Ganzheitliche Managementansätze in der Übersicht
Inhalt Begriffliches vorweg Moralisches Verhalten (1954) Wertmanagement (1960er Jahre) Sinnmanagement (1976) Issue Mangement (seit 1958) Esoterik im Management (1962) St. Galler Management-Modell: soziales Konzept (1968) Corporate Social Performance (Ende der 1960er Jahre) Gesellschaftsbezogene Berichterstattung (1972) Umweltbewusste Unternehmensführung (1974) Nachhaltigkeit (1980) Ganzheitliches, vernetztes Denken (1974) Das EFQM-Modell für Excellence (1988) Integriertes Management (1995) Kommentar: Generische oder integrierte Managementsysteme? (1998)
siehe auch: Neuere Führungstheorien in 30 Gruppen
Begriffliches vorweg
Beachtung verdient, dass der Begriff „social“ im angelsächsischen und französischsprachigen Raum viel mehr umfasst als das deutsche Wort „sozial“. Daher spricht man im Deutschen besser von „gesellschaftsbezogen“, „gesellschaftlich“ oder von „sozialer Verantwortung“. Neben den „humanen“ und „moralischen“ Aspekten der Unternehmensführung und des Geschäftsgebarens fallen darunter seit etwa 1970 stets auch Ressourcenschonung und Umweltschutz.
Die Begriffe „Wert“ und „Value“ können sehr eng als materielle Werte ausgelegt werden. Im Deutschen mindestens so wichtig sind die ethischen Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit usw.
Die wichtigsten ganzheitlichen, auf unternehmerische Verantwortung ausgerichteten Managementsysteme sind:
Moralisches Verhalten
Begriffliches voraus: Die Bezeichnung „moralisch“ ist unbeliebt, weil sie in der Assoziation gerne in die Nähe von „Moralin“, „moralinsauer“ und Moralpredigt gerückt wird. Aber: „moralisch“ betrifft das Verhalten. Ethik ist strenggenommen Philosophie über Moral – oder etwas allgemeiner: Forschung und Lehre über „richtiges“ Verhalten.
Ethik des Wirtschaftslebens war schon ein Thema in den späten vierziger Jahren an der «Handelshochschule» St. Gallen. Pionier war Arthur Lisowsky, der von 1931 bis zu seinem Tod 1952 Professor an der HSG (heute: Universität St. Gallen) war. Seine Antrittsvorlesung erschien 1932 erweitert unter dem Titel „Vom Sinn organischen Wirtschaftens“. In seinen „Grundproblemen der Betriebswirtschaftslehre“ (1954) beginnt er mit Ethik und Wirtschaftsethik.
Doch erst Ende der siebziger Jahre wurde das Thema wieder aufgegriffen und durch eine Management-Ethik ergänzt, welche den «Charakter» der Führungskräfte ins Visier nahm und gleichzeitig deren Wertvorstellungen untersuchte.
In den 60er Jahren boten einige amerikanische Business Schools erstmals Kurse über soziale Verpflichtungen von Unternehmen (corporate social responsibility) an. Als eigenständiger Forschungsschwerpunkt und als Lehrfach etablierten sich „Business Ethics“ in den 70er Jahren. Am spektakulärsten war in den 80er Jahren eine 30-Millionen-Dollar-Spende von John Shad, dem ehemaligen Vorsitzenden der amerikanischen „Securities and Exchange Commission“ (Börsenkommission), die er der Harvard Business School mit der Auflage zukommen liess, Unternehmensethik in ihr Curriculum aufzunehmen und ihre Studenten davon zu überzeugen, dass Ethik (genauer: moralisches Verhalten) „sich auszahlt“.
In Europa ging es nicht so schnell. Immerhin erschien bereits 1966 das Werk des amerikanischen Politikers Luther Hartwell Hodges: „Geschäft und Moral. Die soziale Verantwortung des Unternehmers“ (amer.: „The Business Conscience“, 1963).
