Was geschieht in einer Loge?
Aus Der Entdeckte Und von allen seinen Geheimnissen Entblösste Freymaurer. Strasburg, Bey Johann Heinrich Belcker, 1745, 14-45.
Ausführlicher in: Der verrathene Orden der Freymäurer, und das offenbarte Geheimnißder Mopsgesellschaft. Amsterdam/ Berlin/ Frankfurt, Leipzig: Arkstee und Merkus 1745; 20-64; weitere 3
Aufl. bis 1778; Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 465-475; Die offenbarte Freymäurerey und das entdeckte Geheimniß Der Mopse. Leipzig: Mumme 1745, 35-82. Das entdeckte Geheimniß der Frey-Mäurer und Mops-Gesellschafft. Berlin: Bey Johann Neaulme, und Stephani De Bourdeaux 1745, 21-66; Berlin 1756. Der verratene Orden der Freimaurer und Das enthüllte Geheimnis der Mopsgesellschaft. Neu übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Reinhold Mueller. Hamburg: Bauhütten Verlag 1973 (Hrsg. von der Freimaurerischen Forschungsgesellschaft Quatuor Coronati, Bayreuth).
Mutmassliche französische Vorlage: Abbé Gabriel Louis Calabre Pérau: Le Secret des Francs-Maçons. Genf 1742 oder 1744 Genauere Angaben am Anfang von: Warum hat sich die Freimaurerei so rasch ausgebreitet? Behauptungen aus der ersten Verräterschrift von Abbe Pérau (frz. 1742/44; dt. 1745)
Stellenweise erweitert nachgedruckt als erster Teil von: L’Ordre des Francs-Maçons Trahi, et le Secret des Mopses Revelé. Amsterdam 1745, 30-103, und identisch. Les Secrets de l’Ordre des Francs-maçons dévoilés et mis au jour par Mons. P. [= Pérau]. Amsterdam 1745, 30-103.
Der Groß-Meister als Haupt der Loge
Die Gesellschafft der Freymaurer muß als ein kleine Republic betrachtet werden, in deren der Groß-Meister das Haupt ist. Ehemals ware nur ein Groß-Meister, welcher in Engelland ware, nachdeme aber diese Gesellschafft sich auch in andern Staaten ausgebreitet, so sind nun verschiedene, er wird Tres-venerable, der Hochehrwürdige genannt. Dieser theilet, denen, Die Meister Freymurer sind, die Briefe und Schrifften mit, welche in der Versammlung, die man Loges nennet, zu verhandlen sind. So oft als man die Freymaurer zusammen ruffet, so bedienet man sich des Termens, daß man sagt, es wird Loge gehalten werden. Es stehet dem Groß-Meister frey die Meisterschafft zu versammlen, wann er will, der gesetzte Tag aber ist der erste Sonntag von jedem Monat. Es ist ferner zu bemerken, daß den Freymaurern erlaubt ist von sich selbst eine Loge zu halten, wann schon kein Groß-Meister gegenwärtig ist, doch in eigentlichem Verstand werden nur die Zusammenkünfte Loges genennt, die durch einen Groß-Meister regieret werden. Die Loges aber werden betitlet nicht von dem Ort der Zusammenkunft, sonder des von dem Groß-Meister, der darinn Praesidiret.
Wir müssen hie bedeuten, daß der Groß-Meister durch die Pluralitaet der Stimmen erwehlt wird, und so offt einer mit Tod abgehet, so kommen die Glieder zusammen, und erwehlen ein neues Haupt Es sagen aber die Engelländer, daß eigentlich nur ein Groß-Meister seye, welcher auch alljährlich in einem öffentlichen Aufzug zu London an der Spitze der Freymaurer sich stellet, und in prächtigem Schmuck und mit einem Scepter versehen, vorher gehet.
Es ist keine sonderbare Ordnung, wie viel zu einer Loge erforderet werden, doch ist soviel gewiß, daß zu der kleinsten Loge zwey Meister, drey Gesellen, und zwey Lehrjünger erfordert werden, wo sich diese Zahl nicht befindet, da ist eigentlich keine Loge. Wann Loge gehalten wird, so stehen neben dem Haupt der Loge zwey Bediente, welche man Wachthalter [surveillants] nennet; Eine jede Loge hat ihren eigenen Schatzmeister [trésorier], welchem die Gelter der Gesellschafft anvertrauet sind. Er besorget auch alle Ausgaben für die Gesellschafft, und allezeit am ersten Sonntag des Monats legt er Rechnung ab. Eine jede Loge hat auch ihren Cantzler [secretaire], welcher alles aufzeichnet, was in den Loges oder Zusamenkünften behandlet wird.
