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Allerneueste Entdeckung der verborgensten Geheimnisse der hohen Stuffen der Freimäurerei, oder der wahre Rosencreutzer, 1768 (frz. 1766)

 

 

Inhalt

Unterschiedliche bibliographische Angaben

Bekannte Abschriften 1783 (französisch) und 1829 (englisch)

Diese Rituale entsprechen nicht den heutigen

 

Allerneueste Entdeckung der verborgensten Geheimnisse der hohen Stuffen der Freimäurerei, oder der wahre Rosencreutzer

Vorbericht [nur in der deutschen Ausgabe]

Geschichte von dem Ursprunge des Freimäurer-Ordens

Erklärung der Sinnbilder der Kupfertafeln

Verzeichniß der in diesem Buche befindlichen Artikel

Erste Stuffe der Mäurerei: Vollkommener Erwählter Mäurer

Zweyte Stuffe der Mäurerei: Erwählter von P.

Dritte Stuffe der Mäurerei: Erwählter der Funfzehen

Vierte Stuffe der Mäurerei: Klein-Baumeister

Fünfte Stuffe der Mäurerei: Groß-Baumeister

Sechste Stuffe der Mäurerei: Ritter vom Degen und vom Rosenkreuze

Siebente Stuffe der Mäurerei: Der Noachit, oder Preussische Ritter

[hier endet die 1.französische Auflage von 1766]

 

Untersuchung ob die alten Verfassungen so vollkommen und gelehrt gewesen als die neuern, und von ihrem Vorzuge

Beschreibung der Ruinen der ersten Loge in Egypten zu Naasse

Beschreibung der Thebischen Grotten

Die Art und Weise als ein Freymäurer zu schreiben

Das Africanische Wort

Die Gesetze [der Africanischen Freymäurer]

Beschreibung des Zimmers, wo die Gesellschaften gehalten werden

[hier endet die 2. französische Ausgabe von 1774]

 

Schreiben eines Profanen über die glückliche und längstgewünschte Entdeckung der Freymäurerei

 

 

 

Unterschiedliche bibliographische Angaben

 

Die Bibiliothèque Nationale de France hat:

Les plus secrets mystères des hauts grades de la maçonnerie, dévoilés, trad. de l'anglais suivi du Noachite trad. de l'allemand [par M. Bérage] [Texte imprimé]

Publication: Jerusalem [Hollande], 1764

Eine weitere Ausgabe erschien 1766 (149 Seiten), 1767 (152 Seiten) und 1768 (bei Kloss, Nr. 1898, 152 Seiten; bei Wolfstieg, Nr. 29989, 160 Seiten)

Eine neue und erweiterte Auflage erschien 1774 (163 Seiten; enthält als einzige französische Ausgabe das Zusatzkapitel über die „Africanischen Freymäurer“),

erneut 1782 (enthält laut Inhaltsverzeichnis, am Schluss, nur die erste 6 Grade, tatsächlich aber alle 7), 1787 (desgleichen) - Wolfstieg hat demgegenüber Ausgaben 1778 (152 Seiten), 1786 und 1788 (je 143 Seiten).

 

Bei Google Books gibt es ein Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek unter dem Titel: Histoire De L’Origine De La Maçonnerie, datiert mit 1750.

Beim Exemplar bei Archive.org ist als Autor angegeben: Bérange.

 

In der Zeitschrift der englischen Forschungsloge Quatuor Coronati (Vol. 32, 1919, 13) erwähnt J. E. S. Tickett das Buch „Les Plus Secrets Mysteres“ und begründet dies folgendermassen: „My reason for mentioning it here is that the Catalogue of the Worcestershire Masonic Library and Museum, edited by Bros. Taylor and Hughan, 1891, p. 43, cites an edition of this work of the year mdccxlvii [= 1747]. If this exists it comes within the period I am considering.”

 

 

1914 gab es einen Nachdruck der Ausgabe von 1774 (mit 170 oder 180 Seiten, aber ohne das Zusatzkapitel über die „Africanischen Freimaurer“) mit einer Einleitung (mit Abbildungenvon Tapis aus andern Büchern), Anmerkungen und einem Anhang von René Le Forestier. Im Original lautet der Druckvermerk: „Dijon. – Imp. Drantiere“. Die Bibliotheken geben an: Paris: Ainé, erneut 1915, 1916, 1920 und 2011 (Milan: Archè; Paris: diff. Edidit.)

Es handelt sich um eine Dissertation an der Universität von Paris. Sie bietet keine Aufklärung über Autorschaft und Ausgaben, sondern bloss eine gut 50seitige Schilderung der Freimaurerei in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

(Bereits ein Jahr vorher hatte Le Forestier am selben ort eine Dissertation eingereicht: Les illuminés de Bavière, mit 729 Seiten.)

 

1969 erschien ein Nachdruck in Turin: Bottega d‘Erasmo

1981 erschien ein Nachdruck der Ausgabe 1774 oder 1778 bei Gutenberg, Paris.

2011 erschien ein Faksimile-Nachdruck einer Ausgabe von 1776 bei C. Lacour, Nimes mit der Bemerkung:

Attribué à Carl Friedrich Köppen d’après August Wolfstieg, alors que ce dernier n’en fut que l’éditeur selon René Le Forestier

 

Bei der Ausgabe von 1766 hat die Cornell University Library: Jérusalem [Berlin: Haude & Spener]

und bei einer Ausgabe von 1778 steht: Jérusalem [i. e. France?: s. n.]. Kloss (Nr. 1898) hat für die Ausgabe 1778: „Jérusalem, sur une haute Montagne etc.“. Die Amherst College Library verweist für diese Ausgabe auf Google Books, wo es heisst: „Jerusalem (Berlin), (Haude & Spener), 1778. XVI, 152 S.

Eine französische Bibliothek hat als Land: Israel

 

Bei der Neuausgabe von 1774 meint die Gottfried Wilhelm Leibnitz Bibliothek in Hannover:

Vermutlich handelt es sich nicht um eine Übersetzung aus dem Englischen sondern um das Original.

und die Angabe lautet: Jérusalem [i. e. Berlin]: Haude & Spener

Zwei Schweizer Bibliotheken haben für diese Ausgabe: Jérusalem (Hollande)

 

Philip M. Katz meint in: Arturo de Hoyos, S. Brent Morris (Hrsg.): Freemasonry in Context, 2004, 163, mit Jerusalem könnte Genf oder Neuenburg gemeint sein.

 

 

Albert Gallatin Mackay behauptet in seiner Encyclopaedia of Freemasonry (seit 1873 in unzähligen Auflagen) unter „Noachite, or Prussioan Knight“:

„The early French Rituals state that the Degree was translated in 1757 from the German by M. de Beraye, Knight of Eloquence in the Lodge of the Count Saint Gelaire, Inspector-General of Prussian Lodges in France.”

 

Dt.:

Allerneueste Entdeckung der verborgensten Geheimnisse der hohen Stuffen der Freimäurerei, oder der wahre Rosencreutzer / aus dem Englischen übersetzt

Wolfstieg (Nr. 29989) gibt zwei deutsche Ausgaben an: 1768 und 1770 und verweist auf Kloss (Nr. 1898), der zwei weitere Ausgaben erwähnt, 1781 und 1788.

 

Für die deutsche Übersetzung merkt die Sächsische Landesbibliothek an:

Im allgem. wird Bérage als Verf. genannt, vereinzelt auch Karl Friedrich Koeppen. - Enth. Werke teilw. mit eigenem Titelbl.

Die Freymäurer-Muse / durch den Bruder Luessy [d.i. Théodore Henri de Tschudy]. Zweytes und drittes Schreiben eines Profanen über die glückliche Entdeckung der Freimäurerey / [Karl Friedrich Koeppen]. Schreiben eines Profanen über die glückliche und längstgewünschte Entdeckung der Freymäurerei / [Karl Friedrich Koeppen]

 

Die meisten andern deutschen Bibliotheken meinen:

Bérage. Übers.: Johann Georg Krünitz

und präzisieren:

Jerusalem [i.e. Berlin] : [Haude & Spener], 1768

Die Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel hat als Verfasser: Bérange.

 

Kloss (Nr. 1898) gibt folgendes an: „Carl Friedr. Köppen zu Berlin erklärt sich in seinem Briefe an Theden, vom 6. Sept. 1769, als den Herausgeber diesere ächten Ritualien“. Wolfstieg (Nr. 29989) sieht als Herausgeber ebenfalls Karl Friedr. Köppen, behauptet dannn aber: „Enth. die von Th. H. Baron de Tschoudy für die chevaliers d’orient ausgearb. Hochgrade“.

René Le Forestier erklärt in seiner Dissertation von 1914 (59) es könnte kein Zweifel bestehen, dass diese Hochgrade „ont été rédigés en France et pour des Français“. Zur Autorschaft von Baron de Tschoudy äussert er sich gewunden und unentschieden.

 

  

http://fuldig.hs-fulda.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:hebis:66:fuldig-938787

 

Zusammenfassend:

Das Jahr der französischen Erstausgabe oder Übersetzung wird mit 1747, 1750, 1757, 1774 und 1776 (am wahrscheinlichten) angegeben.

Als Druckort (Jerusalem) wird Holland, Israel, Frankreich und Berlin, Genf oder Neuenburg angegeben.

Die deutsche Ausgabe erschien vier Mal: 1768, und (weniger wahrscheinlich:) 1770, 1781, 1788.

Als Autor, Herausgeber oder Übersetzer werden angegeben, Monsieur Berage, Berange oder Beraye (stets ohne Vornamen), Karl Friedrich Köppen, Johann Georg Krünitz und Théodore Henri de Tschoudy.

 

 

 

Bekannte Abschriften 1783 (französisch) und 1829 (englisch)

 

17 Jahre nach Erscheinen der französischen Ausgabe hat sie Louis Guillemain de Saint-Victor mit einigen kleinen Änderungen abgeschrieben:

Receuil Précieux de la Maçonnerie Adonhiramite. Seconde Partie, A Philadelphie, 1783.

Er hat bloss ab und zu die Einrichtungen der Zimmer und die maurerische Bekleidung etwas umgestellt. Ferner hat er den Grad des Groß-Baumeisters zweigeteilt.

Neu eingefügt ist der Grad des „Chevalier Rose-Croix“, eine Abwandlung der ersten Form von 1765:

http://public.76465.fr01.ikeepincloud.com/DOCS/AASR/1765%20CHEVALIER%20AIGLE.pdf

 

René Le Forestier (1914, 59) behauptet, dass sowohl „Les Plus Secrets“ wie „Receuil Précieux“ auf eine gemeinsame Quelle („des cahiers manuscrits“) zurückgehen (teilweise, 165, Anm. 58), wobei die Abchrift des ersteren weniger genau ausgeführt wurde. 

 

 

In das Buch von Elder David Bernard:

Light on Masonry. A Collection of all the most important documents on the subject of Speculative Free Masonry. Utica: William Williams 1829, 290-327

(neue Ausgaben 1858,1869 und 1870; Nachdrucke 1993 und 2010), sind sieben der neun Grade als “French Degrees” übernommen und – minim gekürzt - ins Englische übersetzt worden:

 

 

 

Diese Rituale entsprechen nicht den heutigen

 

In ihrer Analyse der 7 Grade in der Zeitschrift Heredom (1, 1992, bis 5, 1996; ferner 11, 2003 und 18, 2010) schreiben Eric Serejski (später William E. Parker und Arturo de Hoyos) und S. Brent Morris:

 

„It should be emphasized that the ceremonies are not those of the present day Ancient and Accepted Scottish Rite. They are the alleged practices of hauts grades Masons in France in 1766. We have taken no account of the enormous changes, both organizational and ceremonial, that occurred as the hauts grades eventually coalesced into their modern form in 1801 in Charleston.

 

Les Plus Secrets Mystères has the rituals for seven degrees which match very roughly with more developed ceremonies in the Scottish Rite:

Perfect Elect Mason, Elect of Perignan, and Elect of Fifteen, corresponding to the 9°, 10°, and 11°;

Little Architect, and Grand Architect, corresponding to the 12°;

Knight of the Sword and of the Rose Croix, corresponding to the 15° and 16°; and

Noachite or Prussian Knight corresponding to the 21°.”

 

 

Eine kurze Schilderung der Grade des Ancient and Accepted Scottish Rite:

http://www.freemasons-freemasonry.com/don34.html

 

Für die frühen Hochgrade siehe Alain Bernheim:

http://www.freemasons-freemasonry.com/bernheim17.html

http://www.freemasons-freemasonry.com/bernheim19.html

und Jean-Bernard Lévy:

http://www.editionsdelahutte.com/RESSOURCES/EXTRAITS_ABREGEREAA.pdf

 

Eine vollständige Gegenüberstellung des französischen Wortlauts von zwei frühen Katechismen

1751, Quimper: Chevalier Elu

1761, Lyon (Willermoz): grand Elu

gibt ebenfalls Alain Bernheim im Annexe 2 seiner Untersuchung „La Stricte Observance“.

http://www.freemasons-freemasonry.com/bernheim6.html

 

Zur Nähe der vier Hochgrade des „Rite Français“ von 1786 liegen keine Untersuchungen vor. 

 

 

Die – neben der Dissertation von René Le Forestier (1914) - einzige bekannte Analyse der französischen Fassung Les Plus Secrets Mystères bot Philip M. Katz:

Freemasonry under the Cloak: A Masonic Text of the Old Regime. In Arturo de Hoyos und S. Brent Morris: Freemasonry in Context. 2004, 163-175.

  

Le Forestier (43, 160, Anm. 9), gibt an, die drei Grade der “Elus” (Thema: Bestrafung der Mörder Hirams) seien ca. 1745 entstanden. Es folgten Schottengrade “Chevalier d’Orient” (1749, Thema: Wiederaufbau des zerstörten Tempels von Jerusalem nach der Babylonischen Gefangenschaft) und “Chevalier d’Occident” (1751; Thema: Nachfahren der Kreuzritter oder Templer). Der Rosenkreuzergrad kommt erst etwas später (164, Anm. 50); die ersten Manuskripte datieren von 1761, der erste Druck von 1783

 

 

 

 

 

Allerneueste Entdeckung

der

verborgensten Geheimnisse

der hohen Stuffen

der

Freimäurerei,

oder

der wahre Rosencreutzer;

aus dem Englischen überseht,

nebst

dem Noachiten,

oder Preußischen Ritter,

ingleichen einem Schreiben

eines Profanen.

Jerusalem. 1768

 

 

 

Vorbericht.

[nur in der deutschen Ausgabe]

 

Land der Neubegierde ist wohl allenthalben zu entdecken. Wir haben daher zur Befriedigung dieser beliebten Leidenschaft, das Geheimniß aller höhem Grade der Freimäurerei, welches in Jerusalem französisch gedruckt worden, gegenwärtig ins Deutsche übersetzt. Die Genehmigung des Ordens, haben wir zwar dazu nicht erhalten, jedoch scheinet eine Übersetzung keine Verrätherey zu seyn. Das Laster fällt auf den Bürger von Jerusalem, der für gut befunden, seinen Nahmen zu verhelen, indem er wohl weiß, daß er dadurch den grösten Haß seiner Mitbrüder auf sich geladen. Seine öffentliche Strafe in den französischen Anzeigen bringt ihm nicht viel Ehre. Solte nicht diese Ehrwürdige Gesellschaft als wahre Pythagoraeer diesem neuen Hipparchus ein Denkmahl errichten, und über ihm noch bey seinem Leben Leichengedichte absingen lassen?

Das Buch selbst verdient wegen der seltnen Anzeigen aus dem entferntesten Alterthum gelesen zu werden. Ein Schreiben, so uns hierüber von einem Profanen zugeschickt worden, haben wir wegen des darin entdeckten Schlüssels hinzugefügt, und gereicht dasselbe zur Zierde der deutschen Uebersetzung.

 

Das ganze Geheimniß der Freimäurerei stellt den grausamen Tod des Ertz-Bischof Thomas Becket von Canterbury vor. Wer in der Englischen Geschichte belesen ist, wird wissen, welches Aufsehen dieser Geistliche bey seinem Leben und nach seinem Tode verursacht. Dieser ist der wahre Zeitpunkt der Entstehung des Bauordens. Die Mitglieder hießen im Anfange, Ritter vom schwarzen Berge vor Jerusalem, bey denen unschuldigen Kränkungen aber die sie ausstehen mußten, nahmen sie den Nahmen der Todesangst-Brüderschaft an, unter welchen sie sich in Engeland zuerst vestgesetzt, und sich zuletzt Freimäurer genannt.

Die Absicht des Ordens ist lobenswürdig und enthält viel Gutes. Man kann ihn mit allem Recht für eine gelehrte Gesellschaft halten, obgleich die Menge der. armen Laibrüder, so unter ihnen sind, mehr an den Vortheilen der Brüderschaft, denn an der tiefen Gelehrsamkeit, so darin herrscht, Theil zu nehmen scheinen.

 

Warum einige unter den Freimäurern Gomergons genannt werden, können wir wegen Unwissenheit in dieser Kunst nicht errathen. Nachkommen des Gomer können sie nicht seyn, denn das stritte wider alle Weltbeschreibungen. Das Wort Sakelos ist uns gleichfalls fremd, weil wir gar nichts von der Egyptischen Sprache verstehen.

 

Gegenwärtige Uebersetzung, so aus einer geschickten Feder geflossen, wird wegen des Inhalts allemahl ein angenehmer Zeitvertreib der Neubegierde seyn. Der Leser bemerke gleich Anfangs, daß der heilige Vater zu Rom, Salomo, der König von Engeland Richard I., der König zu Tyrus und der Ertz-Bischof Becket, der Meister Hiram genannt wird, so kann er gleich das ganze Werk ohne Schwürigkeit lesen, und verstehen, zumahl wenn er in der Geschichte bewandert ist.

 

 

 

Geschichte

von dem Ursprunge

des

Freimäurer-Ordens

 

frz. auch in:

Encyclopädie der Freimaurerei. Dritter Band, 1828, 507-508

 

vgl. dazu:

http://204.3.136.66/web/heredom-files/volume1/grade-of-perfect-elect.htm

 

 

Es ist dieser Orden von Gottfried von Bouillon, in Palästina, im Jahre 1330 nach dem Verfalle der Christlichen Heere, errichtet, und zur Zeit nachher bloß den französischen Freimäurern, und zwar nur einer geringen Anzahl, ertheilt worden, zur Belohnung für die gefälligen Dienste, welche sie unterschiedenen unserer Englischen und Schottischen Ritter, von welchen die wahre Freimäurerei herruhret [besser: herrühret], erzeigt haben.

Ihre Hauptloge befindet sich auf dem Berge Heredon [Hérédon], woselbst die erste Loge in Europa gehalten worden, und welche noch in ihrem völligen Glanze vorhanden ist. Die allgemeine Rathsversammlung wird täglich daselbst gehalten; und sie ist der Sitz des wirklichen höchsten Ober-Meisters. Es lieget dieser Berg zwischen Westen und Norden von Schottland, sechzig Meilen von Edenburg.

 

Es gibt noch andere Geheimnisse bey der Freimäurerei, welche unter den Franzosen niemahls bekannt geworden sind, und mit dem Lehrlinge, den Gesellen und Meistern nicht die geringste Verbindung haben. Ehrenstuffen, welche für die Freimäurer insgemein angelegt sind, und wovon eine Nachricht im Druck herausgekommen ist, unter dem Titel: der verrathene Freimäurerorden, und andere. Diese hohe Stuffen, welche uns auf den wahren Endzweck fuhren, warum die Freimäurerei erdacht ist, und die wahren Geheimnisse entdecken, welche bisher noch unbekannt gewesen sind, bestehen in Folgendem.

Nachdem die Saracenen sich der heiligen Oerter, welche ehemahls das gelobte Land hiessen, bemächtigt hatten, wo alle Geheimnisse unsers hohen Ordens vorgegangen sind, welche sie zu den unheiligsten Uebungen anwendeten; so verbanden sich die Christen mit einander, dieses herrliche Land zu erobern, und diese Unmenschen aus einer so ehrwürdigen Gegend zu vertreiben.

Sie langten glücklich au diesen Orten an, durch Hülfe der zahlreichen Heere, welche alle Christliche Potentaten dahin abgeschickt, und welche den Nahmen der Creutzbrüder des heiligen Krieges, (Ritter von den Creutzzügen, Croisés,) angenommen hatten. Der manchfaltige beträchtliche Verlust aber, welchen sie erlitten, nöthigte sie, unter dieser Sekte zu leben, und vermengt zu bleiben. Dieses verursachte täglich Streitigkeiten, deren Ausgang für die gläubigen Creutzträger unglücklich war. Ja, die Wuth dieser Barbaren gieng so weit, daß sie auf den- bloßen Nahmen des Christen, alle diejenigen niedermachten, welche darin ihr Glück setzten.

 

Eben dieses veranlasset den Gottfried von Bouillon, ihren Heerführer, gegen das Ende des vierzehenten Jahrhunderts, die Geheimnisse der Religion unter den auf beyqefügten Kupferstichen vorqestellten Figuren zu verbergen und zu verstecken. Man hat sich Mühe gegeben, auf denselben mit der sorgfältigsten Aufmerksamkeit diese Sinnbilder und figürliche Vorstellungen abzuzeichnen. Man erstehet daraus, daß dieses der Bewegunqsgrund war, warum die eiferigen Christen den Tempel des Salomo wähleten, welcher so viel Gleichheit mit der Christlichen Kirche hat, wovon dieses geheiligte, so prächtige, Gebäude nach der Wahrheit das Sinnbild und Symbolum ist. Aus dieser Ursache demnach verbargen die Christen das Geheimnis der Erbauung der Kirche, unter dem Geheimnisse der Erbauung des Tempels, und nannten sich Mäurer, Baumeister, oder Bauleute, weil sie sich mit Erbauung des Glaubens beschäftigten. Sie machten demnach ein Gemählde, welches wie die Kupfertafel, pag. 1. aussahe, und versammelten sich, unter dem Vorwande, Bau-Risse aufzunehmen, damit sie durch alle Sinnbilder hindurch, welche von der Mäurerei hergenommen werden konnten, der christlichen Religion folgen, und ihr Leben für den Grausamkeiten des Volkes der Saracenen in Sicherheit setzen könnten.

 

Da die Geheimnisse der Mäurerei in ihrem Anfange nichts anders, als die Geheimnisse der Christlichen Religion waren, und noch sind; so war man mit überaus gewissenhafter Sorgfalt dahin bedacht, diese wichtige geheime Sache niemandem ausser denen anzuvertrauen, welche von bewährter Vorsichtigkeit waren, und auf die man sich sicher verlassen konnte. Daher kam man auf den Einfall, Stuffen oder Grade anzulegen, um diejenigen, denen man sie anvertrauen wollte, auf die Probe zu stellen. Man gab ihnen zu Anfange nichts weiter, als das sinnbildliche Geheimnis des Hiram, worauf das ganze Geheimnis der blauen Mäurerei, für den Lehrling sowohl, als auch für den Gesellen und Meister, gegründet ist. Und dieses ist, nach der Wahrheit, das einzige dem Publikum bekannte Geheimnis dieses Ordens, und welches bloß in dem Worte Macbenac bestehet, welches mit der wahren Freimäurerei nicht die geringste Verbindung hat.

Etwas anders erklärte man ihnen nicht, aus Furcht verrathen zu werden; und man hatte ihnen diese Stuffe bloß als ein geschicktes Mittel verliehen, sich einander zu erkennen, ob sie sich gleich unter den Barbaren unordentlich vermengt befanden. Damit dieses desto besser von statten gehen mögte, beschloß man, sich Zeichen, Worte und Merkmahle zu bedienen, welche bey jeder Stuffe unterschieden waren, um sie nicht allein von den unchristlichen Saracenen zu unterscheiden, sondern auch die mancherley Stuffen zu bezeichnen, deren Anzahl auf sieben vestgesetzt ward; nach dem Beyspiele des großen Baumeisters, welcher die Welt in sechs Tagen erbauete, und am siebenten Tage ruhete; so wie man auch sieben Jahre auf Erbauung des Salomonischen Tempels zubrachte, welchen man zur figürllchen Grundlage der Mäurerei wählete, und unter dem Nahmen Hiram vorstellete, wovon die Meisterschaft nur eine falsche Erklärung macht, und das wahre Geheimniß erst in gegenwärtigem Buche entdeckt wird.

 

 

 

Erklärung

der Sinnbilder der Kupfertafeln.

[Explication des Emblemes des Estampes]

 

 

 

Für eine seitenverkehrte Reproduktion siehe:

Recueil Précieux de la Maçonnerie Adonhiramite, 1786:

http://mvmm.org/c/docs/adonh.html

 

 

Der Acacienbaum, Fig. 1., welcher in der Meisterschaft so berühmt ist, ist zur Erinnerung des Creuzes des Heilandes der Welt, weil dasselbe aus diesem Holze, womit Palästina angefüllt ist, gemacht war. Aus diesem Grunde hat das Kleinod des Groß-Meisters, diese bey Fig. 4. abgebildete Gestalt.

 

Fig. 2. Die Gefangenschaft, als Schottischer Meister, bezeichnet die Verfolgung, die Drangsale der Kirche unter den Römischen Kaisern, und die Freyheit unter Constantin dem Großen.

 

Fig. 3. Der Traum des Cyrus, welcher in den Rittern vom Degen, S. 89 erklärt wird.

 

Fig. 4. Das Winkelmaaß und der Zirkel, welche das Kleinod ausmachen, stellen die Vereinigung des Alten und Neuen Testamentes vor.

 

Fig. 5. Die Bundeslade, welche die Gesetztafeln, den Stecken Aarons, u. s. w. enthielt.

 

Fig. 6. Der dreyfache Triangul stellet die Herrlichkeit des ewigen Gottes, als ein Sinnbild der drey Wesen der Dreyeinigkelt, vor.

 

Fig. 7. Die sieben Siegel, welche an diesem Buche sind, bezeichnen die sieben Stuffen der Mäurerei; und das darauf liegende Lamm, welches der Stekenna ist, zeiget an, daß, gleichwie es allein würdig ist, diese Siegel aufzuthun, also auch kein anderer, als der wahre Rosencreutzer, das Vorrecht hat, in dem Buche, welches die vollständige Lehre der Mäurer enthält, zu lesen, und die tiefsten Geheimnisse derselben zu erforschen. S. die 8 1 u. 82 Blats.

 

Fig. 8. Der Altar, worauf sich die Schaubrodte [les Pains de Proposition] befinden, stellet die Einigkeit vor, welche unter den Brüdern, die an einerley Gastmahl Theil nehmen, herrschen soll.

 

Fig. 9. Der Räuchaltar [L’Autel des Parfums] bezeichnet die Wünsche eines vollkommenen Mäurers, welche allezeit rein sind, und sich zum Himmel erheben.

 

Fig. 10. Der Leuchter mit sieben Armen, bildet die sieben Sacramente ab.

 

Fig. 11. Die zehen Gefäße, stellen die zehen Gebote Gottes vor.

 

Fig. 12. Der Opferaltar ist das Sinnbild des blutigen Opfers des Heilandes.

 

Fig. 13. Die Büchse, welche das Räuchwerk enthält, stellet ein reines Herz vor, welches mit nichts anderm, als einem lebhaften Eifer, und einer brünstigen Liebe erfüllt seyn muß, welche würdig sind, dem Herrn dargebracht zu werden.

 

Fig. 14 Das mit Manna angefüllte Gefäß, ist das Bild eines mit göttlicher Gnade erfüllten Herzens.

 

Fig. 15. Die zwölf Stiere, worauf das eherne Meer ruhete.

 

Fig. 16. Die zwölf Apostel, welche alle Hindernisse überwunden, und die verwehrtesten Zugänge durchbrochen haben, um den Glauben überall hinzubringen.

 

Fig. 17. Die drey auf der Brücke befindlichen Buchstaben, bedeuten, daß die Hindernisse aus dem Wege geräumt find, und freyen Uebergang. (Liberté de passer.)

 

Fig. 18. Das Heiligthum stellet unsere Herzen vor, welche die Geheimnisse des Gesetzes in sich schließen.

 

Fig. 19. Die Ringmauer zeiget die Fürsorge an, welche man haben muß, daß man sich nicht überraschen, und von den Geheimnissen nichts auskommen lasse, welche die Unheiligen nicht wissen müssen.

 

Fig. 20. Die Erklärung hiervon, sehe man bey dem Uebergange über den Fluß, welcher S. 103 in den Rittern vom Degen beschrieben ist.

 

Fig. 21. Der Thurn, in welchen die Mörder Hirams eingeschlossen wurden.

 

Fig. 22. Viereck der Loge des Ritters vom Degen, welches von einer Mauer von Werkstücken eingeschlossen, und mit sieben Thürnen, sechs niedrigem, und Einem höhern, versehen ist.

 

Die übrigen Figuren, deren hier nicht Erwähnung geschiehet, hat man für dermaßen verständlich gehalten, daß man keine besondere Erklärung davon geben zu dürfen geglaubt hat.

 

 

 

Verzeichniß

der in diesem Buche befindlichen Artikel.

[Es steht in der französischen Ausgabe am Schluss, 147-149]

 

 

Erste Stuffe.

 

Zierathen der Loge

Schurzfell, Band und Titel

Anfang der Arbeit

Vorbereitung des Neuaufzunehmenden

Verpflichtung

Finsteres Gemach

Zeichen

Berühren und die Losung

Catechismus

Tafel-Loge

 

Zweyte Stuffe

 

Eröffnung der Loge

Art zu schlagen

Verpflichtung

Catechismus

Anrede

 

Dritte Stuffe

 

Beschlag der Loge

Eröffnung der Loge

Verpflichtung

Einführung des Aufzunehmenden

Unterricht

Fasson des Schurzfelles

Catechismus

Anrede des Meisters

 

Vierte Stuffe

 

Beschlag der Loge, Schurzfell, Kleinod

Vorbereitung des Candidaten

Aufnahme

Verpflichtung

Berühren und Zeichen

Catechismus

Wahrer Nahme des Berges, auf welchem der Tempel erbaut war

 

Fünfte Stuffe

 

Einrichtung der Loge und Zimmer

Zierathen und Vorbereitung

Eröffnung der Loge

Aufnahme

Erste Verpflichtung

Zweyte Verpflichtung

Unterricht

Reißbrett

 

Sechste Stuffe

 

Ursprung der Ritter

Erstes Zimmer

Zweytes Zimmer

Kleidung der Brüder

Vorbereitung des Candidaten

Eröffnung der Loge

Aufnahme

Verpflichtung

Unterricht

 

Siebente Stuffe

[Die Angabe dieser Stufe fehlt in der französischen Ausgabe]

 

Art den Orden anzunehmen

Catechismus

Geschichte der Noachiten

 

 

Untersuchung, ob die alten Verfassungen so vollkommen und gelehrt gewesen, als die neuern, und von ihrem Vorzuge

Schreiben eines Profanen über die glückliche und längst gewünschte Entdeckung der Freymäurerey

 

 

 

Erste Stuffe der Mäurerei.

Vollkommener Erwählter Mäurer

[Parfait Maçon Elu],

welcher die ursprüngliche Vorschrift der Mäurerei beständig beobachtet hat.

 

vgl. dazu:

http://204.3.136.66/web/heredom-files/volume1/grade-of-perfect-elect.htm

http://www.brad.ac.uk/webofhiram/?section=ancient_accepted&page=9Electofnine.html

 

 

Nöthige Zierathen.

 

Die Loge, welche das Gemach des Salomo vorstellet, muß zierlich ausgeschmückt seyn. Die Tapezerei kann von verschiedenen Farben seyn. Die Morgenseite muß so breit seyn, daß zwey Armstühle bequem darunter stehen können. In derselben Reihe, unten am Throne, zur Rechten, setzt man einen kleinen Altar hin, welcher mit einer Decke behängt wird. Auf dem Altare stehen drey gelbe Wachslichter, welche wie ein Winkelmaaß gestellt sind; auch lieget auf demselben das Buch der Weisheit. Die Loge muß durch neun gelbe Wachslichter erleuchtet seyn, welche entweder auf einem hangenden Kronenleuchter, oder ohne Unterscheid auf Leuchtern auf der Erde stehen können, doch müssen sie wenigstens einen Fuß weit von einander entfernt seyn. Will man es noch heller haben, so kann man den brennenden Busch vorstellen, mit Blättern und Zweigen der Baume, welche man durch Lampen erleuchtet.

Die Loge muß auf der Fliese des Saals, auf die nachher vorgestellte Art, abgezeichnet stehen. Rings herum sind Stühle, warauf sich die Brüder setzen.

 

Da diese Loge der Rath der Neune ist, so kann sie durchaus nicht gehalten werden, wofern nicht ihrer neun beysammen sind. Die beyden ersten darunter, sind Salomo und Hiram, der König von Tyrus, welche alle beyde den Thron einnehmen. Doch hat Salomo zur Rechten den Vorsitz. Diese beyde Könige müssen die Krone auf dem Haupte haben. Die Krone des Salomo ist mit Edelsteinen besetzt; die Krone aber des Königs von Tyrus hat dergleichen nicht. Jener führet allein einen mit Goldfäden überzogenen blauen Scepter, welcher einen leuchtenden Triangul über sich hat, als ein Sinnbild der Weisheit und Vollkommenheit. Der König von Tyrus hält einen großen Dolch in der Hand. Uebrigens sind sie beyderseits eben so wie die Brüder gekleidet; ausser daß Salomo Handschuhe hat, welche mit einer Franse besetzt sind; und ein Schurzfell mit einer silbernen Kante.

