funktionale Zusammenhänge [wohl Übergangsfunktionen] beschrieben werden.
b) Auf dieser Grundlage und in der Regel auch unter zusätzlicher Zuhilfenahme früherer, in. ähnlichen Zusammenhängen gewonnener wissenschaftlicher Erfahrungen können Hypothesen über die innere Struktur des Black-box aufgestellt werden" (G. Klaus, 1969, 107).
Verhalten und Funktion, Output und Leistung
Das ist leicht verständlich. Nicht klar ist jedoch wie das "Verhalten", die "Funktion" und die "Outputs" eines Systems miteinander in Zusammenhang gebracht werden können. Z. B. sprechen A. D. Hall/ R. E. Fagen, 1956, 23, von "Output oder Verhalten"; andere Ausdrücke sind Leistung (performance) und Tätigkeit (operation). Nach Klaus ist, wie erwähnt, die "Funktion" "die Abstraktionsklasse der möglichen Verhaltensweisen" (G. Klaus, 1969, 215; ähnl. 635) und betrifft das Verhalten einerseits "zeitlich aufeinander folgende Zustände" (a. a. O., 692), anderseits "Inputs und Outputs des Systems und Relationen zwischen diesen" (a. a. O., 107). Letztere werden durch die Black-box-Analyse erfasst, die daher Verhaltensanalyse sein soll (a. a. O., 694, 696). (H. Fuchs, 1973, 180, weist darauf hin, dass diese Vorgehensweise in der Regelungstheorie "Systemidentifikation oder Erkennungsmethode" heisst; er schlägt dafür den "zutreffenderen Begriff der Parameterabschätzung" vor.)
Nun. ist das Verhalten "durch den mittels der Übergangsfunktion mathematisch erfassbaren funktionellen Zusammenhang zwischen den Ein- und Ausgaben eindeutig festgelegt" (a. a. O., 695). Genauso sind aber auch die "Gleichungen für die Input- bzw. Outputvektoren ... der mathematische Ausdruck der Funktion des Systems" (a. a. O., 216). Was heisst das, wenn als Zustand "die Gesamtheit der Werte der inneren Parameter" in einem bestimmten Moment gilt (a. a. O., 735)? Wenn dann die kybernetischen Systeme noch "geschlossene" sind, also keine In- und Outputs von resp. zu einer Umgebung haben (a. a. O., 636f), dann wird die Sache völlig undurchsichtig. Da hilft auch etwa der Satz nichts: "Zur Charakterisierung eines Automaten muss angegeben werden, welche Signale er aufnehmen kann, in welchen stabilen Zuständen er sich befinden und welche Ausgabesignale er aussenden kann, welche Rolle die Zeit bei seiner Funktionsweise spielt und welches Verhalten er zeigt" (a. a. O., 54).
Auch die unklare Bemerkung von L. Czayka (1974, 43) hilft wohl nicht weiter: "Für die allgemeine formale Behandlung der Input-Output-Beziehungen in dynamischen. Systemen wird das ... Konzept der Transformation herangezogen, wobei die Inputs und. die Outputs der System-Elemente als Zustandsvariable interpretiert werden."
Noch komplizierter wird es, wenn man etwa den "Wirkungsgrad" ins Spiel bringt - wie etwa Gertrud Wegner: "Der für die Systemströmung charakteristische Denkansatz basiert auf der Annahme, dass das Verhalten von Systemen nicht nur aus den in ihnen enthaltenen Elementen bzw. Teilen erklärt werden kann [also durch "physikalische Summierung"; Hall/ Fagen]. Vielmehr ist der Wirkungsgrad eines Systems von den Beziehungen zwischen den Elementen abhängig, da die in den Elementen potentiell vorhandenen Eigenschaften erst durch Beziehungen aktiviert werden" (G. Wegner, 1969, 1611). Im weiteren spricht G. Wegner auch von der "konkreten materiellen Leistung, die durch das zu erstellende System erbracht werden soll", was eine "Zielvorstellung" beinhaltet. Sie kann deshalb auch von "dem gesamten Prozess der Zielerreichung" und den "zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Aktionen" sprechen (a. a. O., 1614).
Teil 3: Betrachtungsniveaus und Systemtypen
siehe auch:Skizze der noetischen Optik II
Ausschnitte und Perspektiven, Hinsichten und Niveaus
Auch wenn wir versuchten, uns den "Kosmos", das "All", das "Universum", die "Weltordnung" oder die "Schöpfung" als Ganzes vorzustellen oder in den Griff zu bekommen, was angesichts der unermesslichen Dimensionen von vielen Milliarden von Lichtjahren (Raum) oder Jahren (Zeit) oder Galaxien (Anzahl) - mit je wiederum Milliarden von einzelnen Sternen - auf ebenso unermessliche Schwierigkeiten stösst, müssen wir uns bewusst sein, dass auch diese "astronomische" Betrachtung nur einen Ausschnitt aus der Fülle der Sachen bedeutet und dabei alles, was auf unserer Erde kreucht und fleucht, die Landschaften, Lebewesen und. ihre Gemeinschaften samt deren Produkten ausser acht gelassen werden.
Auch die grösstmögliche und umfassendste Betrachtung kann immer nur einen Bereich betreffen, einen Ausschnitt, der durch eine bestimmte Perspektive aus der Fülle der Sachen herausgeschnitten wird, und den wir unter verschiedenen Hinsichten auf einem bestimmten Niveau betrachten. Unser "Erfassen" ist immer selektiv, isolierend und abstrahierend ("absehend" von anderem).
Wir können nicht umhin, uns diese Beschränkungen immer gegenwärtig zu halten.
15 Haupt-Niveaus der Betrachtung
Wenn wir die Fülle der Sachen auf Niveaus betrachten wollen, so können wir etwa 15 Haupt-Niveaus unterscheiden, die sich. vor allem an der räumlichen Dimension orientieren. Da wären etwa:
1. All 2. Galaxien 3. Sterne - Planetensysteme 4. als Sonderfall der Planet Erde mit den Sphären (Geo-, Bio- sowie Litho-, Hydro-, Atmosphäre) und Reichen (Mineral-, Pflanzen-, Tier-, Menschen-)
5. Gemeinschaftsleistungen (Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Recht usw.) 6. organismische Gemeinschaften (Herden, Stöcke, Biotope) 7. Organismen (z. B. Bakterien, Pilze, Spross-Pflanzen, Tiere, Menschen) 8. Gewebe - Organe - Glieder
9. Zellbestandteile - Zellen
10. Bauten - Anlagen - technische Netzwerke 11. Geräte - Maschinen - Möbel - Textilien
12. Stoffgemenge 13. Elemente - Moleküle - Verbindungen 14. Elementarteilchen - Atome
15.virtuelle Sachen.
Etwas vereinfacht könnte man etwa folgendermassen gruppieren: 1-4 astronomische resp. globale Niveaus (z. T. mit unbewaffnetem Auge sichtbar, z. T. nur mit Fernrohren und Radioteleskopen, z. T. nur gedanklich fassbar);
5-8 und 10-11: organismische und technische Niveaus (grösstenteils mit unbewaffnetem Auge sichtbar, z. B. aber auch nur gedanklich fassbar);
9 und 12-14: chemische und physikalische resp. molekulare und atomare Niveaus (z. T. mit unbewaffnetem Auge sichtbar, z. T. nur mit Mikroskopen und Elektronenmikroskopen, z. T. nur gedanklich fassbar);
15. seelisches und geistiges Niveau (z. T. "Abbilder" der Niveaus 1 - 9, z. T. eigenständig resp. dimensionslos wie Gefühle, "poetische Bilder", Gedanken, mathematische Strukturen usw.).
Die Sache mit den Niveaus ist gewiss nicht einfach. Die vorliegende Darstellung kann deshalb nur als Orientierungsrahmen gelten. Dass diese Haupt-Niveaus in eine Vielzahl von Einzelniveaus aufgelöst werden können, kommt hinzu. Auch ist z. B. die Sichtbarkeit kein umfassendes Kriterium, spielen doch auch die anderen Sinne eine Rolle (Ohr, Geschmack, Geruch usw.) und gibt es zahlreiche Phänomene (z. B. Magnetfelder oder elektromagnetische Schwingungen - ausser Licht), für die wir keine Organe besitzen, die uns somit nur über Mess- und Registriergeräte (auch z. B. Radio) "gegeben" sind.
Das Beispiel "Wirtschaft"
"Die" Wirtschaft als System können wir dem Niveau 5, der Gruppe der Gemeinschaftsleistungen zuordnen. Sie ist eines von 10 oder 12 Hauptsystemen dieser menschlichen Gemeinschaftsleistungen.
Da wir "die" Wirtschaft in den seltensten Fällen global, also "weltweit" auf unserem Planeten - häufig werden etwa China und die Südsee, oft auch der Ostblock vernachlässigt - und in allen ihren Ausprägungen wie Betriebs- und Volkswirtschaft, Finanz, Handel, Management, Produktion, Güterverkehr, Dienstleistungen, Abfallverwertung usw. betrachten, also auch hier wieder auf zweifache Weise herausgreifen, beispielsweise die Güterproduktion einer Nation, müssen wir angeben, dass dieses spezielle System nur eines von vielen im Bereich der globalen Wirtschaft (Hauptsystem) ausmacht.
Systemtypen
Die wohl komplizierteste Systemtypifikation hat der Nationalökonom Kenneth E. Boulding (1956, 14-17) unternommen. Übersichten über unzählige weitere Möglichkeiten der Typisierung von Systemen finden sich z. B. bei Gerhard Wittkämper (1972, 40f), Reinhard Haberfellner (1974, 16-29), Lothar Czayka (1974, 39-51) und Günter Ropohl (1975, 31f).
Die wichtigsten Typen seien kurz vorgestellt:
Systeme nach Forschungsgebieten
In seiner Aufstellung über "Systemforschung in der Bundesrepublik Deutschland" (1972, 79-100) unterscheidet Ernst Zahn als Forschungsgebiete verschiedener Institutionen folgende Systeme: - biologische - biomedizinische - ökologische - ökonomische - politische - soziale - sozio-ökonomische - sozio-technische - technische.
G. Wittkämper (1972, 40) unterscheidet "nach der Natur ihres Seins (ontologische Einteilung)" drei Arten von Systemen:
1. "Die realen Systeme sind alle Systeme, die ein materielles Sein haben, das man durch empirische Forschung nachprüfen kann."
2. "Formale Systeme helfen den Menschen, Realitäten zu beschreiben. Solche formalen Systeme sind die Sprachen der Mathematik, die formale Logik, theoretische Aussagen oder modellhafte Aussagen über Wirklichkeit. Wir benötigen solche formalen Systeme, um in der Objektsprache (beschreibenden Sprache) Aussagen machen zu können. Alle Aussagen über solche formalen Systeme selbst nennen wir metasprachliche Aussagen."
3. "Ideale Systeme weisen den Charakter des Spekulativen, der rein geistigen Konstruktion des idealen Programms auf. Solche idealen Systeme sind metaphysische Aussagen, philosophische Lehrgebäude und ähnliches."
Nur einige Fragen dazu: 1. Gilt nicht die "empirische Forschung" eher der Nachprüfung von Hypothesen als des "materiellen Seins"? 2. Sind einzelne Aussagen Systeme? 3. Ist die Unterscheidung von formal und ideal sinnvoll?
Czayka spricht von physischen (oder realen) und konzeptuellen (oder ideellen, abstrakten) Systemen und meint, jeder Versuch einer expliziten Definition stosse auf erhebliche Schwierigkeiten und führe in eine alte und komplizierte erkenntnistheoretische Problematik. So werde denn diese Unterscheidung meist nur durch die Angabe einiger Beispiele erläutert: "Es wird etwa gesagt, dass ein Begriffssystem, eine Theorie oder ein mathematisches Gleichungssystem unter den Typ des konzeptuellen Systems fällt und ein Auto, ein Kühlschrank oder ein Hund unter den Typ des physischen Systems" (L. Czayka, 1974, 40).
Konkrete und abstrakte Systeme
[eine weitere Darstellungsmöglichkeit bietet ein 4er Raster, resp. ein 9er-Raster für Systeme]
So einfach diese Unterscheidung klingt, so verzwickt erweist sie sich bei näherem Hinsehen. Bei G. Ropohl (1975, 31) betreffen diese beiden Bestimmungen die Kategorie "Seinsbereich", bei R. Haberfellner (1974, 18) die "Erscheinungsform".
Haberfellner übernimmt die Formulierungen von H. Fuchs, der allerdings von "Seinsbereich" und von "realen" und "idealen" Systemen spricht:
"Bei den realen Systemen handelt es sich um materielle Objektsysteme der erfahrbaren Realität, bei den idealen Systemen um logisch-theoretische Verknüpfungen in Form von Theorien und Modellen über die Realität und um Aussagenkomplexe über spezielle Theorien und Modelle" (H. Fuchs, 1969, 1622). Sofort stellt sich hier die Frage nach den energetischen Systemen (Ströme, Wellen, Felder), die unzweifelhaft auch der Realität zuzuordnen und zum Teil jedenfalls (Licht, Schall, Elektrizität, Wärme, Gravitation) erfahrbar resp., wie Haberfellner ergänzt, "wahrnehmbar" sind.