Am Davoser Symposium von 1973 wurden die Unternehmer auf ihre soziale Verantwortung verpflichtet. 1983 wurde an der Hochschule St. Gallen eine Forschungsstelle für Wirtschaftsethik eingerichtet (der umstrittene Leiter war ein Jesuit). Daraus wurde 1989 das Institut für Wirtschaftsethik (IWE-HSG) als erstes derartiges Institut im deutschsprachigen Raum. Im selben Jahr schilderte sehr schön Johannes Rüegg die „Unternehmensentwicklung im Spannungsfeld von Komplexität und Ethik“. Das massgeblich Handbuch des IWE-Direktors Peter Ulrich heisst: „Integrative Wirtschaftsethik. Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie“ (1997).
1998 hat die Société Générale de Surveillance (SGS) mit SA8000 (Social Accountability 8000) eine weltweite Norm für ethisches Verhalten auf den Markt gebracht. Das sich unter den wichtigen Themen Kinderarbeit, 48-Stunden-Woche, Recht auf Ferien, usw. finden, ist diese Norm primär für transnationale Unternehmen interessant, die ihre Produkte in der Dritten Welt produzieren lassen.
Wertmanagement siehe auch: Literatur: Wertmanagement
Über Wertmanagement gibt es verschiedenen Auffassungen. Sie reichen von der blossen betrieblichen Wertvermehrung über den Zusatznutzen für den Käufer („Value Added“) und die „Wertschöpfungskette“ bis zu Orientierung an ethischen Werten.
Der „Wert“ von Unternehmen wurde bereits in den 1960er Jahren breit diskutiert. John Kenneth Galbraiths Buch „Economics and the Public Purpose“ (1973) zeigte in der deutschen Übersetzung unter dem Titel „Wirtschaft für Staat und Gesellschaft“ (1974) noch deutlicher, wohin der Autor zielte.
Der Klassiker zum Thema „Unternehmensbewertung und Steuern“ stammt vom Zürcher Carl Helbling (1974). Er wurde immer wieder in Neubearbeitungen aufgelegt.
Alfred Rappaport initialer Aufsatz „Selecting Strategies that Create Shareholder Values“ erschien 1981 in der Harvard Business Review (Vol. 59, Nr. 3, S. 139-149). Sein Buch „Creating Shareholder Value“ erschien 1986 und wurde vorerst wenig beachtet; die deutsche Übersetzung erschien erst 1995.
Ebenfalls in den 1980er Jahren wurde das Verfahren des „Discounted Cash Flow“, das ursprünglich zur Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von Investitionen diente, auf die Bewertung ganzer Unternehmen angewendet. Ganz ähnlich wurde der „Economics Value Added Approach“ modifiziert und ausgebaut.
Wichtige Schriften auf deutsch verfassten Rolf Bühner („Das Management-Wert-Konzept“, 1990) und Peter Gomez („Wertmanagement“, 1993).
Die wertorientierte Führung (Value-Based Management) bedeutet das Schaffen von Werten sowohl für die Shareholder wie für die Stakeholder.
Sinn-Management siehe auch: Praktische Tips für Manager: Sinnmanagement
1976 diagnostizierte Viktor Zihlmann in seiner Basler Dissertation „Sinnfindung als Problem der industriellen Gesellschaft“ (als Buch erschienen bei Rüegger, Diessenhofen 1980).
1982 propagierten Linda Smircich und Garet Morgan in einem Aufsatz „Leadership. The Management of Meaning“ (JABS, S. 257-273) Führung durch Sinnvermittlung. Thomas Dyllick übernahm dieses Konzept ein Jahr später („Management als Sinnvermittlung“, gdi-impuls, 1983, Nr. 3, S. 3-12).
1984 stellte Walter Böckmann eine Führungslehre in Anlehnung an die sog. Logotherapie des Tiefenpsychologen Viktor E. Frankl auf: „Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten.“ 1990 doppelte er mit einer „Denkschule für Manager“ nach: “Vom Sinn zum Gewinn.“
1990 publizierte der BWI-Professor Hugo Tschirky mit seinem Assistenten Andreas Suter: „Führen mit Sinn und Erfolg. Eine Wegleitung zum gesamtheitlichen Führungsverständnis in der Praxis.“ Im Jahr darauf skizzierte er in einem Aufsatz „Sinn – eine neue Dimension der Führung“ (io Management Zeitschrift, Nr. 1, 27-30) das Wichtigste. Unter gleichzeitig erfolgreicher wie sinnvoller Führung sah er z. B. Persönlichkeitsförderung, Sozialkompetenz, gutes Betriebsklima, sinnvolle Produkte, Integration in die Gesellschaft.