Die Brüder sind insgesammt schwarz gekleidet, und tragen an der linken Seite ein kleines Bruststück, worauf ein Todtenkopf nebst einem Knochen und Dolche, in der Form eines Andreascreutzes [en sautoir], in Silber gestickt ist, und umher stehet die Devise: Vaincre ou mourir (Ueberwinden oder Sterben.) Sie haben ein großes, vier Finger breites, schwarzmohrenes Band, welches von der Rechten zur Linken hangt, worauf vorn die Devise: Vaincre ou mourir Ueberwinden oder Sterben) in Silber gestickt stehet. Unten an dem Bande must ein von weissem Bande geknüpftes Rösechen seyn, an dessen Ende ein kleiner Dolch in seiner Scheide hangt.

Das Schurzfell muß von weißem Leder, und schwarz gefüttert seyn. Auf dem Latze ist ein Todtenkopf nebst einem Beine und Degen, in Form eines Andreascreutzes, gestickt. Oben darüber befindet sich ein in Gold gesticktes Winkelmaaß. Auf der Tasche der Schürze befindet sich eine große Thräne, unten und an den Seiten acht andere kleinere. An dem Ende der Tasche, ein Zweig vom Acacienbaume. Die Handschuhe sind mit schwarzem Taffet gefüttert, und auf gleiche Art beseht.

 

 

 

Titel.

 

Der Meister wird Wohlweise [très-Sage], der König von Tyrus Großmächtig [très-Puissant], und die Brüder Wohlehrwürdig [très-Respectables] genannt. Einen Oberaufseher giebt es nicht; sondern der Wohlweise, sobald er den Thron bestiegen hat, ernennet einen Bruder, welcher der Geheime des Raths heisset.

 

 

 

Anfang der Arbeit.

 

Wenn sich der Wohlweise, mir der Krone auf dem Haupte, gesetzt hat, so spricht er zum Könige von Tyrus, welcher sich unten am Throne hinstellet:

„Großmächtiger König von Tyrus, was beliebt Ihnen hier?"

Der König von Tyrus antwortet:

„Wohlweiser! ich komme, um Rache „bey Ihnen anzusuchen, wegen des Todes des Baumeisters des Tempels, welcher bis diesen Tag noch unbestraft geblieben ist."

Der Wohlweise spricht:

„Setzen Sie sich, mein Bruder, und seyn Zeuge von den Untersuchungen, welche ich über den Mörder anzustellen verordnen will."

Der König von Tyrus steiget auf den Thron, und seht sich. Salomo ernennet einen Bruder, welcher alsofort zum Throne herbey kommt, und mit Einem Fusse niederkniet. Salomo nimmt seinen Scepter, leget ihn auf dessen Haupt, und spricht:

„Bruder, ich bestelle Euch zum Aeltesten des Raths, für die Sicherheit der Loge zu sorgen. Machet den Anfang Eurer Verrichtungen, mit Untersuchung der Eigenschaften der allhier gegenwärtigen Brüder."

Der Bruder stehet auf, neiget sich vor beyden Königen, gehet alsdenn herum, und nimmt das Zeichen, die Berührung, und die Losung von jedem Bruder an. Hierauf nähert er sich dem Throne, und spricht mit einer sehr tiefen Vorbeugung:

„Wohlweiser! Der Rath hat lauter getreue Unterthanen."

 

Salomo stehet auf, und spricht:

„Meine Brüder! es erleuchte uns der grosse Baumeister [le grand Architecte], es leite uns die Gerechtigkeit, und es thue die Wahrheit den Ausspruch!

Aeltester Bruder! entfernet alle Weltliche, und seyd eingedenk, daß wir unter dieser Benennung diejenigen Mäurer verstehen, welche nicht mit dem Nahmen des Erwählten Meisters beehrt werden."

Der älteste Bruder durchsuchet hierauf alle Gegenden, stellet einen Bruder zur Schildwache innerhalb der Thüre, mit dem Degen in der Hand, kehret alsdenn wieder zum Throne zurück, neiget sich, und spricht:

„Es ist alles bedeckt: Die Wachen besetzen die Thüren des Pallastes, und es kann kein Weltlicher in unsere Geheimnisse dringen."

Salomo giebt dem ältesten Bruder einen Wink, an die äussersten Enden der Werke zu gehen. Sobald er daselbst angelangt ist: spricht der Wohlweise:

Wie hoch ist es an der Zeit? Ist es Tagesanbruch, oder Tagesanfang?

Salomo thut sieben gleiche, und zwey geschwinde Schläge, und spricht dabey, N. N. M. welches Rache bedeutet. Die Brüder sprechen ebenfalls N. N. M. nach, und schlagen neunmahl in ihre Hände [Le Forestier, 160, Anm. 11, gibt an, die drei Buchstaben werden ausgesprochen als: Nekom].

Hierauf sagt Salomo:

Wohlehrwürdige Brüder! die Loge ist eröffnet.

Er macht das Frage- und die Bruder das Antwort- Zeichen; alsdenn fahret er fort:

„Ihr wisset, mit welchem Leidwesen ich den Verlust des grossen Mannes vernommen habe, welchem ich die Aufsicht über unsere Werke aufgetragen hatte. Umsonst habe ich mir alle Mühe gegeben, die Elenden zu entdecken, welche dieses abscheuliche Verbrechen begangen haben. Alles muß uns zu seiner Rache in Bewegung sehen. Der König von Tyrus ist hier, um dieselbe aufzufordem. Ich überlasse ihm die Sorge, Euch gerechte Gesinnungen einzuflössen, welche Euch beleben, um den kläglichen Tod eines Mannes zu rächen, welcher meines Vertrauens so würdig war."

 

Der König von Tyrus steiget vom Throne, tritt vor die Schilderei, ziehet seinen Degen, und zeiget mit der Spitze auf den Sohn Hirams, welcher darauf vorgestellt ist, und spricht:

„Hier ist, meine Brüder! das geheiligte Pfand, welches Euch dieser grosse Mann hinterlassen hat. Er muß hoffen, daß, wofern sein Andenken Euch lieb ist, das Geschrey dieses Kindes, seine Thränen und Bitten Euch rühren werden. Es rufet Euch um Rache des Todes seines Vaters an, welcher Euer Mitgesell und Euer Freund war. Lasset uns demnach unsere Bemühungen vereinigen, den Meuchelmörder zu entdecken. Es gehe ihm, wie er es verdient hat!“

 

Hierauf legen sämmtliche Brüder die Hand an ihren Dolch, ziehen ihn heraus, und schreyen: N. N. M. Der König von Tyrus steiget wieder auf den Thron; und indem Salomo aufstehet, die Stimmen zu sammeln: so höret man einen großen Lerm an der Thüre, welcher sich mit neun Schlägen endiget, welche der Neuaufzunehmende thut, nachdem er durch einen Schlag, welchen der Wachthabende Bruder inwendig gethan hat, benachrichtigt worden ist. Salomo scheinet darüber unwillig zu werden, und spricht zornig:

„Geheimer Bruder! sehet doch zu, was diesen Lerm verursache, und wie meine Befehle vollzogen sind!“

Der Bruder gehet hinaus, kommt aber alsofort ganz erschrocken wieder zurück, und saget:

Wohlweiser! der Rath ist verrathen.

Alle Brüder nehmen den Degen in die Hand, und rufen N. N. M. Salomo gebietet ihnen mit aufgehobenem Scepter:

„Unser Unwille weiche einen Augenblick der Nothwendigkeit, den Geheimbruder mit seinem Berichte anzuhören!

Saget uns, Geheimbruder! Was hat jenes Getümmel verursacht, und wer hat die Verwegenheit gehabt, unsern hohen Rath zu stöhren?"

Der älteste Bruder spricht bey dem Antwortszeichen:

„Ich habe mit Bestürzung wahrgenommen, daß sich ein Bruder in das Äeussere dieses Zimmers hinein geschlichen hat. Es ist zu befürchten, daß er die Geheimnisse des Raths mit angehört habe. Ich muß sogar mit Zittern sagen, daß zu vermuthen ist, er habe sich mit irgend einer grossen Frevelthat besteckt. Seine Hände sind von Blute gefärbt, und das schneidende Schwerdt, welches er hält, zeuget wider ihn, und alles erweckt meinen Argwohn."

Salomo hebet seinen Dolch in die Höhe, und spricht:

Er werde der abgeschiedenen Seele des Hiram aufgeopfert!

Der König von Tyrus stehet auf, und spricht:

„Geben Sie, mein Bruder, ihrer gewöhnlichen Weisheit Gehör, und lassen Sie uns nicht übereilen. Wenn ich meiner Vermuthung und meinem Herzen glauben darf, so ist dieses der Mörder, den wir suchen; oder wenigstens wird uns derselbe einige Nachricht davon ertheilen können.

Mein Rath wäre, daß man ihm das Schwerdt abnähme; den Hals, den Leib und die Hände bände, eine Binde vor die Augen machte, und in dieser Gestalt hereinführete, damit er auf die Fragen, welche Ihnen Ihre Weisheit eingeben wird, antworten könnte."

 

Salomo hebet seinen Scepter in die Höhe, und spricht:

Wohlehrwürdiger Bruder! .Ihr habet die Bewegungsgründe des Vertrauens des Großmächtigen Königs von Tyrus, und die Maßregeln der Vorsicht, welche seine Weisheit und Klugheit ihm eingeben, mit angehört?

Seyd Ihr der Meinung, daß man seinem Gutachten folge?"

Alle Brüder, welche ihre Einwilligung zu erkennen geben wollen, strecken die Hand auf die gewöhnliche Art aus.

Hierauf sagt Salomo:

„Aeltester Bruder! Ihr habt vernommen, was der Rath itzt beschlossen hat. Suchet den Verwegenen auf; bringet ihm Vertrauen und Schrecken bey; und führet ihn in besagtem Zustande vor unsern Thron her."

 

Der Geheimbruder gehet hinaus, um den Candidaten aufzusuchen.

 

 

 

Vorbereitung des Neuaufzunehmenden.

 

Der älteste Bruder nähert sich ihm, bemächtiget sich seines Degens, nimmt ihm denselben ab, und schickt ihn in die Loge durch einen Bruder, welchen er mit Fleiß mit sich genommen hatte. Dieser Bruder stellet ihn vor dem Wohlweisen, und spricht dabey:

Er ist entwafnet.

Der älteste Bruder führet ihn an das Ende der Loge, leget ihm eine rothe Schnur oder Band über den Hals, bevestigt ihm damit die Hände, und bindet ihm den Leib. Hierauf läßt man ihn ganz und gar seine Schuhe ausziehen, leget ihm eine sehr dicke Binde über die Augen, und läßt Ihn blutige Handschuhe anziehen, nachdem man ihm vorher seinen Huth und sein Schurzfell, welches er als Maurer [!] angelegt, abgenommen hat. Wenn er fertig ist, so spricht der älteste Bruder zu ihm:

„Prüfen Sie Ihr Herz, mein Bruder! Man hat Sie wegen einer großen Frevelthat in Verdacht, welche eine Strafe verdienet, die das frechste Herz in Schrecken zu setzen vermögend ist. Sie können indessen Gelindigkeit hoffen, wenn Sie mit Aufrichtigkeit sprechen. Sind Sie unschuldig, so folgen Sie mir mit Vertrauen."

Hierauf setzt der Aelteste seinen Dolch dem Neuaufzunehmenden aufs Herz, und führet ihn vor die Thüre der Loge, von welcher er den Schlüssel haben muß. Er öffnet sie; führet den Candidaten hinein, und stellt ihn nach Westen. Alsdenn setzen sich alle Brüder nieder, und Salomo spricht zum Neuaufzunehmenden:

Was suchest du?

Der Aelteste saget ihm seine Antworten vor:

Die mir Belohnung.

 

Fr. Glaubest du, daß die Maurer [!] die Frevelthat und den Mord gutheissen? Zittere vielmehr vor der gerechten Strafe, welche dir aufbehalten ist.

Wer bist du?

Antw. Der beste Maurer [!], der eifrigste unter allen Brüdern, oder wenigstens der dieses Titels würdigste.

F. Verächtlicher Mörder! was unterstehest du dich zu sagen, da du an diesem heiligen Orte stehest, und deine Hände mit Blute, welches ohne Zweifel unschuldig vergossen ist, befleckt sind? Alles zeuget wider dich; alles kündigt den Mörder an.

A. Ich unterwerfe mich allein, wenn ich schuldig bin.

Der König von Tyrus spricht:

Hiram Abif werde gerächt!

Alle Brüder sagen: N. N. M.

Meine Brüder! freuet euch, der Mörder Hirams ist entdeckt.

F. Der Betrug ist zu grob. Er ist bereits strafwürdig, weil er uns zu hintergehen suchet. Was antwortest du darauf?

A. Man thut mir Unrecht, wenn man mich wegen des Mordes eines Meisters, dessen Andenken ich in Ehren halte, im Verdacht hat. Ich komme nur in der Absicht, Ihnen Nachricht davon zu bringen, weil ich etwas entdeckt habe.

F. Was sind das vor Nachrichten?

A. Eine Höhle, ein brennender Busch, ein Springbrunn, ein Hund zum Wegweiser, haben mir den Ort seines Aufenthalts angezeigt.

F. Woran sollen wir die Zuverlässigkeit dieser Nachricht erkennen?

A. An meinen in das Blut dreyer Thiere getunkten Händen, des Löwen, des Tiegers, und des Bären, welche er zu Wächtern, des Einganges seiner Höhle zahm gemacht hatte, und welche ich niedergemacht habe, um hinein zu können.

F. Was verlangest du nun?

A. Mich dem Könige zu Füssen zu werfen, und seine Befehle einzuhohlen, ob er verlange, daß ich ihm den Abiram todt oder lebendig liefere?

F. Was vor Beweise giebst du von deiner Ehrlichkeit?

A. Die heiligsten Versprechen sollen Bürgen meiner Unschuld seyn; und die strengsten Strafen, welche ich gern über mich ergehen lassen will, wofern ich für schuldig erkannt werde.

 

„Geheimbruder! da dieser Bruder unsern Argwohn zu beruhigen anfängt: so lasset ihn durch neun Schritte, drey des Lehrjüngers, drey des Gesellen, und drey des Meisters, dem Throne sich nähern, damit wir ihn eidlich verpflichten können!"

Der Geheimbruder führet den Neuaufzunehmenden, nach der Vorschrift, bis zum Throne; daselbst kniet er mit dem rechten Fuße nieder, leget die bloße rechte Hand auf das Buch der Weisheit, und hält in der linken den Zirkel, welcher einen Hammer einschließet. Salomo setzet ihm seinen Dolch auf die Stirn, und der Geheimbruder leget ihm einen bloßen Degen auf den Rücken. Alsdenn schlägt der Wohlweise mit seinem Scepter Einmahl auf den Altar, damit alle Brüder aufstehen sollen, und spricht:

„Sehet wohl zu, was ihr thut, der Zeitpunkt ist bedenklich. Suchet ihr nun zu hintergehen, so wird unsere Nachsicht, die Strenge der daraus folgenden Strafen vermehren. Seyd ihr aber aufrichtig, so sprechet uns nach:

 

 

Verpflichtung.

 

„Ich verspreche, als ein ehrlicher Mann, und vor dieser hohen Versammlung, zu den Füssen der höchsten Macht der Mäurerei, niemahls Jemandem, welcher nicht dasjenige gethan hat, was ich gethan habe, die Geheimnisse zu entdecken, welche zum Erwählten Meister machen, und diesen hohen Ehrentitel beylegen.

Ich verspreche, die Pflichten desselben, wenn es auch mein Leben kosten sollte, in allen Fällen sorgfältig und gewissenhaft zu erfüllen, und die Meineidigen, welche etwa einiges vor unsern Geheimnissen den Weltlichen offenbahren mögten, der abgeschiedenen Seele des Hirams aufzuopfern.

Ich will dasjenige halten, wozu ich mich erheischig mache; oder ich will meinen Meineid mit dem erschrecklichsten Tode büssen; wornach mir meine Augen mit einem glüenden Eisen blind gebrannt, mein Leib den Geiern zum Raube werden, und mein Andenken bey den Kindern der Wittwe auf dem ganzen Erdboden verflucht seyn soll.

Das geschehe also!"

 

Salomo spricht: N. N. M. und alle Brüder wiederhohlen es zusammen. Alsdenn sagt er:

„Ehrwürdige Brüder! ihr habt es mit angehört; findet ihr für rathsam, daß dieser Bruder itzt die Rache ausführe?"

Alle Brüder geben ihre Mitwilligung durch das Antwortszeichen zu erkennen.

 

Nach diesem hebet Salomo den Neuaufzunehmenden auf, und spricht:

„Geheimbruder! führet diesen Bruder bis an das Ende der Loge wieder zurück. So wie er rückwärts zum Throne gegangen ist, so kehre er auch auf gleiche Art wieder zurück, damit er lerne, daß man nichts ohne Mühe habe, und daß er an den strengen Vorschriften, welche ihm die Loge vorleget, keinen Anstoß nehmen müsse; indem die Demuth der wahre Weg der Mäurerischen Vollkommenheit ist."

 

Hierauf redet der Wahlweise den König von Tyrus an, und spricht zu ihm:

Großmächtiger Monarch! sind Sie zufrieden?

A. Ich werde es seyn, wenn der Unbekannte seine Verpflichtungen erfüllt, und uns den Abiram todt oder lebendig geliefert haben wird.

Salomo spricht:

„Geheimbruder! bindet die Hände dem Unbekannten los, gebet ihm sein Schwerdt wieder, und setzet ihn in den Stand, hinzugehen, und sein Versprechen zu erfüllen."

Sobald er losgebunden ist, und der Geheimbruder ihm seinen Hut und Degen wiedergegeben hat, sagt Salomo zu ihm:

„Vollziehe dein Werk durch Hülfe der Finsterniß, und mache dich der Wahl würdig, die wir von dir gemacht haben, daß der Mörder Hirams von deinen Händen sterbe; allein, suche ihn uns lebendig zu überantworten."

Der Geheimbruder fasset den Neuaufzunehmenden an der Hand, und führet ihn durch sieben langsame und zwey geschwinde Wendungen zurück. Bey der neunten öffnet man die Thüre der Loge sacht, und führet ihn, wo möglich, unvermerkt in das finstere Gemach, welches folgendergestalt beschaffen seyn muß.

 

 

 

Finsteres Gemach.

 

Dieses Gemach muß schwarz ausgeschlagen seyn. In dem innern Theile, auf der einen Seite, muß sich eine Art von Grube oder Höhle befinden, welche mit Baumaesten bedeckt ist. Weder der Eingang, noch das Innere davon, müssen hell seyn. In der Höhle muß ein Bild auf den Zweigen sitzen. Der Kopf desselben muß mit Haaren versehen, und auf den Rumpf nur aufgesetzt seyn.

Man bringet ihn in dem schwarz ausgeschlagenen Zimmer in eine gehörige Stellung. Es befindet sich in demselben ein Tisch, und vor demselben ein niedriger Sessel ohne Rück- und Armlehnen. Vorn muß ein durchsichtiges Gemählde hangen, welches ein Arm mit einem Dolche vorstellt, nebst der Beyschrift: Rache. Auf dem Tische muß ein Becher seyn; und auf der Erde, ein großer Dolch und eine Lampe, welche in die Hand genommen werden kann, und einen schwachen Schein von sich giebt, liegen. Auf der andern Seite muß sich ein Springbrunn mit Wasser, und ein Behälter darunter befinden, weil man das Wasser fließen lassen muß.

 

Wenn alles auf diese Art eingerichtet ist, und der Geheimbruder den Neuaufzunehmenden in dieses Gemach geführet hat, so setzt er ihn auf den Sessel vor dem Tische, den Kopf auf eine Faust stützend, und spricht alsdenn zu ihm:

„Verrücken Sie nicht eher, mein Bruder, aus dieser Stellung, als bis Sie drey Schläge gehört haben, welche Ihnen zum Zeichen der zu geschehenden Eröffnung Ihrer Augen dienen werden. Folgen Sie genau demjenigen, was ich Ihnen vorschreibe; denn sonst können Sie niemahls in die hohe Loge des Erwählten Meisters aufgenommen werden."

Hierauf gehet der Geheimbruder hinaus, und schlägt die Thüre mit Gewalt hinter sich zu. Man überläßt den Neuaufzunehmenden einige Augenblicke seinen Ueberlegungen; alsdenn thut man drey Schläge, und läßt ihm Zeit, dasjenige was um ihn herum ist, zu besehen. Endlich tritt der Geheimbruder mit einem überaus ernsthaften Wesen wieder herein, und spricht zu ihm:

„Frisch, Bruder! Sehen Sie diesen Brunn? Nehmen Sie diesen Becher, schöpfen Sie Wasser, und trinken; denn, Sie haben noch viel Arbeit vor sich!"

Wenn der Neuaufzunehmende getrunken hat, so spricht der Geheimbruder zu ihm:

„Nehmen Sie diese Lampe; ergreifen Sie diesen Dolch, gehen Sie in das Innerste jener Höhle, und schlagen alles, was Sie antreffen, und sich Ihnen widerseht. Wehren Sie sich; rächen Sie Ihren Meister, und machen sich würdig, erwählt zu werden."

Der Neuaufzunehmende gehet mit aufgehobenen Degen, die Lampe in der linken Hand haltend, hinein. Der Geheimbruder folget, und zeiget ihm das Bild; oder den Kopf, und rufet ihm zu:

„Hauen Sie zu; rächen Sie Hiram; da ist sein Meuchelmörder."

Der Neuaufzunehmende hauet mit seinem Degen, und alsdenn sagt der Geheimbruder zu ihm:

„Setzen Sie die Lampe weg, fassen den Kopf an den Haaren, heben Ihren Degen auf, und folgen mir!

 

Hierbey ist zu merken, daß Blut, oder eine gewisse rothe Specerey vorher herbeygeschaft seyn müsse, womit der Aelteste den Dolch und die Hände des Neuaufzunehmenden, ehe derselbe aus der Höhle herausgehet, beschmieret. Hierauf führet er ihn nach der Loge, und der Geheimbruder gehet zuerst herein. Der Aufzunehmende folget ihm, und wird allen Brüdern vorgezeigt, welche vom Stuhle aufstehen, und das Zeichen machen, indem er vor ihnen vorbey gehet. So, bald er in der Loge ist, leget der Wohlweise seine Hand auf seinen Dolch, hebet ihn zum Zeichen, auf, und rufet: N. N. M.

Der Geheimbruder führet den Neuaufzunehmenden durch drey grosse geschwinde Schritte vor den Altar. Bey dem dritten neiget er sich, setzt das eine Knie auf die Erde, leget den Kopf und Dolch auf den Altar, und bleibet kniend liegen. Salomo spricht zu ihm:

„Unglücklicher, was, habt Ihr gethan?

Ich habe Euch ja nicht gesagt, daß Ihr ihn umbringen solltet?"

Alle Erwählte fallen in diesem Augenblicke mit einem Knie auf die Erde, und sprechen:

Gnade, wohlweiser König! der Eifer hat ihn dahin gerissen; Gnade! Gnade! Gnade!

Salomo erwiedert:

„Sie wiederfahre ihm auf Euer Verlangen, meine Brüder!

stehet auf, und helfet mir den Eifer und die Unerschrockenheit dieses Bruders belohnen;

und Ihr, mein Bruder, stehet auf, kommet und .lernet, daß alles dasjenige, was Ihr itzt gethan habt, ein Bild der Verpflichtungen sey, welche .Ihr heute eingehet.

Ihr sollt die Stelle Eines der Neun Meister besetzen, welche Salomo für .so vollkommen erkannte, daß er ihnen die Verfolgung Hirams zutrauete, ob sie gleich insgesammt von einerley Eifer mit Nistokin belebet wurden, welcher bereits den Leichnam des Ehrwürdigen entdeckt hatte. Unterdessen konnte doch keiner von den Meistern denselben finden, noch den Aufenthalt dieses Elenden ausforschen, wenn ihn nicht ein Unbekannter dem Salomo angezeigt hätte, welcher sogleich neun eifrige Meister dahin abschickte; deren Einer aber, welcher schleunig in die Höhle, dahin er geflüchtet war, hinein gedrungen, sobald er des Abirams ansichtig ward, in der größten Hitze mit dem Degen nach ihm stieß, daß er auf der Stelle todt zur Erden fiel.

Kommet nun, mein Bruder, und empfanget die Eurer Standhaftigkeit gebührende Belohnung!

(Indem Er Ihm das Schurzfell reichet)

Dieses Schurzfell bedeutet die umständliche Nachricht, welche alle Erwählte von dem Tode Hirams haben, und giebt Euch den Gram zu erkennen, den ein jeder rechtschaffener Mäurer darüber empfinden muß.

(Bey Ueberreichung der Handschuhe.)

Diese Handschuhe lehren Euch, daß blos die Unschuld Gram ohne Gewissensbisse habe.

Wir haben bey dieser Stuffe, so wie bey allen übrigen, ein Zeichen, eine Losung, und ein Berühren.

Das Zeichen von Seiten desjenigen, der es abfordert, bestehet darinn, daß er seinen Dolch mit der rechten Hand ziehet, und ihn aufhebet, als wenn er ihn nach der Stirn stoßen wollte. Der Antwortende schließet die rechte Hand zu; hebet die also geschlossene Faust in die Höhe, und kehret sie hernach um.

Das Berühren, bestehet bey demjenigen, der es abfordert, darum, daß, nachdem er die rechte Hand zugeschlossen hat, den Daum derselben, in die Höhe hebet, und demjenigen, dem man es abfordert, darreichet. Der Antwortende muß mit derselben Hand den Daum, mit voller Hand ergreifen. Hernach wiederhohlet der Fragende dieselbe Handlung, und der Antwortende macht es noch einmahl.

Das Wort oder die Losung, ist N. N. M.

Gehet nun, und gebet Euch allen euren Brüdern zu erkennen, dadurch, daß Ihr ihnen das Zeichen, die Berührung, und das Wort, so wie Ihr alles dieses empfangen habt, gebet, und kommt hernach wieder, und gebt es auch mir."

 

Er gehet zu allen Brüdern, und nachher zum Meister.

Meine Brüder, spricht Salomo: helfet mir einen Erwählten machen.

Die Brüder strecken insgesammt die Hände nach dem Neuaufzunehmenden aus; alsdenn berühret ihn der Wohlweise mit seinem Scepter, und spricht dabey:

„Mein ehrwürdiger Bruder, ich mache Euch hiermit zum Erwählten Meister, mit Einwilligung der hochansehnlichen Loge, und überliefere Euch diesen Dolch wieder;

(Indem Er ihm das Band umhänget)

Seyd aber eingedenk, daß derselbe in keiner andem Absicht, als zur Bestrafung der Frevelthat, zum Beystande Eurer Brüder, und zur Züchtigung des Mörders, da ist. In dieser Absicht zieren wir Euch damit, und müsset Ihr denselben aufbewahren.

Nehmet Sitz unter den Brüdern, den Aeltesten unsere Raths; folget ihrem Beyspiele; und leihet, euch zu belehren, der gegebenen Anweisung ein offenes Ohr. Diese wird Euch über dasjenige, was Ihr vor Augen sehet, und wovon Ihr bisher keine Einsicht habt haben können, Licht geben."

 

 

 

Catechismus.

 

F. Seyd Ihr Erwählter Meister?

A. Ja, Wohlweiser! ich bin es.

L. Woran soll ich es erkennen?

A. An dem Zeichen, dem Berühren, und dem Worte.

F. Gebet sie.

(Der Antwortende giebt sie.)

F Wo seyd Ihr zum Erwählten Meister aufgenommen?

A. In dem Saale des Salomo.

F. Aus was vor einem Bewegungsgrunde habet Ihr um diesen Titel angehalten?

A. Aus Verlangen, den Tod des Hirams zu rächen.

F. Wer war der Mörder Hirams?

A. Abiram, welcher Name einen Todtschläger oder Meuchelmörder bedeutet.

F. Durch was vor Wege seyd Ihr zu dem Orte der Rache gekommen?

A. Durch dunkele und unbekannte Wege.

F. Wer hat euch dahin geführet?

A. Ein Unbekannter.

A Wo lag der Ort der Rache?

A. Unten an einem brennenden Busche, in einer dunkeln Höhle.

F. Was fandet Ihr in dieser Höhle?

A Den Verräther Abiram, ein Licht, einen Springbrunn, und einen Dolch.

F. Wozu ward dieses alles gebraucht?

A. Das Licht leuchtete nur; der Springbrunn löschte mir den Durst, und der Dolch war zur Rächung des Todes Hirams, aufgehoben, durch den Stich, welchen Abiram bekam, wovon er auf der Stelle todt niederfiel.

F. Sprach dieser Unglückliche kein Wort?

A. Ja, ein Wort, welches ich aber nicht laut vorbringen kann.

F. Gebet mir den ersten Buchstaben; ich will euch den letzten sagen.

A. Nekar, Nekam.

F. Was machtet ihr mit dem Körper Abirams?

A. Ich hieb ihm den Kopf ab, und brachte denselben dem Salomo, um ihn zu überzeugen, daß die Rache vollzogen wäre.

F. Wie hoch war es an der Zeit, da Ihr ankamet?

A. Bey anbrechendem Tage.

F. Wieviel Erwählte Meister waren zu dieser Rache?

A. Neun.

F. Was habet Ihr nun noch zu thun übrig?

A. Nichts, weil alles vollzogen ist.

F. Wie hoch ist es an der Zeit?

A. Der Anbruch der Nacht, die Stunde, in welcher ich aus der Höhle gekommen bin.

F. Wie heißt das Wort des freyen Einganges in den Tempel?

A. Sterkin [Stokin].

 

Meine Brüder! eine so merkwürdige Stunde sey beständig in unsern Gedanken, und erinnere uns ohne Unterlaß an den Eifer der neun Meister, um ihnen nachzuahmen.

 

Salomo thut sieben gleiche Schlage auf den Altar, und Hiram schlägt die beyden letzten geschwinder, worauf der Wohlweise spricht:

„Meine Brüder! Die Rache ist vollzogen; der Rath kann aus einander gehen; die Loge der Erwählten Meister ist geschlossen."

Alle Brüder thun sieben Schläge in ihre Hände; sieben gleiche, und zwey geschwinde; und zuletzt geschiehet das Freudengeschrei.

 

N. B. Wenn sich die Loge versammelt, und alle Brüder angezogen sind, das Band ausgenommen, welches sie über den linken Arm hängen haben: so setzet sich der Wohlweise unten an den Altar hin, und hänget das schwarze Band den Brüdern nach einander um; vorher aber läßt er dasselbe von allen Brüdern, von jedem insbesondere, küssen, ehe er es um den Hals hänget.

Die Erwählten Meister dürfen sich niemahls in einer theils niedern, theils höhern Loge befinden, ohne ihr schwarzes Band und ihren Dolch zu tragen, ob sie gleich letztern nur in. den Logen der Erwählten nöthig haben.

 

 

 

Tafel-Loge.

 

Die Tafel-Loge wird auf eben die Art, wie die übrigen gehalten, ausser daß kein Aufseher dabey ist, sondern der älteste Bruder, welcher den beyden Königen gerade gegenüber sitzt, verrichtet dessen Amt.

 

Man eröffnet die Loge durch neun Schläge; alsdenn thut man einige Fragen aus dem Catechismus, und kündigt an, daß die Loge des Erwählten eröffnet sey. Wenn die Gesundheiten getrunken (gelöset) werden, so ziehen die Brüder ihren Dolch, legen ihn queer über den Becher (die Canone); alsdenn nehmen sie ihn wieder weg, und legen ihn der Canone zur Seiten. Mau löset sie auf die gewöhnliche Art ab, und leget alsofort den Dolch ans die Canone, in dreyen Tempo, ohne Geräusch. Derjenige, welcher die Gesundheit ausbringet (commandiret), macht das Abforderungs- und alle Brüder das Beantwortungszeichen, auf eben die Art, als wenn die Losung abgefordert wird. Die Messer werden Dolche genannt.

 

Wenn Loge des Erwählten gehalten wird, und eine Aufnahme geschehet, so wird sie als Meister eröffnet. Der Aufzunehmende ist dabey zugegen. Wenn die Loge eröffnet ist, so läßt der Wohlwürdige den Aufzunehmenden unten am Altare sich setzen. Alle Brüder setzen sich auf Stühle, welche man hinter ihnen herbringet. Alsdenn ermahnet der Wohlwürdige zur aufmerksamen Anhörung einer zu haltenden Anrede, welcher ihre Aufnahme betrifft. Nach geendigter Rede läßt man die Aufzunehmenden aufstehen, und schickt sie in das Ueberlegungszimmer; man schließet die Loge als Meister, und eröffnet die Loge des Erwählten, auf die zu Anfange gegenwäartigen Buches beschriebene Weise.

 

 

 

Zweyte Stuffe der Mäurerei.

Erwählter von P.

[Elu de P.]

 

vgl. dazu:

http://204.3.136.66/web/heredom-files/volume2/degree-of-elect-of-p%E9rignan.htm

 

 

Der Wohlehrwurdige Großmeister [le très-respectable Grand-Maître] thut einen starken Schlag, und fragt den zweyten Aufseher.

Fr. Worinn bestehet Euer Amt?

Antw. Zu sehen, ob Wir bedeckt sind.

Der Wohlehrwürdige spricht:

„Saget es einem Bruder Erwählten Meister, darnach zu sehen, und uns Nachricht davon zu bringen!"