Ropohl meint: "Konkret heisst ein System, wenn es als real fassbarer Gegenstand dinglich in der Welt vorkommt, abstrakte Systeme dagegen sind Produkte des menschlichen Denkens und bestehen nicht aus Dingen, sondern aus Zeichen" (G. Ropohl, 1975, 32).
Auch hier sind Fragezeichen zu setzen. Was heisst "dinglich"? Und sind nicht Zeichen, sofern sie geschrieben, gedruckt, gekerbt oder gesprochen sind, auch "real fassbar"?
Können wir Systeme sehen?
Das Problem liegt offensichtlich in der "Realität" der Systeme. Es ist tatsächlich eine alte erkenntnistheoretische Frage, die bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet wurde. Wo "ist" denn etwa ein Baum, den wir sehen: irgendwo in der "Aussenwelt" oder auf der Netzhaut oder im optischen Rindenfeld des Hinterhauptlappens des Grosshirns? Zumindest für den Neurophysiologen sind die chemischen Vorgänge in der Netzhaut, die Folgen wandernder Aktionspotentiale in den Neuronen und die Vorgänge im Gehirn "Realitäten". Oder umgekehrt: So unzweifelhaft es heute ist, dass die "Bausteine der Materie" die Atome darstellen, so hat doch noch niemand eines "gesehen", ja es gibt Physiker, die vom Atom als einer "gedachten Maschine" sprechen.
Schliesslich halten viele Menschen ihre Gefühle und Stimmungen wie Hass, Ärger, Schuld, Freude, Eifersucht, Mitleid, Angst, Gram für "Realitäten" - oft mit weitreichenden Konsequenzen -, und kaum jemand wird. sie als "dinglich" oder "materiell", aber auch nicht als "abstrakt" oder "konzeptuell" bezeichnen. Auch eine "Gesellschaft" oder "Organisation" oder die "Freiheit", ja ein "Gesetz" hat noch niemand gesehen.
Die Unterscheidung abstrakt-konkret ist also mit äusserster Vorsicht zu verwenden. Nicht von ungefähr hat Czayka den Eindruck, dass da die Systemwissenschaft einer "naiven Isomorphie-Vorstellung" (L. Czayka, 1974, 40) huldige.
Das Problem lässt sich vielleicht etwas klären, wenn. wir fragen, ob wir überhaupt Systeme sehen resp. wahrnehmen. Bezüglich realer, konkreter oder physischer Systeme sprechen Czayka und Ropohl bloss von "Gegenständen", nur Fuchs von "Objektsystemen"; dagegen ist bezüglich der konzeptuellen, idealen, ideellen oder abstrakten Systeme von "Verknüpfungen" resp. Theorien und Modellen sowie Aussagenkomplexen darüber (H. Fuchs), von Begriffssystemen und mathematischen Gleichungssystemen (L. Czayka) die Rede oder davon, dass sie aus Zeichen, nicht Dingen bestünden (G. Ropohl). Es scheint also leichter zu fallen, auf der abstrakten Seite von Systemen zu sprechen.
Zumindest einer der hervorragendsten Vertreter der schweizerischen Phänomenologie, Hans Kunz, vertritt mit Verweis auf Edmund Husserl folgende Ansicht: "Im strengen Sinne dem sensuellen und reflexiven Erfahren gegeben sind ... nur singuläre Sachverhalte: diese eine Fichte, dieses Haus, dieses Erinnern usw., jeweils eingefügt in konkrete Situationen, Hintergründe, Horizonte und Erlebnisabläufe" (H. Kunz,1972, 141).
Das heisst keineswegs, dass es keine realen, konkreten, physischen Gebilde und Sachverhalte gebe - im Gegenteil: die Wirklichkeit ist dem Erfassen sowohl logisch wie ontisch (d. h. bezüglich ihres eigenständigen "Seins") vorgängig -, sondern einzig, dass wir nicht Systeme sehen. Systeme wären demnach noetische (vorwiegend kognitive - unter Beizug der Intuition) Konstruktionen. Die Betrachtung von Sachen (einzelner oder mehrerer) als Systeme gehörte demnach zu dem, was unser Erkennen "an transzendentalen, kategorialen und sprachlichen Bestimmungen an. das erfasste Seiende" (H. Kunz, 1972, 140) heranträgt.
"Im strengen Sinne in den Perzeptionen gegeben sind allein die sensuellen Impressionen, also beispielsweise Gestalt und Farbe der mir zugekehrten Seite einer Fichte einschliesslich ihrer Umgebung, nicht aber die im Wahrnehmen enthaltenen (innersprachlichen) Gegenstandsbezeichnungen, allgemeinen eidetischen und kategorialen Bestimmungen, Gedächtnis- und Erinnerungsspuren, Verweisungen auf übergreifende Zusammenhänge (Verwendbarkeit von Fichten usw.). Auf Grund von theoretischen Voraussetzungen oder bei flüchtiger Betrachtung kann freilich der Eindruck entstehen, als würden wir diese Implikate des Sehens dem Gesehenen entnehmen und als seien sie uns gleich den sensuellen Daten ebenfalls 'gegeben' " (H. Kunz, 1972, 143f).
In diesem Sinne wären also Systeme "Erzeugnisse des Denkens" und somit stets ideale, besser: virtuelle Gebilde und Sachverhalte, die nur von diesem Denken selbst erfasst werden können. Geoffrey Vickers (1970, 201) spricht von "mental artifacts".
Virtuelle Systeme
Nur auf Grund dieser Klarstellung können wir dann vier Arten "virtueller Systeme" unterscheiden:
1. "reale" Systeme, als solche virtuelle Systeme, welche reale (materielle und energetische) Gebilde und Sachverhalte (der "Aussenwelt") betreffen;
2. "abstrakte" Systeme als Theorien usw. über diese, reale Systeme betreffenden virtuellen Systeme;
3. "innerliche" Systeme als Theorien usw. über andere virtuelle Gebilde und Sachverhalte (emotionale, phantastische, motivationale usw.), nämlich über prägnante und daher heraushebbare "innere Erlebnisse", die den darauf gerichteten Besinnungsakten in der reflexiven Rezeptivität "gegeben" sind. Sie sind vor allem von Belang für Psychologie, Psychopathologie, Psychiatrie und Sozialpsychologie.
4. "abstrahierte" Systeme als Aussagenkomplexe über spezielle Theorien, also über 2. und 3. Man kann sie auch Meta-Systeme nennen.
Das hiesse auch etwa, dass sogar "reale" Darstellungen von Systemen, beispielsweise gezeichnete Blockdiagramme und Matrizen, aber auch "technische Modelle" stets als Einzelnes resp. als Summe von einzelnen (singulären) Kästchen und Verbindungen oder Zahlenreihen oder Bestandteilen erfahren werden und erst in unserem Denken oder Vorstellen zu Systemen werden. Vorher ist es nur eine Folge "sensueller Daten".
Systeme als gedankliche Konstruktionen
Weil nicht nur unser Erfassen der "Aussenwelt" ausgesprochen selektiv und aspekthaft ist, sondern auch vom "Strom" des inneren Erlebens immer "nur jeweils kleine Bruchstücke reflexiv vergegenständlicht werden können ..., müssen wir auch die phänomenal aufweisbaren Erlebnis- und Verhaltensbefunde und zumal ihre Zusammenhänge durch gedankliche Konstruktionen ergänzen" (H. Kunz, 1972, 152).
In der Sprache der noetischen Optik könnte man etwa formulieren: Systeme finden sich erst in der 3. Realität, sind sie doch gedankliche Konstruktionen, also virtuell.
1. Betreffen Systeme die Aussenwelt (1. Realität) so sind sie "konstruiert" aus Gebilden und Sachverhalten der 2. Realität, also aus Wahrnehmungen, Vorstellungen und Gefühlen, wozu auch, mit allen drei in Verbindung, die Intuition gehört. (Diese 2. Realität ist eine "selektionierte" und "aspekthafte" Aussenwelt; sie besteht in den "sensuellen" sowie imaginativen und emotionalen Daten.)
2. Theorien über diese "gedanklichen Konstruktionen" sind ebenfalls in der 3. Realität, jedoch eine Stufe höher.
3. Gedankliche
Konstruktionen können aber auch die in der Reflexion (oder
Meditation) vermittelten, die bis zu einem bestimmten Grad von der
1. Realität abgelöste oder unabhängige Innerlichkeit
betreffen. Dazu gehören von der 2. Realität die
Vorstellungen, Gefühle und Stimmungen und von der 3.
Realität die phantastischen (geträumten und
halluzinierten) und kognitiven Gebilde und Sachverhalte sowie die
ganze 4. Realität (die eng mit der 2., 3. und 5. Realität
verknüpfte motivationale) und schliesslich die 5.
Realität (Eigenmotorik, Äusserung, Handlung - die
wiederum mit allen andern Realitäten, einschliesslich der 1.
verknüpft ist).
4. Theorien resp. Aussagenkomplexe über Theorien (2. und 3.) schliesslich stehen noch eine Stufe höher.
Kunz erwähnt, dass auch mathematische Gebilde, Zahlen und Masseinheiten menschliche Denkerzeugnisse sind, "die als solche nirgends in der Natur vorkommen; sie werden an diese herangetragen und bewähren ihre Gültigkeit in der praktischen Beherrschung der realen Ereignisse und in deren Vorausberechenbarkeit. Ob nun der Grund des Zutreffens der letzteren in einer der Natur selbst vermeintlich einwohnenden 'mathematischen Struktur' oder darin gesehen wird, dass der Verstand ihr die apriorischen Gesetze "vorschreibt" wie Kant meinte: in jedem Falle müssen die vorausberechneten Geschehnisse durch die nachträgliche Erfahrung bestätigt werden. Allein dass damit der Rezeptivität ... die ausschlaggebende Rolle zufällt, wird wenigstens in den gängigen erkenntnistheoretischen und logischen Erwägungen entweder bagatellisiert oder übersehen". (a. a. O., 147)
Das gilt ähnlich für "Systeme". Es genügt keinesfalls, reale Gegebenheiten (Sachen) als Systeme aufzufassen. Die Schlüsse und Vorschläge, die aus dieser Betrachtung zu ziehen sind, müssen sich in der Realität auch bewähren. Genau darin liegen die Schwierigkeiten des "Systems Engineering", des "Systems Design", der Systemtechnik oder der System-Methodik, die alle mehr sein wollen als blosse System-"Analyse", nämlich System-Gestaltung. Bei der "Bewährung" resp. Nicht-Bewährung in der Realität zeigt sich sehr rasch, ob a) die System-Betrachtung "richtig" (z. B. vollständig und gründlich) und b) die Umsetzung der daraus abgeleiteten Vorschläge "richtig" (z. B. vollständig und durchgreifend) erfolgt ist.
Ein bekanntes Beispiel hiefür ist das Scheitern der Einführung des PPBS (Planning Programming Budgeting System) in den zivilen Ministerien der US-Verwaltung in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre.
Natürliche und künstlich geschaffene Systeme
Ähnliche Vorsicht ist bei der Unterscheidung geboten, welche die "Entstehungsart" betrifft. "Natürliche Systeme sind ohne das Zutun des Menschen entstanden; Systeme, die durch gestaltenden Eingriff des Menschen in die Welt oder auch durch theoretische Konstruktion zustandekommen, heissen künstlich" (G. Ropohl, 1975, 32).
Wenn da so deutlich vom Menschen die Rede ist, muss sogleich gefragt werden: Wie steht es denn mit diesem selbst? Dass der Mensch "ohne Zutun des Menschen" gezeugt werde, wird niemand ernsthaft behaupten. So wäre denn der Mensch künstlich geschaffen? So absurd diese Frage klingen mag, sie stellt sich einerseits auch etwa bei den Arzneimitteln oder "der" Gesellschaft. Sind sie natürlich entstanden oder künstlich geschaffen oder beides oder etwas viertes?
Das Kriterium der Ziel- oder Zweckorientierung scheint da auch nicht weiterzuhelfen. Haberfellner meint (mit H. Ulrich, 1968, 105): Wenn man sich nicht in "Spekulationen über den Plan des Schöpfers" verlieren wolle, sei es nicht möglich, einen Zweck anzugeben, dem die natürlichen Systeme ihre Existenz verdankten. Der Existenz von künstlichen Systemen lägen demgegenüber "normalerweise bestimmte Vorstellungen der sie schaffenden und beeinflussenden Menschen zugrunde, sie sind ziel- oder zweckorientiert" (R. Haberfellner, 1974, 17). Wichtig ist hier das "Beeinflussen" resp. der "gestaltende Eingriff" (G. Ropohl). Es ist ja nicht so, dass der Mensch irgendetwas "aus dem Nichts" schaffen könnte, sein Tun besteht einzig in der Veränderung von Sachverhalten an realen Gebilden resp. in der kognitiven Organisation ("Konstruktion") sensueller und anderer Daten.