1993 gab Rainer H. Wagner ein Handbuch heraus: „Praxis der Veränderung in Organisationen. Ein Informations- und Arbeitsbuch zur Entwicklung und Gestaltung von Sinn, Produktivität und Wirtschaftlichkeit in Organisationen.“ Walther Müller-Jentsch fragte im selben Jahr als Herausgeber des Buchs „Profitable Ethik – effiziente Kultur“, ob es neue Sinnstiftungen durch das Management gebe. 1995 gab Volker Belzer einen Sammelband heraus zum Thema: „Sinn in Organisationen. Warum haben moderne Organisationen Leitbilder?“.
Issue Management
Der erste „Ostermarsch“ für atomare Abrüstung, an dem auch der Philosoph und Pazifist Bertrand Russen teilnahm, fand 1958 bei London statt. 1961 gründete der Atomphysiker Leo Szilard den „Ausschuss für eine lebenswerte Welt“, eine der ersten Bürgerinitiativen, und in New York konnte das Komitee der Städtebaukritikerin Jane Jacobs erste Erfolge verbuchen.
Wichtige Impulse setzten die Schriften „Our Synthetic Environment“ (Murray Bookchin 1962), „Silent Spring“ (Rachel Carson 1962) und „Tiermaschinen“ (Ruth Harrison 1964). Mit dem Pamphlet „Unsafe at any speed“ leitete Ralph Nader 1965 die Konsumentenschutzbewegung ein.
Doch erst 1977 entwickelte W. Howard Chase das „Issue Management“ (als Buch 1984), die systematische Berücksichtigung der verschiedensten Anspruchsgruppen (Stakeholder) eines Unternehmens. 1983 beschrieb E. R. Freeman den Stakeholder Approach des strategischen Managements (in R. Lamb, Ed.: Advances in Strategic Management, Vol. 1, S. 31-60). Der Schweizer Thomas Dyllick nahm das „Anspruchsgruppenkonzept“ in einem Aufsatz in der io Management Zeitschrift (1984, Nr. 2, 74-78) auf. Monika Janisch stellte 1993 in ihrem Buch „Das strategische Anspruchsgruppenmanagement. Vom Shareholder Value zum Stakeholder Value“, vor.
Esoterik im Management
In den 1970er und 1980er Jahren wurde esoterisches Wissen aller Zeiten exoterisch, d. h. der Öffentlichkeit zugänglich, allgemein bekannt.
Der Trend ergreift Bürger und Unternehmen
Böse formuliert: Psycho-Schmus und Hippiereligion werden nun auch im Bürgertum salonfähig. Dabei zeigten sich zwei Tendenzen:
Zu den neueren Methoden der Persönlichkeitsschulung zählen etwa die umstrittenen Methoden und Kurse von Werner Erhard (EST, "Forum"), des Zentrums Coloman (seit 1974) und der Königsteiner Akademie (Wilhelm Engel: Vital-Kybernetik-System seit 1975) sowie der "Silva Mind Control" (José Silva, Philip Miele 1977; dt. 1983) und des "Superlearning" (z.B. Sheila und Nancy Ostrander, Lynn Schroeder, engl. und dt. 1979).
In den 80er Jahren folgten die „Life Energy Therapy“ von Stephano Sabetti (1980; dt. 1985) und das Programm „United Human Organisation“ von Helmut J. Ament (1984; später bep-Verlag).
Ganz mutige versuchen heute "Körper-Management" als Gegenstrategie zur beruflichen Beanspruchung (Bernd Gimbel, Eldwin Kalkbrenner 1988).
Abgesehen von Wolfgang Mewes’ "EKS", das seit Anfang der 1970er Jahre mannigfache Wandlungen durchgemacht hat, sind die Unternehmensberatungen mit New Age-Einschlag neueren Datums. Auf einer modifzierten "Metaplan-Moderations-Methode" beruht die Beratungsarbeit von Com Team (Grund am Tegernsee) und Sünnemann/ TOKOM (Reinbek). Die Transzendentale Meditation (TM) hat ebenfalls Morgenluft gewittert und bietet "Holistic Team Management" oder "Holistic Training" (Göttingen) sowie "Management by Natural Law" (Worpswede) an.