Dieser Befehl wird vollstreckt, und man benachrichtiget den Meister, daß alles in richtiger Ordnung sey. Hieraus thut er, vor Eröffnung der Loge, nacheinander folgende Fragen:

F. Ehrwürdiger Erster Aufseher! Wisset Ihr, als Erwählter, noch andere ausser den Geheimnissen der Buchstaben N. N. M.

A. Ja, ich kenne den Buchstaben P.

F. Was bedeutet dieser Buchstabe?

A. Es ist der Anfangsbuchstabe des Nahmens des Unbekannten, welcher dem Salomo Nachricht von dem Aufenthalte Abirams brachte, und welcher sich erbot, die neun Erwählten Meister dahin zu führen.

F. Um welche Zeit wird die Loge dieser Stuffe eröffnet?

A. Bey dem Eintritte der Nacht, oder, wenn sich der Tag neiget.

Fr. Wie hoch ist es an der Zeit?

A. Der Tag hat sich geendet.

 

Hierauf tut der Wohlehrwürdige sieben und zwanzig Schläge, nehmlich dreymahl neun; macht das Zeichen, und spricht:

„Ehrwürdiger erster Aufseher! Thut euer Amt, und meldet auf euren Colonnen, daß die Loge des zweyten Erwählten eröffnet sey."

Er thut dieses.

Hierauf geschiehet das gewöhnliche Freudengeschrei. Alsdenn spricht der Wohlehrwürdige:

„Ehrwürdige, Erster und Zweyter Aufseher! erkundigt euch auf euren Colonnen, ob etwa ein Erwählter etwas vorzutragen habe;

und sie thun es.

Sodenn stehet der Ceremonienmeister auf, und sagt:

„Daß ein Erwählter Meister der ersten Stuffe vorhanden sey, welcher die Geheimnisse der zweyten zu kennen wünschte.“

Der Wohlehrwürdige frägt:

„Ob die Einsammlung der Stimmen in der ersten Versammlung für ihn günstig ausgefallen sey?"

Alsdenn befiehlt er dem Ceremonienmeister, ihn herein zu führen, nachdem er ihn vorher über die Grade, die er besitzt, und vornehmlich über den ersten Erwählten geprüft hat. Wenn dieses Examen vorbey ist, so führet er den Aufzunehmenden in seiner ganzen Kleidung, und mit seinem Bande; und stellet ihn zwischen die beyden Aufseher. Auf Befragen des Wohlehrwürdigen, was sein Begehren sey? antwortet er:

„Die zweyte Stuffe des Erwählten kennen zu lernen."

 

F. Haltet ihr ihn, meine Brüder, dessen für würdig?

A. Der zweite Aufseher, und der Ceremonienmeister antworten: Ja.

 

Hierauf durchläuft der Aufzunehmende die vier Hauptgegenden zweymahl; das heißt: wenn er von Abend, wo er sich befindet, ausgehet, so gehet er nach Morgen durch den Mittag hinauf, und durch denselben Weg wieder nach Abend zurück. Daselbst durchläuft er zweymahl den Abend, nehmlich hin, und wieder zurück. Eben also macht er es im Morgen; alsdenn in Mitternacht; kommt hernach wieder zurück und nimmt seinen Ort ein; von wo aus er queer über die Loge gehet, um seine Obliegenheit auszurichten. Dieser Gang macht die neun Reisen aus.

Hierbey ist noch zu bemerken, daß er bey denselben neunmahl seine Vorbeugungen vor dem Throne machen muß.

 

 

 

Verpflichtung.

 

„Ich schwöre und verspreche bey meiner Ehre, als ein ehrlicher Mann, in Gegenwart des grossen Baumeisters der Welt, und vor dieser Versammlung, die Geheimnisse der zweiten Stuffe des Erwählten, welche man mir vertrauen wird, nicht allein gegen die Weltlichen, sondern auch gegen die Brüder, welche in niederen Stuffen sind, zu behalten und zu bewahren;

und zwar alles bey den bereits bey meiner ersten Verpflichtung nahmhaft gemachten Strafen; ja, noch mehr, im Uebertretungsfalle erkenne ich mich für schuldig, daß mir die Zunge ausgeschnitten, und ich für infam erklärt werde, wofür mich Gott bewahren wolle; und nehme Denselben zu Hülfe!

Amen.“

 

 

 

Catechismus.

 

F. Kennet ihr noch einen ändern Erwählten, als den mit den Buchstaben N. N. M.

A Ja, ich kenne noch den Buchstaben P.

F. Was bedeutet dieser Buchstabe?

A. Es ist der Anfangsbuchstabe des Nahmens des Unbekannten, welcher dem Salomo den Aufenthalt Abirams entdeckt hat.

F. Sprechet seinen ganzen Nahmen aus!

A. Perignan, wovon diese Stuffe den Nahmen führet.

F. Auf was vor Art seyd ihr in die Loge hinein geführt worden?

A. Durch sieben und zwanzig in verschiedenen Tempo, von neun zu neun, geschehene Schläge.

F. Was bedeuten diese auf solche Art wiederhohlte Schläge?

A. Dreyerley. Erstlich: daß ich Einer von den neun Erwählten wäre, welche den Mörder aufsucheten; oder wenigstens, daß ich darunter zu gehören wünschte.

Zweitens: die neun Meister, welche den Leichnam unsers lieben Meisters Hiram aufsucheten.

Drittens: die Schläge, welche an drey Thüren von den drey falschen Brüdern geschahen.

F. Was bedeuten die drey Buchstaben R. G. H. welche auf dem Abrisse der Loge stehen?

A. Den Nahmen der Mörder des Meisters Hiram.

F. Nennet sie.

A. Romvel, GraveIot, Abiram.

F. Wie hatten sich diese drey Elende gestellt, um ihre abscheuliche Frevelthat auszufuhren?

A. Romvel, an der westlichen Thüre, mit einem Liniale bewaffnet; Gravelot, an der nördlichen, mit einem Schlägel versehen; und Abiram ander südlichen, mit einem Hebebaume in der Hand. Dieser war es, welcher ihn zu Boden warf, und todt liegen ließ.

F. Was vor ein Schicksal hatten Romvel und Gravelot? unser erster Erwählter giebt uns blos von dem Schicksale Abirams Nachricht.

A. Salomo erfuhr, daß sie in dem Cabulischen Lande, wohin sie geflüchtet waren, elendiglich umgekommen seyn.

F. Woher wuste Perignan, dieser Unbekannte der ersten Stuffe, daß Abiram in seine Höle geflüchtet war?

A. Als Perignan bey einem Busche arbeitete, unter welchem die Höle war, fieng sein Hund zu bellen an. Er blickte dahin, und sah Jemanden ganz schüchtern hinein gehen. Seine Neugierde trieb ihn an, zu wissen, wer Derselbe wäre. Als Abiram sah, daß er durch diesen Unbekannten entdeckt war, warf er sich ihm zu Füssen, vertraute ihm sein Geheimnis an, und bat ihn, es dem Salomo nicht zu offenbaren. Um ihn weichherzig zu machen, küßte er ihm die Hände, und bat ihn, ihm in der dringenden Hungersnoth, die ihn verzehrete, zu Hülfe zu kommen.

F. Warum benachrichtigte der Unbekannte den Salomo davon?

A. Um dem von diesem weisen Könige ergangenen Befehle nachzukommen, und die Belohnung deßhalb davon zu tragen.

F. Wie lange unterhielt Perignan den Abiram, ehe er ihn dem Salomo entdeckte.

A. Sieben ganze Tage.

F. Warum verzögerte er mit der Angabe so lange?

A. Weil er den Befehl des Königs erst sieben Tage nach der Entdeckung erfuhr, bey Gelegenheit als er in die Stadt gieng, für sich und Abiram Lebensmittel zu hohlen.

F. Wie heißt das heilige Wort dieser Stuffe?

A. Moabon.

F. Was bedeutet dieses Wort?

A. Gott sey gelobt, daß die Frevelthat und der Verbrecher bestraft sind!

F. Was ist vor ein Zeichen bey dieser Stuffe?

A. Man thut, als wollte man sich die Zunge ausreissen, und streckt die Hände dabey aus.

F. Worinn bestehet die Beantwortung dieses Zeichens?

A. Man hebet die Hände und Augen gen Himmel, als wollte man um Barmherzigkeit anflehen.

F. Woher nehmet ihr dieses Zeichen?

A. Theils aus meiner Verpflichtung, theils aus der Entsetzung, darinn sich Abiram befand, als er sah, daß er entdeckt war.

F. Wie machet ihr das Berühren?

A. Man reichet demjenigen, den man erkennen will, die Hand; und dieser muß sie nehmen, und küssen.

F. Worauf beziehet sich dieses Berühren?

A. Auf den Handkuß, welchen Abiram dem Perignan that, um ihn zur Verschwiegenheit zu vermögen.

F. Wie heißt das Wort des freyen Einganges?

A. Abiram, welches einen Mörder bedeutet.

F. Wo blieb der Kopf dieses Elenden?

A. Er ward balsamirt, und vom Salomo auf eine Pieke gesteckt, nebst einem Dolche darunter, in Gestalt eines Andreascreuzes, und nach der Nordseite des Tempels aufgestellt, zu zeigen, daß das Verbrechen nicht unbestraft bleibe.

F. Was bedeuten die neun Wendungen, welche ihr auf eurer Reise gemacht habt, ehe ihr eure Verpflichtung ablegtet?

A. Die neun Tage, welche Abiram in der Höle versteckt blieb.

 

 

 

Anrede.

 

So seyd ihr denn endlich zu der Stuffe des zweyten Erwählten, ehrwürdiger Meister! gelangt; zu der Stuffe, welche seit langer Zeit der Gegenstand eurer Wünsche war; zu welcher euch eurer Eifer und eure Arbeiten verholfen haben. Nehmet meinen Glückwunsch darzu an

 

Wir haben euch dieselbe mit Vergnügen anvertrauet, und zwar um soviel williger, da diese Gewogenheit euch ohne Zweifel würdig machen wird, durch eure Bemühungen in die hohen Geheimnisse zu dringen, welche ihr noch zu erforschen vor euch habet. Ihr habet in der ersten Stuffe des Erwählten, das Schicksal des treulosen Abirams kennen lernen; und die zweyte belehret euch von dem kläglichen Ende der beyden andern Bösewichter, Romwel und Gravelot, welche, nachdem sie lange von einem Lande zum andern herum geirrt, und die Gewissensbisse wegen ihres Verbrechens mit sich herumgeschleppt, elendiglich umgekommen sind. Eine gerechte Wirkung der göttlichen Rache, welche das Verbrechen niemahls ungestraft läßt!

 

Die ganze sinnbildliche Vorstellung, welche diese neue Stuffe in sich schließet, ist sehr leicht zu erklären. Ihr findet sie auf dem vor euren Augen hangenden Gemählde ausführlich abgezeichnet. Der auf demselben befindliche vornehmste und rührendste Gegenstand des Abscheues und Schreckens für alle diejenige, welche am Tempel zu arbeiten fortfahren, müsse euch lehren, daß ein Jeder, wer seine Brüder, Meister und Freunde verräth, ein gleiches Schicksal verdiene.

Alle Geheimnisse dieser Stuffe des Erwählten haben, so wie die Geheimnisse der andern Stuffen, welche ihr besitzet, eine moralische Beziehung. Das Zeichen bey dieser, da man macht, als wollte man sich die Zunge ausreissen, lehret uns, wie groß unsere Vorsichtigkeit seyn müsse, und was vor Strafe die Unbesonnenen verdienen. Die Beantwortung dieses Zeichens, da man die Hände und Augen gen Himmel erhebet, bezeichnet uns den Zustand eines erschrocknen Menschen, und verbietet den Anblick einer so abscheulichen Begebenheit, welchen die Fürsehung aufgehoben hat, um ihn entweder zu seiner Pflicht wieder zurück zu führen, oder zu bestrafen. Das heilige Wort, welches wir aussprechen, bezeichnet unsere Ergebenheit in den Willen des höchsten Wesens, und die Zufriedenheit, welche wir empfinden, wenn wir das Laster und den Frevler bestraft sehen.

 

Uebrigens ist diese Stuffe, so erhaben sie auch ist, doch gleichsam nur ein Vortritt zur dritten Stuffe, deren Höhe sie ankündiget, und deren tiefes Geheimniß ihr dereinst kennen lernen werdet, wenn ihr anders bey eurem Eifer, eurer Vorsichtigkeit, und euren übrigen guten Eigenschaften beharret.

 

 

 

Art die Loge zu schliessen.

 

Fr. Wisset ihr, als Erwählter, noch andere Buchstaben, als N. N. M.?

A. Ja; ich kenne den Buchstaben P.

F. Um welche Zeit wird die Loge geschlossen?

A. Beym Anbruch des Tages.

F. Wie hoch ist es an der Zeit?

A. Der Tag bricht an.

 

Weil es Tag ist, und unsere Arbeiten zu Ende sind, ehrwürdige erster und zweyter Aufseher! so meldet auf euern Colonnen, daß die Loge geschlossen sey. Sie thun dieses. Alsdenn geschiehet das gewöhnliche Händeklopfen und Freudengeschrei.

 

 

 

Dritte Stuffe der Mäurerei.

Erwählter der Funfzehen.

[Elu des Quinze]

 

vgl. dazu:

http://204.3.136.66/web/heredom-files/volume3/degree-of-elect-of-the-fifteen.htm

http://www.brad.ac.uk/webofhiram/?section=ancient_accepted&page=10ElectofFifteen.html

http://hautsgrades.over-blog.com/article-etude-de-10e-grade-dit-de-l-elu-des-quinze-ou-de-lillustre-elu-des-quinze-108058307.html

 

René Le Forestier: Die templerische und okkultistische Freimaurerei im 18. und 19.Jahrhundert. 1987 (frz. 1970), 81-83

 

 

Die Loge muß schwarz ausgeschlagen, und mit rothen und weißen Thränen bestreuet seyn. Nach Morgen muß ein Skelett [squelette] stehen, welches den Verräther Abiram vorstellet, nach der Stuffe des Erwählten der Neun, wovon der wahre Nahme Hoben ist. Nach Abend auf der Mitternachtsseite, befindet sich noch ein anderes Skelett, welches Oterfut vorstellet; nach Morgen, auf der Mittagsseite, wieder ein anderes, welches Sterkin vorstellet. Ein jedes derselben muß mit dem tödtlichen Werkzeuge versehen senn, womit die Mörder unsern ehrwürdigen Meister schlugen.

 

Die Loge wird durch fünf Schläge, welche dreymahl wiederhohlt werden, eröffnet. Wenn der Meister geschlagen hat, so zündet man die fünf Lichter an, welche nach Morgen zur Linken stehen. Hierauf schlägt der erste Aufseher gleichfalls, und alsdenn steckt man die fünf andern an. Nach geschehenem Schlage des zweyten Aufsehers werden die fünf übrigen auf drey Leuchtern mit fünf Armen angezündet. Es müssen auch drey Kronenleuchter an der Decke, und zwar in Gestalt eines Dreyangels, hangen, auf deren jedem gleichfalls fünf Lichter stecken, welche vorher, ehe sich die Loge versammelt, angezündet werden

 

Wenn eine Aufnahme geschiehet, so müßen ohnumgänglich funfzehen vorhanden seyn. Wenn die funfzehen Schläge geschehen sind, und die Loge gänzlich erleuchtet ist, so frägt der Meister den Aufseher:

„Wie hoch ist es an der Zeit?"

Dieser antwortet:

„Es ist fünf Uhr.“

Alsdenn spricht der Meister:

„Es ist also Zeit zu arbeiten, und den Anfang mit dem Werke zu machen,

geliebteste Brüder! die Loge des Großerwählten ist eröffnet.“

Hierauf schlägt jeder Bruder fünfmahl in die Hand. Wenn Aufnahme ist, so sagt man:

„Hier ist ein Erwählter Meister der Neun, welcher die beyden übrigen Mörder Hirams kennen zu lernen, und zur Stuffe des Erwählten Meisters der Funfzehen zu gelangen, sehnlich wünschet."

Vor Unterweisung des Neuaufzunehmenden, ist zu bemerken, daß derselbe wie ein Erwählter Meister der Neun gekleidet sey, mit zwey Todtenköpfen, in jeder Hand Einem, und einem Dolche an dem Kopfe in der rechten Hand, welcher unter der Kinnlade durchgehet. Worauf der Meister zum ersten Aufseher spricht:

„Führet ihn durch funfzehen dreyeckige Schritte bis an den Altar!"

daselbst bleibet er ohngefähr eine Viertelstunde aufrecht stehend, und hält beständig die Todtenköpfe in den Händen.

 

Der Meister und affe Brüder ziehen ihren Dolch, und legen die Hände in einander geschlagen verkehrt auf die Stirn, bitten für ihn bey dem Großmeister um Gnade, uud antworten, daß er unschuldig sey.

„Ist er unschuldig", spricht der Großmeister: „warum bittet ihr denn bey mir um Gnade?"

Der erste Aufseher führet allein das Wort:

„Die einzige Gnade, um welche ich bitte, bestehet in der Aufnahme gegenwärtigen Erwählten Bruders."

F Ist er dessen würdig?

Alle antworten:

„Ja, Wohlehrwürdiger Meister."

Lasset ihn näher kommen zum Throne!

spricht der Großmeister. Wenn dieses geschehen ist, so sagt er zu ihm:

„Die funfzehen Erwählte Meister der Funfzehen, haben mich um die Gnade ersucht, Euch zum Erwählten „Meister der Funfzehen aufzunehmen, und Euch zu ihres gleichen zu machen. Haltet ihr euch für vermögend, ein Geheimniß zu bewahren, welches unverletzlich seyn muß? Wollt ihr Euch auf die gewöhnliche Art dazu verpflichten?"

Er antwortet:

Ja,

und spricht die Verpflichtung nach.

 

 

 

Verpflichtung.

 

„Ich, N. N. verpflichte mich, bey dem heiligen Evangelio, niemandem zu erklären, noch anzuvertrauen, wo ich aufgenommen, oder wer bey meiner Aufnahme zugegen gewesen sey, noch Jemanden, er sey wer es wolle, aufzunehmen, es wäre denn, daß ich ausdrücklich die Macht darzu erhalten hätte.

In dem Falle einer Uebertretung, unterwerfe ich mich, daß mir der Leib aufgeschnitten, und der Kopf abgehauen werde, damit er dem Ehrwürdigen, welcher mich aufgenommen hat, dargebracht werde.

Ich nehme hierbey Gott zu Hülfe!"

 

Nach geschehener Verpflichtung erzählet man die Geschieht der übrigen Mörder des Hirams,

„Geliebtester Bruder!

Ihr habt auf der Stuffe des Erwählten Meisters der Neun, welche ihr bereits zurückgelegt habt, gelernt, daß Abiram, welcher in der Höhle, unter dem brennenden Busche erschlagen worden, ein Mörder des Hirams gewesen sen. Es war dieser Mensch zuverläßig einer seiner Mörder. Sein Nahme ist Hoben. Er war es, der an der Thüre nach Morgen stand, und einen Hebebaum in der Hand hatte, womit er euern Meister erschlug, und von welchem Salomo den Kopf balsamiren ließ, damit er aufbehalten, und zugleich nebst den Köpfen seiner Mitgenossen, sobald man dieselben entdeckt hätte, öffentlich zur Schau aufgesteckt werden könnte.

Es geschah dieses auch nach kurzer Zeit; denn sechs Monathe nachher erfuhr Ben-Gabel [Bengalet], Einer von den Oberaufsehern des Salomo, nachdem er die Gegenden des Landes Geth, welches an Salomo zinsbar war, hatte durchsuchen lassen; dieser Ben-Gabel [Bengalin], sage ich, erfuhr, daß die übrigen Mörder Hirams, Sterkin und Oterfut dahin geflüchtet waren, in der Hoffnung , daselbst in Sicherheit zu seyn.

Nachdem dieses dem Salomo hinterbracht worden war, so schrieb er auf der Stelle an Maaca, den König von Geth, und bat ihn, diese Mörder an die Vertrauten auszuliefern, welche er abschickte, daß sie dieselben nach Jerusalem abführeten, um daselbst die verdiente Strafe für ihre Frevelthat zu empfangen.

 

Diesemnach rüstete Salomo noch an demselben Tage, funfzehen der eifrigsten Meister aus, unter welchen auch die neun waren, welche den Hoben aufgesucht hatten. Er gab ihnen zu ihrer Begleitung hinlängliche Mannschaft mit. Sie machten sich am funfzehenten Tage des Monaths, welcher mit unserm Monathe Junius übereinkommt, auf den Weg, und langeten den acht und zwanzigsten desselben Monaths, im Lande Geth an. Sie überreichten das Schreiben des Salomo, an den König Maaca, welcher vor Schrecken über diese Nachricht zitierte, und augenblicklich den Befehl gab, daß man diese beyde Mörder sorgfältig aufsuchen, und sie ohnverzüglich an die Israeliten ausliefern sollte; und noch mehr, daß er sich für glücklich hielte, wenn seine Staaten von zwey dergleichen Ungeheuern gereinigt würden.

Man stellete demnach eine genaue Nachsuchung an, und fand sie in einem Steinbruche, Nahmens Bendeca, am funfzehnten Tage der Aufsuchung. Zeomet und Eléham waren die ersten, welche sie entdeckten. Man bemächtigte sich ihrer, und legte ihnen Fesseln an, worauf die Art der Lebensstrafe, welche sie auszustehen hatten, gestochen war. Sie langten am funfzehnten Tage des folgenden Monaths an, und wurden sofort vor den Salomo geführt, welcher, nachdem er ihnen viel Verweise gegeben, sie in die Gefängnisse eines Thurnes, Nahmens Hesar [Haizac], werfen ließ, weil sie am folgenden Tage, des grausamsten Todes sterben sollten.

Diese Todesstrafe ward um 10 Uhr Vormittages vollzogen. Sie wurden mit den Füssen, dem Halse, und den hinten angebundenen Armen an zwey Pfosten bevestigt. Man schnitt ihnen den Leib von der Brust an bis an die Geburtstheile auf, und ließ sie auf solche Art acht Stunden lang an der Sonne braten. Die Fliegen und andere Ungeziefer, tränketen sich von ihrem Blute. Sie erhoben dermassen bewegliche Klagen, daß sie die Henker zum Mitleiden bewegten; welches sie veranlassete, ihnen den Kopf abzuhauen. Ihre Körper wurden aus Jerusalem herausgebracht, und vor die wilden Thiere hingeworfen.

Salomo verordnen nachher, daß inan den Kopf des Hoben wieder aufsetzen sollte, damit alle drey, ausserhalb der Stadt auf Pfählen, in eben derselben Ordnung, wie sich diese Mörder in dem Tempel zur Umbringung des Hiram gestellt hatten, aufgesteckt würden, damit sich alle seine Unterthanen, und insbesondere die Maurer [!], daran spiegeln könnten. Dem zufolge ward der Kopf des Sterkin an dem Thore der Mittagsseite, der Kopf des Oterfut an dem Thore der Abendseite, und der Kopf des Hoben an dem Thore der Morgenseite, aufgepflanzt.

 

Hiermit endiget sich der Auszug der Geschichte der Mörder Hirams, welchen Salomo durch ihren Tod rächete.

Ich flehe zum grossen Baumeister der Welt, daß er uns vor dergleichen Unglück bewahren wolle."

 

Hierauf giebt er dem Aufzunehmenden die Zeichen, das Wort und das Berühren, nachdem er ihm das Band umgehängt hat.

 

 

 

Zeichen.

 

Das erste ist, daß man die rechte Hand zuschließt, den Daum in die Höhe hebet, als wenn man einen Dolch hielte, sich denselben unter das Kinn legt, und sodenn längs des Körpers herabführet, als wenn man sich denselben aufschneiden wollte. Das zweyte, welches die Beantwortung des Fragenden ist, bestehet darinn, daß man die Hand auestrecket, als wenn man sich den Hals mit dem Daumen abschneiden wollte.

 

Das heilige Wort heißt Zéomet; und die Antwort Eléham, welches auch zur freyen Einlassung in den Tempel gebraucht wird.

 

Das erste Berühren bestehet darinn, daß man sich mit dem Zeigefinger zwey kleine Schläge auf das Gelenk des kleinen Fingers giebt, welches auf die beyden entdeckten Verräther zielet. Das zweyte ist, daß man die rechte Hand des Fragenden mit den fünf ausgestreckten Fingern der rechten Hand fasset; welches dreymahl fünf, und mithin die Anzahl der funfzehen Erwählten, bedeutet.

 

Das Band des Erwählten Großmeisters ist schwarz, und überaus breit, mit drey Enden dunkel- (ponceau-) roth Band, woran ein Todtenkopf bevestigt wird. Oben in dem Bande befinden sich funfzehen Thränen in Silber gestickt.

 

 

 

Art der Einführung des Aufzunehmenden.

 

Es muß der Aufzunehmende wie ein Erwählter der Neun gekleidet seyn, und obenbeschriebener massen zwey Todtenköpfe halten. Wenn keine Aufnahme vorgehet, so wird die Loge auf die nachher anzuzeigende Art eröffnet; ausgenommen, daß, wenn die funfzehen Lichter angesteckt sind, der Großmeister spricht:

Helfet mir die Loge eröffnen!

und nachher alle Brüder, aufrecht stehend, und mit entblößtem Haupte dasselbe Zeichen machen!

 

F. Wie hoch ist es an der Zeit?

A. Fünf Uhr Nachmittags.

F Warum?

A. Weil zu dieser Stunde die Mörder Hirams entdeckt und gefangen worden sind, damit sie nach Jerusalem abgeführt würden.

F Hat man sie entdeckt?

A. Ja, Wohlehrwürdiger! man hat sie entdeckt, und vor den Salomo gebracht.

„Meine Brüder! spricht hierauf der Großmeister,

dieweil man diese Mörder entdeckt und gefänglich eingezogen hat: so lasset uns, unserer Pflicht gemäß, dafür sorgen, daß sie gestraft werden, und lasset uns erforschen, wer sie sind; um unsern Eifer zur Rächung des Todes Hirams zu zeigen.“

Alle Brüder thun dreymahl fünf Schläge in ihre Hände, setzen sich nieder und ziehen den Hut ab.

 

 

 

Unterricht

 

F. Seyd ihr Erwählter Großmeister?

A. Ja. Mein Eifer und meine Arbeit haben mich zu dieser Stuffe nebst der Achtung meiner Obern verholfen.

F. Wo seyd ihr aufgenommen werden?

A. In dem Gemache des Salomo.

F. Wenn hat er euch aufgenommen?

A. Damahls, als er mich nebst meinen Brüdern aussandte, die beyden letzten Mörder des Hirams aufzusuchen.

F. Seyd ihr also persönlich bey der Aufsuchung gewesen?

A. Ja, Wohlehrwürdiger!

F. Empfandet ihr eine große Freude, als die Mörder gestraft wurden?

A. Die drey Köpfe an meinem Bande, sind der Beweis davon.

F. Was bedeuten diese drey Köpfe?

A. Die Köpfe der drey Mörder Hirams.

F. Ihr sagtet, daß ihr nur zwey aufgesucht hättet.

A. Es ist wahr; allein, der dritte war bereits abgestraft.

F. Wie hießen die beyden, welche ihr nach Jerusalem abführetet?

A. Sterkin und Oterfut.

F. Wie wurden sie entdeckt?

A. Durch die Untersuchung, welche Bengabel anstellete.

F. Wie verfuhr Salomo, um sie in seine Gewalt zu bekommen?

A. Er schrieb einen Brief an Maaca, worinn er ihn bat, sie aufsuchen zu lassen.

F. Wer händigte diesen Brief ein?

A. Zéomet.

F. Machte der König Maaca keine Schwierigkeit?

A. Nein; sondern vielmehr, er gab uns Führer und Bedeckung mit.

F. Wo träfet ihr sie an?

A. In einem Steinbruche des Bendeca [Bendicat].

F. Wer war Bendeca.

A. Einer von den Oberaufsehern des Salomo, und sein Schwiegersohn.

F. Welche Meister fiengen die erstem?

A. Zéomet und Eléham, nachdem sie funfzehen Tage lang gesucht hatten.

F. Auf was vor Art habet ihr sie nach Jerusalem gebracht?

A. Sie wurden an beyden Händen gefesselt.

F. Wie sahen ihre Ketten aus?

A. Wie ein Linial und Schlägel, und es war die Art der Lebensstrafe, welche sie ausstehen sollten, darauf gestochen.

F. Wenn kamet ihr zu Jerusalem an?

A. Am funfzehenten Tage des Monaths, der mit dem Julius [! – Juillet] übereinsommt [besser: übereinkommt].

F. Wie lange brachtet ihr auf dieser Reise zu?

A. Einen Monath.

F. Wieviel Meister erwählte Salomo zu dieser Aufsuchung?

A. Funfzehen, deren Einer ich war.

F. Was verordnete Salomo?

A. Nachdem er ihnen sehr viel Verweise gegeben, befahl er dem Hezar, Großmeister seines Hauses, sie nach den Thurn seines Nahmens bringen, und am folgenden Tage, um zehen Uhr Vormittags, hinrichten zu lassen.

F. Mit welcher Todesstrafe wurden sie belegt?

A Sie wurden mit den Füssen, Armen und dem Halse, nackend an Pfosten gebunden. Man schnitt ihnen den Leib von der Brust an bis an die Schaam, auf.

F. Hielten sie lange in diesem Zustande aus?

A. Sie blieben acht Stunden lang der Sonnenhitze ausgesetzt, und wurden von den Fliegen, und anderm Geschmeisse geplagt. Ihr klägliches Geschrey bewegte die Henker zum Mitleiden, daß sie ihnen den Kopf abhieben. Ihre Körper wurden außerhalb der Stadt, den Krähen zur Speise, hingeworfen.

F. Was machte machte man mit ihren Köpfen?

A. Sie wurden an zwey Thoren der Stadt, eben so wie der Kopf des ersten Mörders, dem Erwählten der Neun zufolge, zur Schau aufgesteckt.

F. Wie hieß dieser?

A. Abiram. Dieser Nähme war ein Sinnbild, und bedeutete nichts anders als einen Mörder.

F. Wie hieß er mit seinem rechten Nahmen?

A. Hoben.

F. Wie heißen die drey Thore, wo die drey Köpfe anfgesteckt wurden?

A. Das Mittags- Abend- und Morgenthor.

F. Wessen Kopf ward nach Mittag aufgesteckt?

A. Der Kopf des Sterkin.

F. Am Abendthore?

A. Der Kopf des Oterfut.

F. Und am Morgenthore?

A. Der Kopf des Hoben.

F. Warum stellete man diese drey Köpfe an drey Thoren auf?

A Um die Stellung anzuzeigen, welche sie bey der Ermordung Hirams hatten.

F. Wie heist das heilige Wort des Erwählten Großmeisters?

A. Zéomet.

F. Wie heißt das Wort beym Eingänge?

A. Eléham.

F. Wie hoch ist es an der Zeit?

A. Sechs Uhr Abends.

F. Warum sechs Uhr Abends?

A. Weil zu dieser Stunde den Mördern der Kopf abgehauen wurde.

 

„Meine Brüder! spricht der Großmeister:

„weil der Tod unsers Großmeisters, Hiram, durch den Tod seiner Mörder gerächt worden ist, so müssen wir zufrieden seyn.

Die Loge ist geschlossen."

Man thut dreymahl fünf Schläge.

 

 

 

Fasson des Schurzfelles.

 

Es bestehet aus weissem Leder, und ist mit schwarzem Bande eingefaßt. In der Mitte befindet sich ein in Silber gestickter Thurn, und drey Rösechen von schwarzen Bande; eins an jeder Ecke, und eins auf dem Latze, welche die drey Köpfe anzeigen. Unter dem Latze stehet der Buchstabe H, unter dem Rösechen zur Linken O, und zur Rechten S.

 

 

 

Catechismus des vollkommnen Erwählten.

 

Fr. Seyd ihr Erwählter?

A. Ich bin es.

F. Was hat ein vollkommner Erwählter vor Arbeit?

A. Die Besserung der Sitten.

F. Wohin reisen die vollkommne Erwählte?

A. Nach das oberste Gewölbe.

F. Wodurch seyd ihr gekommen?

A. Durch einen langen Umgang, welcher durch 3, 5, 7, und 9.erleuchtet war.

F. Was bedeutet die Zahl 3?

A. Die drey Hauptsäulen F. S. B. [Force, Sagesse, Beauté] Alter eines Lehrjüngers.

F. Was bedeutet die Zahl 5?

A. Die fünf Ordnungen der Baukunst, die Jonische, Dorische, Toskanische, Corinthische, und die Zusammengesetzte; Alter eines Gesellen.

F. Was bedeutet die Zahl 9?

A. Die neun Meister; Alter eines vollkommnen Maurers [!].

F. Was trafet ihr vor dem Umgange an?

A. Einen ehrwürdigen Erwählten, welcher mir das Passirwort abforderte.

F. Wie gabet ihr ihm dasselbe?

A. Chibot, dreyrnahl gesprochen.

[Le Forestier, 161, Anm. 20, gibt an: von hier bis zum Schluss entsprechen die Fragen und Antworten dem Grad des „Royal Arch“.]

