HomeVon der Beschreibung zum Beweis

 

Dazu:          Tabelle: Logik - Logistik

 

 

Objekte und Attribute

 

Jedes "Etwas" - im Extremfall auch "Nichts", "Gott", Fiktionen, Utopien, usw. - muss, damit es überhaupt gedanklich fassbar wird und seine Erfassung in Handlung oder Kommunikation umgesetzt werden kann, beschrieben werden: Das geschieht durch die Feststellung von Merkmalen.

Soll diese "Erkenntnis" anderen erkenntnisfähigen Wesen mitgeteilt werden, bedarf es dazu der sprachlichen Äusserung in Rede oder Schrift; im Extremfall ist auch eine gestische oder mimische Äusserung möglich (Wink, Hinweis).

Im Fachjargon heisst das etwa: Objekte werden durch die Zuschreibung von Attributen erstellt; die solchen zugeteilten Beschaffenheiten ihrerseits als sprachliche Repräsentanten zugeordneten Symbolisierungen heissen Prädikate.

 

Urteile

 

Zuschreibungen von Attributen laufen als Urteile, Schlüsse, Beweise, usw. im kognitiven Bereich ab; werden solche Urteile, usw. sprachlich artikuliert, d. h. werden aus den Attributen Prädikate, so finden sie im kommunikativen Bereich ihren "Ausdruck" in Sätzen (in der Logik: Aussagen; in der Linguistik: Syntaxeme), Satzgefügen oder Reden, Texten.

 

Wichtig ist also: Urteile werden gedacht; Aussagen sind sprachliche Urteilsausdrücke.

Bestandteile von Urteilen sind dabei Begriffe, Bestandteile von Sätzen Wörter (in der Logik: Begriffsnamen, Prädikate, Terme; in der Linguistik: Lexeme).

 

Wir haben damit zwei grundlegende Dreischritte:

1.      Objekt - Attribut - Prädikat und quer dazu

2.      Wort - Satz/ Satzgefüge - Rede/ Text.

 

Die Wörter ihrerseits bestehen aus Lauten oder Buchstaben (Linguistik: Taxeme) und Silben (Linguistik: Morpheme als "kleinste bedeutungstragende Einheiten"). Wiederum quer dazu begleiten die Bedeutungen die Morpheme als Sememe, die Lexeme resp. Syntaxeme als Semanteme.

 

Subjekte oder Attribute erstellen die Objekte

 

Diese Zuordnungsvorgänge werden von sog. kognitiven Subjekten geleistet. Vom psychologischen Standpunkt aus kann man von "Ich" sprechen, vom kybernetischen aus können solche Subjekte natürliche oder maschinelle Informationsverarbeiter, also Organismen oder Automaten sein.

 

Nun kann man sowohl sagen: "Ein kognitives Subjekt erstellt ein Objekt" als auch: "Attribute erstellen ein Objekt". Dabei ist zu beachten, dass der "Name" eines Objektes dieses noch nicht hinreichend erstellt, vielmehr müssen zu diesem "Attribut nullter Stufe" (uneigentliches Attribut) eigentliche Attribute (erster und weiterer Stufen) in Urteilen, Schlüssen usw. hinzutreten.

Nur eingedenk dieses ausserordentlich dynamischen und verwickelten Vorgangs kann man sagen, ein Objekt sei "Träger von Attributen".

 

Ausdrücken, symbolisieren

 

Analog dazu ist es wiederum ein kognitives Subjekt, das Attribute sprachlich artikuliert, sie also mit gesprochenen oder geschriebenen Zeichen ausdrückt oder symbolisiert, und damit den Attributen Prädikate zuordnet. Erneut verkürzt kann man sagen: "Attribute drücken sich in Prädikaten aus" und umgekehrt. "Prädikate sind Repräsentationen oder Symbolisierungen von Attributen".

 

Deuten

 

Ein anderes kognitives Subjekt schliesslich (alter ego) vollzieht diese Zuordnungen anhand der von ihm im kommunikativen Raum erfassten Prädikate gewissermassen rückwärts auf die vom ersten kognitiven Subjekt "gemeinten" Objekte. Das kann man als Deutung bezeichnen.

 

Urteile - Schlüsse - Beweise

 

Fassen wir diese Vorgänge unter dem Gesichtswinkel der Logik zusammen, so sieht das etwa wie folgt aus:

Aus der bejahenden oder verneinenden Verknüpfung von Attributen (die als null-, ein- oder mehrstellige Begriffe oder Relationen gefasst werden) ergeben sich logische Urteile (z. B. Axiome und Postulate - d. h. nicht ableitbare resp. beweisbare Grundsätze, Prinzipien -, Annahmen - entweder Hypothesen oder Fiktionen -, Behauptungen und Thesen - d. h. Lehrsätze, die eines Beweises bedürfen - und Definitionen).

 

Urteile können zu Schlüssen verknüpft werden. So wird etwa Im klassischen Syllogismus aus zwei Prämissen (Obersatz und Untersatz) eine Konklusion (Schlusssatz) abgeleitet (Deduktion).