Dass die Unterscheidung von natürlich und künstlich nicht so einfach ist, ist Haberfellner bewusst, wenn er schreibt: "Sofern es sich bei künstlichen Systemen um konkrete handelt, enthalten sie praktisch immer natürliche Elemente oder Untersysteme. Das Vorhandensein von natürlichen Elementen macht also ein System noch keinesfalls zum natürlichen System" (R. Haberfellner, 1974, 17).
Da sind nun plötzlich natürliche "Elemente" hineingerutscht. Das betrifft genau die Frage nach der Beteiligung des Menschen resp. seiner Tätigkeit. Er bearbeitet und/ oder kombiniert natürliche (d. h. reale) Gebilde, und es scheint weitgehend Ermessenssache zu sein, von welchem Ausmass der Bearbeitung oder Kombination an von "künstlichen" Gebilden resp. "Systemen" gesprochen wird.
Da, wie Czayka richtig bemerkt, "man in der systemwissenschaftlichen Typen-Lehre u. a. einen guten Teil der traditionellen wissenschaftlichen Einteilung der Gegenstände unserer Welt wiederfindet" (L. Czayka, 1974, 39), verwundert es wenig, wenn die natürlichen und künstlichen resp. konkreten und abstrakten Systeme weiter unterteilt werden. Haberfellner beispielsweise meint: "Es besteht eine einseitige Abhängigkeit zwischen den Eigenschaften abstrakt und künstlich: Praktisch alle abstrakten Systeme sind künstlich. Ob es in der Kategorie der natürlichen Systeme ebenfalls abstrakte gibt, ist weitgehend eine Frage der Weltanschauung" (R. Haberfellner, 1974, 18)
Die 10 Gebote und die Naturgesetze
Für natürliche abstrakte Systeme weist Haberfellner auf die "10 Gebote Gottes" (R. Haberfellner, 1974, 18) hin. Einem religiösen Menschen stehe "ausser Zweifel", dass diese ein sowohl abstraktes als auch natürliches System bildeten. Nach der jüdischen (aber auch christlichen) Überlieferung ist die ganze Bibel, zumal im hebräischen Urtext, das "Wort Gottes", der "Bau-Plan der Welt", also ein zu dem Menschen sprechendes natürliches (göttliches) abstraktes System, und die Welt dessen Siegel. Der chassidische Denker Friedrich Weinreb hat diesem Sachverhalt ein ganzes Buch gewidmet: "Der göttliche Bauplan der Welt" (1966).
Ähnliches formuliert Walter Heitler für die Naturgesetze der Physik: "Die Natur folgt also diesem nicht-materiellen geistigen Element, dem Gesetz. Folglich sind auch geistige Elemente in der Natur selbst verankert. Zu diesen gehört die Mathematik, die zur Formulierung des Gesetzes notwendig ist, sogar hohe und. höchste Mathematik" (W. Heitler, 1972, 14). Es sind in der Natur existierende transzendente Elemente, vergleichbar den Platonischen "Urbildern" oder "Ideen", denen "die Natur folgt, und die der menschliche Geist wahrnehmen kann" (a. a. O., 15). Auch der Bauplan, nach dem sich ein Organismus aufbaut, kann als Urbild gefasst werden.
Heitler möchte also Zeugnis ablegen "von dem wesentlich transzendenten, das heisst geistigen Charakter aller Naturdinge und allen Naturgeschehens" (a. a. O., 25). "Wenn wir Naturwissenschaft mit offenen Augen betreiben und von den geistigen Inhalten der Welt Kenntnis nehmen, die sie uns enthüllt, dann ist Naturwissenschaft zur Geisteswissenschaft geworden" (a. a. O., 43).
"Die Naturwissenschaft hat Naturgesetze entdeckt. Folgt daraus in irgendeiner Form die Nicht-Existenz von etwas Göttlichem? Die Logik eines solchen Schlusses ist kaum einzusehen. Selbst wenn wir die physikalischen Gesetze mit ihrer Strenge und ihrem Determinismus als allgemeine und einzig existierende Gesetze der Welt akzeptieren würden, so müssten wir zugeben, dass diese Gesetze ein ganz gehöriges Mass von Gescheitheit zeigen. Nur ein Mathematiker von Rang kann sie verstehen. Da liegt doch eher die Idee eines Schöpfers mit unfassbarer Intelligenz nahe, als dass das Gegenteil bewiesen wäre ... Wir haben allen Grund, von einer Schöpfung zu sprechen. Es ist diese ganze Welt des Transzendenten, des Geistigen, die wir als göttliche Schöpfung ansehen dürfen" (a. a. O., 44f).
Soweit der theoretische Physiker Heitler. Der Atomphysiker Bernhard Philberth hat diesen Fragen ein über fünfhundertseitiges Buch gewidmet. Es trägt den bezeichnenden Titel: "Der Dreieine" (1970). Wir können uns auch an Einstein erinnern, der verschiedentlich betonte, er könne nicht glauben, dass Gott würfelte, denn "dann brauchten wir erst gar nicht nach Gesetzen zu suchen" (Carl Seelig: "Albert Einstein", 1954, 219). Auch der Operations-Research-Pionier C. West Churchman widmet ein Kapitel seiner "Philosophie des Managements" (1973, 136-146) "Wissenschaft und Gott" (vgl. daselbst 57f und 217f; ferner auch in seiner "Einführung in die Systemanalyse", 1970, 222-226).
Natürliche und künstliche Systeme aufgefächert
Natürliche konkrete Systeme werden in der Systemwissenschaft nun meistens aufgeteilt in (siehe auch "Dr. Gablers Wirtschafts-Lexikon", 8. Aufl. 1971, Sp. 1465):
1. anorganische oder "tote (mineralische)" (G. Wittkämper, 1972, 40), z. B. "Planetensystem, Atomsystem und dgl., die Gesamtheit der Beziehungen in anorganischen Systemen ist meist eine dynamische Ordnung (dynamisches System)" (J. Löffelholz, 1970, 78).
2. organische oder "lebende (biologische)" (G. Wittkämper, 1972, 41), z. B. "die Organismen der Pflanzen und Tiere sowie die biologische Familie, ferner die informellen Gruppen" (J. Löffelholz, 1970, 78). Wie steht es hier mit der Dynamik?
Künstliche Systeme werden meistens aufgeteilt in:
1. "logische" (J. Löffelholz), "tote (formale, ideale) " (G. Wittkämper) , "künstliche abstrakte" (R. Haberfellner), z. B. "Aussagen- und Klassifikationssysteme" (R. Haberfellner) oder "Alphabet, Logiksymbole, Zahlensysteme, Kontenplan und dgl., es sind statische Systeme" (J. Löffelholz).
2. "künstliche konkrete" (R. Haberfellner) oder weitere "dynamische" (J. Löffelholz) Systeme:
a) "mechanische" (J. Löffelholz) oder "tote (technische)" (G. Wittkämper) Systeme, z. B. "technische Maschinen, Automaten u. dgl." (J. Löffelholz). "Technische Systeme sind solche, welche ausschliesslich technische Elemente enthalten (z. B. Transferstrassen, Computer u. ä.) " (R. Haberfellner) b) "lebende (soziale)" (G.
Wittkämper) Systeme, z. B. "die Familiengemeinschaft, das
Staatsvolk, die Religionsgemeinschaft u. dgl." (J.
Löffelholz). c) I.
"kombinierte Systeme aus sozialen und sachlichen Elementen,
sogen. 'Mensch-Maschine-Systeme' oder sozio-mechanische Systeme:
die Haushaltung, die Unternehmung, die Gemeindeorganisation, die
Staatsorganisation, die Kirche und dgl." (J. Löffelholz, 1970,
78). Demgegenüber eine Seite vorher: "Die Organisationen im
realwissenschaftlichen Sinne sind die sozialen Systeme, z.
B. Staat, Gemeinde, Familie, Unternehmung, Verbände usw."
Später zählt er zu den sozio-mechanischen Systemen auch
etwa Kongresse und Massenversammlungen, Theater und Schulen,
Militär und Nachrichtensysteme (a. a. O., 79)
Haberfellner weist darauf hin, "rein" technische und soziale Systeme seien in den wirtschaftlich und technisch hochentwickelten Ländern - warum nur hier? - "praktisch nur mehr als Unter- oder Teilsysteme sozio-technischer Systeme anzutreffen" (R. Haberfellner, 1974, 18).
So einleuchtend auf den ersten Blick eine Unterteilung in natürliche und künstliche Systeme sein mag, so rasch melden sich doch zahlreiche Zweifel. Entgegen dem meist anfänglich deklarierten Kriterium "Entstehung" ist unversehens bei Haberfellner und Löffelholz von der "Natur der Systemelemente" (R. Haberfellner) - ironischerweise bei den künstlichen konkreten Systemen - die Rede. Was aber natürliche Elemente sind und was den Unterschied von technischen Hilfsmitteln und technischen Elementen betrifft, erläutert Haberfellner nicht, genausowenig wie Löffelholz "soziale" und "sachliche" Elemente näher beschreibt - vielleicht weil er dann plötzlich aus letzteren Elementen ein Sach-System konstruieren müsste. Zählen bei Haberfellner die tierischen sozialen Systeme zu den "künstlichen", so bei Löffelholz die "biologische Familie" - was immer das sei - sowie die "informelle Gruppe" (wohl z. B. Menschen in. einer Unternehmung) zu den "natürlichen organischen" Systemen usw.
Das System Unternehmung beschreibt Haberfellner u. a. folgendermassen: - Es ist künstlich entstanden, "enthält aber natürliche Elemente"; - seine Erscheinungsform ist konkret, es "enthält aber abstrakte Unter- oder Teilsysteme (organisatorische Regelungen, Vorschriften, selbstgewählte Verhaltensweisen u. v. a. m.)" - "als sozio-technisches System enthält es sowohl soziale (menschliche) als auch technische Elemente (Maschinen, Anlagen, Geräte, Werkzeuge u. ä.)" (R. Haberfellner, 1974, 27). - Sieben Seiten weiter ist sie nur noch ein "offenes, soziales System". Soziale Elemente hat er hier neu eingeführt, es sind "menschliche", was eine recht vage Bezeichnung ist, könnten doch auch "abstrakte" als von Menschen erzeugte darunter fallen.
Weiter ist fraglich, ob Haberfellner bei den sozio-technischen Systemen auch die landwirtschaftlichen Betriebe, Metzgereien, Tierhandlungen, Blumenläden, Verteilerorganisationen, Rennveranstalter, Zirkusse usw. im Auge hat. Zudem bestehen sowohl Menschen als auch Maschinen, Betriebs- und Werkstoffe aus organischer resp. anorganischer Substanz usw.
Zwecke, Ziele und Funktionen
Wenn man wie Haberfellner Zwecke und Ziele ins Spiel bringt, wird die Angelegenheit noch undurchsichtiger. Von H. Ulrich (1968, 114) übernimmt er folgende Unterscheidung: "Unter dem Zweck eines Systems sollen demnach jene Funktionen verstanden werden, welche ein. System in seinem Umsystem ausübt bzw. ausüben soll, unter Ziel die vom System selbst angestrebten Verhaltensweisen oder Zustände irgendwelcher Outputgrössen" (R. Haberfellner, 1974, 19). Was eine Outputgrösse ist, definiert Haberfellner nirgends. Nimmt man jedoch an, es handle sich um das, was ein System an "Strömungsgrössen Stoff, Energie und/ oder Information ... an die Umwelt zurückgibt" (R. Haberfellner, 1972, 16; zit. nach E. Grochla, 1970, 9), dann könnte man durchaus die Meinung vertreten, die Funktion, die ein System in seinem Umsystem ausübe (Zweck), bestehe gerade hierin, womit Ziel und Zweck zusammenfielen.
Leider definiert Haberfellner auch Funktion nicht. Er behauptet vielmehr, ohne Überleitung an seine obige Unterscheidung von Zweck und Ziel anschliessend: "Der Existenz von natürlichen Systemen liegen demzufolge keine menschlichen Zwecksetzungen zugrunde, sie können aber vom Menschen für bestimmte Zwecke eingesetzt werden, d. h. nützliche Funktionen für Menschen ausüben" (R. Haberfellner, 1974, 19).
Hier kann man freilich sofort an die bald 10 000 Jahre zurückreichenden Bemühungen des Menschen um die Züchtung von Pflanzen (Getreide, Gemüse, Obst, Blumen) und Tieren (Haustiere, Arbeitstiere, Schlachtvieh) denken. Dass bei Zellen, Geweben, Organen, Organismen, Gemeinschaften und Biotopen sowohl Zwecke (alias Funktionen) als auch Ziele (man denke an Bertalanffys "Äquifinalität" lebender Systeme) ganz frei von menschlichen Zwecksetzungen vorkommen dürften, kommt hinzu.