Obschon aber eine jede Loge ein Haupt hat, so hat dennoch dasselbe nicht mehreren Gewalt als die übrigen, es ligt ihme aber wegen dieser Würde ob, ein strenger Beobachter der Gesetzen und Ordnungen zu seyn, und wo er darwider handlet, so fallet er in eine grössere Straf als die übrigen, und wo sein Verbrechen groß wäre, so haben die überige Glieder den Gewalt, einen solchen von seinem Amt zu entsetzen. Doch hat der Vorsteher [le vénérable] diesen Gewalt, daß wo ein Glied etwas verfehlet, so kan er ihme eine kleine Straf auflegen, welche er alsobald erlegen muß, die aber, wie sie sagen, zur Steur der Armen angewendet wird, so aber das Verbrechen eines Bruders von etwelcher Wichtigkeit ist, so ruffet man die Loge zusamen, sonderlich wann es darum zu thun ist, daß ein Freymaurer von dem Orden ausgeschlossen werde, so aber solches geschicht, so sagt man nur, die Loge seye beschlossen, und dieses ist der genante Terminus, dessen man sich bedient, zu bedeuten, daß einer von der Bruderschafft seye ausgeschlossen, und von der Gesellschafft der Freymaurer nicht mehr als ein Bruder angesehen werde, wann man von ihme sagt: Die Logen sind ihme beschlossen.
Wenn die Loge am Tisch versammelt ist
So oft als die Freymaurer, sich mit einander lustig machen und beysamen sind, so ist auch solchen erlaubt an der Tafel zu sitzen, die nicht von der Bruderschafft sind, wo aber Loge gehalten wird, so ist niemand erlaubt, sich darinnen einzufinden, als nur den Gliedern der Gesellschafft allein, füget es sich aber, daß ein Fremder, oder auch ein Freymaurer, der nur noch ein Lehrjünger genennet wird, in der Gesellschafft der Meisteren gegenwärtig wäre, da man von den Geheimnissen und Geschäfften der Gesellschafft redet, und einer der Gesellschafft solches gewahr wurde, so sagt er nichts anders, als es regnet; woraus denn alle Glieder schliessen, daß man nichts mehr von sonderbaren Verhandlungen der Freymaurer reden solle.
Wann die Loge versammlet ist, so ist ein jeder verbunden in seinem Schurtzfell, so von weissem Leder gemacht ist, zu erscheinen. Wann die Freymaurer sich an die Tafel setzen, so sitzt der Präsident oben an, auf der Seiten gegen Morgen, die zwey Wachthalter, von denen wir schon geredet, sitzen gegen ihme über gegen Abend, der so frisch ist angenommen worden, sitzet dem Präsident auf der rechten Seiten. An den Tagen, da jemand in die Gesellschafft aufgenommen worden, hat der Präsident, der Schatz-Meister und der Cantzler der Gesellschaft ein blaues Band um den Hals, an welchem ein kleiner Dreyanqel hanget; wann sie zu Tafel sitzen, und es Nacht ist, so stellet man auch gleichfalls die Liechter, daß sie einen Dreyanqel vorstellen. An dem Tisch gibt man Achtung, daß die Täller allezeit von ungerader Zahl dargelegt. werden, entweders fünff oder sieben, oder neun etc.
So oft als die Freymaurer mit einander an dem Tisch sitzen, so bedienen sie sich zu Benennung aller Dingen der Kunst-Wörter und Ausdruckungen, welche in der Kriegs-Bau-Kunst üblich sind. Zum Exempel, die Bouteille, in deren der Wein ist, nennen sie Baril oder Barigue, den Wein nennen sie Pulver, den rothen Wein, rothes Pulver, den weissen Wein nennen sie weisses Pulver. Insgemein bedienen sie sich an dem Tisch nicht der Gläsern, weil sie alle bald wurden zerbrochen seyn, sonder der Becher, welcher von ihnen Stücke, Mörser und Flinten genennet werden. Wann der Groß-Meister will, daß die Gäste an dem Tisch trincken, so sagt er, sie sollen das Gewehr laden; hernach spricht er, nemmet das Gewehr, schlaget an, gebt Feur, wann der Becher ausgetruncken, so setzen sie wieder ab, und stellen denselben nach Kriegs-Terminis wieder an sein Ort.
Die erste Gesundheit, welche sie trincken, ist die Gesundheit des Königs, die zweyte des Groß-Meisters, und hernach der Meisteren der Gesellschafft. So man neue Glieder annimmet, so trincket man auf ihre Gesundheit alsobald nach des Präsidenten, gleiche Ehre wird auch bezeiget denen Visitatoren, welche von einer fremden Loge kommen, etwelche Sachen von Wichtigkeit den Brüdern mitzutheilen, oder selbige heimzusuchen. Wann sie trinken, so stehen sie alle auf und trinken, sitzen auch nicht wieder nieder, biß daß die Gesundheit getruncken ist, und obschon das Frauenzimmer von der Gesellschafft ausgeschlossen, so sind dennoch die Freymaurer grosse Verehrer dieses schönen Geschlechts, dann wann einer angenommen wird, so reichet man ihme ein paar Handschuh für seine Ehefrau, hat er aber das Glück unverheyrathet zu seyn, so gibt man ihm ein paar Handschuhe für seine Liebste, auch bey den Mahlzeiten trinket man auf ihre Gesundheit, übrigens ist es nicht üblich bey den Gesellschafften der Freymaurer viel von dem Frauenzimmer zu reden, weil bekannt, dass dergleichen Gespräche leichtlich die Einbildungs-Krafft von jungen Leuten erhitzen, und dardurch dann oft unordentliche Gespräche auf die Bahn gebracht werden.
