HomeSysteme

 

Inhalt

Kennzeichen von Systemen

Stabilität von Zuständen und Systemen

Komplexität

Isomorphie und Homomorphismus

Arten der Systembeschreibung und Systemtypen

 

Dazu:              Tabelle: Die "Struktur" der System-Betrachtung

                        Systemanalyse

 

 

Kennzeichen von Systemen

 

Wenn ein beliebiges Gebilde oder Geschehen als System betrachtet werden soll, orientiert man sich am besten an der Dreiheit

System - Element - Umwelt.

 

a) Als System kann etwas aufgefasst werden, wenn es drei Bedingungen erfüllt:
- es besteht aus mehreren Gebilden oder Geschehen,
- zwischen diesen Gebilden oder Geschehen bestehen bestimmte Beziehungen,
- die Gebilde oder Geschehen ergeben eine Ganzheit.

 

b) Als Element gilt etwas, wenn es
- ein einziges ist,
- eine bestimmte Beziehung zu einer übergeordneten Ganzheit hat,
- selber eine untergeordnete Ganzheit ist.

 

c) Als Umwelt gilt,
- was ausserhalb der Ganzheit des Systems angenommen wird und
- bestimmte Beziehungen zum System oder dessen Elementen hat,
- wobei diese Beziehungen sowie allfällige Beziehungen von Elementen ausserhalb des Systems untereinander in der jeweiligen Betrachtung weniger dicht sind als die systeminternen Beziehungen.

 

Selbstverständlich gerät man mit solchen Bestimmungen in Zirkeldefinitionen. Das hängt daran, dass ein System eben gar nicht losgelöst von seinen Elementen und seiner Umwelt definiert werden kann, genauso wie Element und Umwelt stets auf das System bezüglich sind.

Hinzu kommt, dass ein Element seinerseits ein System sein kann, dass ein System selbst Element eines "höheren" Systems sein kann und schliesslich auch die Umwelt meist aus Systemen besteht.

 

Systemphilosophie als strenge Wissenschaft ist demnach eine Verschachtelungswissenschaft.

Die Scheidung System/ Umwelt ist dabei vielfach arbiträr und erfolgt nach Zweckmässigkeit. Sie ist ein schwieriges Unterfangen und erfordert viel Fingerspitzengefühl, ist demnach eine kreative Aufgabe, basierend auf Intuition und Erfahrung.

Ähnliches gilt für die Strukturierung des Systems in Elemente, die oft auch als Subsysteme (Bereiche, Aktionseinheiten) in einem Umsystem gefasst werden können.

Schliesslich ist auch die Ermittlung der relevanten Umwelt, d. h. der wichtigen Einflüsse auf das System wie der Bereiche, die durch das Systemverhalten beeinflusst werden, häufig recht schwierig.

 

Was die Beziehungen des Systems zur Umwelt wie der Elemente untereinander anbelangt, so ist auffallend, dass sich die meisten nicht einfach addieren lassen, vielmehr ergeben sich Synergien, d. h. Kumulationen, die mehr als die Summe der blossen Ein- oder Ausflüsse darstellen - also gewissermassen selber ein System bilden -; umgekehrt können sich Wirkungen aber auch gegenseitig beeinträchtigen, ja aufheben.

 

Schliesslich ist der dynamische Aspekt nicht zu vernachlässigen. Alle Elemente, die in einer Systemanalyse untersucht werden, können kurz- oder langfristigen Veränderungen unterworfen sein (Umwelt und Elemente, Beziehungen und Verhalten), wodurch sich auch Struktur und Funktion des Systems ändern.

 

 

Stabilität von Zuständen und Systemen

 

Gerade bei dynamischen Systemen spielt der Begriff der Stabilität eine grosse Rolle. Dabei sind drei Ebenen zu unterscheiden:

 

1. a) Ein Zustand (eines Systems) ist stabil, wenn er innerhalb einer Transformation (einer Reihe von Zustandsveränderungen) durch diese Transformation nicht mehr verändert wird. Man spricht dabei auch von Gleichgewichtszustand oder besser: von Beharrungszustand. Befindet sich ein System in einem solchen Zustand, so ist es im Gleichgewicht.

1. b) Eine Mehrheit von Zuständen heisst stabile Menge oder Stabilitätsbereich, wenn sie innerhalb einer Transformation einen Zyklus bildet, d. h. eine Zustandsfolge, die immer wieder durchlaufen wird.

 

2. Ein System ist stabil, wenn es nach einer Störung (d. h. Auslenkung in einen instabilen Zustand) durch seine Transformation wieder in einen Gleichgewichtszustand oder einen Zyklus zurückkehrt. Dabei kommt es einerseits auf den ausgelenkten Zustand an, anderseits auf den Grad (die Intensität) der Auslenkung.
Ein System kann nur dann als stabil bezeichnet werden, wenn eine hinreichend bestimmte Menge von Auslenkungen (Klasse) spezifiziert ist.
Das Phänomen der Regelung oder Selbstregulation ist dabei von besonderer Bedeutung; dafür ist Rückkopplung resp. ein Regelkreis notwendig, damit die Störung kompensiert, d. h. der Sollwert (oder die Führungsgrösse) eingehalten werden kann. Man sagt auch, eine für die Existenz des Systems wesentliche Variable wird in bestimmten Grenzen gehalten.