In ihrem "New Age-Wörterbuch" (Herderbücherei 1986) erwähnen Elmar Gruber und Susan Fassberg eine grosse Anzahl nicht nur von Psychotechniken, sondern auch von New Age Management-Ansätzen. Auf deutsch liegen zum Selbstorganisationsmanagement die Bücher vor von
Die Spannweite reicht also vom "Tao der Führung" (John Heider, dt. 1988; engl. 1984) bis zum "ganzheitlichen Unternehmen" (Rudolf Mann, 1988) resp. "Tao-Management" (Manfred Jahrmarkt, 1988).
Vom Industrialismus zum Light Age
Zum eigentlichen New Age-Unternehmensberater hat sich Gerd Gerken ernannt. Seit 1983 gibt er das Informationsblatt "Radar für Trends" heraus. 1986 erschien seine umfassende Anleitung "Der neue Manager", 1988 seine "Geburt der neuen Kultur. Vom Industrialismus zum Light Age".
Unter Light Age versteht reine "integrale Kultur", die sich irgendwann im 3. Jahrtausend (wahrscheinlich zwischen 2010 und 2050) durch das Zusammentreffen von High-Spirit und Hig-Tech am Mega-Punkt, am "Bahnhof der Bifurkation", bilden wird. New Age ist dann nur noch die "Software für die kommende Informationsgesellschaft". Eine Spiritualisierung der Wirtschaft - und des Alltags - wird kommen.
St. Galler Management-Modell: soziales Konzept
Grundlage dieses Modells ist das Buch des St. Galler Professors Hans Ulrich: „Die Unternehmung als produktives soziales System“ (Bern: Haupt 1968, 2. Aufl. 1970).
Im systematisierten „St. Galler Management-Modell“ von Hans Ulrich und Walter Krieg (1970) wird neben den leistungs- und finanzwirtschaftlichen Konzepten und Zielen auf gleicher Ebene das „soziale Konzept“ eingeführt, das einerseits gesellschaftliche, anderseits mitarbeiterorientierte Ziele enthält. Ferner wird beim Gesamtmodell die ökologische Umwelt (Bevölkerungsentwicklung, Ressourcenverzehr und Umweltverschmutzung) einbezogen.
Gleichzeitig wurde der systemorientierte Ansatz entwickelt. Das St. Galler Management-Modell fasst Systeme als „gegliederte Ganzheiten“ (11) und legt daher grosses Gewicht auf „ganzheitliches Erfassen der Problemstellung, wechselweises Operieren auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen sowie Betonung der strukturellen und prozessualen Zusammenhänge“ (13).
1988 gab Hans Ulrich zusammen mit Gilbert J. B. Probst „Anleitungen zum ganzheitlichen Denken und Handeln“. 1991 stellte Knut Bleicher das „integrierte“ St. Galler Management-Konzept vor.
Corporate Social Performance
Ende der 1960er Jahre entstanden in den USA die ersten umfassenden „social audits“ und „social reports“. Nach längeren Vorarbeiten publizierte 1977 das American Institute of Certified Public Accountants eine Empfehlung in Buchform: „The measurement of Corporate social performance – Determining the impact of business actions on areas of social concerns.“ Folgende Bereiche werden berücksichtigt:
Literatur zum Social Accounting
Richard Stone, Giovanna Croft-Murray: Social Accounting and Economic Models. London: Bowes & Bowes 1959. Otis Dudley Duncan: Toward social reporting. Next steps. New York: Russell Sage Foundation 1969. ABT Associates, Inc.: Annual Report and Social Audit. 1972. Raymond A. Bauer, Meinolf Dierkes: Social Accounting. New York: Praeger 1973.
Gesellschaftsbezogene Berichterstattung
Mit der Einführung des Konzepts der „Lebensqualität“ 1972 begannen einige Firmen eine „gesellschaftsbezogene Berichterstattung“: Die Herausforderung an die Unternehmen wurde in der „Optimierung von ökonomischen Zielen und sozialer Verantwortung“ gesehen (Meinolf Dierkes: Die Sozialbilanz. 1974).