So oft als die Gesellschafft am Tisch bey einander versammlet ist, so höret man das Gesang, der Groß-Meister befihlt dem ersten Wachthalter, oder wem er will, daß er singe, und hernach wird solches alsobald gethan, bißweilen begleiten sie das Gesang mit Wald-Hornen, und wann dieses vorbey, so singt man die von der Gesellschafft aufgesetzte, und zum Dienst der Freymaurer geordnete Lieder.
Die Lieder der Freymaurer sind von verschiedener Art, etwelche sind für die Meister allein, andere für die Gesellen, und endlich andere für die Lehrjunge, und so offt als man Loge haltet, so singt man wenigstens die Lieder, so für die Gesellen und Lehrjünger bestimmet sind. Wann man die letzten Lieder singt, so kommen die Lehrjünger an den Tisch der Meisterschafft, und bringen ihre geladenen Stücke und Mörser mit sich, setzen selbige auf den Tisch der Meistern, und hernach setzen sie sich selbst daran, hernach macht man einen Ring, einer haltet den andern bey der Hand, tanzen um den Tisch, und singen ein zu diesem Tanz verordnetes Lied ab.
Nachdeme dieses Lied abgesungen, so trinket man mit der höchsten Ehrbarkeit und Geziemenheit, doch so, daß keinem erlaubet ist etwas in dem Becher über zu lassen, und bey dieser Gelegenheit siehet man, wie einträchtig, höflich und demüthig die Gesellschafft der Freymaurer seye. Der Groß-Meister, die übrigen Herren Meister, die Gesellen und Junge leben da von was Alters und Herkommens sie seyen, in gröster Freundschafft und Vertraulichkeit; alles gehet in der Stille zu, und niemand ist erlaubet Vivat, oder es leben meine Hochgeehrten Herren, auszuschreyen.
Die Aufnahme in die Gesellschaft
[zum Folgenden vgl. bereits den Bericht des Lieutenant-General de Police Hérault, u. a. in: Frühe Berichte über die Freimaurerei Aus: Die Neue Europäische Fama, 1737 und 1738; eine ganz andere Beschreibung findet sich zur gleichen Zeit- unter dem Titel “Die ‚hertzrührende’ Aufnahmezeremonie“ - in: Historische Vertheidigung der Frey-Maurer-Gesellschafft, frz. 1738; dt. 1738]
Bißher haben wir dem Lesereinen genugsamen Begriff gegeben, wie es in den Gesellschafften der Freymaurer hergehe, es ist nun Zeit, daß wir auch sagen, wie es mit zugehe, wann man jemand in diese Gesellschafft aufnimmet. Diese zu wissen ist nothwendig, daß wann einer begehrtet in diese Hochwürdige Gesellschafft aufgenommen zu werden, so muß es zu erst den übrigen Gliedern der Gesellschafft bekannt seyn, denn weil die Herren Freymaurer sagen, daß sie niemanden aufnehmen, als ehrliche, tugendhafte und wohl gesittete Leute, so ist es ja absolut nothwendig, daß der, so will aufgenommen werden, ein solcher seye. Zu diesem End, muß der in diesen Orden Aufzunehmende jemanden in der Gesellschafft haben, den er wohl kenne, und der ein unpartheyisches Zeugniß von seinem Leben, Sitten etc. ablegen könne; doch weil die Herren Freymaurer alle mit einander gewissenhafte Leute sind, so vergnügt man sich, wann nur ein einicher gegenwärtig ist, der ein solches Zeugniß ablegen kann. Derjenige Bruder, so dieses auf sich nimmet, einen anderen vorzustellen, und als ein tüchtiges Mitglied anzupreisen, wird Proponent genannt, und dieser stellet sich als einen Zeugen und Pathen dar; wann nun der Tag, Stund und Ort darzu bestimmet, und die Loge zusammen kommen, so führet man den, der begehret aufgenommen zu werden, in ein Zimmer, welches gantz finster ist, und da nicht das wenigste Liecht des Tags eintringen kan. In dieses begleitet der Pathe seinen Freund, und wann er nun in diesem Zimmer, so fragt man den neu Angekommenen, ob er einen innerlichen Beruff oder Zug bey sich empfinde, in diese Gesellschafft aufgenommen zu werden. Nach diesem fragt man ihne, wie sein Namen heisse, sein Zunahmen, Geschlecht, Alter, Wissenschafft, Tugenden und Eigenschafften. So dieses geschehen, so benimmt man ihme alles, was er auf seinem Leib von einichem Metall haben möchte. als da sind seine Schu-Schnallen, Knöpfe, an dem Kleid, Ringe, Taback-Dosen, etc. und an etwelchen Orten wird der neue Freymaurer, vom Kleid, Hut Perruque, etc.entblösset. So auch dieses geschehen, so muß er sein rechtes Knie entblössen, und an den linken Fuß muß er einen Pantoffel anlegen:
Auf diß hin werden ihme die Augen verbunden, und wird hernach eine Stund lang in dieser Gestalt allein gelassen, und seinen eigenen Reflexionen und Betrachtungen übergeben, indeß aber wird die Kammer von innen und von aussen wohl bewahret, und die Wächter haben indeß blosse Schwerter in der Hand, die Spötter abzutreiben, wann je dergleichen sich nähern wolten, und der Pathe bleibet auch in dieser Zeit bey dem neuen Freymaurer in dem finstern Zimmer, allein er darf kein Wort mit ihm sprechen. Nachdeme diese Zeit verflossen, so klopfet der Pathe dreymahl mit der Faust an dem Zimmer, in welchem der Groß-Meister sich aufhaltet, der Groß-Meister antwortet gleichfalls mit drey Streichen an der Pforte von innen, und dann wird die Porte eröfnet, und auf diß hin sagt der Pathe, er stelle und Praesentire gegenwärtig einen Edelen, Namens N. N. welcher begehre in die Gesellschafft der Freymaurer aufgenommen zu werden.