Haberfellner treibt desungeachtet die Verwirrung noch weiter, wenn er schreibt: "Sowohl künstliche als auch natürliche Systeme können auch mehrere Funktionen z. B. für verschiedene Übersysteme ausüben. Welcher Zweck einem System also zugedacht wird, hängt vom jeweiligen Ziel des Beobachters bzw. Gestalters ab" (R. Haberfellner, 1974, 19).
Es verwundert deshalb nicht, dass Haberfellner weiter unterscheidet:
1. "Technische Systeme haben Zwecke, aber keine Ziele." Frage: Wie steht es mit den "selbstregulierenden" Apparaturen und Maschinen, mit "zielsuchenden" Raketen u. ä.?
2. Organisationen (also soziale und sozio-technische Systeme) "hingegen erfüllen in der Regel einerseits bestimmte Zwecke (Funktionen) für andere Systeme, streben andererseits aber auch, weil sie ["mindestens 2"] Menschen als Elemente beinhalten, eigene Ziele an" (R. Haberfellner, 1974, 19).
3. Alle
künstlichen Systeme haben "Ziele und/ oder Zwecke"
Da stellen sich zwei Fragen: Gilt das auch für die "künstlichen abstrakten Systeme", und wie steht es mit den "natürlichen"? Bei letzteren ist es nach Haberfellner nicht möglich, einer Zweck anzugeben, dem sie ihre Existenz verdanken. Er sagt aber nirgends, ob sie nicht Ziele haben könnten. Zudem können sie zumindest, so sie einmal existieren, Zwecke "erhalten".
Noch weniger verwundert, wenn Haberfellner auf der nächsten Seite von "primären System- bzw. Organisationszielen" spricht und darunter nach Renate Manytz ("Soziologie der Organisation", 1969, 59) z. B. folgendes fasst: "Ziel dieser Organisation ist es, auf bestimmte Weise auf Personen oder Personengruppen einzuwirken", oder: "Organisationen ... sind primär bestrebt, Leistungen zu erstellen oder Aussenwirkungen zu erzielen". Das klingt doch eher nach Funktionen, "welche ein System in seinem Umsystem ausübt bzw. ausüben soll", kurz: nach Zweck, nicht Ziel. Umgekehrt heisst es wiederum zwei Seiten weiter, Zweck offener Systeme sei es, "Inputs in irgendeiner Form zu verarbeiten".
Immerhin hat der Einbezug von Zielen oder Zwecken zu sogenannten "Hierarchical Multilevel-Multigoal Systems" (M. D. Mesarović et al., 1964) geführt. Bei solchen "Multiziel-Multistufen-Systemen" (F. Zahn, 1972, 19) wird von einem Kausalsystem (mit logistischen Prozessen) das Entscheidungssystem (mit Entscheidungsprozessen) abgetrennt.
3 Klassen von Systemen der Systemtechnik
Nach Ropohl zerfallen die Systeme der Systemtechnik gar in drei Klassen: "In einem Handlungssystem wird gemäss einem Zielsystem ein Sachsystem verwirklicht" (G. Ropohl, 1975, 33).
1. Was der Ingenieur gestaltet, sind Sachsysteme; sie bilden den Inhalt der Ingenieuraufgabe. R. Haberfellner, 1974, 124ff, spricht von "Objekten (Produkten)".
2. Was der Ingenieur tut, spielt sich in komplexen Organisationen ab. Die Massnahmen und Einrichtungen technischer Arbeit werden zu Handlungssystemen zusammengefasst. R. Haberfellner, 1974, 53ff, spricht von "betrieblichen Prozessen".
3. Was der Ingenieur tut, orientiert sich an bestimmten Zielvorgaben, die zum Teil aus dem Handlungssystem selbst, zum Teil aus dessen Umgebung stammen. Die Menge der Zielvorgaben ist das Zielsystem (vgl. R. Haberfellner, 1974, 33-46).
Die Sachsysteme werden oft, etwas weniger präzis, technische Systeme genannt, die Handlungssysteme Mensch-Maschine-Systeme oder soziotechnische Systeme; die Zielsysteme sind abstrakte künstliche Systeme (G. Ropohl, 1975, 34, 45, 58).
Die Sachsysteme unterliegen als konkrete den Naturgesetzen (vgl. Mesarovićs Kausalsysteme); die sozio-technischen Systeme beruhen auf der "allgemeinen Kunstlehre zweckrationalen Handelns" (G. Ropohl, 1975, 45) und gehen damit direkt mit den Zielsystemen zusammen, welche durch rationale "Bewertung, Auswahl und Entscheidung" (G. Ropohl, 1975, 58) geprägt sind (vgl. Mesarovićs Entscheidungssysteme).
Offene und geschlossene Systeme
"Aus verschiedenen Gründen ist die Theorie 'offener Systeme', d. h. solcher, die ihren Zustand in ständigem Fluss ihrer Bestandteile unverändert erhalten, in den Brennpunkt wissenschaftlicher Entwicklungen der letzten Jahre geraten ... Als physikalisches System betrachtet, entspricht ein lebender Organismus nicht den Systemen und Gleichgewichten, wie sie in der konventionellen Kinetik und Thermodynamik behandelt werden. Der Organismus ist kein geschlossenes System, das stets die identischen Bestandteile enthält; die elementare Tatsache des Stoffwechsels erweist ihn vielmehr als ein offenes System, das sich in einem ständigen Wechsel, Import und Export von Materialien, erhält."
Eine Theorie offener Systeme als "verallgemeinerte, kinetische und thermodynamische Theorie enthält geschlossene Systeme als Grenzfall, wenn die Ausdrücke für Materialtransport verschwinden, während umgekehrt die Theorie geschlossener Systeme nicht die Abläufe und schliesslich erreichten, zeitunabhängigen Zustände in offenen Systemen anzugeben vermag ... Der Verfasser hat gezeigt, dass die Theorie solcher Systeme zu grundsätzlich neuen Prinzipien, zur Ableitung fundamentaler Eigenschaften lebender Systeme und zu quantitativen Gesetzen für biologische Phänomene führt ... Die Theorie offener Systeme und der in ihnen auftretenden 'Fliessgleichgewichte' eröffnet in physikalischer Hinsicht Neuland."
So schrieb Ludwig von Bertalanffy 1953 in der Einleitung seiner "Biophysik des Fliessgleichgewichts" (1ff) und er doppelte mit einer Bemerkung zur Terminologie nach: "Ein System heisst geschlossen, wenn keine Stoffe von aussen in dasselbe ein- noch solche aus ihm austreten. Ein offenes System ist ein solches, bei dem Ein- und Ausfuhr von Stoff stattfindet" (a. a. O., 11). Als Beispiele geschlossener Systeme erwähnt er das Atom und das chemische Gleichgewicht, als offene die Flamme (a. a. O. 1), den Wasserstrahl und den Organismus (a. a. O., 12) sowie die Zellen, Gewebe und Chromosomen usw. (a. a. O., 3).
Was ist daraus geworden?
Die Unterscheidung betrifft offensichtlich die "Umsystembeziehungen" (R. Haberfellner) resp. "Umweltbeziehungen" (G. Wittkämper, H. Fuchs). "Nach v. Bertalanffy und Ilya Prigogine tauschen alle Systeme Energie mit der Umwelt aus, und es werden geschlossene und offene Systeme nur mit Hilfe des Merkmals 'Stoffaustausch' abgegrenzt. Je nach der Art des Austausches können folgende Systemtypen unterschieden werden:
(1) Offene (absolut offene) Systeme; sie tauschen mit der Umwelt Energie und Materie aus. (2) Geschlossene (relativ geschlossene) Systeme; sie tauschen mit der Umwelt nur Energie aus. (3) Isolierte (abgeschlossenen, absolut geschlossene) Systeme; sie tauschen mit der Umwelt weder Energie noch Materie aus" (H. Fuchs, 1973, 65; vgl. auch 1969, 1623), wobei offen bleibt, wie es mit der Information steht (obwohl diese auf Materie oder Energie als Träger angewiesen ist).
Fuchs präzisiert weiter: "Offene Systeme liegen ... vor, wenn Strömungsgrössen, die freie Energie enthalten, in ein System eingehen, in seinem Inneren transformiert werden, um zusätzliche Arbeit freizusetzen und/ oder die innere Struktur konstant zu erhalten, auf- oder abzubauen, und wenn Endprodukte in Form von Strömungsgrössen an die Umwelt abgegeben werden" (H. Fuchs, 1969, 1625; ähnl. 1973, 64). (Als Strömungsgrössen bezeichnet er Energie, Materie und Information, deren Austausch zwischen Elementen "Beziehungen" konkretisiert.)
Diese Definition wurde mit einigen Abwandlungen von E. Grochla (1970, 8f) übernommen, auf den sich wiederum R. Haberfellner bezieht, der ergänzt: "Das Mass der Offenheit bzw. Geschlossenheit eines Systems ist hinsichtlich der verschiedenen Input- und Outputgrössen in der Regel nicht gleich. Praktisch alle uns interessierenden Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass sie 'gegenüber der Umwelt in gewisser Beziehung relativ offen, in anderer Beziehung hingegen geschlossen sind und diesen Grad an Offenheit innert gewisser Grenzen zu verändern vermögen' [zit. nach H. Ulrich, 1968, 112]" (R. Haberfellner, 1974, 16).
Bei A. D. Hall / R. E. Fagen (1956, 23) hängt dagegen die Unterscheidung von offenen und geschlossenen Systemen "davon ab, wie viel des Universums dem System und wie viel der Umwelt zugeschrieben wird. Wenn man dem System denjenigen Teil der Umwelt zurechnet, mit dem es in Wechselwirkung steht, wird das System geschlossen."
In Anlehnung an Oskar Lange definiert Georg Klaus: "Ein geschlossenes System hat die Eigenschaft, dass die Inputs aller seiner Elemente zugleich Outputs anderer Elemente des gleichen Systems sind und dass alle Outputs von Elementen des Systems zugleich Inputs anderer Elemente dieses Systems sind. Ein solches System besteht - wie man sagt - nur aus inneren Elementen. Hat ein System jedoch Elemente, die zwar mit anderen Elementen des Systems gekoppelt sind, aber mit denen selbst kein Element des Systems gekoppelt ist, bzw. Elemente, mit denen zwar Elemente des Systems gekoppelt sind, die aber ihrerseits nicht mit anderen Elementen des Systems gekoppelt sind, so nennt man das System ein offenes System. Elemente der genannten Art sind Randelemente des Systems. Die Menge der Randelemente des Systems bezeichnet man sinnvollerweise als Oberfläche des Systems" (G. Klaus, 1969, 636f). ("Eine Kopplung von Elementen (Systemen) liegt vor, wenn bestimmte Outputs [es müssen nicht alle sein] des einen Elements (Systems) zugleich Inputs eines anderen Elements (Systems) sind"; G. Klaus, 1969, 321; ähnl. 626. Unter Input versteht er "Einwirkung der Umgebung auf ein Element oder ein System", unter Output "Wirkung eines Elements eines Systems auf andere Elemente des Systems oder auf die Umgebung bzw. Wirkung eines Systems auf die Umgebung. Der Output kann in einem Material-, Energie- oder Informationsfluss oder mehreren hiervon zugleich bestehen", a. a. O., 280 u. 471.)
An diese Definition lehren sich Löffelholz und Czayka an. Ersterer behauptet, ohne dass er "reale" Systeme definiert hätte, sie seien alle offene, "d. h. sie stehen im gegenseitigen Austausch von Materie, von Energie und Informationen mit umgebenden Systemen". Kurz darauf fährt er fort: "Wie bereits angedeutet, können reale Systeme allenfalls nur näherungsweise geschlossene Systeme sein. Doch werden in der Systemtheorie geschlossene Formalsysteme [?] entwickelt, die alle für einen bestimmten Zusammenhang wesentliche Eigenschaften und Relationen zu erfassen suchen" (J. Löffelholz, 1970, 78).
Czayka ergänzt: "Die Gesamtheit derjenigen Elemente der Umwelt eines offenen Systems, die in einer Wirkungsbeziehung zu den Randelementen des Systems stehen, wird gelegentlich 'substantielle Umwelt des Systems' genannt" (L. Czayka, 1974, 43).
Schade, dass Klaus nicht erwähnt, ob die geschlossenen Systeme keine Oberfläche haben und was bei den offenen die Randelemente tun. Nach seinen Definitionen und den dazu gehörigen Blockdiagrammen sieht es aus, als erzeugten die Randelemente ihre Outputs (zum System) selbst oder aber sie verschluckten die Outputs des Systems. Wichtig scheint bei offenen Systemen jedoch die Beziehung zu anderen Systemen, zur Umwelt. Deshalb spricht Löffelholz von "gegenseitigem Austausch", Czayka von "Wirkungsbeziehung".
