Eine Entgegnung auf das "Hellmundische Schreibwerk"
Kurze Historische Nachricht, Zweytes Stück, 1742
Kurtze Historische Nachricht Von dem Ursprung Der Frey-Maurer Gesellschafft Und deren Geheimnissen, Worinnen zu gleich des Hn. Hellmund so genandtes Christliche Bedencken beantwortet wird. Mit unpartheyischer Feder ent- worffen, und in Sendschreiben vorgestellt.
Zweytes Stück.
Franckfurt am Mayn: Bey Anton Heinscheid, 1742. Bei dieser Ausgabe gibt die Bayerische Staatsbibliothek als Author/ Editor an: Johann Nepomuk Sepp und Edward Rastawiecki
Im Folgenden der Text der leicht modifizierte Nachdruck unter dem Titel Kurze historische Nachricht von dem Ursprung der Freymaurergesellschaft und deren Geheimnissen worinnen zugleich des Hrn. Hellmund so genanntes christliche Bedenken beantwortet wird mit unpartheiischer Feder entworfen und in Sendschreiben vorgestellt. Zweites Stück. in Des verbesserten Konstitutionenbuchs der alten ehrwürdigen Brüderschaft der Freimaurer zweiter Theil … von dem Bruder Kleinschmidt. Frankfurt: Andreae 1784, 235-350.
[Es schliesst sich ein drittes Stück an: Kurtze Historische Nachricht Von dem Ursprung Der Frey-Mäurer Gesellschafft Und deren Geheimnissen, Worinnen vor jetzo en passant die Hellmundische Zugabe, zu seinem nicht recht rubricirten Christlichen Bedenken beantwortet wird. Mit unpartheyischer Feder entworffen, und in Sendschreiben vorgestellt. Drittes Stück. Franckfurt am Mayn, Bey Anton Hinscheid 1742. unter dem Titel: Kurze historische Nachricht von dem Ursprung der Freymaurergesellschaft und deren Geheimnissen worinnen vorjetzo en passant die Hellmundische Zugabe zu seinem nicht recht rubricirten christlichen Bedenken beantwortet wird mit unpartheiischer Feder entworfen und in Sendschreiben vorgestellt. Drittes Stück. in Des verbesserten Konstitutionenbuchs der alten ehrwürdigen Brüderschaft der Freimaurer zweiter Theil … von dem Bruder Kleinschmidt. Frankfurt: Andreae 1784, 350-410]
Das erste Stück siehe Ursprung, Zweck und Zeremonie der Freimaurer
Vorrede.
Hochgeneigter Leser!
Meinem Versprechen zufolg erscheinet hiemit das zweite Stück der kurzen historischen Nachrichten vom Ursprung der Freimaurer etc. Es ist in gegenwärtigen Blättern nichts von den Geschichten dieser Societät anzutreffen, die neugierige Welt, die Vorurtheile, haben das Ende davon nicht erwarten wollen, sondern haben mich mit vielen Fragen und Einwürfen überhäufet, womit man diese rühmenswürdige Gesellschaft zu ersticken, oder auszurotten gedenket, ich habe bey dieser Gelegenheit des Hrn. Hellmunds, Inspektor zu Wißbaden, sein so genanntes christliches Bedenken, so er über diese Gesellschaft hat an das Licht gestellt, ebenfalls beantwortet, man hat aber dennoch den vorigen Titul beibehalten, und dieses als das zweite Stück von der Kontinuation laufen lassen.
Es ist wohl keine Societät jemals in der Welt gewesen, die so viele Lästerer und Verfolger gehabt hat, als eben diese Gesellschaft, in ihrem Anfang und Mittel, gefunden; dahero die größte Nothwendigkeit, daß selbige, so viel nur immer möglich, gerettet, und aus der äussersten Gefahr herausgerissen werde. Dieses ist eben die Ursache, warum ich meine Feder angesetzt, und dieselbe gegen den Herrn Hellmund und andere Ordensfeinde führe.