Es soll aber hier niemand fremd vorkommen, daß man sich allezeit des Worts bedienet, es seye ein Edelmann, etc. weil man zum voraus setzet, daß so bald als einer ein Freymaurer ist, er auch darmit geadlet wird, er mag denn auch zuvor von Herkommen gewesen seyn wer er will. So bald nun der Pathe dieses zu dem Groß-Meister gesagt, so versetzet dieser: Fraget ihne, ob er einen Beruff bey sich empfinde. Auf diß gehet er hin, und fraget ihne noch einmahl, ob er einen innwendigen Beruff empfinde, der, so will aufgenommen werden, antwortet ja, und dieser wird dem Groß-Meister angesagt, welcher dann befihlt, man solle den neuen Freymaurer hinein tretten lassen : Dieser kommt, begleitet auf beyden Seiten von den zwey Wachthalteren, die sich ihme zur Seiten stellen.
Hier ist wohl zu beobachten, daß auch in diesem Zimmer, in welchem die Freymaurer angenommen werden, gewisse Dinge müssen beobachtet werden: Man mahlet mit einer Kreide zwey Säulen, welche die Säulen des Tempels Salomonis, die Jakin und Boas hiessen, waren, und neben der einten Saul schreibet man den grossen Buchstaben J, auf die andere den Buchstab B. Zwischen diesen Säulen stehen drey Leuchter, welche also gestellt sind, daß sie einen Dreyangel ausmachen; zwischen diese Leuchter wird der Ankommende gestellt mit verbundene Augen, indeß wirft man Pulver und andere Sachen in die Liechter, die einen Knall von sich geben, hernach wird er dreymahl, und an etwelchen Orten neun mal, umher geführt, indeß machen die übrigen Freymaurer ein Getümmel mit ihren Instrumenten und Dreyangeln. Nachdem alle diese Ceremonien vorbey, so führet man ihne wieder an den ersten Platz gegen den Groß-Meister, welcher hinten auf einem grossen Lehn-Stuhl stehet, auf welchem das Evangelium St. Johannis ligt. Auf diß fragt der Groß-Meister noch einmal: Hast du eine Empfindung von einem innerlichen Beruff in dir ein Freymaurer zu werden. Der Postulant antwortet darauf ja; und mit diesem befihlt der Groß-Meister, daß man ihme das Band von den Augen wegziehe, dann er ist nun lang genug in der Finsterniß gewesen. In der Zeit, das dieses geschicht, stellen sich alle Freymaurer um diesen neuen Bruder herum zucken ihre Schwert, und präsentiren ihme solches mit der Spitze gegen seinem Leib, so daß nothwendig, wann die Augen eröffnet werden, diese Leute mit ihren blinckenden Schwertern und weissen Schurtzfellen eine förchterliche Gestallt vorstellen.
Bisher haben wir uns bey dem blinden Freymaurer aufgehalten, nun ist zu sehen, was man mit ihme anstelle, wann er wieder sehend ist; Man stellt ihme einen Redner an die Seite, welcher jhne gegen den Lehnstuhl führt, und mit einer kurtzen aber sehr bündigen und wohlgestellten Red also bespricht: Ihr lasset euch auf diesen Tag in einen Orden aufnehmen, welcher wichtiger und ernsthafter ist, als ihr wohl gedencket; es ist ein Orde in welchem nichts gegen die Gesetze, oder die Religion, nichts gegen den König, nichts wider die guten Sitten kan gehandlet werden; allem der Groß, Meister wird euch das übrige schon anzeigen.
Nachdeme diese herzliche Rede vorbey. so führt man den neuen zu einem kleinen Sessel ohne Lehnen, welche man Tabourets zu nennen pflegt, auf diesem muß er mit dem rechten Knie ruhen, und mit dem lincken Fuß stehet er auf dem Boden, seinen Fuß in einem Pantoffel haltend, wie wir schon oben erwehnet. Nachdeme nun der Postulant in dieser Gestalt sich befindet, so spricht der Groß-Meister zu ihme: Versprecht ihr dann, das Geheimniß der Freymaurer lebens-lang also geheim zu halten, daß ihr solches weder mit Wort, noch mit Schrifft noch Bildniß verrathen wollet, und von dem Geheimniß nichts zu reden, als in der Loge in Gegenwart des Groß-Meisters? Auf diese Frag verspricht der Anzunemmende solches heiliglich zu halten. So nun auch diese Ceremonie vorbey, so entblösset man ihme die Brust, um zusehen, ob er nicht etwann eine Weibs- Person seye, obschon auch vielleicht solche könten gefunden, die eben in diesem Stuck von den Manns-Persohnen nicht unterscheiden. Man gibt ihme auf diß in die linke Hand ein Circkel, welchen er auf die linke Brust hält, mit der rechten aber haltet er das heilige Evangelium, und spricht dem Groß-Meister alles zu halten, was er von ihme forderen werde, er verspricht ihme aber nachfolgenden Eyd vor, welchen er nachzusprechen verbunden ist. So ich je solte eydbrüchig werden, und wider die mir anvertraute Pflicht handlen, so erlaube ich, daß mir meine Zunge aus dem Gaumen gerissen werde, daß mein Leib in Stucken zerrissen werde, daß mein Leib zu Aschen verbrennet und in Wind zerstreuet werde, damit meiner unter den Menschen nicht mehr gedacht werde; so wahr mir Gott helffe und diß heilige Evangelium.