F. Was schliesset das heilige Gewölbe in sich?

A. Die Losung.

F. Was ist das vor eine Losung?

A. Diejenige, welche bey den Ruinen des Tempels verlohren gieng.

F. Wem gab man diese Losung zum ersten?

A. Dem Moses in einem brennenden Busche.

F. Auf wen ist sie hernach gekommen?

A. Bloß auf die vollkommne Erwählte.

F. Worzu dienete diese Losung?

A. Denen, welche die Mörder Hirams aufsucheten.

F. Gebet sie mir!

A. Ich kann nicht, Wohlehrwürdiger!

F. Habt ihr den Mörder aufgefunden?

A. Ich habe ihn gestraft.

F. Wo habt ihr ihn gefunden?

A. In der dunkeln Höhle, bey dem Brunnen Siloha.

F. In was vor einer Stellung befand er sich?

A. In dieser, Wohlehrwürdiger! (indem er sie macht.)

F. Was bedeutet diese Stellung?

A. Die Gewissensbisse und Traurigkeit.

F. Wie hieß sein Nahme?

A. Abiram.

F. Was vor Handwerkzeug hat ein vollkommner Erwählter?

A. Den Hammer, die Schaufel, die Brechstange.

F. Gebet mir das Berühren!

A. Ich gehorche. (Indem er N. N. M. spricht.)

F. Gebet mir die Erklärung von N. N. M.

A .Vollkommen.

F. Gebet mir das Wort der Rache!

A. Sterkin.

F. Wie alt seyd ihr?

A. Neun Jahr, Wohlehrwürdiger!

[hier fehlen zwei Zeilen:

D. Les Rayons du Soleil luisent-ils sur nous?

R. Notre respectable Maître est vengé.]

F. Wie heißt das Passierwort?

A. Berit neder Aliam.

F. Welches ist das Zeichen?

A. Indem man sich die Hand reichet, kehret man sie zweymahl um.

 

 

 

Anrede des Meisters..

 

„Es ist euch allen, meine Brüder! bekannt, daß unser ehrwürdiger Meister Hiram, durch die schändliche Boßheit dreyer Gesellen ums Leben gekommen ist; daß Einer derselben ihm den tödtlichen Stoß versetzt habe, und daß sich sämmtliche Meister befleissigen müssen, den Mörder desselben aufzusuchen, und seine Frevelthat zu bestrafen.

Unsere Meister demnach begaben sich auseinander, und giengen, ihn aufzusuchen, aus. Einer von ihnen, weicher die steilesten Gebirge, die ungebahntesten und beschwerlichsten Wege, mit unglaublicher Menge durchzogen hatte, setzte sich neben einem Springbrunnen, und ward von fern einer finstern Hohle gewahr. Die Neugierde trieb ihn, dahin zu gehen. Als er sich bey dem Eingange befand, erblickte er in der Tiefe ein schwaches Licht, bey dessen Scheine er einen Menschen in eben der Stellung, darinn ihr mich sehet, entdeckte.

( Er nimmt die Stellung eines Menschen, der vom bösen Gewissen geplagt wird, an.)

Er frug ihn um seinen Nahmen. Dieser antwortete ihm, daß er Abdacam [Le Forestier, 161, Anm. 21, vermutet einen Druckfehler] hieße, und vor denen, die ihm etwa nachsetzen mögten, sich verberge; er wäre der Mörder Hirams, und fände seit der Zeit, als er den Mord begangen, keine Ruhestätte vor Gewissensbissen, die ihn plageten.

Bey diesen Worten ward der Meister vom Zorn dahin gerissen, trat hinzu, bohrete ihm den Dolch in die Brust, und sagte dabey: Sterkin [Le Forestier, 161, Anm. 22, meint, man höre Nekom], welches Rache bedeutet.

 

Das ist meine, meine Brüder! die Regel der Classe der Erwählten Meister, welche eine gerechte Folge der Mäurerei, und der Gegenstand ist, warum sich die ehrwürdige Loge heute versammlet hat."

 

 

 

Vierte Stuffe der Mäurerei.

Klein-Baumeister.

[Petit Architecte]

 

Für diese und die nächste Stufe siehe:

Freemasonry in Context. 2004, Kapitel 11 und 12, 177-207

 

Eine völlig andere, frühe Fassung siehe:

Baumeister oder Schotten

„Die zerschmetterten Freymäurer“, 1746

 

  

Die Loge ist schwarz ausgeschlagen, zur Bezeugung der Trauer über den Verlust Hirams. Sie wird durch sieben und zwanzig Lichter erleuchtet, welche auf drey Leuchtern mit neun Armen stehen. Der Thron hat gleichfalls drey Stuffen. Zur Seite befindet sich ein kleiner Altar, worauf eine Bibel, ein Zirkel, ein Winkelmaaß, ein Triangul, ein Leuchter mit drey Armen, eine Urne oder Gefäß, worinn eine goldene Mäurerkelle von mittlerer Größe lieget, deren Gebrauch nachher gezeigt werden wird, anzutreffen sind.

Sämmtliche Brüder sitzen auf die gewöhnliche Art. Das Schurzfell ist ponceau gefüttert und besetzt. Der Meister und alle Brüder tragen am Halse ein ponceau-gewässertes Band, woran das Kleinod der Stuffe auf der Brust hängt, welches an einem kleinen blauen Rösechen bevestigt ist. Das Kleinod bestehet aus einem Triangul, und bey den Officieren sind die Ehrenzeichen, die sie vermöge ihres Standes tragen, darin eingeschlossen. Alle Brüder haben einen Degen an der Seite, und den Huth auf dem Kopfe, welcher mit einer ponceaufarbigen Schleife geziert ist.

Der Meister, welcher Salomo vorstellet, wird Mächtiger Meister [Puissant Maître]; die Aufseher, Wohlehrwürdige, und alle Brüder, Ehrwürdige genannt.

 

Man eröffnet die Loge durch sieben Schläge, von drey zu vier, welche die Aufseher wiederhohlen. Alsdenn spricht Salomo:

„Helfet mir die Loge des Klein-Baumeisters, die Schottische erste Stuffe [premier grade & apprentissage Ecossois], und den Anfang der Unterweisung, eröffnen.“

 

Nachdem die Aufseher hierauf geantwortet haben, so spricht der Meister:

F. Welches ist die erste Sorge eines Baumeisters?

A. Zu sehen, ob die Loge gehörig bedeckt sey.

„Bruder Aufseher! lasset darnach sehen, und nehmet zugleich, um vor allen Betrug gesichert zu seyn, einem Jeden die Zeichen, das Wort und das Berühren ab, welche bey denen Stuffen, deren Loge wir eröffnen wollen, üblich sind."

Wenn dieses geschehen ist, so spricht er:

„Großmächtiger Meister! wir sind vor allen Betrug gesichert."

Die Brüder sind sämmtlich Klein-Baumeister.

 

F. Bruder erster Aufseher! Welches ist die Stunde der Baukunst?

A. Der erste Augenblick, die erste Stunde, der erste Tag, welchen der große Baumeister zur Erschaffung der Welt brauchete.

 

„Meine Brüder!

Dies ist der erste Tag, die „erste Stunde, der erste Augenblick, welchen der große Baumeister zur Erschaffung der Welt anwendete. Dies ist die erste Stunde, der erste Tag, das erste Jahr, in welchem Salomo an Erbauung des Tempels arbeitete. Dies ist der erste Tag, die erste Stunde, der erste Augenblick, in welchem die Loge eröffnet wird. Es ist Zeit, uns an die Arbeit zu machen."

Die Aufseher wiederhohlen nach einander:

„Meine Brüder! dies ist der erste Tag, die erste Stunde, der erste Augenblick, wo der Mächtige Meister die Loge des Klein-Baumeisters eröffnet und hält. Die Loge des Klein-Baumeisters ist eröffnet."

Hierauf sagt der Meister zum Ceremonienmeister, daß er hingehen und den Candidaten vorbereiten mögte. In dieser Absicht gehet er hinaus, und nimmt zugleich den Jüngsten der Brüder mit.

 

 

 

Vorbereitung des Candidaten.

 

Wenn der Neuaufzunehmende ankommt, so muß er dem Meister vorgestellt werden. Dieser führet ihn in ein Zimmer, worinn es bloß von einer kleinen, auf der Erde stehenden Lampe hell ist; alsdenn gebietet er ihm, sich zur Annehmung, der ihm anjetzt einzuräumenden Stuffe, durch eine große Sammlung des Gemüths vorzubereiten. Hierauf begiebt er sich zurück, um die Loge zu er, öffnen, und überliefert den Schlüssel einem Sekretär und Schatzmeister, welche zu ihm gehen, und ihm die Gebühr, auf soviel man ihn gesetzt hat, abfordern.

 

Alsdenn nimmt der Ceremonienmeister die Vorbereitung desselben folgender massen vor. Er kommt mit dem Degen in der Hand zu ihm, welchen er auf einen Tisch leget. Er befiehlt dem Aufzunehmenden, alle Trutz-und Schutzwaffen, als Messer, Scheere u. d. gl. wie auch seine Kostbarkeiten, als Ring, Uhr u. s. f. abzulegen, welches alles er in die Loge schicken würde. Hierauf bindet er dem Aufzunehmenden die Augen mit einem ganz dicken Schleyer zu, durch welchen nicht das geringste Licht hindurch scheinen kann; ferner macht er ihm um die Faust eine Schlinge, wovon das Ende so lang seyn muß, daß er ihn daran fuhren kann. Wenn dieses geschehen ist, so leitet er ihn bis vor die Thüre der Loge, führet ihn auf die gewöhnliche Art hinein, und stellet ihn als Mäurer, zwischen die beyden Aufseher, welche dem Meister seine Gegenwart melden.

 

 

 

Aufnahme.

 

F. Die Stuffe des Baumeisters, Ehrwürdiger Bruder! um welche ihr euch bewerbet, stehet euch nicht eher offen, als bis ihr Beweise gegeben habt, daß ihr an dem Tode unsers Meisters, Hirams, im geringsten nicht mitschuldig gewesen seyd. Zur Versicherung dessen, verlangen wir, daß ihr von dem symbolischen Opfer des Herzens dieses Wohlehrwürdigen Meisters, welches wir seit der Ermordung aufbewahren, unter einer Geheimnißvollen Gestalt, genießet.

Fühlet ihr euch stark genung, das Stücklein dieses Herzens, welches euch dargereicht werden, und von jedem getreuen Meister genommen wird, in dem Leibe der Meineidigen aber nicht verbleiben kann, zu verzehren?

Prüfet euren Zustand, und antwortet mir: Könnet ihr euch dieser Probe unterwerfen?

A. Ja, mächtiger, Meister!

„So führet ihn denn, Wohlehrwürdiger Aufseher, durch drey Schritte des Lehrlinge zum Orte, wo das Gefäß stehet, welches die figurliche Mischung unsers Wohlehrwürdigen Meisters enthält."

Dieses geschiehet. Er kniet mit Einem Fuße nieder, und leget die beyden Hände auf den Triangul, welcher auf der Bibel liegt.

F. Bevor ihr zu dieser hohen und fürchterlichen Theilnehmung gelassen werdet, müssen wir in Ansehung eurer versichert seyn. Wollet ihr euch verpflichten lassen, und alsdenn an unsern Geheimnissen Theil nehmen?

A. Ja, mächtiger Meister!

„So sprechet mir denn," sagt der Großmeister: „mit Aufmerksamkeit nach:“

 

 

 

Verpflichtung.

 

„Ich versprecht unter eben denen Verpflichtungen, welche ich bey den vorhergehenden Stuffen eingegangen habe, und vor dieser hohen Versammlung, die Geheimnisse der Baumeister .bey mir zu behalten, zu bewahren und zu verbergen, und sie niemahls irgend einem Bruder von niedern Stuffen, oder Weltlichen, zu offenbaren, bey Strafe der ehrlichen Begräbniß, welche unserm Wohlehrwürdigen Meister wiederfuhr, verlustig zu gehen. Endlich verspreche ich, die Mäurerei aus allen Kräften zu behaupten, und meinen sämmtlichen Brüdern von ganzem Vermögen beyzustehen.

Das geschehe also!“

 

Hierauf nimmt der Mächtige Meister die in dem Gefäße befindliche Mäurerkelle, bedecket sie mit mystischem Teige, reichet sie dem Munde des Aufzunehmenden dar, um davon zu geniessen, und spricht dabey:

„Dieser mystische Theil, welchen wir mir euch theilen, verbinde euch auf immerdar unauflöslich mit uns. Sprechet mit uns,“

und alle Brüder sprechen es:

„Wehe dem, der uns trennet!"

Sodenn läßt ihn der Meister durch die Aufseher nach Westen wieder zurückführen, welche ihn drey Schritte eines Lehrlings rückwärts machen lassen. Wenn er daselbst ist, so sagt er zu ihm:

„Dasjenige, mein Bruder! was ihr anjetzt gethan habt, lehret euch, daß ihr euch niemahls weigern müsset, eure Fehler zu gestehen; daß die Halsstarrigkeit und der Eigensinn aus dem Herzen eines jeden rechtschaffenen Mäurers verbannt seyn müssen."

Sofort bemächtigen sich die Aufseher des Neuaufzunehmenden, und legen ihn mit dem Antlitz zur Erde nieder, so daß er auf den Händen und Knien ruhet, und in dieser Stellung das Gesicht auf den flammenden Stern, und der Mund dicht auf den Buchstaben G. zu liegen kommt. Der zweyte Aufseher bindet ihm die Augen auf, und der erste Aufseher wirft ihm ein schwarzes Tuch über den Leib. Hierauf sagt der Meister:

F. Was werdet ihr gewahr, mein Bruder?

A. Den Buchstaben G. in einem flammenden Sterne.

F. Was bedeutet derselbe?

A. Glanz, Größe und Geometrie.

F. Kennet ihr ihn nicht noch unter einem andern Nahmen?

A. Ja, unter dem Nahmen Gott [God].

„Das ist, mein Bruder! der Nähme des großen Baumeisters der Welt. Die Lage, in welcher ihr euch befindet, stellet euch diejenige vor, in welcher unser Wohlehrwürdiger Meister beerdigt worden ist: nehmlich, mit dem umgekehrten Antlitze auf einem flammenden Stern, und mit dem Munde auf dem Buchstaben G, welcher auf einer goldenen Platte wie ein Triangul gestochen war, welches das beschreibende Sinnbild der in Einen vereinigten drey mystischen Winkel ist. Der Zirkel stellet die allgemeine Unermeßlichkeit sowohl, als auch den Raum, vor, in dem dritten Theile des Tempels, welcher das Allerheiligste, und im Hebräischen Hekal, hieß."

F. Versprechet ihr uns, daß, wofern ihr auf der figürlichen Reise, welche ihr durch Wälder und Gebirge anstellen werdet, die übrigen Mörder Hirams antreffen mögtet, ihr dieselben, mit Gefahr eures Lebens anhalten wollet?

A. Ja, ich verspreche es.

 

Der Meister thut einen Schlag, zum Zeichen, daß ihn die Brüder aufheben sollen, bindet ihm die Hände und den Hals auf, und läßt ihn in der Loge slebenmahl den Weg von Norden nach Süden nehmen, um sich nach Westen zu begeben. Alsdenn melden es die Aufseher dem Mächtigen Meister auf gewöhnliche Art.

F. Habet ihr auf eurem Wege keine Hinderniß angetroffen?

A. Ja, Mächtiger Meister.

„Mit einer unendlichen Freude", spricht der Meister:

„belohne ich anjeht euren Eifer für die Mäurerei, indem ich euch zum Baumeister erkläre, und zugleich die Aufsicht über die Arbeiten des Tempels übertrage. Tretet herbey, und .vernehmet von mir die Geheimnisse dieser Stuffe."

Der Aufseher nimmt ihm sein Schurzfell ab, wirft dasselbe auf die Erde, und führet ihn hinter den Brüdern der Mittagsseite, zum Throne.

Der Mächtige Meister reichet ihm das ponceau-gefütterte Schurzfell, mit den Worten:

„Der Unterscheid, welchen ihr unter diesem und dem abgelegten Schurzfelle bemerket, verkündigt euch, daß ein Theil dessen, was euch bisher gesagt worden ist, in unsern Logen der Baumeister nicht mehr gebräuchlich sey. Eure Beschäftigung muß inskünftige erhabener seyn, weil ihr nun auf nichts weiter, als die Erbauung und Auszierung des Tempels bedacht seyn müsset."

Er reichet ihm das Band, woran das Kleinod hanget, und die Handschuhe.

“Wir haben bey dieser Stuffe ein Berühren, eine Losung, und zwey Zeichen. Das eine heißt: das Einlassungszeichen, weil niemand, ohne dasselbe anzugeben, in unsere Logen gelassen wird. Derjenige, welcher fraget: Seyd ihr Schottischer Baumeister [Architecte Ecossois]? leget sofort seine rechte Hand auf die Hüfte derselben Seite, und schließet sie dabey mit dem Daumen und Zeigefinger zu; hebet zugleich die Augen gen Himmel, und macht eine Bewegung mit dem Leibe, als wenn er zurücktreten wollte. Der Antwortende thut eben dasselbe auf der andern Seite, und spricht dabey:

Ich bins.

Das andere Zeichen, welches von allgemeinem Gebrauche ist, wird abgefordert, indem man die rechte Hand auf das Herz, in der Stellung des Meisterzeichens, leget; sodenn eine Zwerch- oder Diagonal-Linie nach vorn, und dem Gesichte hinauf, beschreibet; dieselbe wieder in ihre horizontale Stellung zurückführet, den Daum auf die Stirn setzet, welches einen Triangul hervorbringet; und sie hernach in der Stellung des Meisterzeichens fallen läßt. Der Beantwortende führet die rechte Hand flach nach der rechten Seite zu, und macht eine Bewegung, als wenn er sich zurückziehen wollte, indem er den rechten Fuß hinter den linken ziehet, wodurch die Figur eines Winkelmaaßes entstehet.

Das Berühren ist eben so, wie bey dem „Meister, indem beyde die Hand schnell unter den Elnbogen stecken, denselben mir der hohlen Hand fassen, einander dreymahl schütteln, und jedesmahl eine Sylbe des Wortes Gabaon dabey aussprechen.

 

Gehet nun, und gebet euch allen Brüdern zu erkennen, und kommet hernach wieder zu mir!“

Wenn dieses geschehen, und er wieder zurück gekommen ist, so wird er folgender Massen angeredet.

„Mein Bruder! Nach dem Tode Hirams wurden die Arbeiten nachlässig getrieben. Salomo wollte den Eifer der Meister beleben, und beschloß, einen neuen Oberaufseher der Arbeiten zu erwählen. In dieser Absicht ließ er die Meister, welche ihres Verstandes, ihrer Geschicklichkeit und guten Sitten wegen, zu dieser Stelle am würdigsten waren, in dem Saale seines Pallastes zusammen kommen. Aus den Rissen, welche ihm vorgelegt wurden, erkannte er, daß das erste Gebäude zu seiner Vollkommenheit gelangt war; und gebot ihnen, eben dieselben Proportionen auch bey dem zweyten Aufzuge zu beobachten, und ernannte den ihnen Vorgesetzten Baumeister.

Diese machten sich durch neue Versprechungen dazu anheischig, welches eben dieselben sind, die ihr anjetzt gethan habt, und wodurch ihr einen gleichen Rang mit ihnen bekommet.

Geniesset dieses Glücks unter uns lange Zeit!"

 

 

 

Catechismus.

 

Der Mächtige Meister macht das Einlassungszeichen, und spricht dabey zum ersten Aufseher:

F. Wohlehrwürdiger Bruder, Erster Aufseher, seyd ihr Baumeister?

A. (Indem er eben dergleichen Zeichen auf der andern Seite macht) Mächtiger Meister! ich bins.

F. An welchem Orte seyd ihr aufgenommen?

A. In dem Zirkel der Quadratur, und dem Allerheiligsten.

F. Was bedeutet der Zirkel?

A. Die Unermeßlichkeit des großen Baumeisters, welche weder Anfang noch Ende hat.

F. Die Quadratur?

A. Den Raum des langen Vierecks des Grabes Hirams.

F. Das Allerheiligste?

A. Den in dem Triangul befindlichen Raum, worin der Nahme des großen Baumeisters gegraben ist.

F. Wodurch seyd ihr zum Baumeister aufgenommen worden?

A. Durch den Mörtel, welcher zur Bindung der Steine des Tempels gebraucht worden ist.

F. Was vor Mörtel brauchte man dazu?

A. Einen mystischen Mörtel, welcher aus Milch, Oel, Wein und Mehl bestand.

F. Was bedeutet diese Mischung?

A. Die Milch stellet die Sanftmuth; das Oel die Weisheit; der Wein die Stärke, und die Milch die Gütigkeit vor, welches die ehrwürdigen Eigenschaften unsers Meisters waren.

F. Wie ward Hiram in die Erde gelegt?

A. Mit dem Gesichte nach dem Mittelpunkt; mit dem Munde auf den Buchstaben G, welcher in den flammenden Stern eingegraben, in den Winkeln des Trianguls eingelegt, war, und mit dem Zirkel in Verbindung stand.

F. Wo ward er beerdigt?

A. Hinter dem Heiligthum, in dem Vorhofe des Tempels.

F. Ließ Salomo den Tod des Hirams ungerochen?

A. Nein. Er ernannte diejenigen zu Baumeister, welche sich durch neue Versprechungen verbindlich machen wollten, seinen Mördern nachzusetzen.

F. Wie reisen die Baumeister?

A. Dreymahl siebenmahl, durchzogen sie den Berg Libanon, und die nächsten Gebirge, und besuchten die geheimsten Orte.

F. Wurden die Mörder aufgefunden?

A. Ja, Mächtiger Meister!!

F. Wie hieß derjenige, welcher den Hiram umbrachte?

A. Abiram, welches ein Meuchelmörder oder Todtschläger bedeutet.

F. Auf was vor Art seyd ihr zu dieser Stuffe gelangt?

A. Durch drey Schritte des Lehrlings vor- und rückwärts.

F. Womit beschäftiget ihr euch?

A. Mit der vollkommenen Baukunst; mit der Sorge, die vorfallenden Streitigkeiten unter den Arbeitsleuten zu schlichten, und mit der Arbeit an dem Dreyecke auf dem Grabe Hirams.

F. Beschreibet mir die Arbeit daran.

A. Die Mitte schließet den Buchstaben G, und die Buchstaben S. U. G. ein.

F. Was bedeutet das G?

A. Gain, das heißt: O du allein Ewiger!

F. Das S?

A. Soumission, das heißt: Unterwürfigkeit, anzuzeigen, daß ob wir gleich Baumeister sind. wir doch auch zugleich Untergebene sind, und unsern Vorgesetzten gehorchen müssen.

F. Das U?'

A. Union, oder die Einigkeit, welche unter uns herrschen muß.

F. Der Buchstabe G ausser dem Triangul?

A. Gomez, das heißt: Schönheit. Es ist dieses das Hauptwort, und wie man sagt, das erste, welches der erste Mensch gesprochen hat.

F. Giebt es nicht noch andere Buchstaben in euerer Loge?

A. Ja, Mächtiger Meister; M. B. so das Wort bedeuten, welches wir nicht laut aussprechen können, und welches wir vorbrachten, als wir den Körper unsere Wohlehrwürdigen Meisters aufhoben; und noch drey andere eherne, an dem Rande des Grabes einlegte: M. H. S.

F. Was bedeuten sie?

A. M bedeutet Moria, welches der wahre Nahme des Berges ist, auf welchem der Tempel erbauet war. H bezeichnet den Nahmen Hirams, und S, Sterkin [Stolkin], ein Wort, welches derjenige Mäurer aussprach, der den Leichnam Hirams zuerst entdeckte.

F. Erstreckte sich eure Arbeit bloß auf den Bau des Tempels?

A. Nein; ich zog den Zirkel durch einen Umkreis auf dem Raume des Ortes, welcher das Allerheiligste genannt wird.

F. Was bedeutet dieser Umkreis?

A. Die Unendlichkeit einer höchsten Macht, welche die Geometrie uns unter diesem Sinnbilde vorstellet.

F. Was habt ihr vor unterscheidende Merkmahle?

A. Zwey Zeichen, ein Wort, und ein Berühren.

F. Wie wird das Berühren genannt?

A. Das doppelte Gewölbe.

F. Saget mir das Wort der Einlassung?

A. Gabaon.

F. Wie heißt das Hauptwort?

A. Gomez.

 

„Meine Brüder, das ist der letzte Augenblick, die letzte Stunde, der letzte Tag, welchen der Meister der Welt zur Schöpfung gebraucht hat; das ist der letzte Tag, an welchem Salomo an. Erbauung des Tempels gearbeitet hat; und das ist zugleich der letzte Augenblick, in welchem die Baumeister arbeiten müssen.

Es ist Zeit, uns auszuruhen."

 

Hierauf thut er sieben Schlage, von drey zu vier. Die Aufseher thun diese Schläge nach, und der Großmeister kündigt an, daß die Loge geschlossen sey.

 

 

 

 

Fünfte Stuffe der Mäurerei.

Groß-Baumeister.

[Grand Architecte]

 

Erstes Zimmer.

 

Die Loge erfordert zwey Beschläge, einen schwarzen und einen rothen, zu den zwey verschiedenen Punkten der Aufnahme. Die Loge muß durch sieben und zwanzig Lichter erleuchtet seyn, welche auf eben die Art, wie in der Loge des Klein-Baumeisters, gestellet werden.

Der Grundriß der Loge ist gleichfalls derselbe, ausser daß um das Allerheiligste herum ein Zirkel gezogen seyn muß. Der Meister stellet den Salomo für, und wird Großmächtiger Meister (très-Puissant Maître] genannt; die Aufseher, Wohlehrwürdige; die Officierer, Ehrwürdigste; und die Brüder, Geehrteste, oder Groß-Baumeister.

Der Meister siehet, wie gewöhnlich, aus. Das Kleinod, welches er am Halse tragen muß, ist ein doppelter Triangul. Die Aufseher und übrigen in Aemtern stehenden Personen, tragen ihr gewöhnliches Kleinod, aber in einem doppelten Triangul eingeschlossen. Alle Bänder beym ersten Zimmer müssen schwarz seyn.

 

 

 

Zweytes Zimmer.

 

Hinter dem Throns des Meisters, muß ein schwarzer Vorhang hangen, um das nachher anzuzeigende zu verbergen, und dieser Vorhang wird zur gehörigen Zeit zu.- und aufgezogen.

Der Altar muß mit den Zeichen und Sinnbildern der Mäurerei ausgeziert seyn, welche entweder geschnitzt oder gemahlt seyn können. Er muß mit sieben Stuffen versehen, und mit ein und achtzig Lichtern umgeben seyn, welche in Gestalt eines Trianguls stehen. Hinter dem schwarzen Vorhange hangt ein durchsichtiges Gemälde, welches den Glanz des Großen Baumeisters vorstellet, der mit sieben himmlischen Geistern umgeben ist. In der Mitte befindet sich ein heller Triangul, worin der Nahme Gottes mit hebräischen Buchstaben geschrieben ist.

An den äusersten Enden der Wolke, sind sieben auf Flügeln aufgesetzte Engelsköpfe angebracht [Für die Namen derselben siehe das Frontispiz, Abb. 1]. Auf dem Altare siehet man im Aufzuge die Bundeslade [l'Arche d'alliance], welche auf zween Cherubim ruhet, die sie mit ihren Flügeln bedecken. Der Vordertheil der Lade ist ausgeschnitzt, und es erscheinet darauf das Lamm des Lebens, auf einem Buche ruhend, woran die sieben Siegel hangen.

Zur Rechten der Lade, an der Vorderseite, befindet sich das eherne Meer [la Mer d’airain], welches auf zwölf vergoldeten Stieren stehet. Soll die Loge recht gehörig und vollkommen eingerichtet seyn, so muß man die zehen Gefäße, an jeder Seite fünf, und das Meer an dem Ende, von der Abendseite, nach Mittag zu, hinstellen.

In Süden stehet ein eherner Tisch, welcher der Brandopferaltar heißt. Der Leuchter mit sieben Armen stehet vor der Lade. Nach Norden zu siehet man einen Tisch, welches der sogenannte Tisch der Schaubrodte [des pains de proposition] ist, worauf eilf dergleichen, entweder wahre oder künstliche Brodte, über einander liegen. Auch findet man daselbst Geschirre, Kelche und Opfergefäße.

Der schwarze Beschlag muß über dem rothen dergestalt hangen, daß man ihn geschwind, wenn es Zeit ist, aufziehen oder niederlassen kann. Die Tapete muß mit Hyacinthen bestreut seyn. Bey Veränderung des Beschlages, legen die Brüder das schwarze Band ab, und das rothe um.

 

Zwischen den beyden Aufsehern, nach Westen, muß ein kleiner Tisch stehen, worauf eine Bibel, ein doppelter Triangul, ein Winkelmaaß, und ein Zirkel liegen. Vor diesem Tische ist ein Sessel ohne Lehne, oder Tabourett, worauf sich der Neuaufzunehmende setzen, und unterdessen, daß die Loge verändert wird, mit dem Kopfe auf den Tisch niederlegen muß.

Auf dem Reißbrette muß auf der einen Seite der Tempel Salomons, bis in das dritte Stockwerk des noch unvollendeten Gebäudes aufgeführt, abgezeichnet stehen, und unten sind Materialien und Handwerkszeug vorgestellt; und auf der andern Seite der Nahme von allen Brüdern, welche durch diese Stuffe gegangen sind, welchen sie selbst aufschreiben müssen; und am Ende ein leerer Platz, um das ausgelassene Wort dahin zu setzen, wofern er in dem Augenblicke der Aufnahme davongegangen wäre; und zwar auf ewig.

 

 

 

Zierathen.

 

Der Groß-Baumeister trägt das ponceau-farbige Band, und das Kleinod wie ein Andreascreutz. Unter dem letztern befindet sich das Kleinod des Klein-Baumeisters, den Zirkel ausgenommen, als welcher vergoldet seyn muß; und unter dem Sterne, welcher den Kopf des Zirkels abgiebt, befindet sich eine goldene Sonne, deren niederwärts gehende Stralen mit dem Kopfe schnurgleich sind.

 

 

 

Vorbereitung.

 

Der Ceremonienmeister nimmt dem Aufzunehmenden alle Trutz- und Schußwaffen ab; sein Geschmeide aber fordert er ihm nicht ab. Alsdenn läßt er ihn, auf dem Reißbrette, ganz unten unter den Brüdern, seinen Nahmen aufschreiben. Hierauf verbindet er ihm die Augen, hält ihm eine Rede, von dem Grade, den er anitzt erlangen wird, und erkläret ihm, daß er dazu bestimmt sey, die Stelle Hirams wieder zu besetzen, dessen Verlust man annoch beklaget; allein, daß er vorher dem Salomo und dem Groß Baumeister vorgestellt werden müsse; daß er sich in diesem Augenblicke mit Standhaftigkeit zu waffnen habe, well er sonst, wenn es ihm an Beherztheit gebräche, auf immerdar ausgeschlossen werden würde; daß indessen diese Stuffe nichts Furchtbareres als die übrigen vorhergehenden, an sich habe, und daß er demnach nur alles Vertrauen zu ihm haben solle.

 

 

 

Eröffnung der Loge.

 

Der Mister thut einen Schlag, und spricht;

„Meine Brüder helfet mir die Loge des Groß-Baumeisters eröffnen.“

Die Aufseher wiederholen es nach einander; ein jeder auf seiner Seite. Alsdenn spricht der Großmächtige:

Fr. Wohlehrwürdiger Erster Aufseher, welches ist die erste Sorge eines Mäurers?

A. Großmächtiger! zu sehen, ob die Loge gehörig gedeckt sey.

„Sehet zu, meine Brüder, ein Jeder auf seiner Seite, ob alle hier anwesende Brüder bey der Stuffe, deren Loge wir itzt eröffnen wollen, gegenwärtig bleiben können."

Sie thun dieses; Jeder ans seiner Seite. Wenn sie die gehörige Untersuchung vorgenommen haben, so setzen sie sich an ihren Ort, und sprechen nach einander:

„Großmächtiger! die Loge ist gehörig gedeckt, und alle hier gegenwärtige Brüder sind lauter Groß-Baumeister.“

F. Bruder Erster Aufseher! welche Stunde ist itzt?

A. Die Stunde des vollkommnen Mäurers, das heißt: der erste Augenblick, die erste Stunde, der erste Tag, welchen der große Baumeister der Welt zur Schöpfung der Welt brauchete.

„Meine Brüder! dies ist der erste Augenblick, die erste Stunde, der erste Tag, welchen der große Baumeister der Welt zur Schöpfung anwendete. Dies ist die erste Stunde, der erste Tag, das erste Jahr, welches Salomo zum Tempelbau anwendete. Es ist Zeit, die Arbeit vorzunehmen."

Die Aufseher wiederhohlm dieses; ein Jeder auf seiner Seite. Alsdenn thun sämmtliche Brüder dreymahl drey Schläge in ihre Hände, und man erhebet das gewöhnliche Freudengeschrei. Die Loge ist eröffnet.

 

 

 

Aufnahme.

 

Nach den gewöhnlichen Formalitäten, führet der Ceremonienmeister den Candidaten vor die Thüre der Loge, und schlägt wie ein Klein-Baumeister. Der zweyte Aufseher antwortet ihm als Groß-Baumeister; alsdenn der erste Aufseher, und zuletzt der Großmächtige.

Der zweyte spricht:

„Wohlehrwürdiger Bruder Erster Aufseher, es schlägt Jemand wie ein Klein-Baumeister an der Thüre der Loge.“

Der erste Aufseher spricht:

„Großmächtiger! es schlägt Jemand wie ein Klein-Baumeister an der Thüre der Loge."