Ich weiß wohl, und gebe mich auch nicht davor aus, daß ich dieser wichtigen Sache allein gewachsen bin, ich hoffe aber, es werden andere Geschicktere und Geübtere mir folgen, das allgemeine Beste von dieser Gesellschaft beherzigen, derselben Ruhm, Flor und Aufnahme mit mir erhalten helfen.
Die höchste Nothwendigkeit wird um soviel mehr erfordert, wenn man betrachtet, wie glücklich die Städte sind, die da Freimaurer zu Bürgern haben, man kann dieselbe mit Recht ein zweites Jerusalem zu Salomonis Zeiten nennen; die Armen werden durch diese Gesellschaft gesegnet, das gemeine Beste unterstützt, und das Regimentsruder in lauter Glanz und Schmuck eingekleidet.
An alle Provinzen und grosse Städte ergehet dahero mein wohlmeinender Rath, die Thüren und Thoren zu eröfnen, um die gesegnete und hochbelobte Freimaurersocietät hinein zu lassen, und dadurch herein zu rufen, ja, machet nicht allein die Thore weit und hoch, sondern bauet die allerherrlichsten Ehrenpforten, damit der Freimaurer Einzug um so viel herrlicher und glänzender werde.
An Postillenritter und Mordbläser kehre man sich nicht, sondern man richte nur sein Augenmerk auf grosse und vollkommene Männer, man befrage sich nur bey solchen, deren Machinä von einem Geiste, und nicht von einer Ameise regiert wird. Was will doch ein elender Schanzer von versuchten Gliedern reden, es kommt auf die Probe an, hat er mehr Länder als ganz Europa gesehen, so will ihn passiren lassen, wo er aber das nicht gethan, so mag er schweigen, ich will wohl glauben, daß er eine wohleingerichtete Haushaltung besser, als wie ich, wird in Unordnung bringen, und die Stühle in einander arbeiten können, womit sich seine Konduite zu Tage leget, und daran man ersehen kann, weß Geistes Kind er ist.
Man wird mir zwar einwenden und sagen, man sollte das Geheimniß publiciren, welches so viel mehr nutzen würde, wenn selbiges, meinem Bericht zufolge, gut und voll' kommen wäre? Ich antworte darauf, wie ich allzeit thue, daß es nothwendig ist, daß es verschwiegen bleibt; denn wir wissen, daß nichts Guts in dieser Welt, oder es ist zugleich mit dem Bösen verknüpft; also ist es auch mit diesem Orden beschaffen, so lange wie die Geheimnisse verschwiegen bleiben, ist nichts Bessers anzutreffen, als diese Societät; es ist aber auch nichts Bösers, als wenn das Geheimniß oder das Mark von derselben publicirt oder der Welt bekannt gemacht würde.
Man wird mir nicht ungütig nehmen, wenn ich diese Gesellschaft in einem kurzen Zusammenhang der Philosophie des sel, Herrn von Leibnitz beschreibe. Es ist zwar dieselbe bekannt genug, es wird mir aber dennoch nicht zur Schande gereichen, daß ich seine eigene Worte allhier gebrauche.
Ich setze demnach
1) zum Grunde, daß die gegenwärtige Societät (so den Zusammenhang aller Societäten, die jemals gewesen, noch sind, und künftig seyn werden, in sich begreift) die beste und vollkommenste Societät sey; weil, wenn noch eine bessere möglich wäre, Gott eine solche Zweifelsohne den erstern Stiftern würde in die Herzen gelegt haben; dann er allein regieret die Herzen zu allem Guten (1).
(1) Also beschreibt der Herr von Leibnitz das Wettgebäude; ich aber beschreibe also unsern Freimaurerorden, ich thue auch daran nicht unrecht, ich weiß, daß ich recht habe.