Nach abgelegtem diesem Eyd, präsentiret man dem neuen Freymaurer das Buch der heiligen Evangelien zu küssen, und so bald er solches gethan, so schencket man ihme einen Schurtz und ein paar Handschuh für seine Eheliebste, oder wann er keine hat, für das Frauenzimmer, welches ihme das angenehmste ist, und indem diß geschicht, so weiset man dem Neu-Aufgenommenen die Zeichen, mit welchen sich die Freymaurer von andern Menschen unterscheiden, und sich untereinander kennen können. Man erkläret ihme das Geheimniß des Buchstabens J., welcher Jakin bedeutet, und man zeiget ihme auch, wie er diß Wort durch die Buchstaben so sich im Hals formieren, so aussprechen könne, daß er dardurch von den Brüdern erkennt werde.
Es wurde uns hie zu weitläuffig fallen zu erzehlen, wie viel verschiedene Stellungen der Armen, der Händen, der Fingern und Füssen sie zu machen schuldig sind, die alle mit den Instrumenten der Maureren eine Gleichheit haben; etwelche bezeichnen und bedeuten einen Zollstab, andere einen Dreyangel, andere aber die übrige Instrumente von dem Hochl. Maurer-Handwerk. Der Neu muß hernach diese Zeichen nachmachen, und die Brüder kommen einer nach dem andern, und zeigen ihme die Geheimnißreiche Zeichen, Gebärden und Stellungen, mit welchen er sich in allen Zeiten, Orten und Gelegenheiten kann zu erkennen geben, sonderliche Betastung der Händen, die man einander Freundschaffts halber gibt.
Es ware ehemals ein Gebrauch bey den Freymaurern, daß man nicht alsobald alle Geheimnisse entdeckte, sondern man fienge bey denen an, welche die Lehrjunge betreffen, von diesen gienge man zu den Gesellen, und so weiter; allein die Ungedult der Franzosen erlaubte nicht diesen Unterschied zu machen, oder es lange Zeit anstehen zu lassen, bis daß ihnen alles geoffenbaret worden.
Die Ceremonie der Annehmung eines Jungen in die Gesellschafft, wird allezeit in dem grossen Saale der Loge verrichtet, da der Großmeister und die Wachthalter allezeit mit allen Ehrenzeichen des Ordens angethan und gezieret sind, und auf dem Boden des Saals sind die Symbolischen Zeichen des Ordens aufgemahlt. Einem Neuangenommenen legt man einen grossen unbehauenen Stein in den Saal für das Angesicht; zum Angedenken, daß er sich solle lassen angelegen seyn zu der Vollkommenheit zu gelangen, den Stein nach der Kunst auszufertigen, damit er könne zu dem Bau des Tempels Salomons angewendet werden. Mit diesem ist es nicht genug, man zeiget ihme auch hernach das Geheimnis von dem Buchstaben B., welcher Boas bedeutet.
Sie beweinen den Tod Hirams
So oft als einer zu einem Meister gemacht wird, so beobachtet man neue Ceremonien, welche weitläuffiq sind; man bemahlet den Boden des Saals mit der Figur von einem Gebäu, welches man nennet den Mosaischen Pallast [quelque chose qui ressemble à un bàtiment, qu’ils appellent palais mosaïque – Es handelt sich um einen Übersetzungsfehler. Im engl., bei Prichard, 1730, heisst es „mosaick pavement“, „mosaisches Pflaster“]. Man sihet auch ein Gemählde, welches das Grab des Hirams bedeuten soll, und zu gewissen Zeiten haben die Freymaurer ein Traurfest, an welchem sie den Tod des Hirams beweynen; man kan sich leicht vorstellen, daß viele Freymaurer den Hiram nur nicht dem Namen nach kennen. Wer ein wenig in den heiligen Geschichten bewandert ist, der weiß wohl, daß er der König zu Tyrus gewesen, der dem Salomon allerhand Materialien zu dem Bau des Tempels geschenket; die Freymaurer glauben, sie seyen verbunden den Tod eines solchen Fürsten zu beweynen, der so freygebig gewesen, weil sie heut zu Tag auch noch arbeiten an der Wiederherstellung des Tempel Salomons. Die meisten Freymaurer, welche behaupten, die Geheimnisse des Ordens besser zu verstehen, sagen: Der Hiram, welchen sie betrauren, seye nicht der König, sondern der von deme wir lesen I. B. Königen 7: 13. von deme gesagt ist, er seye der Sohn einer Wittwen gewesen, aus dem Stammen Nephthali, welcher eine grosse Kunst besessen in Gold, Silber, :etc. zu arbeiten, und welcher die Säulen Jakin und Boas zum Stande gebracht. Diese Anmerkung wäre nohtwendig, damit die Herren Freymaurer gleichwohl alle miteinander wüssen, für welchen sie so bitterlich weynen; sie können aber mit der Zeit dieses Traurfest aus ihren jährlichen Festen durchstreichen, wann die Säulen und der Tempel durch ihre Kunst und Fleiß wird von neuem gebauen seyn; wir werden aber bald Gelegenheit haben, weitläuffiger von diesem bevorstehenden Tempelbau zu reden.