„Wohlehrwürdiger Bruder Erster Aufseher! sehet zu, wer da anklopfet!"

Der zweyte gehet an die Thüre, und klopfet wie ein Klein-Baumeister. Man anwortet ihm, und er frägt:

Was wollt ihr?

Der Ceremonienmeister spricht:

„Es ist ein Bruder Baumeister da, welcher sich examiniren lassen will, zur Erhaltung der Stelle des Oberaufsehers der Arbeiten, durch Verdienung der Stelle eines Groß-Baumeisters.“

Der zweyte Aufseher schließt zu, und stattet dem ersten Aufseher Bericht ab, welcher es dem Meister meldet, worauf dieser spricht:

„Wohlehrwürdiger Bruder zweyter Aufseher! Frager ihn nach sinen Nahmen, Zunahmen, und ob er in gehörigem Stande, und entschlossen sey, Proben durchzugehen, welche weit stärker und schärfer sind, als alle diejenige, welche er bereits durchgegangen ist."

 

Der zweyte Aufseher gehet an die Thüre, und thut die Fragen an den Bruder Ceremonienmeister, welcher den Aufzunehmenden lehret, was er antworten solle. Wenn der Aufzunehmende geantwortet hat, so berichtet es der zweyte Aufseher dem ersten, und dieser meldet es hinwiederum dem Großmächtigen Meister.

 

Alsdenn stehen alle Brüder, welche diese Zeit über gesessen hatten, auf, und der Großmächtige Meister spricht:

„Meine Brüder! Nachdem die zweyte Erhöhung, den höchsten Befehlen gemäß, zu Stande gekommen ist: so müssen wir nunmehr eine dritte machen, und damit die Höhe beschließen, welche der Tempel den von dem großen Baumeister der Welt davon angegebenen Grundrissen gemäß haben muß. Die Direction über dieses dritte Stockwerk war ohne Zweifel dem Oberaufseher zugedacht, welcher die Stelle Hirams ersetzen sollte, und welchen wir bisher noch nicht mit Nahmen genennt haben.

Da die Arbeit nicht länger aufgeschoben werden darf, so muß sie an diesem glücklichen Tage, an welchem wir versammelt sind, zu Ende gebracht werden. Es gebühret sich, daß der Baumeister, welcher sich darstellet, uns zeige, wie weit er es in seinen Zeichnungen gebracht habe; denn nur für große Baumeister gehöret die Erbauung der Stiftshütte [de bâtir des tabernacles]. Diese Arbeit erfordert eine Freyheit im Zeichnen, welche der niedere Arbeiter nur kennen muß, um sie zu bewundern. Wir wollen also in unsern Tempel einen Nachfolger Hirams ernennen, weil Letztern der Tod seinen Arbeiten entrissen hat. Moabon mag ihm folgen; und es lebe derselbe mit Ehre, Ruhm und Glück unter unsern Groß-Baumeistern! Es sey ihm der Anblick und der Besitz unserer Stiftshütte anvertraut, und er bringe unsere Glückseeligkeit auf das höchste, durch die Vollendung der höchsten Ordnungen, indem er die lezte Hand an die Arbeit, und an die Vollkommenheit unserer Arbeiten lege.

Ist dieser euer Wille, meine Brüder?"

 

Ein Jeder führet die Hand auf den Riß der Loge, schlägt dreymahl in seine Hand, und erhebet das gewöhnliche Freudengeschrey.

 

Der Großmächtige Meister spricht:

„Führet Moabon in die Loge, auf die gewöhnliche Art!"

Der zweyte Aufseher gehet an die Thüre, führet den Candidaten nach Westen; mit den Füssen auf den Spitzen des Winkelmaasses, wodurch ein doppeltes hervorgebracht wird. Der Großmächtige thut einen Schlag, zum Zeichen der Stille. Der zweyte Aufseher thut sieben Schläge als Groß-Baumeister, welche der erste Aufseher, und alsdenn der Meister nachthut. Hierauf spricht der zweyte:

„Großmächtiger Meister! hier ist Moabon, welcher die Stuffe des Groß-Baumeisters zu erhalten begehret, und welchem der Eintritt in diese Loge in dieser Absicht bewilligt worden ist."

Der Grossmächtige spricht:

„Mein Bruder! die Stuffe, welche ihr begehret, ist sehr hoch..Die Kunst, Stiftshütten zu bauen, und unsern Tempel zur Vollkommenheit zu bringen, ist dermassen wichtig, daß wir fürchten, ihr mögtet die Proben nicht aushalten, welche wir von denen Personen verlangen, die hinzu gelassen werden können.

Unterdessen, da wir unserm Meister, Hiram, einen Nachfolger nothwendig setzen müssen, so sehen wir uns genöthigt, alle diejenige auf die Probe zu stellen, welche zur Erlernung der Wissenschaft für tüchtig erkannt werden können. Zuförderst nun ist euch auferlegt, dreymahl sieben und zwanzigmahl um die Arbeiten des Tempels herum zu gehen, und zwar durch Norden nach Ost, und durch Süd nach West, welches ich auf neun einschränke. Suchet den Grundriß genau aufzunehmen; und überreichet ihn dem Groß-Baumeister, damit derselbe urtheile, ob ihr zur Besetzung der Stelle unsers Meisters, Hirams, welchen wir verloren haben, würdig seyd."

Der Großmächtige thut einen Schlag, um dem zweyten Aufseher das Zeichen der Abreise zu geben. Es reiset derselbe, wie die Klein-Baumeister. Der zweyte Aufseher giebt dem Aufzunehmenden ein viereckichtes Blatt steif Papier in die Hände, welches das Reißbrett heist. Der zweyte Aufseher thut auf den Schlägel des ersten Aufsehers sieben Schläge: und dieser spricht:

Erster Aufseher: Was ist Ihr Begehren?

Zweyter Aufseher: Wohlehrwürdiger Bruder Erster Aufseher! die Geheimnisvolle Reise des Moabon ist geendigt.

Der erste Aufseher wiederholet es zum Groß-Mächtigen.

Der Großmächtige: Mein Bruder, welches sind die Früchte eurer Reise?

Der Aufzunehmende. Großmächtiger! ich habe den Grundriß der Werke des Tempels aufgenommen, und ich bringe Ihnen die Zeichnungen.

Der Großmächtige. Mein Bruder! reichet sie mir durch drey Schritte des Gesellen!

Der Aufzunehmende überreichet sie dergestalt, daß er mit dem dritten Schritte unten am Throne stehet, woselbst er mit dem rechten Fusse niederkniet.

 

Der Großmächtige nimmt ihm das Reißbrett ab, betrachtet es, und giebt es zu seiner Rechten an den nächsten Bruder; von diesem gehet es von Hand zu Hand in der ganzen Loge herum, bis es endlich an den Großmächtigen Meister wieder zurück kommt. Dieser nimmt es, leget die Hand des Aufzunehmenden auf das Winkelmaaß und den doppelten Triangul, welche auf dem Altare befindlich sind, den Zirkel auf die Faust, und den Degen darüber.

Hierauf nimmt er ihn folgender massen in Pflicht.

 

 

 

Erste Verpflichtung.

 

„Ich verspreche bey eben denen Verpflichtungen, wozu ich bey meinen vorhergehenden Maurerstuffen mich anheischig gemacht habe, die Geheimnisse der Groß-Baumeister, niemahls irgend einem Baumeister, Meister, Gesellen, Lehrling, Mäurer, zu entdecken, bey Strafe der Ausschliessung aus unserm Orden, und aus unsern Logen.

Amen.“

 

Der Großmächtige.

Stehet auf! Bruder Erster Aufseher, lasset den Bruder drey Schritte des Gesellen rückwärts machen, damit er lerne, dieselbe Standhaftigkeit auf der Bahn der Tugend zu beobachten; der Demuth ohngeachtet, welche man in dieser Absicht bisweilen von uns verlanget.

 

Wenn er an der Westseite ist, so lassen ihn die Aufseher sich mit dem Rücken nach Morgen kehren, setzen ihn auf das vor dem Gemählde stehende Tabourett, und kehren ihn abermahls nach Morgen um. Hierauf spricht der Meister:

„Seyd ihr noch vest entschlossen, die Verschwiegenheit bey unsern Geheimnissen zu beobachten?"

Der Aufzunehmende antwortet:

„Ja, Großmächtiger Meister!"

Der Großmächtige.

„Bruder Erster Aufseher! Nehmet ihm den ersten Schleier seiner Dunkelheit ab, bis er tüchtig sey, den Glanz unserer Stiftshütte zu sehen."

Der Großmeister thut einen Schlag. In demselben Augenblicke muß die Binde herabfallen. Er muß sich vor dem Meister und samtlichen [besser: sämmtlichen] Brüdern neigen.

Der Großmächtige.

Bruder! seyd ihr im Stande, uns von allen Stuffen, welche ihr bereits durchgegangen seyd, Bericht zu geben?

Der Aufzunehmende spricht:

„Ja, Großmächtiger Meister!"

Man macht ihm einen kurzen Auszug des Berichtes von allen Stuften, welchen der Aufzunehmende beantworten muß. Hierauf läßt sich der Meister folgendergestalt vernehmen:

„Mein Bruder! Ob ihr gleich durch alle Stuften durchgegangen seyd, so seyd ihr doch noch nicht zur Vollkommenheit gelangt. Ihr müsset noch das helle Licht einsehen lernen, welches die Mäurerei euch auf allen Stuften verspricht, und welches ihr zuletzt erst nach vielen überstandenen Proben erlanget. Ihr habet noch starke Proben auszustehen. Es kommt bloß auf euch an, was ihr thun wollet.

Wir sind noch bereit, euch von eurem Versprechen, auch selbst demjenigen, was ihr bey uns gethan habet, zu entbinden. Die Furcht, dasselbe zu Schanden gemacht zu sehen, soll uns nicht zurückhalten. Wir verlangen noch eine andere Zusage von euch, als alle diejenigen, die ihr gethan habt. Die bisherigen waren in der Dunkelheit geschehen. Die noch rückständige muß in völliger Freiheit geschehen. Es stehet euch frey, sie vorher durchzulesen. Sie ist auf diesem Papiere, welches ihr vor euch sehet, verzeichnet. Leset sie in der Stille, und wenn ihr sie euch gefallen lasset, so sprechet sie laut nach

 

 

 

Zweyte Verpflichtung.

 

„Bey aller Freiheit, dre ich in allen fünf natürlichen Sinnen bekenne, bey dem Daseyn meiner Vernunft und meines Geistes, welchen ich auf keinerley Weise für gefesselt erkläre; bey dem Verstände, welcher mich unterstützet, leitet und erleuchtet: ja, ich verspreche, schwere, und gelobe, alle Geheimnisse, Zeichen und verborgene Dinge unverbrüchlich zu bewahren, welche mir bisher entdeckt worden sind, oder noch inskünftige offenbahrt werden mögten, in den fünf ersten Stuffen der vollkommenen Mäurer, und .der vollkommenen Mäurerei, worinn ich unterwiesen worden bin; indem ich gegenwärtig mit lauter und vernehmlicher Stimme, und ohne Furcht bekenne, daß mein Leben frey, und mein Verstand nicht eingenommen sey; daß es mir im geringsten nicht leid thue, mich, obwohl in der Dunkelheit, in unsern Logen verpflichtet zu haben; indem ich es von Herzen erkläre, und sie für unverletzlich halte; und erlaube, daß, wofern ich sie offenbahre, über meinen Leib alle die Strafe und Strenge ergehe, welche mich dazu verpflichten; daß man mir die Adern der Schläfe und des Halses öffne; daß ich nackend auf die höchste Spizsäule gelegt, auf diesem halben Weltkreise, der Schärfe der Winde, der Hitze der Sonne, und der Kälte der Nacht ausgesetzt werde; daß mein Blut langsam aus meinen Adern fliesse, bis der Geist ausfahre, welcher die körperliche Substanz und Materie beseelet; und daß ich, zur Vermehrung der Leiden am Körper und Geiste, gezwungen sey, täglich eine zur Verlängerung und Erhaltung eines heißen, nagenden und grausamen Hungers, verhältnißmäßige und hinreichende Nahrung zu mir zu nehmen, weil hierinn nichts zu streng für einen Meineidigen ist.

 

Die Gesetze und Verordnungen der Mäurerei, seyn meine Führer, und bewahren mich dafür; und ich nehme den großen Baumeister der Welt dabey zu Hülfe!

Amen.

 

Der Großmächtige.

„So hält Euch denn, mein Bruder! nichts zurück? Seyd ihr vest entschlossen, von Herzen, so wie mit dem Munde, mit lauter Stimme, vor dieser hohen Versammlung, mit aller Freyheit des Gesichts, des Herzens, und des Geistes, deren ihr geniestet, nachzusprechen?

Weigert sich der Bruder, so setzen ihm die beyden Aufseher-die Degenspitze auf den Rücken, lassen ihn mit Geschwindigkeit, die sieben und zwanzig Wendungen des Groß- Baumeisters, die achtzehen des Klein-Baumeisters, die neun des Meisters, die fünf des Gesellen, und die drey des Lehrlings machen, und jagen ihn, nachdem sie ihn die Wasserprobe haben ausstehen lassen, als einen Schwachmütigen fort.

 

Nimmt er es hingegen an: so spricht er mit lauter und vernehmlicher Stimme nach; und sobald dieses geschehen ist, gehet der zweyte Aufseher hin, und verbrennt das Papier an einem Lichte. Nachdem es verbrannt ist, thut man drey Schläge, erhebet das gewöhnliche Freudengeschrey, und der Meister spricht:

„Mein Bruder! da Euer Eifer für die Mäurerei euch vermögt hat, bey aller Standhaftigkeit eines rechtschaffenen Maurers [!] zu beharren, so wollen wir euch für Groß-Baumeister des Tempels, und der Stifftshütte, welche wir aufführen, erkennen. Ihr werdet die letzte Hand an das Werk legen, und unserm wohlehrwürdigen Meister, Hiram, in seinem Amte folgen.

Bevor aber Euer Ausruf nach Osten des Tempels geschehe, müssen wir, aus aufrichtigem Gefühl der Wehmuth, der abgeschiedenen Seele unsers Meisters, dessen Ertödtung wir bisher beweint haben, eine geheime Verehrung wiederfahren lassen. Es überlassen sich demnach unsre Herzen der Betrachtung, und es unterhalte sich unser Geist mit seinem Andenken, in einer tiefen Stille. Civi! (D. i. beuget das Knie!)"

 

Hierauf knien die Brüder mit Einem Fuße nieder; der Großmächtige thut einen Schlag, und alle Brüder, das Haupt über die Hände neigend, bleiben im Stillschweigen.

 

Der Großmächtige thut abermahls einen Schlag. Alsdenn lassen die Aufseher den Aufzunehmenden vor einem Tische niederknien, den Kopf über ein darauf liegendes Buch hängend, und sein Antlitz genau mit seinen Händen bedeckend, wobey die Aufseher ihre Degen kreuzweise über seinen Hals legen. Mittlerweile daß er in dieser Stellung sich befindet, ziehet man den Vorhang auf, und der Beschlag wird so geschwind, als möglich, verändert. Die Brüder legen ihr rothes Band um.

Wenn die ganze Veränderung geschehen ist. so thut der Meister einen Schlag, zur Gebietung der Stille; schlägt alsdenn noch einmahl, und rufet:

Ca ki: das heist: Stehet allesammt auf!)

Die Brüder stehen auf, und die Aufseher nehmen ihre Degen von dem Halse des Aufzunehmenden ab. Alsdenn lassen sie ihn aufstehen, und vor dem Meister und der Versammlung sich neigen. In demselben Augenblicke, da der Aufzunehmende sich aufrichtet, thut der Großmächtige Meister einen Schlag, und sämmtliche Brüder sprechen:

Hiram ist todt; Moabon lebet!

Nach einem Augenblicke der Stille, spricht der Großmächtige:

„Mit dem innigsten Vergnügen, mein Bruder! vernehme ich, daß ihr zur Stuffe der Großbaumeister aufgerufen werdet, und wir können unsere Zufriedenheit darüber nicht genug an den Tag legen. Wir wollen euch anjezt mit Freuden, mein Bruder! die Geheimnisse anvertrauen, welche für diese Stuffe aufbehalten sind.

Tretet näher, und vernehmet meinen Unterricht.

(Er reicher ihm das Band und das Kleinod.) Dieses Band und dieses Kleinod, geben Euch das Obergebiet über alle übrige Mäurer der niedern Stuffen. Diese Handschuhe gehören zu dieser Stuffe.

Wir haben ein Frage- und Antwortzeichen, ein Berühren und eine Losung, woran wir uns einander erkennen.

Das Fragezeichen bestehet darinn, daß man beyde Hände ans die Herzgrube leget, und daselbst einen Triangul mir dem Daumen und Zeigefinger von jeder Hand machet; welches das Aufforderungszeichen (Signe d‘appel) heißet.

Das Beantwortungszeichen bestehet darinn, daß man beyde Hände in eben der Gestalt auf das Haupt leget. Man hat sich dessen nur in der Loge, oder in außerordentlichem Nothfalle zu bedienen; und heißet das Hülfszeichen (Signe de secours

Das Berühren geschiehet, indem man beyderseits gleich durch die rechte Hand ergreifet, und sie nach einander dreymahl, eine oben und die andere unten abwechselnd, umkehret.

Die Losung ist Moabon. Dieses Wort darf nicht anders, als Sylben-weise, währendem Umkehren der Hand, gesprochen werden.

Hierauf umarmt man einander.

Gehet nun hin, mein Bruder! gebet Euch allen Brüdern zu erkennen; gebet ihnen die Zeichen, die Losung, das Berühren, die Umarmung; und kommet hernach wieder, und gebet sie auch mir.“

 

Wenn er die Zeichen, das Berühren und die Losung dem Meister abgegeben hat, so hebet ihm dieser eine Ecke von seinem Schurzfelle in die Höhe, stecket sie unter den Gurt, und lehret ihn, daß auf diese Art die Baumeister dasselbe tragen. Alsdenn spricht er zu ihm:

„Mein Bruder, tretet hier an der Spitze der Loge her, und vernehmet dasjenige, was ich euch noch zu sagen habe, mit Aufmerksamkeit.“

 

Hierbey ist anzumerken, daß unterdessen, da der Meister dem Aufzunehmenden das Band, die Zeichen und das Berühren giebt, die Verzierung der Loge aufgedeckt werde, welche bis dahin mit einem rothen Tuche verhangen gewesen seyn muß. Da diese Loge von rechtswegen glänzend und genau eingerichtet seyn muß: so ist zu merken, daß alle Zierathen, welche zu dieser Loge gebraucht werden, von Golde, oder wenigstens in Holz ausgeschnitzt und vergoldet seyn müssen. Der Tempel muß mit einer kleinen Mauer von Pappe umgeben seyn, und auch daselbst wirklich gebildet, und nicht blos im Risse stehen.

In dieser Absicht schlägt man einen Tisch, in Gestalt eines langen Vierecks, anderthalb Fuß von der Erde, auf, und stellet auf demselben alle obenerwähnte Stücke in gehöriger Ordnung. Nachher bedeckt man es so lange mit einem ponceau-farbigen Tuche, bis es Zeit ist, es aufzudecken, wie oben gemeldet ist. Die Glorie, oder Vorstellung der Herrlichkeit Gottes im Gemählde, hinter dem Altare, muß recht hell, und aufs künstlichste verziert seyn, da es alsdenn gar vortrefflich ins Auge fällt.

 

 

 

Unterricht.

 

F. Bruder, Wohlehrwürdiger Erster Aufseher! seyd Ihr Groß-Baumeister?

A. Mächtiger Meister! ich habe das große Licht des dritten Zimmers gesehen.

F. Wo seyd Ihr zum Groß-Baumeister aufgenommen?

A. An dem hohen Orte, und in der Kammer der Mitte.

F. Warum gebet Ihr ihm diese Benennung?

A. Weil dieses der Ort war, wo Salomo nebst dem Oberaufseher der Werke an dem Grundrisse des Tempels arbeitete.

F. Womit beschäftiget Ihr Euch auf der Stuffe des Groß-Baumeisters?

A. Mit Aufführung des letzten Gebäudes, oder der dritten Abtheilung, wodurch der Bau vollendet wird, mit Errichtung der Stifftshütte, und Besetzung derselben mit kostbarem und heiligem Geräthe.

F. Welches sind die Geräthe?

A. Die Bundeslade, welche von zween Cherubim getragen wird, die sie mit ihren Flügeln bedecken; der eherne Tisch; der Brandopfertisch; der Schaubrodttisch, und der Leuchter mit sieben Armen.

F. Was schliesset die Bundeslade in sich?

A. Den Stekenna, welcher von selbst stehen blieb zwischen den Cherubim, welche ihn mit ihren Flügeln bedecken in dem Allerheiligsten, am Tage der Einweihung, an welchem er auf die vorgelegten Fragen antwortete.

F. Welches war das vornehmste vom Stekenna gegebene Gesetz?

A. Dasjenige, welches auf dem Berge Sinai gegeben, und nachher in der Lade aufbehalten ward, und das erste geschriebene Gesetz ist.

F. Gebet mir das Zeichen dieses Gesetzes an.

A. Man gibt es, indem man die beyden Hände mit aufgethanenen Fingern, auf den Kopf leget, welches das Sinnbild der zehen Gebote bezeichnet.

F. Unter welcher Gestalt wird der Stekenna vorgestellt?

A. Unter der Gestalt eines stillen, niedergestreckten, auf dem Buche der sieben Siegel liegenden Lammes.

F. Aus was vor Holze bestand die Lade?

A. Aus Förenholze [Séthim]; einer Art unverweslichen Holzes; welches mit feinem Golde überzogen war.

F. Wie war sie proportionirt?

A. Sie war drittehalb Ellen lang; und anderthalb Ellen breit und hoch.

F. Wie war sie gestaltet?

A. Wie ein viereckiger Kasten, mit vier güldenen Ringen, und vier Stangen von Förenholz, um sie daran zu tragen, welcher mit feinem Golde überzogen war.

F. Was enthielt dieselbe?

A. Den Stekenna, die Gesetztafeln, den Stecken Aarons, und das Gefäß mit Manna.

F. Wo und von wem ward sie verfertigt?

A. Sie ward zu Horeb [Oreb] von Bescel und Oliob verfertigt. Sie ward von Horeb nach Moab, von Moab nach Sichem, darauf nach Silo, von Silo in den Tempel Dagons, von da in das Hans Abinadabs [Abmadab], von hier in das Haus Obededoms [Obededon], alsdenn nach Cariathiarim, von Cariathiarim nach Jerusalem, und endlich nach das heilige Zion in den Tempel gebracht.

F. Wo standen die übrigen Geräthe, und wozu wurden sie gebraucht?

A Der eherne Tisch, oder der Altar mit dem Gitter, stand vorn dicht bey dem Gnadenstuhl, von welchem Gott herabredete. Der Räuch- und Brandopferaltar [l’Autel des parfums & celui des Holocaustes], deren jeder auf Einer Seite stand, diente zum Räuch- und Schlachtopfer. Der Tisch der Schaubrodte vorwärts, desgleichen der Leuchter mit sieben Armen, welcher von lautern Golde war, meistentheils von Förenholz, mit feinem Golde und Erze überzogen, die mit den kostbarsten Zierathen versehen, und aufs vortreflichste ausgearbeitet waren.

F. Wie seyd Ihr zur Kenntniß aller dieser Dinge gelangt?

A. Durch den Grundriß der Werke des Tempels, welchen ich auf dem Reißbrette, bey einer sehr beschwerlichen Reise aufgenommen habe.

F. Wie lange dauerte diese Reise?

A. Dreymahl sieben und zwanzigmahl um die Werke herum.

F. Was bedeutet diese beschwerliche Reise?

A. Den Bau des Werkes.

F. Wie alt seyd Ihr?

A. As Lehrling drey Jahr, als Gesell sechs, als Meister neun, als Klein-Baumeister sieben und zwanzig, und als Groß-Baumeister ein und dreyßig Jahre.

F. War das Licht die Belohnung der Arbeit?

A. Nein, Großmächtiger! durch drey weit stärkere Proben bin ich dazu gelangt.

F. Was waren das vor Proben?

A. Die erste war drey Schritte als Gesell rückwärts, um uns zu lehren, daß es uns auf dem Wege der Tugend niemahls an Standhaftigkeit fehlen müsse, der Erniedrigungen ohngeachtet, welche man in diesem Leben von uns fordern kann.

Die zweyte, eine ungemeine Freyheit, oder eine Verbindung aller derer Bande, welche den Orden mit mir haben vereinigen können, mich zur dritten hinzu zu lassen, ohne meine Unbesonnenheit zu befürchten.

 

[Dieser unverständliche Satz ist in „Receuil Précieux“, II, 88 auf Französisch besser formuliert, wie René Le Forestier, 1914, 164, angibt:

La seconde est un compte exact du progrès que j’avais fait dans la Maçonnierie et de la pratique de toutes les vertus que l’on m’avait enseignées.]

 

Die dritte war eine freywillige Verbindung, welche mein Herz angenommen, meine Seele anerkannt, und mein Mund ausgesprochen hat.

F. Was hat diese Verbindung bey Euch hervorgebracht?

A. Eine Verehrung der abgeschiedenen Seele Hirams, zur Beweinung seines Todes.

F. Was hat diesen Schmerz bey Euch hervorgebracht?

A. Ein durch einen zweyten Umfang bezeichnetes Wort, ein Bild einer unendlichen Macht, welches Traurigkeit und Schmerz bey der Mäurerei verkündiget; den abermahligen Einfall unsers materiellen Gebäudes, und den Geist einer vollkommenern Arbeit durch den Gehorsam [laut Le Forestier, 164, Anm. 47, ist dieser Satz auch im „Receuil Précieux“ unverständlich].

F. Wie heißt dieses Wort?

A. Civi, das heißt: Beuget das Knie!

F. War dieser Schmerz von langer Dauer?

A. Nach sieben Minuten ward Caki [ki – Le Forestier, 164, Anm. 48, meint, es handle sich um ein Versehen des Herausgebers], das heißt: Stehet auf! zugerufen.

F Was erfolgte auf dieses Wort?

A. Das Entsetzen, der Glanz und das helle Licht, der Aufruf.

F. Wie war das Entsetzen?

A. Mein Auge erblickte nach diesem Entsetzen Purpur und Hiacinth.

F. Was ist das vor ein Glanz, und helles Licht?

A. Der Stekenna, der Glanz des großen Baumeisters.

F. Was hatte dieser Aufruf zur Absicht?

A. Daß alle Brüder meine Person zur Ersetzung der Stelle Hirams für würdig erkannten, und mich zum Groß-Baumeister und Oberaufseher über die Werke des Tempels erkläreten, wobey sie mir den Nahmen Moabon gaben.

F. Wo habet Ihr Eure erste Loge gehalten?

A. Zwischen den drey Bergen, wo keine Weltliche hinkommen, wo niemahls ein Hahn gekrähet, ein Löwe gebrüllt, noch ein Weib geschwatzt hat; in einem tiefen Thale.

F. Wie heissen diese drey Berge?

A. Der Berg Moria, in dem Gebiete des Landes Gabaon; der Berg Sinai, und der Berg Heredon.

F. Was ist letzterer vor ein Berg?

A. Der Berg Heredon lieget zwischen Westen und Norden von Schottland, am Ende der Sonnenbahn; daselbst ist die erste Loge der Mäurerei gehalten worden; in dem Theile der Erde, welcher zur Benennung der Schottischen Mäurerei Gelegenheit gegeben hat.

F. Was verstehet Ihr durch tiefes Thal?

A. Ich verstehe darunter die Ruhe unserer Logen.

F. Wodurch kann diese Ruhe hervorgebracht werden?

A. Durch die Bewahrung unserer Kennzeichen seit ihrem Ursprunge.

F. Welches sind die Merkmahle des Groß-Baumeisters?

A. Ein Zeichen, ein Berühren, und ein Wort.

L. Gebet mir das Zeichen an?

A. (Er giebt es an).

F. Wie heist dieses Berühren?

A. Die vollkommene Probe.

F. Gebet mir die Losung an!

A. Ich will es mit Ihnen zugleich buchstabiren.

F. Was bedeutet dieses Wort.

A. Den Nahmen des Groß-Baumeisters.

 

Der Großmächtige zu den Aufsehern:

„Wohlehrwürdige Brüder, Erster und Zweiter Aufsehen [besser: Aufseher]! meldet, ein Jeder auf seiner Seite, daß ich die Loge des Groß-Baumeisters anjetzt schließen werde."

(Sie thun es.)

Welche Zeit ist es, Bruder Erster Aufseher?

A. Mächtiger Meister! der lezte Augenblick, die lezte Stunde, der lezte Tag, an welchem der große Baumeister der Welt sich mit der Schöpfung der Welt beschäftigte. Dies ist der lezte Augenblick, die lezte Stunde, der lezte Tag, welchen Salomo zur Erbauung des Tempels anwendete.

Der Großmächtige Meister:

„Das ist der lezte Tag, an welchem ich Loge gehalten habe; es ist Zeit, sie zu schließen, und uns auszuruhen."

Die Aufseher sprechen dieses, ein Jeder auf seiner Seite, nach. Der Meister thut sieben Schläge als Groß-Baumeister, und spricht:

„Meine Brüder! die Loge ist geschlossen."

Die Aufseher wiederholen es, und sämtliche Brüder erheben das gewöhnliche Freudengeschrey.

 

 

 

Sechste Stuffe der Mäurerei.

Ritter vom Degen und vom Rosenkreuze.

[Chevalier de L’Epée et de Rose-Croix]

 

[Dieses Ritual hat mit den damals üblichen Rosenkreuzergraden nichts zu tun. Für das Manuskript eines solchen aus dem Jahre 1765 siehe:

http://public.76465.fr01.ikeepincloud.com/DOCS/AASR/1765%20CHEVALIER%20AIGLE.pdf

 

René Le Forestier (1914, 164) weist ebenfalls darauf hin, dass dieses Ritual nicht mit dem Rosenkreuz zu tun hat. Er meint: „L’éditeur … a froidement accolé au Chevalier de l’Epée le mot der Rose-Croix“.

René Le Forestier: Die templerische und okkultistische Freimaurerei im 18. und 19.Jahrhundert. 1987 (frz. 1970), 84-85, fasst diesen Grad des "Ritters vom Osten oder des Schwertes“ als Urbild der Rittergrade auf.

 

vgl. auch:

http://204.3.136.66/web/heredom-files/volume11/parker-morris.pdf

http://www.freemasons-freemasonry.com/rose_croix.html

http://www.brad.ac.uk/webofhiram/?section=ancient_accepted&page=15knightofeast.html

http://hautsgrades.over-blog.com/article-reaa-15eme-degre-chevalier-d-orient-et-de-l-epee-109826552.html

 

 

Diese Stuffe hat den Nahmen des Ritters vom Degen, und Zunahmen des Ritters von Orient, oder Ritters Mäurers vom Rosenkreuze, weil die Art seiner Aufnahme ganz soldatisch ist.

Sie gründet sich auf der heiligen Geschichte. Denn, als die Juden in die Babylonische Gefangenschaft geführet worden, und der Tempel zerstöret war, erhielt ihr Fürst [leur Prince], Jerubabel [Jérobabel], vom Cyrus [Cirus] innerhalb einer gewissen Zeit die Erlaubnis, ihn wieder aufzubauen. Da sie von allen Seiten mit Feinden umgeben waren, so arbeiteten sie an Wiederaufbauung des Tempels und der Mauern der Stadt Jerusalem, den Degen in einer Hand, und die Mauerkelle in der andern haltend; welches Gelegenheit gab, diese Stuffe Ritter vorn Degen oder Ritter Freimäurer zu benennen, als Personen, welche dazu ersehen sind, die untergeordneten Werkleute zu decken; die aber, zur Erhaltung der Gleichheit mit ihren Brüdern, mit den gemeinen Arbeiten nicht weniger beschäftigt waren.

Sie wird auch Ritter von Orient genannt, weil sie in diesem Theile der Welt errichtet worden ist. Man nennet sie Freimäurer:

1..weil diese Stuffe im blossen Angesichte ertheilt wird;

2. weil sich unter den Gefangenen eine Classe von Mäurern befand, welche aus dem Geschlechte des Königs Hiram, Moabons, und der ersten Baumeister abstammeten, welche Salomo von allen Schatzungen frey gemacht hatte, und welche zuerst von Jerubabel erwählet wurden.

Man nennet ihn Jerubabel, weil sie den Fürst vorstellen, welcher vom Cyrus den Befehl zur Wiederaufbauung des Tempels erhält.

Die Loge muß zwey Zimmer haben, und in jedem ein Gemählde und eine Verzierung seyn.

 

 

 

Erstes Zimmer.

 

Es muß das Zimmer vorstellen, wo sich der Hof des Cyrus, Königs der Assyrier, welcher zu Babel regierete, aufhält. Es muß grün ausgeschlagen und durch siebenzig Lichter erleuchtet seyn, zur Bezeichnung der siebenzigjährigen Gefangenschaft. Nach Osten muß daselbst ein Thron für den Meister, nach Süden Stühle für die Brüder, und nach Westen ein Stuhl für den Aufseher befindlich seyn.