Die deutsche Shell erarbeitete 1972 ein „goal accounting“. Die STEAG publizierte 1972 eine „Sozialbilanz“. Firmen wie Pieroth und Saarbergwerke folgten. In der Schweiz publizierte die Zeitschrift der „Treuhänder“ bereits 1976 eine Sondernummer „Sozialbilanz“. Die Migros übernahm 1978 das Modell von Shell. Landis & Gyr und BBC publizierten ein Jahr später Wertschöpfungsrechnungen.
Die ersten Sätze der Unternehmensgrundsätze der Ciba-Geigy von 1976 lauten: Jede Institution muss ihre Zweckbestimmung und ihr Handeln immer wieder auf ihre gesellschaftliche Bedeutung hin überprüfen. Wir sind uns bewusst, dass Wirtschaften kein Selbstzweck ist, sondern dem Menschen und der Gesellschaft zu dienen hat. Wirtschaftlicher Erfolg ermöglicht aber erst, diese dem Unternehmen gesetzte Aufgaben zu erfüllen. Bei seiner Tätigkeit will unser Unternehmen den verschiedenen Interessen der Mitarbeiter, der Aktionäre, der Kunden, der Lieferanten und der Allgemeinheit Rechnung tragen. Darin liegt die Kunst der Unternehmensführung.“ Daraus ergab sich später das „Magische Dreieck“ von wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Belangen.
Literatur zur Sozialbilanz
Meinolf Dierkes: Die Sozialbilanz. Gesellschaft und Unternehmen. Frankfurt: Herder & Herder 1974. Peter Eichhorn: Gesellschaftsbezogene Unternehmensrechnung. Göttingen: Otto Schwarz 1974. Angelika Mintrop: Gesellschaftsbezogene Rechenschaftslegung. Zürich: Schulthess Polygraphischer Verlag 1976. Der Schweizer Treuhänder. Spezialnummer: Sozialbilanzen. Zürich 1976. Elmar Pieroth: Die Sozialbilanz in der Bundesrepublik Deutschland. Düsseldorf: Econ 1978. Ulrich A. Frantz (Ed.): Soziale Unternehmenspolitik und soziale Rechnungslegung. Theoretische und praktische Aspekte - Aufsätze und Dokumente. Lemgo: Verlag der AAW (Arbeitsgemeinschaft Angewandte Wirtschaftswissenschaften) 1979. Hans H. Wenkebach: Die gesellschaftsbezogene Berichterstattung der Unternehmen – Möglichkeiten und Grenzen der Sozialbilanz. Köln: Deutscher Instituts-Verlag 1979. Klaus von Wysocki: Sozialbilanzen – Inhalt und Formen gesellschaftsbezogener Berichterstattung. Stuttgart: Gustav Fisher 1981. Ruedi Kellenberger: Die bedürfnisorientierte externe Berichterstattung. Zürich: Schulthess Polygraphischer Verlag 1981. Marina de Senarclens: Die gesellschaftsbezogene Berichterstattung (Sozialbilanz) – Was bedeutet sie für die Schweiz? Wirtschaftspolitische Mitteilungen 37, 1981, Heft 10/11.
Umweltbewusste Unternehmensführung
Die Umweltschutzwelle setze 1970 mit voller Mobilisierung der Öffentlichkeit ein.
„Rechenschaftslegung zur Umweltbelastung und zum Umweltschutz von Industrieunternehmen“ forderte Frank Braun 1974. Auf Initiative von Ruedi Müller-Wenk veröffentlichte die Roco-Konserven AG 1975 eine „ökologische Buchhaltung“. Doch es ging noch rund 15 Jahre, bis die ersten richtigen Öko-Bilanzen publiziert wurden. 1978 begannen sich „die Grünen“ politisch zu formieren.