Weitere Zeichen, Zeremonien und Ermahnungen
Es sind aber sonderbar vier Zeichen an welchen man die Freymaurer erkennen Kan: Erstlich, das Zeichen so sie Guttural nennen, weil sie mit der Hand an die Kähle greiffen, wenn sie gewisse Worte aussprechen. Zweytens, das Handzeichen, wenn sie einander die Hände geben. Drittens, das Brustzeichen, wenn sie die Hand auf das Herz legen. Viertens, das Fußzeichen, wenn sie beyeinander stehen, und aus der Stellung des Fusses einander kennen.
Die bekantesten aber und die gemeinsten sind in der Aussprache des Worts Jakin und Boas, und wenn sie einander die Hände geben; die Meister haben kein anders Kennzeichen als aber die Lehrjunge; alle diese Zeichen aber geschehen so unvermerkt, daß einer, der kein Freymaurer ist, solches nicht beobachtet.
Nachdeme nun alle diese Ceremonien vorbey, und der Neuangenommene den Eyd abgelegt, so umfasset ihne der Großmeister, und sagt zu ihme: Bißher habe ich mit euch geredet, wie ein Meister mit seinem Lehrjungen; nun aber werde ich euch künfftighin als einen Bruder ansehen und halten. Da wird ihme wieder das Schurtzfell angebotten mit zwey paar Handschuh, eins für ihne, und das andere für seine Liebste; und so dieses geschehen, so sagt der zweyte Wachthalter zu ihme: Wir geben euch diese Handschuh, als unserem Bruder, und sehet, da ist ein paar für euere Freundin; das Frauenzimmer glaubet, wir seyen ihre Feinde, weit gefehlt, wir sind ihnen mit gröster Ergebenheit zugethan, und ihr könnet ihnen mit diesem beweisen, dass wir gern und oft an sie gedenken.
Nachdeme auch diese Ceremonie zu Ende, und einer also zum Meister angenommen worden, so sagt der Großmeister zu dem neufabricierten Herrn Meister: Versinnet ihr euch eures Eyds? Er antwortet: Ja. Da fahrt der Großmeister fort und sagt: So beobachtet und haltet die nachfolgenden Stücke:
1.) Dass ihr der Gesellschaft wollet treu und Glauben leisten, in allen Orten, in allen Umständen, Zufällen und Gelegenheiten, auch den armen Brüdern hilfreiche Hand bieten, wo sie in Noht sind, oder sie solche von euch begehren.
2.) Und weil der Orden der Freymaurer von Edelleuten bestehet, die sich nach ihrem Stand gebührend halten sollen, so versprechet ihr euch so zu betragen, daß die Gesellschafft niemal keine Unehr oder Schande von euch haben solle; und damit man wisse wie ihr euch betraget, so seyd ihr verbunden, dem Großmeister von der nächsten Loge so ihr seyn werdet, (gesetzt, daß keine Loge seye an dem Ort eures Aufenthalts) Bericht zu ertheilen.
3. ) Und weil ihr bisher noch nicht verheyrahtet seyd, so ist euch erlaubt solches zu thun, wann ihr es gut und nohtwendig findet, doch aber thut ihr besser, daß ihr allein bleibet, in welchem Fall aber ihr euch behutsam aufführen sollet.
4.) So ihr aus Befehl des Großmeisters, und Gutfinden von sechs Logen an ein gewisses Ort beruffen werdet, es seye in oder aussert euerem Vatterland, so sollet ihr verbunden seyn, euch dahin zu begeben; könnet ihr nicht gehen wegen Krankheit, so seyd ihr entschuldiget; habet ihr andere Entschuldigungen, so wird die Loge urtheilen, ob sie bündig, fahls sie aber von keinem Werth wären, so soll euch eine angemessene Straff ausgeleget werden, welche ihr auch ohne Anstand bezahlen sottet.
5.) Ist der Freymaurer arm, daß er das Vermögen nicht hat die Reiß zu machen, so sollen ihme die Kosten von der Gesellschafft dargereicht werden.
6.) Gleichwie ihr aber versprechet, dem Orden in allen Stücken gehorsam zu leisten, und wo nöhtig, für die Ehre und das Beste derselben euer Blut zu geben, so seyd ihr auch verpflichtet, bey eräugnendem Fall, und auf Gutfinden des Ordens, den zehenden Theil euers jährlichen Einkommens zur Ehr, Gebrauch und Besten der Gesellschafft, darzuschiessen, in Erwartung einer, euren Diensten und Qualität angemessenen Recompenz; dieses alles versprechet ihr heiliglich zu halten, bey Weigerung aber und Ubertretung aller in dem vorgelesenen Eyd enthaltenen Straff gewärtig zu seyn.