Der viereckige Raum der Loge muß von einer kleinen Mauer von Pappe oder Holtz eingeschlossen seyn, welche anderthalb Fuß hoch, und wie weisse. grüne und rothe Werkstücke gemahlt ist, zur Bezeichnung der Mauern von Babel. Wenn die Brüder stehen, so müssen sie sich innerhalb dem Vierecke, und wenn sie sitzen, ausserhalb demselben, befinden.

Diese Mauer ist mit sieben Thürmen, drey nach Mittag, drey nach Mitternacht und Einem nach Abend, besetzt. Die sechs Thürme stehen anderthalb Fuß über den Mauern; der mittelste aber, nach Abend, muß sieben Fuß hoch, und so weit seyn, daß ein Mensch bequem darinn Platz findet. Er muß zwey Thüren haben; Eine nach inwendig im Vierecke, und eine nach auswendig, und so daß kein Licht hineinfallen kann. Der Beschlag der Abendseite muß genau an die Seiten dieses auswendigen Theiles anschliessen, damit man, ohne das geringste wahrzunehmen, hinein und hinaus kommen könne. Diese Thüre ist von zwey Brüdern, mit dem Degen an der Seite, und einer Pieke in der Hand, besetzt.

 

Das Zimmer ist mit einem Throne ausgeziert, welcher auf der geraden Linie der Mauer der Morgenseite stehet, damit man solchergestalt innerhalb dem Vierecke sey. Hinter dem Throne befindet sich ein durchsichtiges Gemählde, welches den Traum des Cyrus vorstellet: nehmlich einen wütenden und brüllenden Löwen, welcher über ihn herfallen will; weiter oben, die Glorie des großen Baumeisters, auf einer hellen Wolke. Unten befinden sich Nebucadnezar [Nabuchodonosor] und Belsazar [Baltazar], die Vorfahren des Cyrus, mit Ketten gefesselt. Aus der Mitte der Glorie steiget ein Adler, welcher in seinem Schnabel die Worte führet: Gieb den Gefangenen die Freiheit! Hinter dem Thurme der Abendseite, muß Wasser seyn, so daß man durch die Bewegung desselben, den Fluß Starburzanay vorstellen könne. Ueber dem Flusse ist eine veste hölzerne Brücke, welche nach dem zweyten Zimmer führet.

 

 

 

Zweytes Zimmer.

 

Dieses stellet den Bezirk oder Raum des Erdreiches vor, worauf der zweyte Tempel erbaut war. Der Tempel muß daselbst mit aller seiner Pracht wieder erscheinen, und der Beschlag roth seyn. Die Verzierung ist eben wie bey dem Groß-Baumeister.

 

Titel den ersten Zimmers. Der Meister stellet den Cyrus für und wird Obermeister genannt. Der erste Aufseher stellet den Nabuzardin, seinen ersten General; der zweite Aufseher, den General Mithridates; der Geheimschreiber, den Kanzler; der Ceremonienmeister, den Großmeister; die Brüder Ritter, die Mäurer für.

 

Titel des zweyten Zimmers. Der Meister wird Hochansehnlicher Meister [très-excellent Maître] oder Ordens-Excellenz genannt, die Aufseher, Großmächtige; die Bruder [besser: Brüder], Hochehrwürdige; und der Aufzunehmende, Jerubabel.

 

 

 

Kleidung der Brüder in dem ersten Zimmer.

 

Der Meister und die Officiere tragen am Halse ein breites grün mohrenes Band, welches spitz über der Herzgrube, ohne daran befindliches Kleinod, herunterhangt. Der Meister hat einen Scepter, und die Brüder den Degen in der Hand. Die Aufseher und Brüder haben ein breites grün mohrenes Band, welches wie ein Wehrgehäng von der Linken zur Rechten ohne Kleinod hangt; desgleichen ein mit grünem Taffet gefüttertes, und mit einem Bändchen von eben der Farbe besetztes Schurzfell, ohne weiteres Zeichen, woran der Latz herunter hangt. Das Schurzfell und Band dürfen nur bey den in dem ersten Zimmer vorfallenden Verrichtungen getragen werden, weil es weltliche Kennzeichen sind, welche Cyrus den Mitgliedern des Salomo geben wollte, indem er glaubte, daß dieses hinreichend wäre, sie zu Mäurern zu machen. Man trägt sie indessen an diesem Tage, zum Andenken dessen, daß dieser Fürst und sein Hof dem Jerubabel die Erlaubniß ertheileten, den Tempel wieder aufzubauen.

 

Wenn die Brüder in das zweyte Zimmer gehen, so legen sie das grüne ab, und das rothe an, welches die eigentliche Schottische Farbe ist. Man unterscheidet indessen dabey die Stuffen durch die unten an dem Bande über einander befindlichen Rösechen; nehmlich, ein blaues für den Baumeister, ein rothes für den Groß-Baumeister, ein grünes für den Ritter von Orient, ein schwarzes für den Ritter vom Adler.

Die Brüder haben eine seidene gewässerte Schärpe, welche mit einer goldenen Franse, mit Todtenköpfen und Gebeinen in Gestalt eines Andreascreuzes, und mit dreyeckigen goldgelben Ketten besetzt, und in der Mitte mit einem goldenen Streif durchzogen ist, welcher eine Brücke vorstellet, worauf die drey Buchstaben L. P. D. stehen. Diese Schärpe gehet wie ein Gürtel um den Leib herum, dergestalt, daß die mit goldenen Fransen besetzten Enden über den Schößen des Kleides herabhangen. Es kann diese Schärpe überall getragen werden, in dem ersten Zimmer dieser Loge ausgenommen.

Der Meister und die Officiere tragen ihre Kleinode am Halse, und die Officiere Brüder unten am Bande, wie eine Schärpe. Der Meister hat drey Triangul, stuffenweise in einander. Der erste Aufseher trägt das Winkelmaaß, und die beyden Richtwagen: sämmtliche Officiere ihre gewöhnlichen Ehrenzeichen, iedoch in einem drey-doppelten Triangul eingeschlossen.

Das Kleinod ist eben so gestaltet wie bey den Baumeistern; auf dem Siegeszeichen aber müssen sich zwey mit der Klinge wie ein Andreascreuz verbundene Degen, und die Griffe auf der Richtwage befinden. Alles muß von Golde, oder vergoldet, seyn.

 

 

 

Vorbereitung.

 

Der Aufzunehmende muß roth anqekleidet, mit einem breiten Bande und Schottischen Schurzfelle angethan, und die Hände mit dreyeckigen Ketten gefesselt, seyn. Diese Kette muß von solcher Länge seyn, daß er die Hände frey hat. Man lehret ihn, daß er sich den Nahmen Jerubabel geben, einen traurigen und wehmüthigen Anstand annehmen, und sich wie ein Gefangener gebärden müsse. Er darf keine Waffen, keine Zierathen, oder Kleinod, tragen. Man läßt ihn seine Hände auf das Gesicht legen, bis zur Thüre des Thurmes, woselbst ihn die Schildwachen, ehe er vorgestellt wird, genau durchsuchen.

 

 

 

Eröffnung der Loge.

 

Der Obermeister.

Meine Brüder, yelffet [besser: helffet] mir die Loge des Ritters vom Degen eröffnen.

Die Generale wiederholen dieses. Der Obermeister thut sieben Schläge, und hält zwischen fünf und sechs etwas ein; und die Generale thun ein gleiches.

Der Obermeister spricht:

„Erster Aufseher! welches ist die erste Sorge eines Mäurers?"

Der erste General.

„Obermeister! die erste Sorge ist, dahin zu sehen, ob die Loge gehörig gedeckt sey."

Er siehet darnach. Nachdem er aus- und inwendig untersucht, und sich wegen der Brüder gehörig versichert hat, so spricht der zweyte General:

„Obermeister! die Loge ist gehörig gedeckt, und sämmtliche hier anwesende Binder sind Ritter vom Degen.“

Der Obermeister.

Wie hoch ist es an der Zeit?

Der erste General.

Der Tag der siebenzig Jahre der Gefangenschaft ist erfüllt

Der Obermeister.

Generale, Fürsten, Ritter! ich habe seit langer Zeit beschlossen, die gefangenen Juden in Freyheit zu setzen Ich mag sie unter den Fesseln nicht länger seufzen sehen; allein, ich kann sie nicht loslassen, ohne euch vorher über einen Traum zu Rathe zu ziehen, welchen ich in verwichener Nacht gehabt habe, und von euch ausgedeutet wünschte.

„Mich dünkte, ich sähe einen brüllenden Löwen, welcher über mich herfallen, und mich verschlingen wollte. Sein Anblik erschreckte mich, und verursachte, daß ich die Flucht nahm, und mich vor seinen Grimm zu verbergen suchte; sofort aber ward ich meine Vorgänger gewahr, die einer Glorie zum Fußschemel dieneten, welche die Mäurer unter dem Nahmen des großen Baumeisters der Welt bezeichnen. Es ließen sich zwey Worte hören, welche aus der Mitte des helleuchtenden Gestirnes heraus kamen. Soviel ich verstehen konnte, bedeuteten sie, daß ich den Gefangenen ihre Freyheit geben sollte, wo nicht, so würde meine Krone in fremde Hände kommen. Ich blieb erschrocken und „bestürzt, und der Traum verschwand.

Seit diesem Augenblicke bin ich beständig unruhig gewesen. Kommet mir, Fürsten! mit Eurem Rathe zu Hülfe, und überleget, was ich zu thun habe."

Während dieser Rede haben sämmtliche Brüder die Hüthe abgenommen; zuletzt aber sehen sie den ersten General an, und thun ihm nach.

Der erste General führet die rechte Hand zu seinem Degen, ziehet ihn heraus, hält ihn mit der Spitze in die Höhe, strecket den Arm vor sich aus, kehret hierauf die Spitze zur Erde nieder, zur Bezeugung der Einwilligung in den Willen des Königs; hebet alsdenn die Spitze wieder in die Höhe, zur Bezeichnung der Freyheit, und bleibet in dieser Stellung.

Der Obermeister.

„Die Gefangenschaft habe ihr Ende! Generale, Fürsten, Ritter, die Loge der Ritter vom Degen ist eröffnet."

Die Generale sprechen dieses, ein Jeder auf seiner Seite, nach. Der Obermeister und sämmtliche Brüder erheben das gewöhnliche Freudengeschrey, iedoch ohne dabey in die Hände zu schlagen.

 

 

 

Aufnahme.

 

Wenn der Aufzunehmende in gehörigem Stande ist, so führet ihn der Ceremonienmeister zur Thüre des Thurmes, bey den Schildwachen, wie oben erwähnt ist. Die Schildwachen fragen ihn, und er muß dasjenige antworten, was ihm der Ceremonienmeister vorspricht.

Die Schildwache. Was wollt Ihr?

A. Ich wollte gern, womöglich, mit Eurem Obermeister sprechen.

Die Schildwache Wer seyd Ihr?

A. Der Erste unter meines gleichen, Mäurer vom Stande, Gefangener aus Ungnade.

F. Wie heißet Ihr?

A. Jerubabel.

F. Wie alt seyd Ihr?

A. Siebenzig.

F. Welche Ursache treibet euch hieher?

A. Die Thränen und das Elend meiner Brüder.

Die Schildwache. Wartet! Wir wollen eure Klagen vor den Großmeister zu bringen suchen.

Die eine Schildwache schlägt sieben mahl an die Thüre des Thurmes, als Ritter vom Degen Der zweyte General schlägt sieben mahl auf den Schlägel des Erstem, und nachher der Obermeister.

Der zweyte General. Es schlägt eine Schildwache an die Thüre des Thurmes, als Ritter vom Degen.

Der erste General. Obermeister! es schlägt eine Schildwache an die Thüre des Thurmes, als Ritter vom Degen.

Der Obermeister. Erster Aufseher! lasset ihn herein kommen. Stehet mir in der Verwirrung, darinn ich mich befinde, mit ausserordentlicher Vorsicht bey. Der kleinste Rath ist nicht zu verachten.

 

Der zweyte Aufseher gehet an die Thüre des Thurmes, schlägt an, eröffnet sie, führet die Schildwache nach Westen, welche die Pieke ableget, die Arme kreutzweise über einander schlägt, sich neiget, und spricht:

„Der Erste unter seines gleichen, den Mäurern, siebenzig alt, bittet vor Sie gelassen zu werden."

Der Obermeister. Man führe ihn in den Thurm des Pallastes, wir wollen ihn fragen.

Die Schildwache macht abermahls eine Vorbeugung, gehet ab, führet den Aufzunehmenden in den Thurm, und schliesset ihn zu. Alsdenn frägt der Obermeister den Aufzunehmenden, durch die Thüre, welche verschlossen seyn muß:

F. Warum seyd ihr hieher gekommen?

A. Ich suche die Gerechtigkeit und Güte des Obermeisters anzuflehen.

F. Worüber?

A. Ich bitte um Gnade für meine Brüder, welche siebenzig Jahre lang in der Knechtschaft sind.

F. Wie heisset Ihr?

A. Jerubabel; der Erste unter meines gleichen, Mäurer vom Range, Gefangener ans Ungnade.

F. Welche Gnade erbittet Ihr Euch von mir?

A. Daß unter der Gunst des großen Baumeisters der Welt, die Gerechtigkeit des Königs uns die Freyheit angedeihen lasse, und daß wir hinziehen und den Tempel unsers Gottes wiederaufbauen dürften.

Der Obermeister. Dieweil ihn so gerechte Bewegungsgründe hieher führen, so soll es ihm erlaubt seyn, mit offenem Angesichte vor uns zu erscheinen!

 

Alsofort eröffnen die Schildwachen die Thüre des Thurmes, führen ihn nach Westen, und heissen ihm, zu Fusse zu fallen.

Der Obermeister. Jerubabel! ich habe, so wie Ihr, die Last eurer Gefangenschaft empfunden. Ich bin bereit, euch derselben zu entledigen, und euch augenblicklich die Freyheit zu schenken, wofern ihr mir die Geheimnisse der Mäurerei mittheilen wollet, wogegen ich allemahl die tiefste Hochachtung gehabt habe.

A. Obermeister! Als Salomo uns die ersten Grundsätze davon beybrachte, lehrete er uns, daß die Gleichheit vornehmlich zum Grunde liegen müste. Diese aber herrschet hier nicht. Ihr Stand, Ihre Titel, Ihre Obermacht, und Ihre Hofstadt, schicken sich nicht füglich mit dem Aufenthalte zusammen, wo man die Geheimnisse unsers Ordens erlernet. Hiernächst sind unsere äusserliche Kennzeichen Ihnen unbekannt. Meine gethanene Zusagen sind unverbrüchlich, und ich darf Ihnen unsere Geheimnisse nicht offenbaren. Wofern hiervon meine Freylaßung abhangt, so will ich lieber ein Gefangener bleiben.

Der Obermeister. Ich bewundere die Vorsichtigkeit und Tugend des Jerubabel; er verdienet wegen seiner Standhaftigkeit in seinen Zusagen die Freyheit.

Die Brüder willigen sämmtlich darein, indem sie die Spitze ihres Degens zur Erde kehren, und wieder in die Höhe heben.

 

Der Obermeister. General zweyter Aufseher! Lasset den Jerubabel die siebenzig Proben aushalten, welche ich auf drey einschränke: nehmlich die Probe des Leibes, des Geistes und der Seele, welche das Brustschild, das Gedächtniß; und das Eisen sind [laut René de Forestier, 1914, 164, Anm. 54, undverständlich], damit er dadurch die Gnade verdienen könne, welche er sich ausgebeten hat, und welche ich ihm um seiner Vorsichtigkeit willen wiederfahren lassen muß.

Der zweyte Aufseher läßt ihn dreymahl um die Loge herum gehen. Bey dem ersten mahle schiesset man einen Schwärmer ab. Bey dem zweyten mahle frägt man ihn, ob er noch bey seiner Bitte um die Freylassung beharre. Bey dem dritten mahle läßt man ihn die beyden Hände über die Stirn legen.

Bey der Zurückkunft, thut der zweyte Aufseher sieben Schläge, und der erste spricht zu ihm:

Erster Aufseher. Was ist euer Begehren?

Der zweyte Aufseher. Der Candidat hat die Proben mit Standhaftigkeit und Beständigkeit ausgehalten.

Der Obermeister. Ich will euch, Jerubabel, die Gnade wiederfahren lassen, um welche ihr mich bittet. Ihr sollt mit meiner Genehmhaltung in Freyheit gesetzt werden.

 

Der Obermeister thut sieben Schläge, welche den Generalen zum Zeichen dienen, daß sie dem Jerubabel seine Fesseln abnehmen sollen, welches sie auch augenblicklich thun. Alsdenn spricht der Obermeister:

„Ziehet in euer Land. Ich verspreche euch, den Tempel wieder aufzubauen, welchen meine Vorfahren zerstöhrt haben. Euere Schätze sollen noch vor Sonnenuntergang euch wieder ausgeliefert werden.

Ich erkenne euch zum Haupte über euers gleichen. Ich werde verordnen, daß man euch an allen Orten eurer Heimreise gehorche, und euch alle Hülfe und allen Beystand, so wie mir selbst, wiederfahren lasse. Ich verlange von euch nichts, als bloß eine Abgabe von drey Lämmern, fünf Hammeln, und sieben Widdern, welche ich unter der Halle des neuen Tempels werde abhohlen lassen. Ich fordere dieses nicht sowohl zur Dankbarkeit als vielmehr zu meiner Erinnerung an die Freundschaft, welche ich euch verspreche.

Tretet näher, mein Freund!"

Die Generale führen ihn bis vor den Thron.

„Ich bewaffne euch mit diesem Degen, zum Unterscheidungszeichen vor eures gleichen. Ich bin überzeugt, daß ihr denselben nie anders, als zu eurer Vertheidigung, gebrauchen werdet. Dem zufolge schlage ich euch hiermit zum Ritter vom Degen.“

Bey Aussprechung dieser letzten Worte, schlägt er ihm mit seinem Degen auf die Schultern, und umarmet ihn darauf; alsdenn überreichet er ihm das Schurzfell, und das grüne Band, hänget es ihm von der Linken zur Rechten, und spricht dabey:

„Zur Bezeugung meiner Hochachtung, ziere ich euch mit einem Schurzfelle, und einem Bande, welche ich, zur Nachahmung der Arbeiter euers Tempels, eingeführt habe. Obgleich diese Zeichen nichts Geheimnißvolles an sich haben, so gebe ich sie doch niemandem, als Fürsten an meinem Hofe, zu Ehren. Von nun an sollt ihr gleicher Ehre unter ihnen genüssen. Gegenwärtig überliefere ich euch an Nabazardin, welcher euch Begleiter mitgeben wird, die euch in Sicherheit zu euren Brüdern, nach den Ort, wo der neue Tempel erbauet werden soll, führen werden.

Hierunter geschiehet mein Wille!"

Der erste Aufseher fasset den Aufzunehmenden an, führet ihn in den Thurm, und läßt ihn daselbst, unterdessen daß die Brüder in der Stille in das zweyte Zimmer sich begeben. Sobald sie sämmtlich in gehöriger Ordnung sind, meldet ein Bedienter dem Ceremonienmeister, daß alles fertig sey. Er nimmt den Candidaten, führet ihn hinter dem Beschlage des Zimmers an den Ort, wo die Brücke ist, welche zum zweyten Zimmer führet. An dem Eingange desselben stehen Schildwachen, welche ihn anhalten, ihm sein Schurzfell, und sein grünes Band abnehmen, und ihm den Eingang verwehren wollen. Allein, er bricht mit Gewalt hindurch, verjaget sie, und kommt vor der Thüre des zweyten Zimmers an.

Der Ceremonienmeister thut sieben Schläge, als Ritter vom Degen. Die Brüder in dem zweyten Zimmer sind nicht mehr von der Hofstadt des Cyrus; und wenn dieselben schlagen hören, so nehmen sie aus dem Gurte des Schurzfelles eine darein gehängte Mauerkelle, und halten den Degen in der rechten Hand, und die Mauerkelle in der linken.

Der Aufriß der Loge ist mit einem rothen Tuche behangen. Der zweyte Aufseher thut sieben Schläge; alsdenn der erste. Darauf spricht der zweyte Aufseher:

„Ich habe an der Thüre der Loge als Ritter vom Degen schlagen gehört."

Der erste Aufseher. Hochansehnlicher Meister! es schlägt Jemand an die Thüre der Loge, als Ritter vom Degen.

Der Meister. Großmachtiger Bruder, zweyter Aufseher! sehet zu, wer da anschlägt.

Der zweyte Aufseher gehet an die Thüre, schlägt an, macht sie auf, und frägt, mas [besser: was] man begehre.

A. Ich begehre meine Brüder wieder zu sehen, um ihnen die Nachricht von meiner Befreyling aus Babel zu hinterbringen, und die unglücklichen Ueberreste der Brüderschaft, welche der Gefangenschaft entkommen sind.

Der zweyte Aufseher kommt zurück, und Meldet es dem ersten, und dieser dem Meister. Worauf der Meister spricht:

„Die Nachricht, welche dieser Gefangene bringt, könnte wohl gegründet seyn. Die siebenzig Jahre sind verflossen; der Tag der Wiederaufbauung des Tempels ist da. Lasset ihn nach seinem Nahmen, sein Alter, und wo er her sey, fragen, um allen Betrug zu verhüten.“

Der zweyte Aufseher schlägt an. Man antwortet ihm. Er macht auf, und spricht:

F. Wie heisset ihr?

A. Jerubabel.

F. Wo seyd ihr her?

A. Disseits des Flusses Starburzanai, nach Westen von Assyrien.

F. Wie alt seyd ihr?

A. Siebenzig Jahre..

Der zweyte Aufseher schliesset die Thüre wieder zu, schlägt an, und meldet diesen Bericht an den ersten Aufseher. Der erste Aufseher sagt es dem Meister wieder. Der Meister spricht:

„Jerubabel von Nahmen, aus dem Lande disseits. des Flusses Starburzanai, siebenzig Jahre alt?

Ja, meine Brüder! die Gefangenschaft höret auf, und unser Traum hat ein Ende. Dieser Gefangene ist gerade der Fürst aus dem hohen Stamme, welcher unsern Tempel wieder aufführen soll. Man lasse ihn herein, und erkenne ihn für denjenigen, welcher unsere Arbeiten anführen und unterstützen soll!"

Der zweyte Aufseher gehet, schlägt an, macht auf, nimmt den Gefangenen, und führet ihn nach Westen. Der erste Aufseher spricht:

„Hochansehnlicher Meister! hier ist Jerubabel, welcher in den Schooß der Brüderschaft aufgenommen zu werden begehret."

Der Meister antwortet:

„Jerubabel! gebet uns einen genauen Bericht von eurer Befreyung!"

Jerubabel spricht!

„Als Cyrus mir die Erlaubniß ertheilt hatte, vor seinem Throne erscheinen zu dürfen, ward er von dem Elend der Brüderschaft gerührt; er .bewaffnete mich mit diesem Schwerdte, zur Vertheidigung und Hülfe meiner Brüder, und beehrete mich mit dem Titel der Brüder bey seiner Gesellschaft; alsdenn gab er mir die Freyheit, und vertrauere meine Tage eifrigen Untergebenen, welche mich begleitet, und über unsere Feinde bey dem Uebergange über den Fluß Starburzanai siegen geholfen haben; woselbst wir, unsers erhaltenen Sieges ohnerachtet, die Unterscheidungszeichen eingebüßt haben, welche uns der König, unser Befreyer, verstehen hatte."

 

F. Meine Brüder! der Verlust, welchen ihr erlitten habet, zeiget uns an, daß die Gerechtigkeit unserer Brüderschaft den Sieg des Pompes und der Größe nicht leiden könne. Als Cyrus euch mit diesen Ehrenzeichen begabte, ward er nicht von dem Geiste der Gleichheit geleitet, welche uns beständig begleitet. Ihr sehet aus diesem Verluste, daß nichts weiter als die Kennzeichen dieses Fürsten verloren gegangen sind , und daß ihr noch die Kennzeichen der ächten Mäurerei behalten habet.

Bevor ich euch aber die Geheimnisse eröffne, welche seit unserer Gefangenschaft bey den Ueberbleibseln unserer Brüderschaft aufbewahrt worden sind: so verlangen wir von euch Versicherungen, welchergestalt die lange Dauer eurer Ungnade, die Empfindungen und die vollkommene Kenntniß der Geheimnisse der Mäurerei bey euch nicht geschwächt habe.

A. Fragen Sie mich; ich bin zur Antwort bereit.

F. Welchen Grad habet ihr in der Mäurerei?

A. Den Grad des Groß-Baumeisters.

F. Gebet mir die Zeichen anl

(Er giebt sie.)

A. Gebet mir die Berührung!

(Er giebt sie.)

Der Meister. Brüder Ritter! ich halte den Jerubabel für würdig, daß ihm unsere neue Geheimnisse eröffnet werden.

Die Brüder geben, durch Niederlassung und Wiederaufhebung der Spitze ihrer Degen, ihre Einwilligung zu erkennen.

Der Meister. Großmächtiger Erster Aufseher! Führet den Aufzunehmenden durch drey Schritte des Meisters vorwärts, hieher, daß er mit dem letzten vor dem Richterstuhle des Großen und Obersten Baumeisters stehe, und sich dar selbst auf die gehörige Art in Pflicht nehmen lasse.

Man stellet ihn auf eben die Art, als bey Ablegung der ändern Verpflichtungen gewöhnlich ist.

 

 

 

Verpflichtung.

 

„Ja, ich verspreche, auf gleiche Art, wie ich mich bey den unterschiedenen Graden der Mäurerei anheischig gemacht habe, das Geheimniß der Ritter vom Degen oder Freymäurer, niemahls einem Mitgliede eines niedern Grades, oder einem Weltlichen, zu offenbaren, bey Strafe, in der härtesten Gefangenschaft zu bleiben; daß meine Fesseln niemahls werden zerschlagen werden können; daß mein Leib der Wuth der wilden Thiere ausgesetzt werde; daß meine Sinnen Geruch und Gehör verlieren; daß der Blitz mich zu Staub verbrenne, damit ich allen Unvorsichtigen zum Beyspiele diene!

Das geschehe also!"

 

Der Meister stehet auf, und spricht, indem er, so wie sämmtliche Brüder, den Degen in die Scheide steckt:

„Mein Bruder! Da mit der Zerstörung des Tempels die Mäurer in eine so harte Ungnade gefallen sind, daß wir befürchten, es mögte ihre Gefangenschaft oder Zerstreuung dazu beygetragen haben, sie von der ihren Zusagen schuldigen Treue abwendig zu machen: so sehen wir uns genöthigt, in Erwartung des Zeitpunktes der Wiederaufbauung, uns an einem geheimen und besondern Orte entfernt zu halten, woselbst wir einige Ueberbleibsel des alten Denkmahls getreulich aufbewahren könnten.

Wir lassen niemanden, als diejenigen hinein, welche wir für wahre und ächte Mäurer, nicht allein an Zeichen, Losung und Berührung, sondern auch an ihren Handlungen und Sitten, erkennen. Alsdenn eröffnen wir ihnen unsere neue Geheimnisse mit Vergnügen; allein, wir verlangen, daß sie zur Versicherung, irgend ein Denkmahl des alten Tempels mitbringen. Diejenigen, welche Cyrus euch gegeben hat, sind hinreichend."

Bey den letztern Worten dieser Rede, wird das Gemählde aufgedeckt.

„Großmächtiger Bruder Erster Aufseher!

Lasset den Aufzunehmenden durch drey Schritte des Meisters vorwärts gehen, damit er lerne, daß wir es für ungezweifelt gewiß zu halten haben, daß die vollkommene Selbstverläugnung die Tugend der Mäurer sey."

Der Aufzunehmende bleibet in Westen stehen, und der Meister spricht:

„Meine Brüder!

der Bewegungsgrund unserer Arbeiten, ist die Wiederaufbauung des Tempels des Großen Baumeisters der Welt. Dieses hohe Werk war dem Jerubabel aufbehalten. Die Versprechungen, welche ihr anitzt mit uns unter diesem Titel abgelegt habt, haben dessen Ausführung hervorgebracht. Sein Glanz und die Größe, in welcher er vor unsern Augen erscheinet, beweisen euch, daß er im mindesten nicht verringert sey, und daß wir nun nichts weiter zu thun haben, als ihn vermittelst des Degens, welchen uns Cyrus zu seiner Beschützung gegeben hat, zu erhalten. Ihr werdet von nun an das eurige dazu beytragen.

Kommet nun, und vernehmet unsere Geheimnisse.

 

Das Zeichen des Ritters vom Degen, mein Bruder! bestehet darinn, daß man die rechte Hand auf die linke Schulter leget, und querüber bis zur rechten Seite, den Leib durchschneidend, herabführet.

Das Zeichen der Antwort bestehet in Legung der rechten Hand auf die linke Hüfte, da man alsdenn queer über den Leib bis zur rechten Hüfte fahret.

Die Berührung bestehet darin, daß man die rechte Hand an den Degen leget, als wenn man ihn ziehen und mit Jemanden fechten wollte; hernach eine Bewegung oder Wendung mit dem Leibe macht, wobey man den rechten Fuß hinterwärts setzt, und die linke Hand aufhebet, als wenn man seinen Feind zurück triebe; so, daß die beiden Brüder in solcher Stellung mit den linken Händen an einander kommen, sich in einander schlingen, und sich umarmen.

Die Worte sind Judas und Benjamin. Das Einlassungswort heist Libertas, (Freiheit) daher der Nahme Freimäurer rühret.

 

Gehet nun zu allen Brüdern dieser Loge; gebet ihnen die Zeichen, die Berührungen und die Losungen, und kommet nachher wieder und gebet sie auch mir."

 

Er thut dieses durch Norden, und kommt durch Süden wieder zurück.

„Mein Bruder! nach dieser Befreyung hat euch der König Cyrus zum Ritter Mäurer geschlagen; und ich gebe euch diese Kelle, zum beständigen Zeichen eurer neuen Würde; das heist:

Ihr sollet inskünftige nie anders, als mit der Kelle in der einen, und dem Degen in der andern Hand, arbeiten, wenn jemahls der Tempel baufällig werden sollte; denn also haben wir diesen erbauet.

(Indem er ihm die Schärpe umleget;)

Diese Schärpe muß euch in allen Logen begleiten, und sey euch ein Zeichen der wahren Ritterschaft, welche ihr am Flusse Starburzanai erlangt habet, durch den Sieg, welchen ihr über diejenigen davon truget, die euch nicht hinüber lassen wollten.

(Indem er ihm das grüne Rösechen reichet;)

Ob wir gleich bey unsern Ceremonien keines von denen Ehrenzeichen gestatten, womit euch Cyrus geziert hat: so wollen wir doch einige Denkmähler davon beybehalten durch ein Rösechen von der Farbe die er erwählt hatte, und wir setzen dasselbe unter das Rösechen der andern Grade, unten an den Schottischen Band, woran das Kleinod hanget.

(Indem er ihm das Kleinod reichet;)

Dieses Kleinod, durch die Zusammensetzung der Degen in Gestalt eines Andreascreutzes, ist das Siegeszeichen unserer Mäurerei. Ihr müsset euren Degen nie anders, als für sie, das heist: zur Billigkeit, gebrauchen.

(Bey Ueberreichung der Handschuhe;)

Nunmehr wollen wir euch öffentlich ausrufen.

Meine Brüder Ritter Mäurer! ist es euer sämtlicher Wille, daß Jerubabel inskünftige über die Arbeiten der Mäurerey das Obergebiet haben solle?"

 

Sie geben insgesamt, durch Niederlassung und Wiederaufhebung der Spitze ihrer Degen, ihre Einwilligung zu erkennen. Man setzt ihn auf den für ihn bestimmten Stuhl, und spricht dabey:

„Nehmet, mein Bruder! den Richterstuhl der Obern unserer Logen ein. Seyd der Eckstein des Gebäudes. Herrschet über die Werkleute, so wie Salomo, Hiram und Moabon über sie geherrscht, und ihnen zu befehlen gehabt haben."

 

Sobald er sich gesetzt hat, stecken die Brüder ihre Degen wieder ein, schlagen dreymahl in ie Hände, und rufen dreymahl laut: Jerubabel! worauf mit dem Unterrichte der Anfang gemacht wird.

 

 

 

Unterricht.

 

F. Bruder Erster Aufseher! wie seyd ihr zu der hohen Stuffe des Ritters vom Degen gelangt?

A. Ich bin durch die Demuth, die Geduld, und das öftere Ansuchen dazu gelangt.

F. An wen wandtet ihr euch?

A. An den grossen König.

F. Wie heisset ihr?

A. Jerubabel.

F. Wo seyd ihr her?

A. Aus Judäa. Ich bin von Edlen Aeltern, aus dem Stamme Juda, gebohren.

F. Was treibet ihr vor eine Kunst?

A. Die Mäurerei.

F. Was vor ein Gebäude bauet ihr?

A. Tempel und Stiftshütten.

F. Wo bauet ihr sie?

A. In Ermangelung des Grundes und Bodens, errichten wir sie in unsern Herzen.

F. Was führet ein Ritter Mäurer vor einen Nahmen?

A. Den Nahmen eines recht freien Mäurers.

F. Warum recht frey?

A Weil die Mäurer, welche Salomo zum Tempelbau aussuchete, für frey von allen Auflagen, für sich und ihre Nachkommen, erklärt wurden. Sie hatten auch das Vorrecht, Waffen zu tragen. Bey der von Nabuchodonozor angerichteten Zerstöhrung des Tempels, wurden sie zugleich nebst dem Jüdischen Volke in die Gefangenschaft geführt; allein die Gütigkeit des Königs Cyrus ertheilete ihnen die Erlaubnis, unter Jerubabel einen zweyten Tempel wieder aufzuführen, und setze sie wieder in Freiheit. Von dieser Zeit an führen wir den Nahmen der Freimäurer.