Fehlen Randelemente, sollen die Systeme "geschlossene" sein. Wie verträgt sich das mit der auf Bertalanffy zurückgehenden Behauptung, geschlossene Systeme tauschten sehr wohl Energie aus? Ob Wittkämper wohl deswegen die Energie vernachlässigt? Er schreibt: Im Gegensatz zu den offenen Systemen kennen geschlossene "weder Stoffaustausch und Informationsaustausch mit der Umwelt, noch irgendwelche Anpassungsbeziehungen zur Umwelt. Die Umwelt kann sich mithin bei geschlossenen Systemen verändern wie sie will, das System nimmt keine Notiz davon. Ebenso kann sich das System verändern wie es will, die Umwelt nimmt keine Notiz davon" (G. Wittkämper, 1972, 41). Das klingt recht apodiktisch.
Obwohl H. Fuchs (1969, 1623; 1973, 65) bei geschlossenen Systemen vom Energieaustausch spricht, formuliert er später (1973, 62), "offene Systeme müssen im Gegensatz zu geschlossenen Systemen externe Beziehungen aufrecht erhalten". Eine Seite weiter heisst es allerdings bereits wieder, alle Systeme tauschten mit der Umwelt Energie aus. Noch eine Seite weiter heisst es, wenn keine materiellen Austauschbeziehungen mit der Umwelt vorlägen, "d. h. liegen ausschliesslich energetische Beziehungen vor, so kann von einem geschlossenen System gesprochen werden" (H. Fuchs, 1973, 64).
Die Verwirrung liegt sicher z. T. daran, dass, wie Fuchs etwas plump bemerkt, "die moderne Physik keinen Unterschied zwischen Energie und Materie sieht, denn die Materie wird als eine spezielle Form der Energie betrachtet" (H. Fuchs, 1973, 63) und dass schon A. D. Hall / R. E. Fagen (1956, 23) trotz Bezugnahme auf L. v. Bertalanffy von "geschlossenen" Systemen sprechen, "wenn kein Import oder Export von Energie in irgendeiner Form wie Information, Wärme, Material usw. besteht".
Gerhard Wittkämper (1972) befindet diesbezüglich apodiktisch: "Geschlossene Systeme kennen weder Stoffaustausch und Informationsaustausch mit der Umwelt, noch irgendwelche Anpassungsbeziehungen zur Umwelt." So einfach ist dies allerdings keineswegs, denn wie die moderne Thermodynamik betont (worauf auch Fuchs hinweist), bedeutet jede Beobachtung oder Analyse eines Systems durch ein "intelligentes Wesen" eine Entnahme von Information und damit einen Energieverbrauch resp. eine Entropievermehrung für das System. Umgekehrt kann durch die Zuführung von Information (= negativer Entropie) die Entropie verringert und damit die "Ordnung" des Systems erhöht werden (vgl. Leo Szilard, 1929; Léon Brillouin, 1951, 1953).
Ähnlich hilflos geben sich die Systemwissenschafter auch bei der Information. Sowohl E. Grochla (1970, 8) wie H. Fuchs (1973, 64) weisen darauf hin, dass Adolf Adam (1959, 12f) die Austauschgüter Materie und Energie als "Informationsgüter" bezeichnet habe. Da Fuchs meint, Materie und Energie liessen sich ineinander überführen, "ob aber eine plausible Überführung der Information in einer dieser Grössen möglich ist, scheint zweifelhaft" (a. a. O., 64), reiht er Materie und Energie einfach die weitere Strömungsgrösse Information an und fällt dann wieder in die Formel zurück: "Im Gegensatz zu den geschlossenen Systemen besteht also zwischen den offenen Systemen und der Umwelt ein fortwährender Austausch von Materie, Energie und Information" (a. a. O., 64f).
Auf ganz andere Weise unterscheidet Jay W. Forrester (1972, 15) offene von geschlossenen Systemen. Ersteres "beobachtet nicht und reagiert nicht auf seinen Output. Die Resultate von vorangegangenen Aktionen kontrollieren nicht die zukünftigen Aktionen." Beispiele sind ein Kraftfahrzeug oder eine Uhr. Ein geschlossenes oder Rückkopplungssystem dagegen "wird durch sein eigenes Verhalten in der Vergangenheit beeinflusst. Ein solches 'Feedback-System' hat die Struktur einer geschlossenen Schleife, in der die Ergebnisse vorangegangener Handlungen als Informationen zur Kontrolle zukünftiger Aktionen benutzt werden" (vgl. auch 89ff).
Offensichtlich war hier der Übersetzer ungenau, wenn er open-looped und closed-looped Systeme mit "offenen" und "geschlossenen" gleichsetzt. Gemeint sind jedoch schlicht: Steuerung und Regelung. Bei Forrester (1972, 87, 89) ist nämlich die Rückkopplungsschleife das "Grundelement", der Regelkreis "der grundlegende Baustein" oder das "Strukturelement" von geschlossenen Systemen. Dazu kommt eine weitere Abweichung von den üblichen Auffassungen. Während im allgemeinen Stabilität als Ziel oder Folge von negativen Rückkopplungen betrachtet wird (z. B. bei Klaus), meint Forrester: "Es sind die positiven Rückkopplungsschleifen, in denen man die Wachstumskräfte findet. Die negativen oder zielsuchenden Rückkopplungsstrukturen verursachen Fluktuationen und Instabilität" (a. a. O., 18).
Dynamische und statische Systeme
Auf die umfangslogischen Beziehungen zwischen den Typen des dynamischen und des statischen Systems und den Typen des offenen und geschlossenen Systems wird in der Literatur explizite nicht eingegangen. Hält man sich an die Definitionen, so scheinen die Typen des offenen und des geschlossenen Systems als Untertypen des dynamischen Systems intendiert zu sein. Über den Umfang des Typs des offenen Systems wird allerdings gesagt, dass alle 'wirklichen' Systeme "in letzter Instanz" offene Systeme seien (G. Klaus, 1969, 451). "Versteht man unter einem 'wirklichen System' ein nichtkonzeptionelles System, so könnte man meinen, dass sich der Umfang des Typs des offenen Systems mit dem des Typs des dynamischen Systems deckt, was jedoch dem oben Gesagten widersprechen würde" (L. Czayka, 1974, 44). Auch Czayka beklagt also Unklarheiten, ohne dass er indes versuchen würde, Klarheit zu schaffen oder auch nur "dynamisch" und "statisch" zu definieren.
Abgesehen davon, dass Klaus "wirkliche" sowie dynamische und statische Systeme nicht definiert, meint er also: "Alle wirklichen Systeme sind in letzter Instanz offene Systeme"; "wirklich existierende Systeme sind stets nur näherungsweise geschlossene Systeme (d. h. geschlossen in bezug auf bestimmte Arten der Kopplung der Elemente)" (G. Klaus, 1969, 451 u. 229).
Was sind nun aber dynamische und statische Systeme? Ropohl meint: "Bei statischen Systemen spielt der Zeitparameter als Attribut keine Rolle; wir haben jedoch bereits darauf hingewiesen, dass es Kybernetik und Systemtheorie vorrangig mit zeitabhängigen, dynamischen Systemen zu tun haben" (G. Ropohl, 1975, 32). Worauf er hinweist ist folgendes: "Kybernetisches Denken geht von der Einsicht aus, dass die Dinge und Verhältnisse keineswegs immer so bleiben, wie sie sich im Augenblick darstellen. In der Kybernetik zählt nicht der einzelne Zustand, der als unveränderlich angesehen würde, sondern der Vorgang als diskrete oder kontinuierliche Folge von Zuständen, die von der Vergangenheit bis in die Zukunft reichen. Die Vorstellung des dynamischen Systems liegt natürlich nahe, wenn man es mit Steuerung, Regelung, Informationsübertragung oder -verarbeitung zu tun hat" ( G. Ropohl, 1975, 19f).
Was die drei Systemtypen der Systemtechnik anbelangt, so gilt nach Ropohl:
1. Sachsysteme sind konkrete, künstliche, zweckorientierte, offene ("in bestimmten Zusammenhängen behandelt man sie allerdings meist als relativ isolierte") und dynamische ("statische Sachsysteme können als Sonderfall angesehen ... werden") Systeme
2. Handlungssysteme sind konkrete, künstliche, offene (wie oben), funktions- und strukturdynamische, stochastische (im Gegensatz zu den Sachsystemen), zweckorientierte sowie zielsetzende Systeme
3. Zielsysteme sind abstrakte, künstliche und dynamische Systeme (G. Ropohl, 1975, 34, 46, 58).
Wenn wir nun von Klaus weitere Bestimmungen übernehmen, dann ergeben sich zahlreiche Ungereimtheiten. Er schreibt: "Geschlossene Systeme müssen mindestens eine Rückkopplungsschaltung enthalten ... Unter den Systemen mit Rückkopplungen sind die kybernetischen Systeme die technisch, wissenschaftsmethodologisch und philosophisch interessantesten" (G. Klaus, 1969, 637). Bei "Regelkreis" ist dann plötzlich von "dynamischen selbstregulierenden Systemen" (a. a. O., 521; auch 141, 278, 714), bei "Regelung" (a. a. O., 523), "Regelungstheorie" (a. a. O., 524) und "Rückkopplung" (a. a. O., 537) von "dynamischen Systemen" die Rede. Unter "Regelungstheorie" werden offensichtlich "kybernetische" mit "dynamischen" und "geregelten" Systemen gleichgesetzt.
Nimmt man an, dass dabei von "wirklichen" Systemen die Rede ist - vgl. "dynamische materielle Systeme" (a. a. O., 713) -, so sind diese bei Klaus zwar letztlich "offen" (a. a. O., 451), aber auch "geschlossen" (a. a. O., 637). Geschlossen meint eben wie bei Forrester "closed-looped". Daher ist bei letzteren ist von Rückkopplung die Rede, welche das "Funktionsprinzip von Regelkreisen" (a. a. O., 537) darstellt und dazu dient, Störungen zu kompensieren rep. die Stabilität des Systems aufrechtzuerhalten, was durch Regelung geschieht. Setzt man nun weiter "wirklich" (bei Klaus) mit "konkret" bei Ropohl gleich, so wären die Sach- und Handlungssysteme der Systemtechnik wirkliche, offene und dynamische Systeme, wobei sich die Dynamik u. a. auf die Regelung bezieht. Bei Klaus werden sie aber ausdrücklich als geschlossene bezeichnet.
Haberfellner hilft sich bei dieser Frage, indem er nicht von der Zeitabhängigkeit, sondern von "innerer und äusserer Aktivität" spricht: "Als dynamische Systeme sollen solche bezeichnet werden, die 'etwas tun', in denen 'etwas abläuft' [nach Stafford Beer, "Decision and Control", 1966, 250]. Statische Systeme sind demgegenüber solche, in denen 'überhaupt nichts geschieht, die weder als Ganzes, noch in ihren Teilen irgendein Verhalten zeigen' [H. Ulrich, 1968, 113]. Derartige Systeme können aber die Verhaltensweisen von anderen Systemen beeinflussen (z. B. Gesetze, Verordnungen, Klassifikationssysteme u. ä.).
Offene Systeme sind in der Regel dynamisch: ihr Zweck ist es, Inputs in irgendeiner Form zu verarbeiten. Offene Systeme, die dies nicht tun, sind in der Regel 'tot', der Input verlässt das System unverändert als Output. Vollständig geschlossene Systeme sind demgegenüber statisch, es geschieht nichts in ihnen" (R. Haberfellner, 1974, 22).
Das deckt sich auch wiederum nicht mit Klaus. Darüberhinaus müsste man fragen: Wie geht denn die "Beeinflussung" durch statische Systeme vor sich: Wäre eine solche Beeinflussung nicht "etwas tun"? Da Haberfellner "Verhalten" nicht definiert, könnte man durchaus diese Auswirkungen als Verhalten fassen, genauso wie die unveränderte Weiterleitung eines Inputs durch ein sog. "totes" System. Hinzu kommt, dass er auf der nächsten Seite schreibt, es gebe auch "Beispiele von statischen Systemen mit veränderbaren Gebilde-Strukturen (z. B. Klassifikationssysteme mit laufender Anpassung)" (R. Haberfellner, 1974, 23). Da ist die Frage, wer oder was passt (sich) da an; geschieht da nicht etwas? Deshalb fasst ja auch Ropohl die Zielsysteme als abstrakte, künstliche und dynamische Systeme (G. Ropohl, 1975, 58).
Noch anders heisst es bei Czayka: "Unter einem 'dynamischen System' wird ein System verstanden, zwischen dessen Elementen und gegebenenfalls auch zwischen diesen und der Umwelt des Systems Wirkungsbeziehungen ["Kopplungen"] bestehen, d. h. ein System, auf das der Begriff des Verhaltens [logisch-mathematisch: "mögliche Zustände"] in einer kausalen Interpretation angewendet werden kann. Alle Systeme, für die das nicht gilt, werden als 'statisch' bezeichnet ... Von den Elementen eines dynamischen Systems wird gesagt, dass sie in bestimmter Weise (chemisch, energetisch oder informationell) bestimmte andere Elemente des Systems und/ oder der Umwelt des Systems zu bestimmten Reaktionen stimulieren und von bestimmten anderen Elementen des Systems und/ oder der Umwelt des Systems ihrerseits zu. bestimmten Reaktionen stimuliert werden könnten" (L. Czayka, 1974, 42).