1985 wurde von Unternehmern, Managern und Fachleuten der „Bundesdeutsche Arbeitskreis für umweltbewusstes Management e. V.“ (B. A. U. M.) gegründet. Die ähnliche Organisation in der Schweiz entstand 1989 (Ö. B. U. Schweizerische Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmensführung). Das Handbuch stammt von Georg Winter: „Das umweltbewusste Unternehmen“ (1988). Die ersten umweltorientierten Normen waren der British Standard BS 7750 (1992), die Öko-Audit-Verordnung der EU (EMAS 1836, 1993) und die ISO 14000ff. (1996). Diese Normen inspirieren den Aufbau von Umweltmanagement-Systemen.
Nachhaltigkeit
Das Konzept „Nachhaltigkeit“ wurde durch die „Word Conservation Strategy“ (1980) der IUCN und den sog. Brundtland-Bericht der Uno („Our Common Future“ 1987) vorbereitet und durch die Rio-Konferenz von 1992 weltweit verbreitet. Als „nachhaltig“ wurde im Brundtland-Bericht eine Entwicklung definiert, die „die Bedürfnisse der Gegenwart deckt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken“.
1992 publizierte der Schweizer Industrielle Stephan Schmidheiny zusammen mit dem Business Council for Sustainable Development: „Kurswechsel. Globale unternehmerische Perspektiven für Entwicklung und Umwelt.“ Darin wird die Öko-Effizienz definiert: „Unternehmen gelten als öko-effizient, wenn sie auf dem Weg zu langfristig tragbarem Wachstum Fortschritte machen, indem sie ihre Arbeitsmethoden verbessern, problematische Materialien substituieren, saubere Technologien und Produkte einführen und sich um die effizientere Verwendung und Wiederverwendung von Ressourcen bemühen“ (S. 38).
Heute sieht man das Ziel Nachhaltigkeit (Sustainability) noch umfassender: Es erfordert eine gleichzeitige Beachtung von wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Faktoren. Ähnlich lässt sich das EFQM-Modell für Excellence auffassen.
Etwas ausführlicher siehe: Was heisst Sustainability resp. Nachhaltigkeit?
Ganzheitliches, vernetztes Denken
Wie die Umweltschutz-Bewegung rührt auch die Forderung nach ganzheitlichem Denken aus den Jahren um 1970. Sie vermischte sich mit dem etwas älteren System-Denken und der Kybernetik. 1974 versuchte Frederic Vester, das „kybernetische Zeitalter“ („später unter dem Titel „Neuland des Denkens“) einzuläuten. Er meinte, der Mensch sollte die tausendfältigen Regelkreise der Natur nutzen, nicht durch Gen- und Grosstechnologie, Chemie, Beton und Monokulturen zerstören. Das erfordert Einsicht in einige „Grundprinzipien des Lebendigen“, wie z. B.:
Seit 1976 spricht man auch von „vernetztem“ Denken. Fester publizierte 1983 und 1990 Bücher darüber. Parallel dazu wurde an der Hochschule St. Gallen seit 1968 der systemorientierte Ansatz ausgebaut (Hans Ulrich, Fredmund Malik, Peter Gomez). Malik präsentierte 1976 das „Evolutionskonzept für unternehmerische Entscheide“.
1981 beschrieb Wolfgang Goerke die „Organisationsentwicklung als ganzheitliche Innovationsstrategie“. 1988 schilderte Rudolf Mann: „Das ganzheitliche Unternehmen“, im Jahr darauf Gilbert Probst: den „ganzheitliche Manager“ (in Die Unternehmung 1, 1989). Zusammen mit Peter Gomez gab Probst 1995 mit dem Buch „Die Praxis des ganzheitlichen Problemlösens“, einen guten Einblick in die Umsetzung des Systemdenkens im Bereich Management. 1997 gab der St. Galler Qualitätspapst Hans Dieter Seghezzi einen Sammelband heraus unter dem Titel: „Ganzheitliche Unternehmensführung.“
Das EFQM-Modell für Excellence
In den 80erJahren breitete sich - von Japan herkommend – die Idee des Total Quality Managements aus. 1987 wurde in diesem Sinne in den USA der „Malcolm Baldrige National Quality Award“ eingerichtet. Das bislang ausgeklügeltste TQM-System bietet die EFQM. Diese „European Foundation for Quality Management“ wurde 1988/89 durch die CEO von 14 führenden europäischen Unternehmen – darunter Ciba-Geigy, Nestlé und Sulzer – gegründet. Die Mission der EFQM lautete:
Die von der EFQM empfohlene Strategie zur Verbesserung der Leistung lautet: die Selbstbewertung einführen. Das ist eine umfassende, systematische und regelmässige Überprüfung der Tätigkeiten und Ergebnisse einer Organisation anhand des EFQM-Modells für Excellence (neu seit 1999).