Nachdeme nun dem Freymaurer-Meister dieses abgelesen worden, so gibt er einmal dem Großmeister die Hand, und verspricht diesem nachzuleben. Es ist aber wohl zu beobachten, daß diese Stücke nicht allen Freymaurern alsobald eröffnet werden; etwelchen werden nur zwey, etwelchen vier, und wenigen alle sechs Stücke vorgelesen, weil man für gut erachtet, nach der Regel eines gewissen Geistlichen Ordens, von Grad zu Grad zu gehen; und darum hat man Lehrjungen, Gesellen, Meister und Großmeister.
Obschon nun in diesen geheimen Articuln nichts enthalten, welches wider die guten Sitten laufft, so kan man dennoch fragen: Warum die Freymaurer sollen Rechnung ihres Aufenthalts geben? Warum sie auf Befehl des Ordens, sich sollen an ein gewisses Ort verfügen? und endlich, warum sie in einem gewissen Fall den zehenden Pfenning von ihrem Einkommen, zum Besten der Gesellschafft darschiessen sollen. Man überlasset einem jeden darüber zu gedenken, was er will, dennoch sage, daß unter den Großmeistern beschlossen, ein schönes und grosses Vorhaben auszuführen; etwelche sind der Meynung, es gehe darauf loß, daß sie etwann auf der Küsten von Atrica, oder auf den Spanischen Küsten von America, eine Landung wagen, um daselbst eine Republic, nach ihrem Gutfinden, aufzurichten; andere aber glauben, es werden die Freymaurer von dem König in Engelland ein ihnen angenehmes Stück Land in America erhandlen, welches zwar unter des Königs und der Cron Protection bleibe, dennoch aber sich nach Belieben regieren und bevölkern könne; und diese letztere Muthmassung scheinet die Wahrscheinlichere zu seyn. Dann nachdem gewiß ist, daß der Orden der Jesuiten seit vielen Jahren ein Königreich in America besitzet und regieret, so kan ein ander Königreich oder Republic, die auch nur aus Männern bestehet, ein gleiches unternemmen; wie bald aber dieses Vorhaben werde ausbrechen, oder zu Stande gesetzt werden, davon lasse ich die urtheilen, welche Provincialen und Generalen des Freymaurer-Ordens sind; den gemeinen Brüdern aber ist nicht vergönnt in solche Geheimnisse einzusehen; Es ist aber niemand der nicht urtheilen werde, das Vornemmen seye gut, groß und herrlich, viele Europäische Städte wurden von Leuten erleichtert, die nichts zu thun haben, und die ihnen und andern zur Last geworden.
Die Tafelloge
Bisher haben wir uns bey den Ceremonien aufgehalten, wir kommen nun von diesen mühsamen Gebräuchen zu der Tafel; Man kan leicht urtheilen, daß sich dieses nicht ohne freudigen Zuspruch bey der Tafel endigen könne. Man setzet sich nach diesem allem zu Tisch, der Grossmeister setzet sich gegen Morgen, die Wachthalter gegen Abend, die Meister und Gesellen gegen Mittag, und die Lehrjunge gegen Mitternacht, und der Neuangenommene nimmt den Ehrenplatz, welcher ist auf der rechten Seiten des Hochwürdigen Großmeisters. Ein jeder läßt sich durch seine Knechte bedienen, doch auch dieses kan nicht geschehen, es seye dann, daß der Bediente auch ein Freymaurer seye; und eben dieses ist die Ursach, warum sich so viele Herren samt ihren Bedienten in den Orden aufnemmen lassen: allein dennoch ist wohl zu beobachten, daß bey der Annemmung der Bedienten weniger Ceremonien beobachtet werden, und werden ihnen auch nicht alle Gebärden und Geheimnisse geoffenbaret, man vergnüget sich ihnen das Geheimniß der Säule Jakin zu weisen, und das Geheimniß der Säule Boas bleibt ihnen verborgen; gleichwie in den Clöstern Patres und Fratres sind, diese dienen, jene herrschen; diese bleiben in der Unwissenheit und Gehorsam, allein jene wissen was die Reglen, Absichten und inwendige Verfassungen des Ordens seyen.
Die Herren Freymaurer sitzen nun zu Tische, wir wollen sie sehen speisen; Wann man nun zu essen angefangen, so schlagt der Großmeister mit dem Messer auf den Tisch, die Wachthalter thun ein gleiches, und auf diß ist eine grosse Stille; da sagt der Großmeister: Haltet euch fertig; die Wachthalter sagen ein gleiches; dann sagt der Hochwürdige: Ladet, meine Bruder, für eine Gesundheit; die Wachthalter wiederholen auch diese Worte; auf diß thut ein jeder so viel Pulver, in sein Stück, als er will, es mag dann rohtes oder weisses seyn; wann dieses geschehen, so sagt der erste Wachthalter zum Großmeister : Wir haben unsere Stücke geladen; auf diß sagt der Großmeister: Ihr Wachthalter und Brüder dieser Loge, wir wollen trinken auf die Gesundheit Ihro Maiestat unsers Königs, Gott gebe ihme lange Gesundheit, und glückliche Regierung auf viel Jahre.