H. Fuchs (1973, 51) nennt diese Systeme "Wirkungssysteme: "Nur in dem Fall, in dem die Elemente eines Systems in einem aktiven Beziehungszusammenhang untereinander stehen und ausserdem Systeme Umwelteinflüssen unterliegen, handelt es sich um Wirkungssysteme, wie Organismen, Gruppen und Unternehmungen."
Determinierte und probabilistische Systeme
Diese Unterscheidung, die auf Stafford Beer (1962, 27ff) zurückgeht, betrifft laut Wittkämper die "Vorhersagbarkeit der Wirkungsabläufe", nach Ropohl schlicht den "Grad der Bestimmtheit", nach Haberfellner den "Bestimmtheitsgrad des Verhaltens".
1. Über determinierte Systeme heisst es etwa: a) "Determiniert sind
Systeme, deren Teile in mehr oder weniger voraussagbarer
Weise aufeinander einwirken" (G. Wittkämper, 1972, 41), z. B.
eine Schreibmaschine.
b) "Ein System wird als 'determiniert' bezeichnet, wenn sein Verhalten eindeutig und in Sätzen prognostiziert werden kann, für die Wahrheit beansprucht wird" (L. Czayka, 1974, 45).
c) "Determiniert ist ein System, dessen Teile in vollständig voraussagbarer Weise aufeinander einwirken. Jede Ungewissheit ist ausgeschlossen" (S. Beer, 1962, 27). R. Haberfellner (1974, 24) zitiert "seine Teile".
d) "Determiniertheit: im Gegensatz zur Indeterminiertheit Charakterisierung eines dynamischen Systems, bei dem die einzelnen Systemzustände eindeutig aufeinander folgen" (G. Klaus, 1969, 132).
2. Über stochastische resp. probabilistische Systeme heisst es: a) "Probabilistische
Systeme sind solche, bei denen Voraussagen über das
strukturell-funktionale Verhalten nicht gemacht werden
können, aus theoretischen oder praktischen Gründen" (G.
Wittkämper, 1972, 31), z. B. "der Flug eines Stück
Papiers von einem 26stöckigen Hochhaus".
b) Ein System wird als " 'stochastisch' bezeichnet, wenn sein Verhalten nicht eindeutig und nur in Sätzen prognostiziert werden kann, für die jeweils nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit (kleiner als Eins) beansprucht wird" (L. Czayka, 1974, 45).
c) "Probabilistisch ist dagegen ein System, das keine determinierte Voraussage zulässt" (R. Haberfellner, 1974, 24). Bei S. Beer (1962, 28) steht: "keine streng detaillierte Voraussage", und er ergänzt: "Je genauer man das System studiert, mit desto grösserer Wahrscheinlichkeit lässt sich sagen, wie sich das System unter gegebenen Umständen vermutlich verhalten wird. Doch das System ist nicht schlechthin determiniert; jede Voraussage bleibt daher logisch in den Grenzen der Wahrscheinlichkeiten, durch die das Verhalten des Systems allein beschrieben werden kann."
d) "Indeterminiertheit: Charakterisierung eines dynamischen Systems, bei dem die einzelnen Systemzustände einander nicht eindeutig, sondern nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit folgen ... In vielen Einzelwissenschaften wird der Begriff des indeterminierten Systems mit dem Begriff des stochastischen Systems identifiziert." Die philosophische Alternative "determiniert" - "nicht gesetzmässig" ist "falsch, da es zwischen der durchgängigen strengen Gesetzmässigkeit und Notwendigkeit einerseits und dem chaotischen, bloss zufälligen Geschehen andererseits ein drittes gibt, nämlich die dialektische Einheit von Notwendigkeit und Zufall, wie sie vor allem in stochastischen Systemen zutage tritt" (G. Klaus, 1969, 265ff).
Nun ist ein stochastisches System eines, "bei dem die Kopplung der Elemente bzw. der Teilsysteme mindestens z. T. den Charakter stochastischer Funktionen hat; insbesondere hat bei stochastischen Systemen die Beziehung zwischen Inputvektor und Outputvektor des Systems Zufallscharakter ... Jedes wirkliche System ist letztlich stochastisch und kann mit mehr oder weniger grosser Genauigkeit als determiniert betrachtet werden (G. Klaus, 1969, 620).
Die Angelegenheit ist also recht verwickelt. So bemerkt denn auch Czayka, dass die Einordnung eines Systems unter den einen oder andern Typ "von der jeweiligen Einschätzung des Wissens über das System und auch vom jeweiligen erkenntnistheoretischen Standpunkt" (L. Czayka, 1974, 45) abhängt.
Das sah schon Beer, stellte er doch die Kernfrage: "Ist ein probabilistisches System in Wirklichkeit ein determiniertes System, das wir nicht ganz durchschauen?" Das führt in theoretische Erörterungen, von denen Beer nichts wissen will. Er meint, wir müssten uns an die Erfahrung halten: "Es ist nämlich einfach eine Erfahrungstatsache, dass wir einige Systeme so beschreiben können, als seien sie determiniert, andre dagegen nur so, als seien sie probabilistisch. Manchmal muss ein und dasselbe System zu verschiedenen Zeitpunkten und je nachdem, was wir aussagen wollen, mal mit diesem, mal mit jenem Begriff beschrieben werden" (S. Beer, 1962, 28).
Ähnlich äussert sich auch H. Ulrich (1961, 117). Haberfellner knüpft an Beer an, wenn er die Voraussagbarkeit des Systemverhaltens eng verknüpft mit der Komplexität sieht: "Je komplexer ein System ist, desto geringer ist seine Beschreibbarkeit und desto eher wird es uns als probabilistisch erscheinen." Es ist also bei der Gestaltung von komplexen realen Systemen (z. B. Organisationen) eine vollständig deterministische Beschreibung kaum möglich, dennoch muss vor allem bei der Systemgestaltung versucht werden, "die als besonders wichtig erachteten Systemeigenschaften und Verhaltensweisen möglichst determiniert zu gestalten, d. h. sie zu organisieren" (R. Haberfellner, 1974, 24).
Ähnlich meint auch G. Klaus (1969, 133f, 266), dass man durch Neudefinition ein nicht determiniertes System in ein determiniertes verwandeln könne. Es verwundert daher nicht, dass Klaus unter Determinismus auf die stochastischen Systeme hinweist und zumindest Systeme, bei welchen die Übergänge in andere Zustande zwar nicht eindeutig, aber "wenigstens mit gleichbleibender Wahrscheinlichkeit vor sich gehen" unter genau denjenigen Determinismus reiht, der die materialistische "Dialektik von Notwendigkeit und Zufall einschliesst" (a. a. O., 1969, 134).
Komplexität von Systemen
"Die am wenigsten komplexen Systeme, mit denen wir uns befassen werden, nennen wir einfach, aber dynamisch. Ein System, das nicht einfach, sondern kompliziert und vielfältig in sich verschlungen ist, soll komplex, aber beschreibbar heissen. Drittens können wir uns mit Systemen beschäftigen, die zwar weiterhin als komplex zu bezeichnen, dabei aber so kompliziert sind, dass man sie nicht mehr präzise und detailliert beschreiben kann. Solche Systeme bezeichnen wir als äusserst komplex." So der genaue Wortlaut von Stafford Beers Dreistufenschema (1962, 27).
Kombiniert mit den zwei Merkmalen determiniert und probabilistisch ergibt sich ein Klassifikationsschema von "Regelungstypen" mit sechs Kategorien, wobei die Zelle "determiniert/ äusserst komplex" unbesetzt bleibt (S. Beer, 1962, 33; H. Fuchs, 1973, 56; ähnl. G. Wittkämper, 1972, 41).
"Der Begriff Komplexität soll als Mass für die Möglichkeit der geistigen Erfassung bzw. praktischen Beherrschung eines Systems genommen werden [nach H. Ulrich, 1968, 115]. Er beruht damit auf dem 'Reichtum der Beziehungen zwischen den Elementen und seiner Umwelt und äussert sich bei dynamischen Systemen in einer sehr hohen Anzahl möglicher Zustände, die das System annehmen kann' [zit. nach H. Ulrich, 1968, 117]. Solche Systeme können damit gedanklich nie vollständig erfasst werden. Eine zuverlässige Vorhersage des zukünftigen Verhaltens ist praktisch unmöglich" (R. Haberfellner, 1974, 21). Seltsamerweise unterscheidet Haberfellner später in einer Tabelle beim "Grad der Beschreibbarkeit" bloss einfach und äusserst komplex (a. a. O., 28). Umgekehrt zitiert er einige Seiten weiter vorne (a. a. O., 16) ebenfalls nach H. Ulrich (1968, 109): "Ein System ist mehr oder weniger komplex je nach dem Beziehungsreichtum zwischen seinen Elementen."
Bei G. Wittkämper sind "einfache" Systeme überschaubar. Sie können voll oder leicht beschrieben werden, "komplexe" auch, allerdings "mit einem bestimmten Aufwand"; ihre Beschreibung ist "wegen der Vielzahl der zu berücksichtigenden Elemente und Abläufe schwierig". "Auch bei äusserster Anstrengung" können hingegen "äusserst komplexe Systeme" nicht voll beschrieben werden: "Ich werde also über das Systemgeschehen dieser äusserst komplexen Systeme kaum jemals voll informiert sein, und werde diese Systeme auch nicht so steuern können, dass ich alle ihre Teile gleichmässig beherrsche" (G. Wittkämper, 1972, 41).
Bei Löffelholz hat "man" die Systeme der Systemtheorie oder Kybernetik nach der Komplexität wie folgt klassifiziert in:
"1. einfache Systeme - mit nur wenigen verschiedenartigen Elementen und Relationen z. B. Zange, Schraubstock, Würfelspiel, Uhr, Kontenplan;
2. komplexe, aber vollständig exakt beschreibbare Systeme, z. B. Elektronenrechner, das Planetensystem, Verkehrsregelung, Buchhaltung, Liquidität, Rentabilität und dgl.;
3. äusserst komplexe Systeme, d. h. Systeme, die nicht mehr vollständig exakt beschreibbar sind, z. B. das Gehirn, die Volkswirtschaft und die Unternehmung" (J. Löffelholz, 1970, 95; bereits in der 2. Aufl. 1967).
Anders sieht es Czayka, der die mit den Prädikaten "einfach" und "komplex" verbundenen Vorstellungen kurz und apodiktisch durch eine "komparative Begriffsbildung" präzisieren möchte, "bei der drei Komplexitätsmerkmale eine Rolle spielen: - die Verschiedenartigkeit der Elemente eines Systems - die Anzahl der strukturbildenden Relationen - die Verknüpfungsdichte der strukturbildenden Relationen.
Allerdings sind dann im allgemeinen nur noch partielle Urteile von der Form 'System S1 ist in Hinblick auf das Komplexitätsmerkmal K komplexer als System S2' oder 'System S1 ist im Hinblick auf das Komplexitätsmerkmal K vor derselben Komplexität wie System S2' möglich, wobei S1 und S2 dieselbe Anzahl von Elementen haben sollten" ( L. Czayka, 1974, 41).
Kompliziertheit, Organisation, Varietät, Konnektivität, u. ä.
Das erste von Czayka genannte Merkmal heisst bei G. Klaus die "Kompliziertheit" eines Systems; sie betrifft die Zahl und den "Grad der Unterschiedlichkeit der Elemente" eines Systems. "Je grösser die Zahl der unterschiedlichen Elemente eines Systems ist, desto mehr bedarf man zur Erkenntnis seiner Gesamtleistung neben der Einsicht in das Schaltgefüge der Elemente (Komplexität) der Kenntnis der Eigenschaften der einzelnen Elemente." Komplexität hingegen. bezeichnet eine "Eigenschaft von Systemen, die durch Art und Zahl der zwischen den Elementen bestehenden Relationen festgelegt ist ... Kompliziertheit ist stets mit Komplexität behaftet, aber Komplexität nicht notwendigerweise mit Kompliziertheit, nämlich dann nicht, wenn das System aus universellen Elementen besteht" (G. Klaus, 1969, 307f). Allerdings steigt mit der Verminderung der Kompliziertheit die Komplexität erheblich.
Im übrigen weist Klaus zweimal darauf hin, dass die Termini "Komplexität" und "Kompliziertheit" keineswegs einheitlich gebraucht werden, oft sogar in gegeneinander vertauschten Bedeutungen. Von Umweltbeziehung ist aber - ausser bei Ulrich - nie die Rede.
Wenn nun von Haberfellner und Ulrich wie von Klaus der "Reichtum der Beziehungen" mit Komplexität in Verbindung gebracht wird, ist allerdings auf eine andere Definition von Klaus zu verweisen: "Unter dem Gesichtspunkt der Informationstheorie wird die Reihhaltigkeit usw. der Struktur eines Systems [d. h. der "Menge der Relationen zwischen den Elementen"] durch den Begriff der Organisation erfasst" (G. Klaus, 1969, 634). Vgl. auch oben unter "Struktur".