F. War der ehemahlige Tempel schön?

A. Er war das erste Wunder der Welt an Kostbarkeit und Grösse, denn in seinem Vorhofe hatten zweymahl hundert tausend Menschen Platz.

F. Wer war der vornehmste Baumeister, welcher dieses grosse Gebäude aufführete?

A. Gott war der Erste, Salomo der Zweyte, und Hiram der Dritte.

F. Wer hat den Grundstein gelegt?

A. Salomo.

F. Zu welcher Zeit ward er gelegt?

A. Vor Sonnen-Aufgang.

F. Warum so früh?

A. Die Wachsamkeit anzuzeigen, welche wir für den Dienst des Baumeisters der Welt haben müssen.

F. Was vor Mörtel ward dazu gebraucht?

A. Ein mystischer, welcher aus Mehl, Milch, Oel und Wein bestand.

F. Erkläret mir die geheime Bedeutung!

A. Zur Bildung des ersten Menschen, gebrauchete das höchste Wesen die Lieblichkeit, die Weisheit, die Stärke und die Gütigkeit.

F. Wo ward der erste Sein [besser: Stein] gelegt?

A. Mitten in dem zum Heiligthum bestimmeten Zimmer.

F. Wie viel Theile hatte der alte Tempel?

A. Drey; einen nach Westen, einen nach Süden, und einen nach Norden.

F. Wie lange hat der Tempel gestanden?

A. Vierhundert und siebenzig Jahre, sechs Monathe, zehen Tage.

F. Unter welchem Könige von Israel ward er zerstöhret?

A. Unter der Regierung des Zedekias [Sédécias] , des Lezten aus dem Stamme Davids.

F. Was bedeutet die zerbrochene Säule Booz, und der weggenommene Leuchter mit sieben Armen?

A. Die Verwirrung und das Uebel, so matt dadurch anrichtet, wenn man Jemanden aufnimmt, welcher dessen nicht würdig ist. Das heist so viel, als ein Glied aus der Ordnung hinwegnehmen.

F. Warum stehet die Zahl Ein und Achtzig bey den Freymäurern in so grosser Achtung?

A. Weil diese Zahl das dreyeinige Wesen der Gottheit erkläret, welches durch den dreyfachen Triangul, das Quadrat von Neun, und die Zahl Drey abgebildet wird.

F. Warum sind die Ketten der Gefangenen dreyeckig?

A. Als die Assyrier vernommen hatten, daß das Dreyeck bey ihnen das Sinnbild des Nahmens Gottes wäre, so liessen sie die Ketten von dieser Gestalt machen, um die Gefangenen dadurch noch mehr zu quälen.

F. Warum durften die Mäurer nicht an weltlichen Gebäuden arbeiten?

A. Uns zu lehren, daß wir keine unregelmäßige Logen besuchen sollen.

F. Was gab Cyrus vor einen Grundriß zu dem neuen Tempel?

A. Hundert und zwanzig Ellen Tiefe; sechzig Höhe, und eben so viel Breite.

F. Warum verordnete Cyrus, daß zum Bau des neuen Tempels, das Holz ans den Wäldern Libanons gehauen, und die Steine aus den Steinbrüchen von Tyrus gehohlt werden musten?

A. Weil der zweyte Tempel dem ersten in allen Stücken gleich seyn sollte.

F. Wie hieß der vornehmste Baumeister, welcher die Oberaufsicht über diesen zweyten Tempel hatte?

A. Bibot.

F. Wozu haben die Werkleute bey dem Arbeiten einen Degen?

A. Indem sie mit der einen Hand arbeiten, die Materialien tragen und den Tempel wieder aufbauen, so hielten sie, weil sie dem öfftern Ueberfalle ihrer Feinde ausgesetzt waren, in der andern ihre Schwerdter in Bereitschaft, ihre Arbeit und ihre Brüder zu vertheidigen.

F. Warum sind siebenzig Lichter in der Loge?

A. Zum Andenken der siebenzigjährigen Babylonischen Gefangenschaft.

F. Seyd ihr Richter vom Degen?

A. Sehen Sie mich an. (Er nimmt den Degen in die Hand.)

F. Gebet mir das Zeichen.

(Er mache es.)

F. Gebet mir die Losung und das Passir-Wort.

A. ludas, Benjamin, Libertas.

F. Gebet dem Bruder Ersten Aufseher die Berührung.

(Er giebt sie ihm )

F. Wo habt ihr gearbeitet?

A. Bey der Wiederaufbauung des zweyten Tempels.

F. Welche Zeit ist es?

A. Der Augenblick der Wiederaufbauung.

 

„Meine Brüder!

da wir so glücklich gewesen sind, den Tempel des Herrn in seiner Pracht wieder auferbaut zu haben: so laßt uns das Andenken davon und die Kennzeichen durch unser Stillschweigen aufbewahren. Es ist Zeit uns auszuruhen.

Bruder, Erster und Zweyter Aufseher! verkündiget, sowohl von Seiten des Mittages, als auch Mitternacht, daß ich die Loge der Ritter vom Degen schließen werde."

 

Die beyden Aufseher melden, es, ein Jeder auf seiner Seite, daß der Meister die Loge schliessen werde. Hierauf thut der Hochansehnliche sieben Schläge; die beyden Aufseher gleichfalls; und zuletzt spricht der Meister:

„Die Loge ist geschlossen; ein Jeder kann seinen Abschied nehmen.''

Die Aufseher wiederholen dieses.

Man schließet mit dem gewöhnlichen Händeklatschen und Freudengeschrey.

 

 

 

Siebente Stuffe der Mäurerei.

Der Noachit, oder Preussische Ritter.

[Le Noachite ou Chevalier Prussien]

 

Der uhralte Orden der Noachiten, welche unter dem Nahmen der Preussischen Ritter bekannt sind, von Herrn von Berage, Ritter der Beredsamkeit der Loge des Herrn von Saint-Gellair, Ritters Commandeur-Lieutenants, General-Inspectors der Preussischen Logen in Frankreich.

Im 4658. Jahre des Ordens [= 1772 oder 1768].

 

vgl. dazu:

http://www.brad.ac.uk/webofhiram/?section=ancient_accepted&page=Noachite.html

http://hautsgrades.over-blog.com/article-reaa-reception-au-21eme-degre-107493320.html

http://truthlurker.over-blog.com/article-36031099.html

 

[Auch diesen Grad schreibt Le Forestier, 165-166, Anm. 59, einem französischen Autor zu.]

 

Der Ober-Groß-Meister [Le Grand-Maître Général] des Ordens, der auch Groß-Commandirender Ritter [Chevalier Grand-Commandeur] genannt wird, ist der in der ganzen Welt höchst verehrungswürdige Bruder, Friedrich der Große, König von Preussen. Seine Vorfahren seit dreyhundert Jahren, sind Beschützer dieses Ordens, dessen Ritter das Andenken der Zerstöhrung des Babylonischen Thurmes feyerlich begehen.

Vor diesem waren sie unter dem Nahmen der Noachiten, d. i. Nachkommen des Noah, bekannt. Die Heiden kennen sie unter dem Nahmen der Titanen, welche den Himmel stürmen, und Jupiter vom Throne setzen wollten. Allein, die Preussen, welche keinen andern Gott, außer den großen Baumeister der Welt, kennen, sehen ihr Glük in der Verherrlichung desselben, und daß sie jährlich in der Nacht des Vollmondes des März, die Verwirrung der Sprachen, und die Trennung der Arbeiter an dem Babylonischen Thurme, feyerlich begehen, welches eins von den großen Wunderwerken des Schöpfers ist, weil von dieser Zeit an der Tag der Rache zu rechnen ist. Daher versammeln sie sich auch an einem abgelegenen Orte, in der Nacht des Vollmondes eines jeden Monaths, und halten Loge, und können neue Mitglieder nicht anders, als beym Mondenschein, aufnehmen.

 

Der Ober-Großmeister des Ordens, heisset Ritter Commandeur-Lieutenant [Chevalier-Commandeur-Lieutenant] Die Würden-bekleidenden Personen sind, der erste Ritter des Amts; der zweyte, Ritter des Amts Einführer ; der dritte, Ritter der Beredsamkeit; der vierte, Ritter der Wache; der fünfte, Ritter der Canzeley; der sechste, Ritter des Finanzwesens. Die übrigen Meister der Loge heißen Preussische Ritter Mäurer [Chevaliers Maçons Prussiens].

Die Loge muß wenigstens aus den drey ersten Rittern bestehen; iedoch nur in dem Falle wenn es in der Stadt, wo Loge gehalten wird, an Preussischen Rittern Mäurern mangelt. Man könnte alsdenn die andern entbehren.

 

Die Noachiten, welche heute zu Tage Preussische Ritter heißen, stammen von Phaleg, dem Groß-Baumeister des Babylonischen Thurmes, ab ; und mithin hat ihr Orden einen weit ältern Ursprung, als die Mäurer, welche von Hiram abstammen; denn, der Babylonische Thurm ward viele Jahrhunderte vor dem Tempel Salomons erbauet; uud es war vor diesem gar nicht nöthig, daß die Personen, welche sich als Candidaten meldeten, von Hiram abstammende Mäurer seyn musten. Zur Zeit der Creuzzüge aber, wo alle Ritter der unterschiedenen Orden in Europa, von den christlichen und conföderirten Fürsten, zur Eroberung des gelobten Landes aufgenommen wurden, ließen sich die von Hiram abstammenden Mäurer, (welche wir im folgenden Hiramiten nennen wollen) aus Hochachtung gegen den Orden der Noachiten, welcher zu derselben Zeit in sehr großem Ansehen stand, mit aufnehmen.

Die Preussischen Ritter, aus Erkenntlichkeit, glaubten ihre Geheimnisse niemandem besser, als den Nachkommen Hirams anvertrauen zu können, und verlangten nachher ausdrücklich, daß alle diejenigen, welche aufgenommen zu werden wünschten, als Meister dieses Ordens aufgenommen seyn musten; sonst wurde niemand hinzu gelassen, wie aus denen Ordensstatuten erhellet, welche in den Archiven des Königs von Preussen befindlich sind; vermöge welcher einem Preussischen Ritter Mäurer ausdrücklich verboten ist, einen einzigen Candidaten aufzunehmen, der nicht vorher Proben seines Eifers und seiner Geschicklichkeit bey dem Orden der von Hiram abstammenden Meister abgelegt hat. Er muß beweisen können, daß er die Verrichtungen eines in Amte gestandenen Officiers bey einer vollständigen und regelmäßigen Loge versehen habe.

 

 

 

Art den Orden anzunehmen.

 

Der Aufnehmungssaal muß wenigstens durch ein großes Fenster Licht bekommen, und eine solche Lage haben, daß das schwache Mondenlicht ohngehindert hinein fallen kann. Nach den Statuten des Ordens, darf keine Aufnahme bey dem Sonnenschein, oder einem andern künstlichen Lichte, geschehen.

 

Der Ritter Commandeur-Lieutenant eröffnet die Loge durch drey Schläge, welche er sehr langsam, und in gleicher Entfernung von einander thut. Der erste Ritter des Amts antwortet durch einen einzigen Schlag, welchen er auf seinen Degenknopf thut. Hierauf spricht der Commandeur-Lieutenant:

zum Orden, Ritter!

hebet dabey die ausgestreckten Arme gen Himmel, und kehret sich mit dem Gesichte nach der Morgenseite, welches der Ort ist, wo der Mond aufgehet. Die Preussischen Ritter Mäurer thun auf gleiche Art; worauf alsdenn der Ritter Commandeur-Lieutenant, nachdem er an die Ritter des Amts einige Fragen aus dem Catechismus gethan hat, zu ihnen spricht:

„Meldet es allen Rittern, daß die Loge erleuchtet sey."

Sodenn nehmen sämmtliche Ritter ihre natürliche Stellung an. Der Riß der Loge ist das Firmament. Die Ritter sehen so lange den Mond und die Sterne an, bis der Candidat vor der Thüre der Loge auswendig angelangt ist. Er wird ohne Degen und mit entblößtem Haupte in seiner gewöhnlichen Kleidung, hineingeführt. Er hat ein Schurzfell und Handschuhe von weißem Leder an, dergleichen die von Hiram abstammenden Meister tragen.

Der zweyte Ritter des Amts, Einführer, welcher dem Candidaten zum Beschützer dienet, thut drey Schläge sehr langsam, und in gleichen Entfernungen. Der Ritter der Wache antwortet durch einen einzigen Schlag Alsdenn öffnet der Ritter der Wache, welcher Acht zu geben hat, daß Niemand als wer sich als Preussischer Ritter Mäurer zu erkennen giebt, hinein gelassen werde, die Thüre auf Befehl des Ritter Commandeur-Lieutenants, und frägt den Ritter Einführer leise ins Ohr um das Zeichen, die Berührung, die Losung, und das Passierwort des Ordens. Hierauf schließet er die Thüre wieder zu, gehet zum ersten Ritter des Amts, und saget ihm leise, daß der Ritter Einführer sehr gut geantwortet habe, und in die Loge hinein wolle. Der erste Ritter des Amts meldet dieses dem Ritter Commandeur-Lieutenant ganz laut; und dieser sagt ihm darauf, daß er hingehen und dem zweyten Ritter des Amts Einführer sagen solle, daß er, wofern er allein sey, hinein kommen könne.

 

Er antwortet: er habe einen von Hiram abstammenden Meister bey sich, mit weißen Handschuhen, und einem weißen Schurzfelle. Alsdenn,

Erster Ritter des Amts! fraget den Ritter Einführer, was dieser von Hiram abstammende Mäurer verlange.

Der erste Ritter des Amts gehet an die Thüre, und schlägt Einmahl daran, worauf der Ritter Einführer mit drey sehr langsamen Schlägen antwortet. Der Ritter der Wache macht die Thüre auf, und der erste Ritter des Amts frägt den zweytenn, was sein Begehren sey. Dieser giebt ihm zur Antwort, er sey ein von Hiram abstammender Meister, welcher mit Genehmhaltung des Ritter Commandeur-Lieutenants, zum Preußischen Meister auf genommen zu werden wünschet.

Der erste Ritter stattet dem Commandeur-Lieutenant Bericht ab; und dieser befiehlt, daß man ihn als Meister hineinführe, nachdem man ihm das Passirwort des Meisters abgefragt habe. Der Ritter Einführer führet ihn in die Loge, läßt ihn drey Schritte des Meisters machen, und führet ihn wieder an die Thüre innerhalb der Loge zurück. Alsdenn sagt der Ritter Commandeur-Lieutenant zum Ritter Einführer:

„Ritter! stehet ihr mir für den Meister, den ihr mir vorstellet?"

Er antwortet:

„Ich stehe für ihn so gut wie für mich. Er ist Meister und ein Abkömmling von Hiram."

Der Ritter Commandeur-Lieutenant gehet von seinem Platze weg, zum Candidaten, und frägt ihm das Meisterwort ab. Dieser umhalset ihn auf die gewöhnliche Art. Hierauf wendet sich der Ritter Commandeur-Lieutenant zu den Rittern, und spricht;

„Ich melde euch einen Mäurermeister, welcher von Hiram abstammet, und als Preussischer Ritter Meister ausgenommen zu werden wünschet, an; gebet ihr eine Einwilligung dazu?"

Allsofort nehmen die Ritter den Degen in die Hand, ohne ein Wort dabey zu sprechen, halten die Spitze desselben dem Candidaten vor den Leib, und dieser antwortet durch den Ritter Einführer, daß er bey einerley Gesinnungen bleibe, wofern es mit Genehmhaltung des Ritter Commandeur-Lieutenants, und sämmtlicher Ritter der Loge geschehen könnte.

 

Der Ritter Commandeur-Lieutenant spricht im Nahmen der ganzen Loge:

„Meine tapfere Ritter, und ich, willigen darinn ein; nur müsset Ihr allem Stolze euer übriges Leben hindurch entsagen."

Er antwortet:

„Das will ich thun. Belieben Sie nur den Anfang mit einer Uebung meiner Demuth zu machen."

Hierauf führet der Ritter Einführer, in Begleitung des ersten Ritters des Amts, den Aufzunehmenden zu den Füssen des Ritter Commandeur-Lieutenants, durch drey tiefe Kniebeugungen, welche er mit dem rechten Knie macht. Daselbst fällt er dem Ritter Commandeur-Lieutenant zu Fuß; und dieser befiehlt ihm, seinen Degenknopf zu küssen. Sodenn hält der Ritter der Beredsamkeit eine Rede von dem Hochmuthe der Kinder Noä, und von der Demuth desjenigen, welcher seinen Fehler erkennet.

 

 

Unterdessen bleibt der Candidat beständig kniend. Sobald er wieder aufstehet, machen sämmtliche Brüder, mit dem Degen in der Hand, das Zeichen des von Hiram abstammenden Mäurermeisters, benebst dem Ritter Commandeur-Lieutenant, welcher zu ihm spricht:

„Versprechet ihr, als ein ehrlicher von Hiram abstammender Mäurermeister, die Geheimnisse zu bewahren, welche ich Euch anvertrauen werde, unter drey Bedingungen;

Erstlich: daß ihr niemahls irgend einem Adamskinde die Geheimnisse unsers Ordens offenbaren wollet, es wäre denn, daß Ihr Ihn für Mäurer erkennetet;

Zweytens: daß Ihr gegen sämmtliche Ritter von unserm Orden, dienstfertig und Mitleidig seyn wollet;

Drittens: daß Ihr niemahls, selbst mit Gefahr Eures Lebens, leiden wollet, daß irgend Jemand das Kleinod unsers Ordens trage, es wäre denn, daß er sich Euch als Preussischer Ritter Meister zuerkennen gäbe?"

Er antwortet:

„Ich schwere es, und mache mich unter den vorgeschriebenen Bedingungen darzu anheischig "

Hierauf erzählet ihm der Ritter Commandeur-Lieutenant die Geschichte des Ordens, und sagt zuletzt zu ihm:

„Das ist, Ritter! das große Geheimniß unsers Ordens, welches keinem Kinde Adams bekannt ist. Ich habe es Euch mit Vergnügen anvertraut. Wehe Euch, wofern Ihr so verwegen seyd, eine Unvorsichtigkeit zu begehen. Sehet euch wohl vor, und übet bey Gelegenheit die Demuth, nach dem Master unsers Groß-Baumeisters."

 

Alle Ritter stecken ihre Degen wieder ein, und der Ritter Commandeur läßt auch dem Aufzunehmenden seinen Degen wieder geben. Er bevestigt ihm an das dritte Knopfloch seiner Weste, mit einem schwarzen Bande, das Ordenskleinod, welches von Silber ist, und befiehlt ihm die Kleidung der von Hiram abstammenden Meister abzulegen, und händigt ihm die Ordenskleidung ein.

Man trägt das Schurzfell wie die Gesellen.

Der Ritter Einführer benachrichtigt den Candidaten, die Handschuhe dem Commandeur zu überliefern; dieser nimmt sie in Empfang, und giebt ihm das Zeichen, die Berührung, die Losung und das Wort, welches er an sämmtliche Brüder wieder abgiebt, wobey er ihnen zugleich die Handschuhe reichet.

 

Nach den Ordensstatuten darf keine Tafel-Loge gehalten werden. Da man den Neuaufgenommenen den Unterricht nicht anders, als bey einem Lichte, ertheilen kann, so kann der Ritter Commandeur, welcher der einzige Innhaber des Catechismus ist, zum Unterrichte, die Tafel-Loge der Gesellen Hirams halten, bey welcher nichts aufgetragen werden darf, was Leben gehabt hat; das heißt: es muß eine mäßige Mahlzeit seyn.

 

So wie die Loge durch drey Schläge eröffnet wird, so wird sie auch gleichergestalt geschlossen. Der erste Ritter des Amts antwortet darauf durch einen einzigen Schlag, und der Ritter Commandeur-Lieutenant spricht zum ersten und zweyten Ritter des Amts:

„Meldet es sämmtlichen hier anwesenden Rittern, daß die Loge finster geworden, und daß es Zeit sey, sich von hinnen zu begeben."

Alle Ordensritter sprechen hierauf dreymahl mit einem kläglichen Tone: Phaleg.

 

Die Handschuhe und das Schurzfell sind gelb. Das Kleinod ist gleichseitig gestaltet, und es geht ein Pfeil queer durch, mit der Spitze nach unten. Es muß von Gold seyn, und an einem großen schwarzen Bande, von der rechten Schulter nach der linken hangen. Wofern man es aber an dem Knopfloche der Weste trägt, so ist es von Silber.

 

 

 

Erklärung des Wappens.

[Explication de L’Armoirie]

 

Auf dem ersten Felde, welches himmelblau ist, befindet sich ein silberner Mond, und goldene Sterne. Auf dem zweyten, welches schwarz ist, ein goldener Triangul und Pfeil.

 

 

 

 

 

Catechismus.

 

F. Wer seyd Ihr?

A. Sagen Sie mir, wer Sie sind, alsdenn will ich Ihnen sagen, wer ich bin.

F. Kennet Ihr die Kinder des Noa?

A. Ich kenne deren drey.

F. Wer sind sie?

A. Ich will es durch alle Worte S. C. I. [Sem, Cham, Japhet] sagen.

F. Saget mir das Wort.

A. Machen Sie den Anfang, ich will Ihnen antworten.

(Man giebt die drey Nahmen S. C. I. an.)

F. Was bedeuten diese Warte?

A. Die Anfangsbuchstaben sind das heilige Wort.

F. Gebet mir die Berührung.

A. Hier ist sie — — (indem er dreymahl zusammenschlüßet u. s. w.)

F. Machet mir das Zeichen. (Man macht es.)

A. Ich werde es sogleich machen.

F. Saget mir das Passierwort.

A. Phaleg.

F. Kennt Ihr den Groß-Baumeister des Babylonischen Thurmes?

A. Phaleg heißet er.

F. Wer hat euch seine Geschichte gelehret?

A. Der Ritter Commandeur-Lieutenant der Preussischen Ritter Meister.

F. In welcher Loge?

A. In einer Loge, welche vom Mondenscheine erleuchtet war.

F. Hätte sie durch kein anderes Licht erleuchtet werden können?

A. Nein.

F. War dieses Gebäude löblich?

A. Nein, seine Vollkommenheit war unmöglich.

F. Warum war sie unmöglich?

A. Weil der Stolz der erste Grund davon war.

F. Bewahret ihr das Andenken davon um deswillen auf, den Kindern Noä nachzuahmen?

A. Nein, sondern ihre Fehler vor Augen zu haben.

F. Wo liegt der Körper Phalegs?

A. In einem Grabe.

F. Ist er verdammt worden?

A. Nein; sondern, nach dem Berichte eines Achates, erbarmete sich Gott über ihn, weil er sich demüthigte.

F. Wie seyd Ihr zum Preussischen Ritter aufgenommen?

A. Durch die drey Kniebeugungen, nachdem ich den Degenknopf des Ritter Commandeur-Lieutenants geküßt hatte.

F. Warum mustet ihr Kniebeugungen vornehmen?

A. Zu meiner Erinnerung, daß ich mein ganzes Leben hindurch die Demuth ausüben müsse.

F. Warum tragen die Ritter einen Triangul?

A. Zum Andenken des Tempels Phalegs.

F. Warum den umgekehrten Pfeil?

A. Zum Andenken dessen, was beym Babylonischen Thurme vorgieng. Das Schurzfell und die Handschuhe sind zur Erinnerung sammtlicher [besser: sämmtlicher] Arbeiter am Thurme. Der schwarze Band ist ein Zeichen der Traurigkeit.

F. Arbeiten die Werkleute Tag und Nacht?

A. Ja; des Tages beym Sonnen- und des Nachts beym Mondenscheine.

 

 

Der Ritter Commandeur-Lieutenant steter gegen den Mond ; die vier Ritter, vorn, damit sie die Befehle besser hören können, ohne einen gewissen Platz zu haben; anzuzeigen, daß ein Ritter, nachdem er dem Stolze entsagt hat, seinen Ruhm darinn setze, die Demuth zu allen Zeiten auszuüben.

 

 

 

Das kleine schwarze Siegel sämmtlicher Logen, Sinnbild des brüderlichen Verstandes, so allen Söhnen der Wittwe des armen Meister Hirams gewidmet ist

Siehe Psalm LVI. V. 6-14.

[in der ersten französischen Ausgabe finden sich nur die zwei Zeilen der Geheimschrift]

 

 

 

Geschichte der Noachiten, oder Preussischen Ritter.

 

Dem Regenbogen ungeachtet, als dem Zeichen der Versöhnung, welches der Herr den Menschen gegeben hatte, wodurch er sie versicherte, daß er sie nicht mehr durch eine Sündfluth heimsuchen wolle; beschlossen die Nachkommen des Noa dennoch, einen sehr hohen Thurm zu bauen, wohin sie sich bey eingebrochener göttlicher Rache retten wollten. Sie wähleten hierzu eine Ebene, Nahmens Sennart, in Asien.

Nach zehen Jahren, da sie den Grund zu diesem Gebäude gelegt hatten, sahe der Herr, nach dem Berichte der Schrift, auf die Erde, bemerkete den Stolz der Menschenkinder, und stieg auf die Erde herab, um ihre verwegene Anschläge zu vereiteln; und richtete die Verwirrung der Sprachen unter den Arbeitern an; daher heißt dieses der Thurm Babel, welches Verwirrung bedeutet.

 

Einige Zeit nachher legte Nimrod, welcher der Erste war, der einen Unterscheid unter den Menschen einführete, und selbst die Rechte und den Dienst, welche der Gottheit gebühreten, rächete [laut René de Forestier, 1914, 166, Anm. 67, offensichtlich ein Druckfehler], daselbst eine Stadt an, welche daher Babylon, das heißt: Bezirk der Verwirrung, genannt wurde.

Dieses Wunder that der Herr in der Nacht des Vollmonden des März; und zum Andenken dessen, halten die Ritter Noachiten ihre große Versammlung alle Jahre in dem Vollmonde des März. Ihre Unterrichtsversammlungen geschehen alle Monathe am Tage des Vollmonden, und zwar beym Mondenscheine. Ein anderes Licht dürfen sie in der Loge nicht haben.

 

Weil sich die Arbeitet einander nicht mehr verstehen konnten, so mußten sie sich trennen, und ein Jeder nahm seinen Abschied. Phaleg, welcher dieses Gebäude angegeben hatte, und die Aufsicht darüber führete, hatte die mehreste Schuld. Er verurtheilete sich selbst zu einer strengen Buße; und begab sich nach den Nördlichen Theil von Teutschland. Er langete daselbst an, nach vieler Mühe und Beschwerlichkeiten, die er in den wüsten Ländern ausgestanden hatte, wo er sich von lauter wildwachsenden Wurzeln und Früchten unterhalten mußte.

In dieser Gegend, welche Preussen heisset, bauete er einige Hütten, um sich vor dem ungestümen Wetter und der rauhen Luft zu schützen; und einen Tempel, in Gestalt eines Trianguls, in welchen er sich einschloß, und Gott um Barmherzigkeit, und Vergebung seiner Sünde anflehete.

 

Unter dem Schutte, als man in dem Salzgruben Preussens grub, fand man in der Tiefe von funfzehen Ellen, im Jahre 553, eine Gestalt von dreyeckigem Gebäude, in welchem eine Säule von weissen Marmor war, auf deren Fuße die ganze Geschichte in hebräischer Sprache geschrieben stand. An der Seite dieser Säule entdeckte man ein Grab von Kieselstein, worinn man Staub, und einen Achat vorfand, worauf folgende Grabschrift zu lesen war:

Allhier ruhet die Asche unsers G. A. von dem Thurme zu Babel.

Der Herr erbarmete sich sein, weil er sich demüthigte.

 

Alle diese Denkmähler befinden sich bey dem Könige von Preussen. In der Grabschrift wird zwar nicht erwähnt, daß Phaleg der Baumeister des Thurmes zu Babel war; aus der Geschichte aber, welche auf dem Säulenfuße verzeichnet ist, ersehen wir, daß Phaleg ein Sohn des Heber gewesen, dessen Vater ein Sohn des Arpharad, eines Sohnes Sems, des ältesten Sohnes Noä, war.

 

Passierwort: Phaleg.

 

Heiliges Wort: S. C: J. welche Buchstaben Sem, Cham und Japhet bedeuten.

 

 

Kleinod.

 

 

 

 

[hier endet der Text der 1.französische Auflage von 1766;

Es folgt nur noch das Inhaltsverzeichnis]

 

 

 

 

 

[1774 Haupttitel: Sublime Assemblée des Maçons Africains.

Es ist vermutlich eine Übersetzung des deutschen Textes von 1768 ins Französische;

Er erschien nur in der französischen Ausgabe von 1774.]

 

Untersuchung

ob die alten Verfassungen [anciennes Polices] so vollkommen und gelehrt gewesen als die neuern, und von ihrem Vorzuge.

 

Die Alten bewunderten mit großem Recht die Weisheit Egyptens, welche die Eifersucht der Griechen erregte. Um die Frage zu beantworten, muß man zwischen dem politischen, dem bürgerlichen und dem Ceremonialgesetz unterscheiden.

Es war ein gemeinschaftlicher Plan der Gesetzgebung bey allen Alten, die Religion, die Sitten, die Gebräuche den größten Theil des Staatsgesetzes zusammen zu schmelzen. Sie hatten die Religion in die Gesellschaft, so zu sagen, eingepräget, durch Fleiß und Annehmlichkeit. Da sie den Vortheil hatten die natürlichen Sitten zu bearbeiten, so gebrauchten sie für die Republik ein einfaches Mittel, nehmlich die Sitten, die Dichtkunst und die Music, Sie gaben sich Mühe, alle Grundsätze der Sittenlehre, das Lob der Götter, die Lehren des Ackerbaues und der Künste in Verse zu bringen.

In dieser Kunst vornehmlich, behielt der Fleiß der Griechen die Oberhand. Die Egyptier verhülleten alles in den Schleyer der Bilder und Figuren, nicht allein aus Furcht für dem Volk, sondern auch um durch die Seltenheit und Arbeit den Werth der Wissenschaft zu erhöhen.

 

Dies ist die Absicht, welche man nicht umhin kann, zum wenigsten denjenigen zuzuschreiben, welche eine Nation gründeten. Diese Weltweisen drückten dergestalt ihren Werken das wahre Kennzeichen ihrer Eigenschaften ein, der Liebe des Friedens und der Eifersucht auf die Erhabenheit der Seele, von der sie glaubten, daß sie durch den Umgang mit dem weiblichen Geschlechte geschwächet werde. Sie schlossen die Sitten der Nation in den Grenzen des Reichs ein, so wie sie ihre eigene Seele einschlossen.

Die Egyptier gingen nicht auf Reisen, und machten sich schwerlich mit den Fremden gemein. Die Orientaler haben für allen andern Völkern einen besondern Geschmack an der Sittenlehre, welche sie allen andern Wissenschaften vorziehen. In keinem Welttheile giebt es so viel Sittenlehre als im Orient. Die Völker sind daselbst ruhiger und mehr zum Stillsitzen aufgelegt, und man kann sagen, daß die Gelehrten, welche diese Reiche gründeten, ganz Egypten mit Meinungen aus der Sittenlehre erfüllt haben.

 

Aus allen diesen Betrachtungen wird man die Auflösung der berüchtigten Aufgabe zwischen den alten und neuen Gesetzen fliessen sehen. Die ersten Menschen konnten in diesem Weltalter einfältigen Gemüthern und einfältigen Völkern starke Gesetze geben. Die Alten des ersten Zeitalters beobachteten eben das Mittel, zwischen den Völkern die Hirten waren und zwischen denjenigen Völkern Europens, welche durch bürgerliche und politische Gesetze regieret wurden.

 

Zu der Zeit da die natürliche Beschaffenheit der Menschen noch nicht geschwächt war, konnte die Arzeneywissenschaft [la médecine], welche nur eine kleine Anzahl leichter Mittel in sich begriff, welche allen Krankheiten angemessen waren, mit Grunde keine ungestalte Wissenschaft genannt werden. Die alten Aerzte frugen mit einer bewundernswürdigen Geduld die Natur um Rath, sie übertrafen alles in Erkenntniß des Temperaments der äußerlichen Zufalle, der angenehmen, einfachen und natürlichen Genesungsarten.

 

Es sey wie ihm sey, so konnten die alten Verfassungen nicht so Erfindungsreich und gelehrt seyn als die neuern, ob sie wohl in ihrer Einfalt groß waren; sondern alle diese Einrichtungen nöthigten, weil sie die Gewalt der Zeit nicht aushalten konnten, die Menschen welche alle Tage schlimmer wurden, in einer angemeßnen und qelehrteren Policey, die Festigkeit der Einrichtungen zu suchen.

 

 

 

Beschreibung der Ruinen der ersten Loge in Egypten zu Naasse.

 

Dies ist ein grosser Pallast, wie eine kleine Stadt; 4 Zugänge von Säulen fuhren in 4 bedeckte Gänge. Man sieht an jeder Thüre zwischen 2 grossen Säulen von Porphir zwey Bilder von schönen schwarzen Marmor, von Riesen, deren jeder eine Keule in der Hand hat. Der Zugang von Säulen, welcher zu jeder Thüre führet, ist von 3 Säulen im Dreyeck auf jeder Seite, die von mehr als 1500 Säulen zusammengesetzt sind. Auf dem Capitäl eines jeden Dreyecks ist ein Sphynx, ein Grabmahl, und allsofort auf jeder Seite in allen vier Gängen. Man sieht viel davon die eingefallen sind. Eine jede Säule hat 70 Fuß in der Höhe, alle von einem Stein, dergestalt, daß in den vier Zugängen mehr als 5 bis 6000 Säulen seyn müssen.