Indeme die Brüder an dem Tisch sind, so redet man von den Gewonheiten und Zeichen der Gesellschaft, und sonderlich macht man dem neuangenommenen Bruder viele Fragen, damit er in den Gesetzen und Ordnungen des Ordens befestiget werde. Zum Exempel der Großmeister fragt ihne: wie viele Glieder des Ordens werden erfordert eine Loge zu machen? darauf antwortet er: Drey machen eine kleine Loge; fünff machen geziemende Loge; und siben machen eine vollkommene Loge [trois la forment, cinq la composent, et sept la rendent parfaite] Was die Meister betrifft, so macht man ihnen höhere Fragen, zum Exempel, der Großmeister fragt einen Wachthalter: Bruder, woher kommet ihr? Dieser antwortet: Hochwürdiger: ich komme von der Loge St. Sebastian. Der Hochwürdige fragt noch einmal: Was habt ihr gesehen, da euch das Band von den Augen weggethan ware? Der Wachthalter antwortet noch einmal: Ich habe drey grosse Liechter gesehen, den Mosaischen Pallast, einen Thron der mit Sternen gezieret ware, einen Ouast mit Spitzen, eine Perpendlclar-Linien, und einen Stein der noch unbehauen ware. So lange als die Brüder beysamen sind, so üben sie sich in den Zeichen, mit welchen die Brüder einander zu verstehen geben, daß sie Freymaurer seyen; und da etwelche nicht von grosser natürlicher Fertigkeit sind, so beobachtet man, wie oft die einten und anderen so langsam die Dinge fassen und nachahmen, durch welche die gewissen Freymaurer bezeichnet werden. Wie lächerlich dieses Schauspihl seye, Leute von einem gewissen Alter, oder die unbiegsame Glieder haben, zu diesen Gebärden zu gewöhnen, kan ein jeder sich leichtlich vorstellen.
Unanständige Brüder werden ausgestossen
Die Freymaurer behaupten auch, daß, so lang sie beysamen seyen, alles in grosser Ehrbarkeit hergehe, so aber ein Bruder etwas sagt oder thut, welches unanständig, so wird er von dem Hochwürdigen Groß-Meister erstlich auf eine höfliche Weise ermahnt, so aber der Bruder nicht Achtung gibt auf die Vermahnung, so ihm gegeben worden, so gehet man dann mit mehrerer Schärffe mit ihme um, und so der Casus von der Wichtigkeit, so sammlet man die Stimmen, um zu sehen, ob er solle ausgeschlossen werden, der Großmeister schlägt auf den Tisch, und sagt: Ergreiffet die Waaffen. Die Wachthalter thun ein gleiches, und auf diß ist alles in grosser Stille; dann hebt der Großmeister seine Hand auf die Bley-Schnur, die an seiner Brust hanget, und sagt, zu dem ersten und zweyten Wachthalter; Bruder, warum habt ihr euch zu einem Freymaurer machen lassen? Der Befragte antwortet: Hochwürdiger, ich habe es darum gethan, weil ich in der Finsterniß ware, und wolte das Liecht sehen. Der Hochwürdige fragt ferner; wie seyt ihr zum Freymaurer gemacht worden: Antwort: Mit drey starken Streichen. Der Hochwürdige spricht ferner; Was bedeuten dann diese drey Streichen? Schlaget, so wird euch gegeben werden, stellet euch dar, so werdet ihr angenommen werden. Nach diesen Fragen folgen noch andere, nach dem Gutfinden des Großmeisters; allein der Inhalt derselben ist nichts anders, als von den Gebräuchen des Ordens. Nachdeme nun dieses alles vorbey, so gehet man fort zu der Ausstossung, welche sich durch die Vielheit der Stimmen entscheidet, und dann sagt der Großmeister: Ihr Wachthalter, Brüder und Gesellen, diese Loge ist beschlossen. Die Wachthalter wiederholen die gleichen Worte, und dann sagt der Großmeister zu dem Bruder der ausgeschlossen worden: Eure Widerspenstigkeit ist die Ursach, daß wir uns gezwungen sehen, euch auszuschliessen, hättet ihr euren Fehler erkennt und denselben ausgebessert, so wäre solches nicht geschehen, nun soll euch auf künftig die Loge verschlossen seyn. Auf diß hin wird dieses Ausgeschlossenen nicht mehr gedacht; und so man die übrige Glieder einladet oder zusammen berufft, so übergehet man denselben, und zu gleicher Zeit schreibet man an die alle nächstgelegene Logen, daß man den N. N. ausgeschlossen, und darum solle ihme auch bey ihnen kein Platz in der Loge vergönnet werden. Doch ist hier auch wohl zu beobachten, daß man nicht alsobald zu der Ausschliessung gehet, man suchet zuvor auf alle Weise und mit allerhand Mittlen einen solchen zu verbesseren, so man endtlich glaubet, der Bruder seye unverbesserlich, so wird er aus der Gesellschafft ausgestossen.
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