 

3. a) Ein System resp. Teilsystem heisst ultrastabil, wenn es gegenüber ganz verschiedenen Störungen stabil ist. Diese Einstellung des Systems auf unterschiedliche Klassen, insbesondere neu auftretende Typen von Störungen, geschieht mit Hilfe von sog. Stufenfunktionen. Dabei spielen Anpassung und Lernen eine Rolle.

 

3. b) Ein (Gesamt-)System heisst multistabil, wenn es aus mehreren ultrastabilen Teilsystemen derart zusammengekoppelt ist, dass diese Teilsysteme zeitweilig voneinander unabhängig (d. h. entartet) sind.
So ist ein System in der Lage, sich einer ganzen Reihe von Aspekten der Umgebung anzupassen. Durch ständige Verbesserung der Abstimmung seiner Teilsysteme untereinander schliesslich kann das System sein Verhalten in beliebigen Situationen optimieren.

 

 

Komplexität

 

In recht unterschiedlicher Weise werden Systeme als komplex bezeichnet. Grundsätzlich lassen sich zwei Ansätze unterscheiden.

Stafford Beer hat die bekannte Gruppierung in einfache, komplexe und äusserst komplexe Systeme eingeführt. Kriterium scheint dabei schlicht die Grösse des Systems, d. h. die Anzahl der Elemente und Relationen zu sein.

Damit zusammen hängt die Beschreibbarkeit. Übersteigt die Anzahl der Elemente und Relationen ein gewisses Mass, dann kann man das System nicht mehr vollständig (präzise und detailliert) beschreiben.

 

Das befriedigt nicht so ganz. Daher empfiehlt sich die systematische Darstellung, auf welche Arten überhaupt von Komplexität, Kompliziertheit und dergleichen gesprochen werden kann.

 

Wie das Schema "Bestimmungsmöglichkeiten für Komplexität" zeigt, kann dabei von zwei Hinsichten ausgegangen werden. Einerseits ist ein Bezug auf Elemente (resp. Zustände) oder Relationen (resp. Abläufe), anderseits auf deren Anzahl oder Art und Beschaffenheit möglich. (Der Umweltbezug spielt dabei meist keine Rolle.)

Manchmal wird der treffliche Begriff "Beziehungsreichtum" auch mit dem Begriff "Organisation" in Verbindung gebracht. Doch bleibt hier wie bei der Komplexität der Wortgebrauch in der Literatur äusserst inkonsistent.

 

 

Isomorphie und Homomorphismus

 

Ähnlich verhält es sich mit dem gleichermassen beliebten Begriff "Isomorphie". Er betrifft den Vergleich zweier oder mehrerer Systeme oder Modelle hinsichtlich ihrer Struktur. Es handelt sich also um eine Äquivalenz-Relation im Sinne einer Abbildung der Struktur des einen Systems (oder Modells) auf ein anderes. Ist eine solche Abbildung eindeutig (d. h. nur in eine Richtung vollständig möglich) so spricht man von Homomorphie, ist sie umkehrbar-eindeutig oder eineindeutig (d. h. ohne "Verlust" in beide Richtungen möglich) von Isomorphie.

 

W. Ross Ashby, der sich übrigens auch mit Stabilitäts- und Anpassungsproblemen eingehend befasst hat, beschreibt dies noch präziser (in "Einführung in die Kybernetik", 1974; engl. 1956, 1964):

 

1. "Die kanonischen Darstellungen von zwei Maschinen [oder Black-boxes, d. h. von zwei Sachen, die sich genau so verhalten wie eine geschlossene eindeutige Transformation] sind isomorph, wenn eine umkehrbar-eindeutige Transformation von den Zuständen (Eingang und Ausgang) der einen Maschine zu denen der anderen Maschine die eine Darstellung in die andere umwandeln kann" (148).
Das bedeutet: Unterscheiden sich zwei Systeme nur im Hinblick auf die Art ihrer Elemente (z. B. Zustände, Variablen), nicht aber in der Anzahl der Elemente und in der Art und Weise der Verknüpfung, so sind sie isomorph.

 

2. "Wenn zwei Maschinen so zueinander in Beziehung stehen, dass sich eine nicht-umkehr-eindeutige Transformation finden lässt, die, wenn man sie auf eine der Maschinen anwendet, diese mit der anderen isomorph werden lässt, dann ist die andere (die einfachere der beiden) ein Homomorphismus der ersten" (157f; im Druck sind hier einige Seiten vertauscht worden)
Das bedeutet: Zwei Systeme sind homomorph, wenn sie einander gleich (isomorph) werden, sobald das eine (eventuelle auch beide) vereinfacht wird, d. h. nicht mit voller Unterscheidungsfähigkeit betrachtet wird.