 

Der erste Saal dieser Loge ist mit schönen Geschichten gemahlet, und es hat das Ansehen als ob diese Mahlerey nicht lange erst geendigt wäre. Man erblickt daran Jagden der Gemsen [gasellles], an andern Orten Freudenfeste und eine Menge kleiner Kinder welche mit allerhand Thieren spielen.

 

Siehe Hrn. Paul Lucas Reise nach dem Morgenlande, 1ster Theil p. 92.

 

 

 

Beschreibung der Thebischen Grotten.

 

Man bemerkt, daß der Anfang der Mahlerey in dieser Grotte, Kinder in der zartesten Jugend vorstellet, welche zusammen spielen und auf der Erde liegen, weil sie nicht die Kraft haben sich aufrecht zu erhalten; darnach sieht man ebendiese Kinder in einem höhern Alter, sich mit andern Spielen beschäftigen, und alsofort in allen Ständen des Lebens, womit sie sich beschäftigen. Man sieht sie darauf bey Tische, als bey großen Festen, man bemerkt auch dabey bezeichnete Leute.

 

Unter dieser Reihe von Mahlerey, gehet der Lauf des Nils, welcher daran vorgestellt ist, um die Grotte herum. Auf dem Flusse sind viele Fahrzeuge, deren Vorder- und Hintertheil sehr hoch und das Mittel sehr niedrig sind. In diesem Mittlern ist ein Grabmahl, welches ganz mit einem sehr reichen Zeuge bedeckt scheinet. Zwey Menschen führen dis Fahrzeug, einer vorn der andre hinten. Man sieht auch von diesen Fahrzeugen in der Mitte und am Ufer des Nil.

Unter dem Lauf des Nil sind zwölf Zeilen Schrift, welche ganz um die Grotte herum gehen und nicht in hieroglyphischen Figuren sind. Von weiten scheint es wie hebräische Schrift, wenn man sie aber in der Nähe betrachtet, so findet man sie anders gestaltet.

 

Siehe Paul Lucas Reisen Tom. I. p. 101.

 

 

 

Die Art und Weise als ein Freymäurer zu schreiben.

 

Dieses geschieht zuerst durch die Hieroglyphen, wovon die Africaner die wahren Bewahrer sind. Indeß ist diese Wissenschaft nur für die Anfänger, und dient nur die Geheimnisse zu verbergen. Der wahre Verstand wird in den höhern Logen erlernt.

Die zweyte Schreibart besteht darin, daß man weiß das Königl. Brett wohl zu richten, welches ehemahls die heilige Schreibart hieß, die ohne Hände geschiehet. Ohne die Sprache der Freymäurer ist dieselbe schlechterdings unbegreiflich und sehr schwer zu erlernen. Der Zug bestehet in den Gerippen zweyer lauffenden Hunde, eines Ibis und eines Falken.

 

Die Hieroglyphische Schrift, deren Zug man Stoichia nennt, ist die allerschwerste, und es giebt wenig Africanische Freymäurer, die sie auswendig wissen. Durch derselben Hülfe kann man alle Egyptische Inschriften lesen. Es ist ein Rad von allerhand Art Knoten, welches das Alphabet davon ausmacht.

 

 

 

Das Africanische Wort

 

ist Sarcopejo [Sarcopeja], ein Egyptisches Wort, welches ein Grab bedeutet. Die Africaner tragen ein kleines Creuz, unter welchem ein kleiner Stern hängt, dessen Bedeutung ist: Thanatos Sacelos welches so viel heißt, als: der Meister ist gestorben.

 

 

 

Die Gesetze.

 

1.

Die Gesellschaft, welche sich Africanische Freymäurer oder Gomergons nennt, und durch einen Eidschwur, vor einem Notarius versprochen ist, setzt folgende Artikul fest, welche sie auch zu halten verspricht.

 

2.

Daß der Großmeister so lange in seinem Amte bleiben soll, bis man die Ceremonie hält und die Unterkleider [chausse] anlegt. Dieses geschieht den Sonntag vor dem Fest der Himmelfarth, oder vielmehr wenn es die Gesellschaft durch die Mehrheit der Stimmen für gut findet. Der Prior [Le Prieur] soll der Bewahrer der Unterkleider seyn. Wenn jemand dieselben nicht trägt, so soll er Strafe geben. Wenn der Großmeister verreiset, so soll ein andrer an seine Stelle erwählt werden, bis zu seiner Rückkunft.

 

3.

Wenn man von der Versammlung der 20 die Erlaubniß dazu erhalten, so soll man die Unterkleider besetzt tragen.

 

4.

Die Gesellschaft soll sich in jeder Loge auf die Zahl von 20 erstrecken, welche durch die Mehrheit der Stimmen oder durch das Loos erwählt werden sollen.

 

5.

Sobald diejenigen, welche werden aufgenommen werden, die Unterkleider angelegt haben, so sollen sie einen Eid ablegen, alle Artikel der Gesellschaft zu beobachten, und man soll in keiner Sache die Stimmmen samlen oder das Loos durch Kugeln ziehen können, als in Gegenwart des Priors.

 

6.

Wenn jemand eine Person vorschlagt, solche auch angenommen wird, nachher aber nicht in den Orden treten will, so soll der, so den Vorschlag gethan, 20 Ducaten bezahlen.

 

7.

Wenn für eine einzige Stelle mehr als eine Person vorgeschlagen und empfohlen werden, so sollen derselben Nahmen auf Zettel geschrieben werden, und man soll durch Kugeln oder durch das Loos zur Wahl schreiten.

 

8.

Die Verordnungen sollen von denen genehmiget werden, welche zu Inspektoren gesetzt und denen die Sorge in Absicht des gemeinen Besten aufgetragen ist, welche auch in allen Händeln der Gesellschaft Urtheil sprechen sollen.

 

9.

An dem Tage, da man die Unterkleider anlegen wird, sollen alle die zur Gesellschaft gehören, mit Kleidern von Seide oder Sammet, gekleidet seyn.

 

10.

Soviel diejenigen betrift, welche in die Gesellschaft aufgenommen zu werden wünschen, so soll man nicht mehr als dreymahl einer Person seine Stimme durch die Kugeln geben können.

 

11.

Wenn jemand von dem Prior erwählt worden, so soll er diese Ehre nicht ausschlagen dürfen bey Strafe 100 Ducaten, welche der Cämmerer der Gesellschaft in Empfang nehmen soll.

 

12.

Es ist niemandem erlaubt, einen Vorschlag die Gesellschaft betreffend zu thun, als nur dem Prior, den Räthen und dem Pensionair.

 

13.

Da es geschahen kann, daß einige von den Gliedern der Gesellschaft noch in der Gewalt der Eltern stehen, und folglich nicht an alle Puncte gegenwärtiger Verordnung gebunden seyn können, so erklärt man ausdrücklich, daß man zum voraus setzt, daß sie von den Gesetzen, welche den Verbindungen so sie in vorgedachter Eigenschaft haben, nachtheilig seyn mögten, los sind.

Indeß sollen diejenigen, welche sich den Gesetzen zum Nachtheil dieser erstgedachten Verbindungen, unterwerfen wollen, dennoch aufgenommen werden und zu gehorchen verbunden seyn.

 

14.

Wenn jemand aus der Gesellschaft stirbt, so sollen alle Mitglieder verbunden seyn, die Trauer um ihn zu tragen.

 

15.

Der Prior soll berechtiget seyn, diejenigen, welche den Punkten der Verordnungen zuwieder gehandelt, wie er es für gut findet, zu bestrafen; doch soll erlaubt seyn, davon an die ganze Gesellschaft zu appelliren.

 

16.

Es muß einmahl in der Woche Versammlung gehalten werden. Wer dabey fehlt, ohne eine rechtmäßige Entschuldigung zu haben, soll 1 Ducaten Strafe bezahlen.

 

17.

Wenn man die Feste feyert, so soll man einen Meister des Saals, und einen Ceremonienmeister erwählen, welcher das Fest und die Ausgaben einrichten soll.

 

18. 19. 20

betreffen die Kleinigkeiten des Festes und des Tisches.

 

21.

Um die Ehre der Gesellschaft zu erhalten, und alles Aergerniß zu vermeiden, so soll während des Festes keine Frauensperson oder Sclave hereingelassen werden, und der Ceremonienmeister soll Strafe zu bezahlen schuldig seyn, so oft er diesem Verboth zuwieder handelt.

 

22. 23

betrift die Armen und Almosen.

 

24.

Ein jedes Mitglied wird durch ein Billet zu den Versammlungen eingeladen, wovon nachstehendes die Vignette ist.

 

 

[Die Inschrift auf Englisch: sitting safe under al Lime-Tree)

 

 

25.

Ein jedes Mitglid [!] und Ritter ist verbunden, sich mit allerhand Wissenschaften und Studien zu beschäftigen.

 

26.

Er soll auch etwas auf Gebäude wenden, welche mit der schönsten Baukunst, Bildhauerey und Mahlerey gezieret seyn sollen. Ein jeder Bruder ist verbunden, die Hand mit anzulegen, um des Nahmens eines guten Afrikanischen [!] Freymäurers würdig zu seyn.

 

 

 

Beschreibung des Zimmers, wo die Gesellschaften gehalten werden.

 

Das Zimmer ist sehr groß, und mit rothem Tuch bekleidet. Es ist kein Thron darin, sondern ein Lehnstuhl von rothem Sammet mit goldnen Tressen.

In dem Saal herum ist eine schöne Bibliothek, und viele Bildsäulen nach alten Geschmack. Man erblickt beym Eingang zwey Säulen von rothen Marmor mit dem Wappen des regierenden Großmeisters und der Gesellschaft. In der Mitte des Saales sieht man einen prächtigen Sarg, mit einer Figur von Holz, welche völlig die Gestalt eines Todten hat, und weiß gekleidet ist.

Auf 9 Tabourets sind alle Königl. Zierrathen, und eben so viel Armleuchter. Es ist ein langer Tisch für den Secretair, und noch ein andrer für die Räthe. Die Wände um den Saal, sind mit kleinen Gemählden gezieret, unter denen man Inschriften siehet, wie auf den Egyptischen Pyramiden. Auf dem Boden siehet man viele grüne Creutze.

 

Die Mitglieder sind sehr selten zu finden; es sind alles Leute von Stande und Ansehen, die allerberühmtesten Künstler, und am meisten Personen, die in Diensten stehen und Geld haben.

Denn es ist gewiß, daß die Freymäurerei viel Geld kostet, und die Welt ist diesem Buche viel Dank schuldig, für eine Kleinigkeit diese Kenntniß dadurch zu erhalten. Nichts in der Welt ist so gewiß, als was man darin findet.

 

 

[hier endet die 2. französische Auflage von 1774]

 

 

Schreiben eines Profanen

über

die glückliche und längstgewünschte

Entdeckung der Freymäurerei.

 

Werthster Freund!

 

Endlich hat die Welt das Vergnügen, das ganze Freymäurer-Geheimniß zu wissen. Ich habe immer gedacht, daß solches nicht lange könnte verborgen bleiben, indem sie allerley Arten von Leuten aufnehmen, von denen man völlig überzeugt ist, wie sie unmöglich ein Geheimniß verbergen können, wann sie Geld klappern hören oder Wein in den Gläsern sehen.

Sie wissen am besten werthster Freund, wie oft es uns geglückt als wahre Freymäurer zu erscheinen. Wir haben davon den Vortheil gezogen, den uns wohl niemand mißgönnen wird, weil er auf keinen Betrug hinaus läuft, sondern nur unsere Wißbegierde stillte, und unsere Reisen auf verschiedene Weise versüßte, denn dieses muß man dem Orden zum Ruhm nachsagen, daß darinn sehr dienstfertige Männer angetroffen werden, welche es für ihre Pflicht halten, den Brüdern die grösten Gefälligkeiten zu erzeigen.

 

Was wird aber der Herr von B -- -- sagen, wann er nun l.es plus secrets Mysteres des hauts grades de la Maçonnerie lesen wird! O! wird er sagen, das ist nicht wahr, das hat jemand wieder erfunden, um wiederum Geld zu verdienen. Aber sagen Sie ihm nur in meinem Nahmen, wie ich mit einem Schwur versichern wolte, niemahls ein Freymäurer gewesen zu seyn, und doch hätte ich öfters die Ehre gehabt, mit ihm die Canonen abzuprotzen, um recht brüderlich zu reden. Sieben und zwanzig Schläge auf den Tisch, wann des Königs Gesundheit getrunken wird.

 

Lesen Sie aber erst men Freund, das Buch recht durch, und geben Sie sich ganz dreiste auch für einen Bruder aus Frägt er Sie, wo Sie aufgenommen worden? so antworten Sie nur:

in denen sieben Glocken zu Leipzig. Die berühmteste Loge von der Welt.

 

Was das Buch für ein Lerm in B. macht, können Sie sich gar nicht vorstellen; Jedermann will es haben, und jeder Handwerker ist begierig es deutsch zu lesen, um in der Welt auch als Freymäurer sein Glük zu machen. Wann Jacob Böhme diesen Orden erfunden, so könnte kein größerer Zulauf von Schustern und Schneidern statt finden, als um der Nachfrage dieses Buchs.

 

So bald als ich Nachricht davon erhielt, so kaufte ich zwey Exemplaria, um Ihnen eines zu schicken, und das andere behielt ich für mich, um meinen Spaß damit zu treiben. Ich gieng bey dem Herrn M. den Sie auch kennen, und der sich für die Freymäuerey brennen läßt Er trank eben seinen Coffee, wobey er einige Noten auf seinem Nebentisch zu liegen hatte. Es kam mir vor, als wann ich ihm sehr zur Unzeit gekommen wäre, doch ich stellte mich als wenn ich von seinem Unwillen nichts merkte, sondern bewunderte seine Arbeitsamkeit, und daß er schon so früh auf wäre. Es war zwar schon über 8 Uhr, aber er versicherte mich, daß er um 5 Uhr aufgestanden sey. Ich sehe es Ihnen an, daß Sie früh aufgewesen seyn müssen, denn Sie scheinen noch müde zu seyn, erwiederte ich ihm, doch ich will Sie bald munter machen.

Haben Sie die neuen Eleusinischen Geheimnisse der Freymäurer gelesen, so gestern herausgekommen sind? Nein, war seine Antwort, aber ich habe schon lange davon reden gehört, und auch schon Commission an jemanden gegeben, mir dieses Buch kommen zu lassen. Was stehet denn darin? Ist es getroffen? Hat der Verfasser sich genannt?

Er sprach dieses mit einer solchen Heftigkeit und Geschwindigkeit aus, daß ein halb Dutzend Fragen nur halb verständlich waren. Ich besann mich schleunig auf ein Mittel, um seine Hitze noch mehr anzufeuern, und sagte, der Verfasser hätte die Historie des ganzen Ordens darinn erzählt, und nun sehe ich doch, daß Adam kein Freymäurer gewesen, wie mir in dem ersten Grade der Kunst wäre vorgeredt worden.

Nun was hat der Verfasser denn gesagt, Sie sind doch wohl kein Ketzer geworden?

Nein, mein lieber Bruder, das bin ich, dem Himmel sey Dank, nicht geworden. Indessen will ich Ihnen die Geschichte erzählen. Nun hören Sie einmal, liebster Freund, was ich ihm sagte. Wenn ich von mir eingenommen wäre, so würde ich mich zum Legationssecretair gebrauchen lassen, denn ich erfuhr, durch eine große Unwahrheit, eine ganz offenherzige Wahrheit, die um so viel gegründeter seyn muß, weil mein Freund sie im Eifer herausgestoßen.

 

 

Der Autor, fing ich an, setzt den Ursprung im 16 Seculo. Er schreibt, daß ein gewisser Giovanni Francesco Rustici, ein stattlicher Baumeister, einige Virtuosen bey sich bewirthet habe, und daß er als ein lustiger Kopf einen Kessel von Pastetenteich verfertiget, worinn Jason seinen Vater Peliam einzutauchen geschienen, damit er wieder jung würde. Es wären aber die Figuren alle von Kapaunenfleisch gemacht gewesen, die man ganz aufessen konnte. Einer von denen Gästen, Nahmens Sertorius, hätte darauf ein andermal einen achteckigten Tempel auf den Tisch gesetzt, dessen Boden eine gute dickgeronnene Gallerte, die Säulen Würste, das Gewölbe ein guter Parmesankäse, die Schwibbogen Zucker, der Chor Marcepan, der Pult eine gute Kälberbrust, das darauf liegende Buch ein Buttergebackenes, die Canonici Schneppen und die Chorschüler Krammetsvögel gewesen.

Bey dieser Gelegenheit wäre die sogenannte Societas Truellae entstanden, da alle Gäste sich in Mauerleute verkleideten und demjenigen der sich unter sie hätte einschreiben laßen, mit einer silbernen Mauerkelle, den Mund mit Milchram, welches den Cäment vorstellen sollte, verschmierten.

 

Vgl. dazu:

Vereinigungen „Die Kelle“ in Florenz und Livorno, in

http://www.muellerscience.com/ESOTERIK/Freimaurerei_Symbolik/Herkunft_Symbole.htm

 

 

Er lachte bey einem jeden Wort was ich sagte, und ich hatte selbst alle Mühe von der Welt mich ernsthaft zu bezeigen. Wissen Sie was der Buchstabe P. sagen will? Ja sagte ich, (nach Anleitung des Buchs) es heißt Perignan. Gut! erwiederte er. Geben Sie mir auch ein Zeichen? Ich reichte ihm sehr dreiste meine Hand hin, und er küßte sie mir mit der allergrösten Ehrbarkeit.

Wie viel Ueberwindung gehörte dazu nicht um nicht laut aufzulachen?

Es ist mir lieb, daß Sie ein wahrer Bruder sind. Wo sind Sie aufgenommen?

In den sieben Glocken in Leipzig.

Ja da haben sie die rechte Loge getroffen. Die weiß nichts. Denen geht es wie Cratinus sagt:

 

Si ces fortes de gens trouvent un Idiot

Ils lui troublent l’esprit de plusieurs Enthimemes.

Par cens discours trompeurs ils surprennent ce sot

Le meme, selon eux, ne paroit pas le meme.

 

Ich that, als wann mir diese Verse ungemein gefielen, er mußte sie mir wiederhohlen, und ich schrieb sie mir auf. Das Wort Idiot hätte mir Verdrieslichkeiten zuziehen können, wann ich nicht gewußt, daß es eben so viel als Profan bedeutete. Ich muß Ihnen auch sagen, daß der Herr M. aus der Loge der sieben Glocken war herausgestossen worden, weil er sich einmal im Wein übernommen, daher er nicht gut darauf zu sprechen war. Hätte ich es aber vorhero gewußt, so würde ich ihm dieses nicht gesagt haben, denn bald hätte ich nichts weiter erfahren.

Aber zu meinem großen Glück, so seufzete er, und fieng an zu reden.

 

Also sind Sie in dieser Loge aufgenommen? Nun wundert es mich gar nicht mehr, daß Sie das für wahr halten, was in diesem Buche stehet. Ich will Sie besser instruiren, weil ich sehe, daß Sie Lust zu der Kunst haben.

 

Godofredus von Bouillon wird eigentlich für den Stifter gehalten, wie Sie durch die Buchstaben G. und B. welche Sie im zweyten Grad gesehen haben, schon gelehrt worden Aber dieser hat nur die Sache wieder erneuert, die Sache ist älter, und gehört zu der Englischen Geschichte.

Sie werden sich doch aus der Englischen Historie erinnern, daß Richard I. den Erzbischof Becket ermorden ließ. Die Sache hatte die Bewandtnis. Becket war ein sehr ehrlicher Mann, der dem Könige ganz dreist die Wahrheit sagte, darüber er dann so entrüstet wurde, daß er einstens im Grimm zu seinen Cammerdienern sagte: Ich bin sehr unglücklich, daß sich unter einer so grossen Menge Leute keiner findet, der mich rächet. Drey junge Edelleute ergriffen dieses Wort des Königs, reiseten noch die Nacht um 12 Uhr ab, und begaben sich nach Canterbury, woselbst sich der Erzbischof aufhielt. Einstens als der Erzbischof unter geringer Begleitung in die Kirche gegangen war, kamen sie ganz bewaffnet auch in dieselbe, und näherten sich dem Altar, auf welchem er war. Nachdem sie ihm viele schimpfliche Reden hatten anzuhören gegeben, auf welche er mit der größten Bescheidenheit antwortete, so schlugen sie ihn mit einer Keule dreymal dergestalt auf den Kopf, daß der Altar mit seinem Blut ganz bedeckt wurde.

Die Mörder hiessen Reginald Fits Urfe, Wilhelm Tracy, Richard Britton. Einige zählen noch den Hugo Mervill darunter. Er hat aber nur zugesehen. Diese Mörder reisten darauf in die Grafschaft York, woselbst sie Hugo Mervill auf seinem Gute verbarg. Sie giengen kurz darauf nach Rom, um Vergebung zu erhalten, welche ihnen auch von dem heiligen Vater zugestanden wurde, und mußten sie auf dem schwarzen Berge nicht weit von Jerusalem Busse thun, woselbst sie dann einen Orden gestiftet, der im Anfang die Todesangst-Brüderschaft, nachhero aber unter Godofredo Freymäurer sind genannt worden.

 

Dieses ist nun das wahre Geheimniß des Meisters Hirams, der vor dem Tempel niedergemacht worden. Eben deswegen tragen wir den Dolch, den schwarzen Band, und die bebluteten Handschuhe, zu einer ewigen Erinnerung dieser strafbaren Handlung.

 

— Was ich für Ohren dabey gemacht, das können sie sich gleich vorstellen, indem ich der erste glückliche Sterbliche war, der das Geheimniß auf eine so unschuldige Art erfuhr. Beynahe hätte ich das neue Geheimnißbuch für Freude geküßt, aber ich wollte noch mehr wissen.

 

Ich danke Ihnen, daß Sie mir Licht gegeben, aber was wollen wir dann mit unserm Salomon und dem Könige zu Tyrus?

 

Ey, auch das hat man Ihnen nicht erklärt, und doch wissen sie den Buchstaben P? Ey, man hat Ihnen doch auch wahrhaftig viel Geld umsonst ausgeben lassen. Salomon ist der Pabst, denn so wenig der König Salomon hat irren können, eben so wenig irrt der heilige Vater in seinen Urtheilen, hauptsächlich alsdann, wann es auf Leib und Leben ankömmt. Er vergißt die größten Beleidigungen, und will lieber, daß sich der Gottlose bekehre, als in seinem bösen Wesen fortfahre.

Der König zu Tyrus ist der König Richard I, welcher nur durch eine unbesonnene Rede an dem Tode des Meisters Schuld gewesen.

 

Wieder was neues aus der Historie für mich, Ich mögte Ihnen nicht gern wiedersprechen, mein Bruder, sagte ich zu ihm, weil Sie wohl wissen, daß wir über Religions- und Staatssachen nicht streiten dürfen, indessen dünkt mich doch immer, daß die Hände des heiligen Vater, zuweilen auch blutige Handschuhe angezogen, und er oftmals in sein eigenes Eingeweide gewühlt habe, zumahl wann er gewußt, daß der Orden reich gewesen. Jedoch ich will auf eure andere Frage kommen, mein lieber Allvater, (der größte Titul, den man einem Freymäurer geben kann, wenn er auch noch keinen Barth hätte) Sagen Sie mir aber, wie kömmt es dann, daß in denen Englischen Logen-Büchern ganz ausdrücklich bemerkt worden, Cromwell Protector sey der wahre Stifter?

 

Habe ich Ihnen doch schon oft gesagt, mein lieber Bruder, daß alle die Bücher, so von unsern Sachen gedruckt worden, falsch, grundfalsch sind. Das müßte ja ein schlechter Kerl seyn, der seine Ehre darauf gesetzt, der so viel Geld dafür gegeben; glauben Sie mir, es kostet mir mehr denn 800 Rthlr. der sage ich, ist ein schlechter Kerl, der was wieder plaudere. Das sind lauter Idioten, die so was schreiben. Wie ist es möglich, daß Sie meinen sollten, Cromwell sey unser Stifter? Der Königsmörder. Wäre es nicht eine ewige Schande für uns, wann wir einen solchen verruchten Mann zum Stifter hätten? Wären wir nicht würdig, daß kein König uns in seinem Lande litte, und doch sind wir m Engeland recht blühend, und der Monarch schämt sich nicht unsern Orden zu tragen.

Nein, mein Freund, mit der sogenannten Cromwells-Loge hat es eine ganz andere Bewandtniß. Der Protector war gewohnt, sich öfters mit dem Baron Broghill, Pirrepint, Witeloch, dem Ritter Carl Wolseley, Thurloc und Waller, drey oder vier Stunden des Tages einzuschliessen, und mit Ihnen auf das allervertrauteste von allerley Kleinigkeiten zu sprechen. Diese Gesellschaft war aber mehr eine Art der Tabagie als eine Loge. Ihre Beschäftigung bestand meistentheils darin, bey einer Pfeife Toback Verse aufzusetzen, auch zuweilen von Staatsangelegenheiten zu reden, und daß Sie sehen, daß ich Recht habe, so will Ihnen des Whitelock Englische Merkwürdigkeiten holen, worin Sie alles finden können.

 

Ich ließ meinen Freund einige Augenblicke seine Bücher durchsuchen, um mich auf neue Fragen zu besinnen, und sie auch so anzubringen, daß er nicht einmahl rnuthmassen konnte, ich sey ein ldiot. Ich zog meine Mysteres wiederum heraus, und bereitete mich zu neuen Angriffen. Nach einer halben Stunde brachte er das erwehnte Buch, worin es würklich p. 647 so stand. Bey Anblick des Titulblattes fand ich, daß es die Edition von 1682 in Folio war, welches ich mit Fleiß bemerke, indem ich nicht weiß, ob nicht noch andere Editiones davon heraus seyn müssen.

 

 

Sie sind auch recht belesen, fieng ich wieder an, mein lieber Allvater! Wer das Glück har erst so viele Gelehrsamkeit in der Freymäurerei zu sammlen, der kann sich recht freuen, daß er sein Geld so gut angewandt hat. Aber wie wenige -- hier fiel er mir in die Rede -- sind es werth, Freymäurer zu heissen. Sie müssen ja nicht glauben, daß die Köche, Tänzer, Friseurs oder dergleichen Leute zu unserm Orden gehören, wann sie gleich die Schürze tragen. Es ist eine Güte von uns, daß wir Ihnen die Vortheile der Brüderschaft wollen angedeihen lassen.

Ich ärgere mich immer, wann ein Schneider und Schuster mich Bruder nennt. Sie wissen, daß wer was gelernt hat, bey uns sehr hoch geschätzt wird, und mit vieler Ehre allenthalben aufgenommen wird. Er führt so gut Schild, Band und Wappen, wie der beste Edelmann, denn wir sehen unter uns nicht auf zwey oder drey Buchstaben mehr oder weniger vor dem Nahmen, sondern auf Tugend und Verstand. Ein Böser müsse unserer Schwelle weichen.

 

Davon habe ich viele Beweise, antwortete ich, und gefallen mir vorzüglich die schönen Reden und Gedichte, so man daselbst höret. Die Freymäurer sollten solche drucken lassen, so würde man in der That die besten Meynungen von ihnen bekommen, denn ganz heimlich seyn wollen, macht verdächtig.

 

Ich will Ihnen sagen, mein Kind, erwiederte er, warum dergleichen Sachen nicht öfters gedruckt werden. Sind sie ein Noachit?

 

Ich wußte nicht: ob ich ja oder nein antworten sollte, endlich aber behauptete ich es.

Nun, wo ist die verlohrne Kunst gefunden?

Ich erwiederte: (wie es im Buche stehet) In Preussen in einer Salzgrube.

 

Vortrefflich, Sie sind ein guter Bruder. Nun hören Sie einmal auch den Grund, warum wir so geheim sind mit unsern Wissenschaften. Unser Orden zerstreute sich in der ganzen Welt, nachdem die Eroberung des gelobten Landes unglücklich abgelauffen war, und weil der Pabst uns keine Pröbste gesetzt hatte, so waren wir immer unter dem Nahmen der Todesangstbrüderschaft bekannt, und war unsere vorzügliche Sorge nur darauf gerichtet, in der Stille Gutes zu thun. Endlich wollten sich die Brüder wiederum sammlen und eine gelehrte Gesellschaft ausmachen. Dazu beredte sie hauptsächlich Philipp Calimachus Esperientes. So lange der Pabst Pius der zweyte lebte, gieng es recht gut, so bald aber Paul der II. zur Regierung kam, der ihm 1464 auf dem Stuhl folgte, so bildete er sich ein, es wären in der Gesellschaft Geheimnisse verborgen, und weil übelgesinnte Personen ihm weiß gemacht hatten, sie kämen nun zusammen um Meutereyen zu stifften, so wolte er sie alle in Verhaft nehmen lassen. Esperientes aber und dle meisten erwischten, und ließen nur eine Zeichnung zurück, welche der Pabst nicht genung bewundern konnte, und wornach viele Kunstsachen in Rom eingerichtet worden.

Die vielen Reisen haben ihm große Erfahrungen zuwege gebracht, daher er auch den Nahmen Esperientes erhielt. Nach ihm ist keiner so stark in der Kunst gewesen, als der berühmte Engelländer, Johann Evelyn, der im 17ten Seculo gelebt. Beyde Männer haben aber auf ihre besondere Entdeckungen in denen Alterthümern einen gewaltigen Fluch gelegt, den sogleich niemand brechen wird, indem er ihn wiederhohlen muß.

Es ist aber gewiß mein Freund, daß diejenigen Baumeister welche bey uns den grösten Grad erhalten, in ihrer Kunst wegen besonderer Regeln immer weit leichter und angenehmer bauen werden, und dieses kann man auch von den Mahlern sagen, die dadurch ihren Geschmak verbessern.

 

 

Hier wagte ich nun eine gewaltige dreiste Frage, welche er mir auch sehr kurz beantwortete. Wie steht es aber mit Auslegung der Hieroglyphen? Wo ist das Creuz? antwortete er mir? Ich gerieth in Verwirrung und wuste nicht was ich sagen solte, doch behauptete ich, daß es zu Hause wäre. Leere Entschuldigung! sprach er,

„jedoch schreiben Sie ihrem Freund Winckelmann, die Diana welche auf einem fliegenden Greif säße, und davon ihm der Sinn zu schwer zu errathen gewesen: bedeutete, daß die Jagd zur Mittagszeit aufhörte, .deswegen wäre der Greif recht in der Mitte angebracht.“

 

 

Mit dieser guten Entdeckung schloß er seine Rede, sah nach der Uhr, und bath mich zu Tische, weil sein Gemüth durch die angenehme Unterhaltung ganz aufgeheitert geworden. Wir waren ungemein munter und vergnügt, und ich ermangelte nicht mit 27 Schlägen auf den Tisch des Königs Gesundheit zu trinken, welches er mir gleich auf ähnliche Art beantwortete, darnach aber gab er mit 15 Schlägen ein neues Zeichen und brachte folgende Gesundheit aus:

 

Wer Gott, was ihm gebührt, der Welt das Ihre giebt,

Dem König redlich dient, den Nächsten nicht betrübt.

Nichts wider die Natur, Gesetz, und Wohlstand übt,

Das schönere Geschlecht vernünftig edel liebt,

In Nöthen stets ein Freund mit That u. nicht mit Schein:

Der tritt ganz ohne Scheu in unsern Orden ein

Und kann mit allem Recht ein würdger Bruder seyn.

 

[Das Gedicht stammt aus:

Der sich selbst vertheidigenden Freymäurer. 1744, 4;

Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 117]

 

 

Dieses war für heute das letzte, das ich von ihm erlernte, dem ohngeachtet glaube ich vermöge meines neuen Schatzes, ich meyne Les plus secrets Mysteres, noch weit mehr zu ergründen. Mir würde es in Wahrheit die gröste Freude von der Welt seyn, auch ohne Mühe und Gefahr ein vollkommener Freymäurer zu werden. Ich versichere Sie, Ihnen alles zu entdecken, denn ich sehe nicht ab, ob ich ohne Schwur verbunden sey, ein Geheimniß zu bewahren, das man mir freywillig erzählt.

 

Ich habe lange darauf gedacht, mich einmahl in der Welt bekannt zu machen, und hoffe Ehre mit einzulegen, wann ich die tiefsten Geheimnisse ergründe. Hiram, Salomon und der König von Tyrus sind doch nun bekannte Personen durch meine Bemühung.

Indessen sagen Sie nur nicht mein Freund, daß ich nicht aufrichtig gnug verführe, und daß man von mir schlecht denken würde, wann ich mir Verdienste daraus machen sollte, Geheimnisse zu ergründen. Ich sage und entdecke Sie Ihnen nur allein, und andere Leute kauffen solche öffentlich. Die Neubegierde ist ja ein allgemeiner Fehler, welche sich für Männer eben so gut schickt als für Weiber.

 

Uebrigens leben Sie wohl und um recht brüderlich zu schließen, so grüsse ich Sie mit der großen Zahl von dreymahl 27. Ich bin

 

 

 

 


 

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