Schliesslich kennzeichnet nach H. Fuchs (1969, 1621; 1973, 48, 46) der Begriff der Komplexität die "Qualität" eines Systems. Die "Anzahl der strukturbildenden Elemente" nennt er "Varietät", was bei S. Beer (1962, 61) "eine passende deskriptiven Bezeichnung für die Zahl diskreter Elemente in einem System" ist. Den "Beziehungsreichtum zwischen Elementen" nennt L. Czayka (1974, 29) "Verknüpfungsdichte", H. Fuchs "Konnektivität", mit welch letzterem Begriff S. Beer aber nur "jede Ansammlung miteinander in Beziehung stehender Teile" meint. Ohne sie irgendwo zu definieren spricht L. Czayka (1974, 30) von "Konnexität". Fuchs ergänzt: "Allerdings kann wiederum das Qualitätsniveau von Systemen nicht allein über die Konnektivität bestimmt werden, das es ausserdem von der Variabilität, d. h. von der durch die Varietät und von der Form der durch die Konnektivität bewirkten systemimmanenten Beziehungskonstellationen abhängt (H. Fuchs, 1969, 1621; ähnl. 1973, 51).
Regelung von Systemen
"Jedes System tut irgend etwas. Und das, was es tut, kann als Zweck der Maschine betrachtet werden. Regelung ist dann die Strategie einer Maschine zur Erfüllung dieses Zweckes" (S. Beer, 1962, 21). Nach Beer fallen als ein "sehr spezieller Maschinentypus" auch die organischen Systeme unter die Regelung, aber auch etwa die Volkswirtschaft.
Wenn das System tut, was es soll, indem die Elemente aufeinander einwirken, ändert sich "wahrscheinlich von Augenblick zu Augenblick", wie Beer meint, das von den Linien in einer Netzwerk-Darstellung des Systems gebildete Muster - sofern man dieses als "Zustand des Systems" definiert. Somit gilt: "Art und Ausmass der im System wirksamen Regelung spiegelt sich in der Veränderung des Netzwerkmusters" (S. Beer, 1962, 25).
Was die Regelung betrifft, so betont Beer, dass darunter viel subtilere Methoden und Vorgänge als "Reglementierungen" (a. a. O., 21) zu verstehen sind. "Unsere gesamte Vorstellung von Regelung ist in der Tat naiv, primitiv und von einem Kausalitätsdenken beherrscht, das am Prinzip der Vergeltung orientiert ist. Für die meisten Menschen ist Regelung und Kontrolle identisch mit grober Anwendung von Zwang - was ein bezeichnendes Licht auf die zivilisierte Gesellschaft wirft." (a. a.O., 36).
Gewiss "regelt" ein Verkehrspolizist den Verkehr, doch ist das eine eher "tyrannische" Massnahme. Auch wenn Passagiere eines Fährbootes an Land gehen, finden Regelungen statt, aber ebenso "Geschrei und Tumult". "Das Ganze hat freilich mit irgendeiner in der Natur vorkommenden Regelung noch nicht das geringste zu tun. Denn das Hauptmerkmal natürlicher, insbesondere biologischer Regelmechanismen besteht darin, dass diese Homöostaten sind ... Ein Homöostat ist ... ein Regelgerät [oder -mechanismus], das irgendeine Variable innerhalb erwünschter Grenzen hält" (a. a. O., 37).
Als Beispiele nennt Beer den Thermostaten und die Regulation der Bluttemperatur eines Organismus sowie von tierischen und pflanzlichen Populationen. In einem homöostatischen System wird eine bestimmte Variable (oder mehrere) durch einen selbstregelnden Mechanismus auf einer gewünschten Stufe gehalten, wobei die Werte gewisse Änderungen erfahren können, die jedoch, etwa bei natürlichen, lebenden Regelsystemen, in bestimmten physiologischen Grenzen gehalten werden müssen. "Das bedeutet einmal: der Wert hat eine erwünschte mittlere Grösse, bezogen auf einen Sollwert der Annäherung. Und es besagt ferner: ein im System befindlicher Ausgleichsmechanismus regelt den Wert auf die mittlere Grösse zurück, sobald er sich davon entfernt. In Gestalt der Homöostasis stossen wir also auf das hochwichtige Prinzip der Selbstregelung" (a. a. O., 38).
Die Selbstregelung ist also eine andere als eine andere als eine repressive. Sie findet in kybernetischen Systemen statt, die als "Gesamtorganismus" betrachtet werden, wobei hierunter durchaus ein Industriebetrieb fallen kann, in dem einerseits Menschen und Maschinen, anderseits Abteilungen zusammenarbeiten (müssen).
Da die Selbstregelung auf ein Ziel hin gerichtet ist, nämlich die Einhaltung eines bestimmten Wertes einer oder mehrerer Variablen, kann man von ziel- oder zweckorientierten Systemen sprechen. Beer nennt sie "Maschinen". Das ist so befremdlich nicht, sprachen doch eine Zeitlang z. B. die Psychologen von "Seelenapparat" und wird heute noch of über einen Staats- oder Machtapprat geschrieben.
Maschinen finden sich in allen fünf der von Beer aufgestellten und besetzten Systemkategorien. Dabei kann durchaus eine Maschine der einen Kategorie in eine solche einer andern Kategorie verwandelt (transformiert) werden, z. B. lässt sich ein einfaches determiniertes System "schon dadurch, dass man es hinreichend vergrössert" (a. a. O., 41) in ein komplexes determiniertes System verwandeln. Solche Transformationen finden auch statt, wenn ein "theoretisch" einfaches determiniertes System "in Aktion tritt" und zum "konkreten" wird; "sobald es den Launen der konkreten Wirklichkeit ausgesetzt wird" (a. a. O., 29) verliert es das Merkmal determiniert und wird probabilistisch. Dieser Tendenz kann durch Regelung entgegengewirkt werden: Beer erwähnt als "Regler" etwa den Dirigenten eines Orchesters, den Kapitän einer Fussballmannschaft. Da fragt sich freilich, ob da nicht wie beim Verkehrspolizisten eher "Tyrannei" denn Regelung dahintersteht.
Kybernetische Systeme
Was "kybernetische Systeme" sind, ist ebenfalls nicht ganz klar. Bei Beer (1962, 33) machten sie ja nur eine von sechs möglichen Systemklassen aus, nämlich diejenige der äusserst komplexen probabilistischen Systeme. Als Beispiele nennt er das Gehirn, die Volkswirtschaft, ein Unternehmen, mithin konkrete oder wirkliche Systeme.
Nach W. Ross Ashby (1974, 46) geht es jedoch in der Kybernetik hauptsächlich und "determinierte Maschinen", also um Systeme, deren Verhaltensweisen "vorausschaubaren und reproduzierbaren Abläufen folgen".
Nach Klaus wiederum sind kybernetische Systeme abstrakte Systeme, "die entweder als theoretische Analogiemodelle bestimmte wesentliche allgemeine Eigenschaften von Klassen dynamischer Systeme in den verschiedenen Bereichen der Wirklichkeit ... widerspiegeln oder die ... als theoretische Modelle möglicher dynamischer Systeme dieser Art angesehen werden müssen" (G. Klaus, 1969, 324).
Das hindert ihn freilich nicht, einige Seiten weiter hinten kybernetische Systeme kurzweg als "besonderen Typ dynamischer Systeme" zu definieren, "der dadurch ausgezeichnet ist, dass jede Folge von Systemzuständen ... einem Gleichgewichtszustand zustrebt ... Das Wesen eines kybernetischen Systems besteht nicht in dem jeweiligen Material, in dem es ausgeführt ist, in dem konkreten Typ der Energieflüsse usw.; von diesen wird vielmehr abstrahiert" (a. a. O., 335, 337). Oder ähnlich: "Ein kybernetisches System stellt deshalb eine Abstraktion aus wirklichen Systemen dar" (a. a. O., 677). Umgekehrt heisst es aber wieder: "Kybernetische Systeme unterscheiden sich von physikalischen Systemen u. a. wesentlich auch darin, dass ausser Prozessen der Energieumwandlung, des Energieaustausches und der Stoffumwandlung bzw. des Stoffaustausches auch Austausch und Verarbeitung von Informationen stattfindet" (a. a. O., 272; Informationsaustausch auch 337).
Zu beachten ist, dass nicht alle dynamischen Systeme kybernetische sind, sondern nur die selbstregulierenden (a. a. O., 336).
Andernorts zählt Klaus z. B. zu den (selbstorganisierenden) "kybernetischen Systemen" organische Systeme (Mensch, Lebewesen, Gehirn), "bestimmte gesellschaftliche Strukturen", Rechenautomaten und Automaten (a. a. O., 114, 557f, 610, 413). Hinzu kommt "die Einsicht, dass jeder dialektische Widerspruch letztlich ein spezielles kybernetisches System darstellt. Die beiden Komponenten des Widerspruchs (gegenläufige Prozesse usw.) sind Teilsysteme eines Gesamtsystems und stehen in Rückkopplungsbeziehung zueinander" (a. a. O., 327; vgl. 141ff, 713ff).
Unter "Struktur" schliesslich heisst es: "Die Kybernetik behandelt nicht Strukturen ... abstrakt-theoretischer Systeme, sondern dynamische Systeme, bei denen die Relationen zwischen den Elementen (stoffliche, energetische oder informationelle) Kopplungen darstellen" (a. a. O., 625). Ferner: "Jedes kybernetische System kann als kybernetisches Strukturmodell eines jeden anderen Systems der gleichen Klasse dienen, und zwar unabhängig von der möglicherweise völlig verschiedenen stofflichen und energetischen Realisierung der einzelnen Systeme" (a. a. O., 627).
"Das einfachste kybernetische System ist der einfache Regelkreis " (a. a. O., 331; ähnl. 435). Dieser "Regelkreis" - dessen "Funktionsprinzip" die Rückkopplung ist (a. a. O., 537) - ist einerseits das "prinzipielle Strukturschema der (automatischen) Regelung, das den dynamischen selbstregulierenden Systemen ... zugrunde liegt", anderseits stellt er "ein geschlossenes Rückkopplungssystem dar, das gegenüber äusseren oder inneren Einwirkungen relativ stabil bleibt. Er besteht aus zwei - für sich genommen rückwirkungsfreien - Hauptteilen (Gliedern): dem zu regelnden Objekt, der Regelstrecke, und der regelnden Einrichtung, dem Regler. Aufgabe des Reglers ist es hierbei, eine bestimmte veränderliche Grösse, die Regelgrösse, entgegen störenden Einwirkungen gemäss einer vorgegebenen Funktion, der Führungsgrösse, zu variieren. Das wird dadurch erreicht, dass der Regler die Ergebnisse seiner regulierenden Massnahmen, die über die Stellgrösse erfolgen, ständig kontrolliert und dementsprechend seine weiteren Massnahmen gestaltet ... Im allgemeinen besteht ein Regelsystem nicht nur aus einem einzigen, sondern aus mehreren, mannigfach miteinander in Wechselwirkung stehenden (vermaschten) Regelkreisen ... Die einzelnen Grössen bzw. Bestandteile des Regelkreises können zur Grundlage der Klassifizierung von Regelungen dienen ...
Bei der Festwertregelung hat die Führungsgrösse einen konstanten Wert [Sollwert], bei der Programmregelung verändert sie sich gesetzmässig mit der Zeit (Zeitplanregelung) oder in Abhängigkeit von einer anderen physikalischen Grösse (Folgeregelung). Bei der Nachlaufregelung hängt die Veränderung der Führungsgrösse von einem bestimmten materiellen Prozess ab, ohne dass diese Veränderung mathematisch erfassbar sein muss ...
Während die Regelung auf Rückkopplungsmechanismen beruht und daher geschlossene Wirkungsabläufe vorliegen, vollzieht sich im Unterschied hierzu die Steuerung in einer offenen Wirkungskette ohne Rückkopplung" (G. Klaus, 1962, 521-523). Die Steuerung ist somit ein Spezialfall der Regelung, nämlich der Fall mit der Rückkopplung = 0 (a. a. O., 617). Der "Wirkungsweg" einer Steuerung wird dabei "Steuerkette" genannt.
Als Fragen bleiben: Wie gelangen Störungen in ein "geschlossenes" System? Auch H. Fuchs (1969, 1621) erwähnt, dass Änderungsprozesse bei geschlossenen Systemen durch "einen externen Anstoss bewirkt" werden. Umgekehrt meint Jay W. Forrester (1972, 87), dass das Verhalten eines geschlossenen Systems " innerhalb der Systemgrenze unabhängig von äusseren Einflüssen verursacht wird". Höchstens eine Störgrösse kann durch die Grenze fliessen (a. a. O., 88).