Inzwischen gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass Selbstbewertung, wenn man sie konsequent anwendet, grossen und kleinen Organisationen im privatwirtschaftlichen wie im öffentlichen Sektor hilft, effektiver zu arbeiten und die Unternehmenskultur zu verbessern.
Erfolgreiche Schweizer Anwendern des Modells sind ABB, Ciba, Hilti, Huber + Suhner, Leica, Schindler, Schurter, Siemens und Styner + Bienz. Seit 1998 wird jährlich der ESPRIX –Schweizer Qualitätspreis für Business Excellence verliehen.
Das EFQM-Modell für Excellence unterscheidet vier Gruppen von Unternehmens-Ergebnissen:
Integriertes Management
Was seit 1995 unter den Titeln „Generisches Organisations-Modell“ oder „integrierte Managementsysteme“ läuft, bedeutet vorläufig nur die Integration von Qualitätsmanagement, Umweltmanagement und Sicherheitsmanagement. Es gibt zwei deutsche, einen Österreicher und einen Schweizer Ansatz.
Literatur
Heinz W. Adams: Integriertes Managementsystem für Sicherheit und Umwelt. 1995. Detlef Butterbrodt et al: Generic Management (io 64, 1995, Nr. 12, 30-33). Hans Dieter Seghezzi: Integriertes Qualitätsmanagement - das St. Galler Konzept. 1996. Johann Wirnsperger et al.: Das QSU-Management; Qualität, Sicherheit, Umwelt. 1997.
Kommentar: Generische oder integrierte Managementsysteme?
Auch ich wusste bis gestern nicht, was „generisch“ heisst. Ich kannte zwar das Generikum; das ist ein pharmazeutisches Präparat mit der gleichen Zusammensetzung wie ein Markenmittel - aber viel billiger.
Doch „generisch“? Laut Duden heisst es „das Geschlecht oder die Gattung betreffend“.
Was haben nun Managementsysteme mit Geschlecht zu tun? Da hilft auch ein Hinweis in einem sechsbändigen Wörterbuch nichts, wonach es in der Logik eine „generische Beziehung“ gibt; sie herrscht „zwischen Gegenständen, die voneinander abstammen“.
Kommt das Wort einmal mehr aus dem Englischen? Hier hat „generic“ neben der gleichen Bedeutung wie im Deutschen eine weitere: der Gegensatz zu „specific“ oder „special“, also „allgemein“, „generell“, „universal“.
Das überzeugt nicht ganz. Ist denn die Bezeichnung „integriert“ besser? Das Tätigkeitswort „integrieren“ hat drei Nuancen: · etwas zu einem übergeordneten Ganzen zusammenschliessen, · etwas in ein übergeordnetes Ganzes einfügen, oder · etwas durch Einfügen von etwas zu einem Ganzen bilden (er-gänzen).
Integrierte Managementsysteme beruhen auf der ersten Bedeutung: Qualitäts-, Umwelt- und Sicherheitsmanagementsysteme sollen zu einem übergeordneten Ganzen zusammengefügt werden.
Warum heisst es Management- und nicht Führungssysteme? „Managen“ ist nicht gleich „führen“ und steht auf einem tieferen Niveau. Es bedeutet „bewerkstelligen“, „verwalten“, „organisieren“. Währenddem ist Führen mit Visionen, Strategie und Begeisterung verbunden.
Aber wir sind heute gegenüber solch „höheren“ Tätigkeiten skeptisch geworden. Daher versuchen wir bescheiden etwas von unten her, vom Managen her, zusammenzufügen - daher „integrierte Managementsysteme“.
(Der ganze Text datiert vom 13. März 2000 und bildete einen Bestandteil eines Argumentariums im Rahmen einer Präsentation für die Propagierung von Corporate Reputation Management)
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