Nicht klassische Schlüsse sind induktive und intuitive (Schlüsse aus Analogien, Indizien, Wahrscheinlichkeit usw.).

 

Nochmals eine Stufe höher führen Beweise, in denen aus als wahr anerkannten Urteilen - Beweisgründe (argumenta probandi) - durch Schlüsse das zu beweisende Urteil abgeleitet wird, also lückenlose Schlussketten.

In der Wissenschaft heisst das Ergebnis auch Theorem (bewiesener Lehrsatz); auch etwa "Gesetze" gehören dazu.

 

Vorschriften leiten die Verfahren

 

Diese Zuordnungen von Begriffen (Wörtern) zueinander und wiederum der daraus gebildeten Urteile (Aussagen, Sätze) zueinander vollzieht sich nach bestimmten Methoden (Verfahren), die durch Vorschriften (Regeln, Normen, Forderungen, Gesetze) der Logik resp. Grammatik geleitet sind.

 

Besonders wichtig sind in der Logik die Vorschriften zur

  • Begriffs-Urteilsbildung (Definitionslehre),

  • des Schliessens (Syllogistik) und

  • der Beweisführung (Methodenlehre).

 

Häufig werden diese drei Lehren als angewandte Logik der reinen Logik als Lehre von den Elementen des Denkens (nämlich Begriff, Urteil, Schluss) gegenübergestellt.

 

Logik ohne und mit Inhalt

 

Im allgemeinen hat die von Platon (Dialektik), vor allem aber Aristoteles (Analytik), begründete Logik als Lehre von der formalen Richtigkeit des Denkens keine erkenntnismässige oder handlungsorientierte Absicht. Sowohl diese klassische oder formale Logik, wie die moderne Logistik, stellen also nicht auf die "Realität" ab, sie "abstrahieren" von den "Inhalten" des Denkens.

Einzig die sogenannte transzendentale Logik Kants Ist Erkenntnislehre (daher auch materiale oder reale Logik genannt), und die dialektische Logik Hegels Ist Ontologie und Metaphysik (daher auch metaphysische Logik genannt).

 

Die symbolische Logik: Prädikaten- und Aussagenkalkül

 

Die symbolische (auch mathematische, algebraische) Logik oder Logistik nimmt ihren Anfang in der characteristica universalis von Leibniz, wurde von J. H. Lambert weiterentwickelt und erfuhr ihren Ausbau seit Mitte des 19. Jahrhunderts (Boole, Jevons, Venn, de Morgen, Frege, Peirce, Husserl usw.). Ihre Absicht besteht darin, die traditionelle Logik nach dem Muster der Mathematik zu formalisieren und zu axiomatisieren.

Zentraler Begriff ist dabei der Kalkül (oder logische Algorithmus): die Formalisierung der Regeln der herkömmlichen Logik, d. h. die Ersetzung von Begriffen und Begriffsverhältnissen durch Zeichen (Symbole) und Formeln (Gleichungen), mit denen nach dem Vorbild der Algebra gerechnet werden kann.

 

In der Logistik wird die von den Scholastikern ausgebaute Begriffslogik und Dialektik durch die Prädikatenlogik und Aussagenlogik (Satzlogik) mit dem Prädikaten- und Aussagenkalkül (G. Frege) ersetzt. Ersterer untersucht die Struktur von Sätzen, letzterer die Bildung von zusammengesetzten Sätzen, die Kombination von Aussagen nach Regeln, die selbst ein widerspruchsfreies und vollständiges System bilden.

 

Daneben gibt es zahlreiche andere Kalküle wie den Klassen-, Relationen- und Modalkalkül, usw.

 

Mit den Voraussetzungen der Logik und Logistik selbst befasst sich die logische Grundlagenforschung oder Metalogik, insbesondere Syntaktik, Semantik und Pragmatik. (Hier kommen also erst Fragen der Erkenntnis und Handlung, von Bedeutung und Interpretation ins Spiel.)

 

Moderne Logik: Symbolisierung von Prädikaten durch Zeichen

 

Wichtig ist festzuhalten, dass also in der modernen Logik zur "ersten" Symbolisierung von Attributen durch Prädikate eine "zweite" Symbolisierung hinzutritt, nämlich die Symbolisierung von Prädikaten (Eigen- und Begriffsnamen) durch Zeichen (Variablen, Operatoren).

 

Statt Urteile und Schlüsse resp. Aussagen oder Sätze kennt die moderne Logik nur Aussagefunktionen (oder Aussageformen) resp. Satzfunktionen. Werden in solchen Funktionen die Variablen durch "Konstanten" (Terme, Namen, "Werte") ersetzt, dann erst entstehen Aussagen resp. Sätze.

Finden die Untersuchungen der modernen Logik solchermassen im prädikativen Bereich statt (weshalb häufig von "Ausdrücken" die Rede Ist), so ergeben sich, wenn man etwa von den Variablen der Aussagefunktionen In den attributiven Bereich zurückgeht, schlicht "Leerstellen".

 

Aus einem Manuskript "Zur Systemphilosophie", März 1977.

 




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