Woher kommen die Stellgrössen für die Steuerung (z. B. bei der "Steuerung der künstlichen Strassenbeleuchtung in Abhängigkeit von der natürlichen Tageshelligkeit" (G. Klaus, 1969, 617) resp. die Führungsgrössen für die Regelung?
Eine Ungenauigkeit ergibt sich auch bei der "Führungsgrosse". Sie soll auch bei der Steuerung vorkommen (a. a. O., 214); unter "Steuerung" (a. a. O., 617) ist jedoch nur von "Stellgrössen" die Rede. Ferner wird die "Folgeregelung" auch als "Selbststeuerung" bezeichnet (a. a. O., 336) und behauptet, sie folge "nach einem Programm oder nach einem Zeitplan" (a. a. O., 204), während andernorts (a. a. O., 523) Folge- und Zeitplanregelung auseinandergehalten werden resp. Folgeregelung vorliegt, wenn "der Gleichgewichtszustand selbst eine Funktion der Zeit" ist (a. a. O., 336). Manchmal wird in Zusammenhang mit der Rückkopplung generell von "Sollwert" gesprochen ( z. B. a. a. O., 142). Schliesslich wird auch die Nachlaufregelung als "eine Folgeregelung" bezeichnet, "bei der die Regelgrösse als Weg von Hebeln oder als Winkel auftritt" (a. a. O., 436).
Noch verwirrender wird es, wenn es beim kybernetischen System heisst: "Das Funktionieren der Regelung setzt voraus, dass das System Informationen über Störungen mit Hilfe seiner Rezeptoren aufnimmt, diese verarbeitet und den Effektoren des Systems Informationen zusendet, die den Charakter von Befehlen haben" (a. a. O., 336). Da ist doch eher von einem Glied oder Teilsystem eines kybernetischen Systems, nämlich dem Regler, die Rede (vgl. a. a. O., 167). Während unter "Effektor" nicht von Output die Rede ist, so ist bei "Rezeptor" von "Randelement" bzw. "Gruppe von Inputelementen" sowohl bei biologischen als auch bei technischen Systemen die Rede (a. a. O., 167, 535).
Einiges an Verwirrung lässt sich vielleicht beheben, wenn man "Sollwert" mit "Führungsgrösse" gleichsetzt. Es ist der Wert der Regelgrösse, der durch den Regelkreis "trotz Einwirkung einer Störgrösse herzustellen und konstant zu erhalten" ist (W. Wieser, 1965, 626).
Störungen, Stabilität und Zielstrebigkeit
Als Störung wird "jede Art von (äusserer oder innerer) Wirkung auf ein dynamisches System bzw. dessen Elemente oder Teilsysteme" (G. Klaus, 1969, 620) bezeichnet. Das lässt durchaus den. Schluss auf die Existenz von Randelementen eines Systems zu (vgl. besonders a. a. O., 674). Nun haben kybernetische Systeme die Eigenschaft, solche Störungen zu "paralysieren, d. h. die für ihre Existenz wesentlichen Systemparameter in bestimmten Grenzen zu halten. Selbstorganisierende kybernetische Systeme sind darüber hinaus in der Lage, auf sie einwirkende Störungen zum Zwecke der Entwicklung und Selbstreproduktion für Veränderungen ihrer Struktur auszunutzen" (a. a. O., 620f). Etwas anders heisst es unter "Selbstorganisation": "Fähigkeit eines kybernetischen Systems, seine Struktur zu verbessern, um grössere Stabilität zu erreichen bzw. sein inneres Milieu besser und zweckmässiger gegen Störungen aus der Umwelt bzw. gegen Abnützungserscheinungen im Innern zu verteidigen" (a. a. O., 556)
Sei dem, wie es wolle, "Stabilität eines dynamischen Systems gegenüber einer Störung liegt dann vor, wenn das durch die Störung aus einem Zustand des Gleichgewichts gebrachte System wieder dorthin zurückkehrt. In kybernetischen Systemen wird diese Rückkehr durch Rückkopplungen bewirkt, die die Störung kompensieren (Regelung). Allerdings gibt es keine Stabilität eines Systems schlechthin, sondern nur Stabilität in bezug auf bestimmte Typen oder Intensitäten von Störungen. Der Bereich, in den ein aus dem Gleichgewicht gebrachtes System wieder dorthin zurückkehrt, heisst Stabilitätsbereich" (a. a. O., 608f).
Instabilität liegt dagegen vor, wenn das durch bestimmte Störungen aus dem Gleichgewicht gebrachte System nicht mehr dorthin zurückkehrt. "Die Menge der Zustände, für die das der Fall ist, heisst Instabilitätsbereich des Systems in bezug auf die betreffende Störung. Alle organischen und technischen Systeme sind nur relativ stabil und werden im Laufe der Zeit schliesslich instabil" (a. a. O., 280).
Nun gilt: "Stabile dynamische Systeme zeigen die Eigenschaft der Finalität (Teleologie), der Zielstrebigkeit. Von jedem beliebigen Zustand innerhalb des Stabilitätsbereiches 'streben' sie einem bestimmten Zustand zu (Sollwert) ... Die Entwicklung bzw. Adaptation der Organismen kann mit den Begriffen und Gesetzen der Stabilitätstheorie ausgedrückt werden. Adaptation ist in ihrer Sicht die Ausbildung immer besserer Stabilitätsmechanismen (d. h. besserer Regler usw.), Höherentwicklung bedeutet Stabilität gegenüber immer komplexeren Bedingungen der Umgebung, d. h. gegenüber einer Vielfalt von Störungstypen. Aus einfachen stabilen Systemen entwickeln sich unter Ausnützung des Trial-and-error-Verhaltens ultrastabile und multistabile kybernetische Systeme" (a. a. O., 609f).
Das zielstrebige Verhalten bestimmter dynamischer Systeme ist also eine "unbestreitbare Tatsache". Die Kybernetik vermag nun zu zeigen, "dass alle Erscheinungen der Zielstrebigkeit weder einer Entelechie im Sinne des Aristoteles noch irgendeiner geheimnisvollen Lebenskraft im Sinne des Vitalismus zu ihrer Erklärung bedürfen" (a. a. O., 727). Es ist für kybernetische Systeme ganz einfach der Rückkopplungsmechanismus, welcher dergestalt wirksam ist, dass alle diese stabilen dynamischen selbstregulierenden Systeme "zielsuchend" in dem Sinne sind, dass sie als "Ziel" einen Zustand des Gleichgewichts anstreben. Dazu bedarf es keiner übernatürlichen Kräfte. "Es bedarf auch nicht des Mitwirkens des Menschen, obwohl es heute in den verschiedensten Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens zahlreiche solcher Systeme gibt, die den Menschen als wesentliche Komponente einschliessen (a. a. O., 729).
Gleichgewicht
Was heisst hier Gleichgewicht? "Gleichgewicht eines dynamischen Systems in einem Zustand A liegt in bezug auf eine bestimmte Transformation T dann vor, wenn T(A) ≡ A" (a. a. O., 236). D. h. das System verharrt in einem bestimmten Zustand. Ist das System ein stabiles, dann wird es, "wenn es durch eine Störung aus dem Zustand A gebracht wurde, im Laufe der Zeit wieder dorthin zurückkehren" (a. a. O., 236). Es ist "stabil gegenüber allen Transformationen (bzw. Operatoren), die die Menge der stabilen Zustände abgeschlossen lassen, d. h. Transformationen, bei denen in der zweiten Zeile nur solche Zustände auftreten, die in der darüberliegenden Zeile ebenfalls vorhanden sind" (a. a. O., 652).
Von Ungleichgewicht spricht Klaus nirgends. Dafür erwähnt er als Sonderfall von Gleichgewicht den von A. v. Hill als "steady state" und von L. v. Bertalanffy mit "Fliessgleichgewicht" übersetzten Zustand des "dynamischen Gleichgewichts zwischen Aufbau- und Abbauprozessen" (a. a. O., 202) von biologischen Systemen. Ein solches "wächst so lange, bis das Gleichgewicht zwischen Aufbau- und Abbauprozessen erreicht ist. Es ist das besondere Verdienst Bertalanffys, eine mathematische Beschreibung dieses Vorgangs gegeben zu haben, die u. a. zeigt, dass der Endzustand eines solchen Systems nicht von den Anfangsbedingungen und Störungen abhängt, sondern ausschliesslich von systemeigenen Prozessen" (a. a. O., 202).
Soweit, so gut. Wenn nun aber ein Fliessgleichgewicht zwischen Prozessen besteht, zwischen was besteht dann das gewöhnliche Gleichgewicht eines Systems in einem bestimmten Zustand?
Was heisst das eigentlich: Ein Regelkreis befinde sich "in Ruhe" (a. a. O., 93), ein System befinde sich "in einem Zustand A im Gleichgewicht" ( a. a. O., 236) oder ein "Gleichgewichtszustand" ergebe sich als Lösung einer "Bewegungsgleichung" (a. a. O., 237, 236)? Müsste man nicht besser "Gleichgewicht" fallen lassen und von "Beharrungszustand (a. a. O., 93, 236, 611) oder einem "stabilen Zustand" ( a. a. O., 54, 56, 58, 61ff, 175, 652, 674) sprechen? Zumal Klaus unter "Lernen" von einer "Optimierung des Gleichgewichts zwischen den inneren Systemzuständen und der Umgebung" (a. a. O., 346) und anderswo sogar von "stabilem Verhalten" (a. a. O., 337) spricht.
L. Czayka (1974, 38) schreibt: "Ein System-Zustand z*, der unter einer Transformation T(z) invariant bleibt, ... wird als ein 'Gleichgewichtszustand des Systems S in bezug auf die Transformation T(z)' bezeichnet." Und er fährt fort: "Während dieses aus der Physik übernommene Gleichgewichtskonzept der logisch-mathematischen Richtung der Systemwissenschaft offensichtlich keinerlei normativen Gehalt hat, sind die aus der Biologie und den Sozialwissenschaften übernommenen Gleichgewichtsvorstellungen der organisch-funktionalistischen Richtung der Systemwissenschaft durch eine unheilvolle Verquickung faktischer und normativer Bedeutungselemente gekennzeichnet."
Czayka zeigt dann noch etwas genauer, wie sich "instabiles" und "stabiles" Gleichgewicht und als "stabil" bzw. "instabil" sich verhaltende Systeme zueinander verhalten: Wenn ein System den Zustand z* trotz Störung wieder erreicht, heisst dieser Zustand "in Bezug auf die Störung D(z) stabiles Gleichgewicht", andernfalls "in Bezug auf die Störung D(z) instabiles Gleichgewicht". Je nachdem, ob sich dieser Zustand z* gegen Störungen als stabil oder instabil erweist, kann dann auch das ganze System als "stabil" oder "instabil" bezeichnet werden (L. Czayka, 1974, 47).
Eine nirgends aufgeworfene Frage betrifft die Beziehung von "stabil" und "determiniert". Stabile Systeme pflegen doch definitionsgemäss - unbestimmt ist nur der Zeitraum - in ihren Ausgangszustand zurückzukehren. Ist dieses Verhalten nun eindeutig voraussagbar, also determiniert, oder nicht? Es kommt anscheinend darauf an, wie man "determiniert" definiert (siehe oben) und wie man die Beobachtungs-Zeitpunkte wählt.
Ultra- und Multistabilität
Das Konzept der Ultra- und Multistabilität wurde von W. Ross Ashby seit 1945 entwickelt. Es handelt sich um Typen der Stabilität von kybernetischen Systemen. Ultrastabilität liegt vor, wenn das System nicht nur gegenüber einer bestimmten Klasse von Störungen stabil ist, sondern sich - vermöge von Stufenfunktionen - auf neu auftretende Störungstypen "einstellen" kann, d. h. unter den ihm zur Verfügung stehenden Verhaltensweisen so lange eine neue auswählt, bis es wieder im Gleichgewicht ist (G. Klaus, 1969, 674).
Multistabilität liegt dann vor, "wenn ein System aus ultrastabilen Teilsystemen derart zusammengekoppelt ist, dass diese Teilsysteme zeitweilig voneinander unabhängig sind ... Die ultrastabilen Systeme haben die Eigenschaft, vermöge eingebauter Stufenfunktionen ihre Stabilität nicht nur gegenüber einer Art von Störungen aufrechterhalten zu können, sondern gegenüber eine ganzen Störungsfeld. Multistabile Systeme sind darüber hinaus in der Lage, sich einer ganzen Reihe von Aspekten der Umgebung anzupassen", und zwar mit Hilfe einzelner ultrastabiler Teilsysteme. "Dies setzt voraus, dass die Umgebung selbst den Charakter eines multistabilen Systems hat", was "in der Regel" der Fall ist. Ein multistabiles System ist "auch in der Lage, sich durch ständige Verbesserung der Abstimmung seiner Teilsysteme untereinander im Hinblick auf sein Verhalten zu optimieren" (G. Klaus, 1969, 434f; ähnl. H. Fuchs, 1973, 133f).
Dr. phil. Roland Müller,
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