 

Bei der Homomorphie kommt es somit auf die Blickrichtung an, die bei der Isomorphie nicht von Belang ist. Wenn wir vom einfacheren System (meist als Modell gefasst) auf das komplexere blicken, müssen wir dieses komplexere System vereinfachen.

Das kann auf zwei Weisen geschehen: Entweder greifen wir ein Teilsystem heraus, oder aber wir fassen bestimmte Elemente (z. B. Zustände) und Relationen (z. B. Transformationen) zusammen, vermindern also ihre Anzahl. Dann können wir, vom einfacheren Modell auf das Teilsystem oder die reduzierte Darstellung des Gesamtsystems schauend, herauszufinden versuchen, ob sie isomorph sind.

 

Dieses Sachverhalts muss man sich in der Forschungspraxis bewusst sein, wenn man von Isomorphie spricht, sintemal man im allgemeinen Modelle eines zu untersuchenden Originals erstellt (158-164). Diese Modelle sind meistens, jedenfalls sofern es sich um hochkomplexe Originale (Systeme) handelt, nur einem Teilsystem oder einer Vereinfachung des "Ganzen" isomorph (und überdies wird es auch selten in sämtlichen Einzelheiten betrachtet).

 

Das heisst, wir erfassen die Wirklichkeit nie vollständig. Man sagt auch, es gibt zwar eine inverse Abbildung vom Nachbereich auf den Vorbereich, doch der Vorbereich deckt nicht das Original in seiner ganzen Komplexität ab.

Das bedeutet: Wir erfassen die Wirklichkeit selektiv, aspekthaft und niveaubedingt. Die Aufgabe des Wissenschafters besteht somit darin, Entdeckungen verschiedener Beobachter zu koordinieren, sorgfältig ausgewählte Teilansichten miteinander zu verbinden. Für den Praktiker dagegen genügt jedoch meist die Verwendung eines Homomorphismus zur Lösung seines spezifischen Problems. Denn auch Teilerkenntnisse, wie sie Homomorphismen liefern, sind in sich selbst vollständig und für praktische Vorhaben ausreichend, auch wenn sie vom "Ganzen" nur Bruchteile erfassen (154f).

 

Trotz Verwendung des Begriffs "Struktur" lässt sich freilich mit Hilfe von Isomorphien nicht der innere Aufbau des Originals festlegen. Das Original bleibt weitgehend eine Black-box, ein schwarzer Kasten.

 

Isomorphie gibt uns nur gleiche Verhaltensstrukturen von Modell und (reduziertem) Original. Durch welche und wieviele spezifischen Verbindungen (z. B. Schaltungen, Netze) innerhalb des Originals dieses Verhalten zustande kommt, kann nicht ermittelt werden (141f).

Freilich ist in manchen Fällen durch die Strukturanalyse ein gewisses Grundschema als mehr oder weniger begründete Hypothese auszumachen, das seinerseits als Modell ein Homomorphismus des untersuchten Verknüpfungsaufbaus ist. (Manche Autoren sprechen dabei von Funktionsanalogie.)

 

 

Arten der Systembeschreibung und Systemtypen

 

Die graphische und mathematische Beschreibung von Systemen hat seit dem Zweiten Weltkrieg eine ausserordentliche Vielfalt erreicht. Man kann zweckmässigerweise

Darstellungen auseinanderhalten (siehe Georg Klaus und Herbert Stachowiak), wobei die Grenzen fliessend sind, d. h. die eine Darstellungsart kann häufig durch entsprechende Modifikation in eine andere übergeführt werden.

 

Ebenfalls nach unserem Dreierschema lassen sich Systemtypisierungen vornehmen:

 

1. die inhaltliche Hinsicht betrifft Seinsweise (oder -bereich) und Entstehungsart (System-Typen I)

2. die kontextuelle Hinsicht betrifft

- Komplexität (resp. Beschreibbarkeit) des Systems und Voraussagbarkeit des Verhaltens (System-Typen II)

- die Art der Beziehung zur Umwelt und der Austauschgüter (System-Typen III)

 - Stabilität und Regelung (System-Typen V)

3. die formale Hinsicht schliesslich betrifft die Zeitabhängigkeit von Struktur, Funktion und Verhalten (System-Typen IV)

 

(Aus einem Manuskript: Systemtheoretische Grundlagen der Problemlösung. Arbeitsunterlagen für den Interdisziplinären Nachdiplomkurs über Probleme der Entwicklungsländer (INDEL) an der ETH Zürich, April 1977)

 




Return to Top

Home

E-Mail


 

Logo Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2016 / All rights reserved

Webmaster by best4web.ch