2) Muß man sich diese Gesellschaft wie eine Kette vorstellen: weil, wie in einer Kette die Glieder an einander hangen, so ist hie das Vergangene mit dem Gegenwärtigen, und das Gegenwärtige mit dem Zukünftigen genau verknüpft, und also zwischen allen Theilen eine vollkommene Harmonie; daher, wann das Geringste in dieser Societät sollte geändert oder offenbaret werden, würde zugleich die ganze Gesellschaft mit geändert, und nicht so gut mehr, wie vorhin, seyn; eben wie eine Kette, wenn man ein Glied heraus nimmt, zerrissen wird, und nicht so ganz und völlig bleibt, als sie vordem gewesen. Weil wir nun also
3) versichert sind, auch zum Theil die Vernunft und der Augenschein lehret, daß die Freimaurersocietät die beste sey, und demnach der Augenschein bezeuget, daß so viel Böses darinnen anzutreffen ist; so folgt daraus unwiedertreiblich, daß solches Böse zur besten Societät gehöre, und dahero von Gott nicht habe können weggelassen, noch verhindert werden, weil er sonst wider seine Vollkommenheit würde gehandelt, und nicht die beste Gesellschaft erschaffen haben.
4) So schwer nun dieses zu begreifen fället, so leicht wird es seyn, wenn wir den Zusammenhang aller Dinge verstünden, und das, was Gott siehet, sehen möchten, wie nemlich das Böse, so uns jetzt in die Sinne fällt, mit viel tausendfachem Guten verknüpfet seye, welches sich nicht hätte zutragen können, wann nicht das Böse wäre vorhergegangen. Doch lässet es sich aus einigen zum theil begreifen: ein wenig Saures, Scharfes und Bitteres, so wir ganz allein ungerne essen würden, schmecket uns jetzt, wenn es mit andern Speisen vermischt und gut durchkocht ist, sehr angenehm, auch oft wohl lieblicher, als der süsseste Zucker. Der dunkele Schatten, so an und vor sich nichts Lebhaftes, noch Anmuthiges ist, giebt auf den Nachtstücken den Farben ein schönes Ansehen; selbst eine wohlangebrachte Dissonance Macht, daß die Musik 'besser klingt, und eben also dürfte niemand es vor sogar was Ungereimtes halten, wenn man sagt, Gott habe das Böse, weilen es mit anderm Guten unzertrennlich verknüpft und gemengt ist, bey Erschaffung der Welt und unserer hochl. Societät nothwendig dulden müssen, und nicht gänzlich davon ausbannen können.
5) Wolte man endlich einwenden, es sey des Bösen in Ansehung des Guten eine so gar ungeheure Menge und Anzahl; so dienet zur Antwort, man muß die Grösse des Guten und des Bösen dieser Welt und Gesellschaft nicht bloß nach unserer Erden und Logen abmessen. Selbst die Schrift lehret ja, daß Gott ausser dem Menschen noch mehr vernünftige Kreaturen und Freimaurer hervorbracht habe, nemlich, die Engel, von welchen die meisten gut geblieben und mit vortreflicheren Eigenschaften als gemeine Menschen begabet sind; gesetzt dann, daß der gedachten Engel und Menschen noch so viel wären, so sey es doch nicht unglaublich, daß Gott noch so viel guter Engel und Freimaurer im Himmel bey sich habe, durch deren unzählbare Menge die Anzahl der Verdammten weit überstiegen wird, zu geschweigen, daß nach der neuesten Mathematicorum Meinung die himmlische Luftkörper nicht leer, sondern mit vernünftigen Kreaturen und wahrhaften Freimaurern, vielleicht eben so gut, wie die Erde, besetzt wären, da dann folglich nicht im Weg stehet, zu glauben, daß diese unsägliche grosse Körper tausendmahl mehr gute Geschöpfe, als unsere kleine Erde böse und gottlose Menschen zu Einwohneren haben.
Der hochgeneigte Leser verwundere sich nicht, daß ich unsern allerwürdigsten Freimaurerorden neben die ganze Welt und deren Erschaffung rangire, und dieselbe auch unter die Engel setze; man beurtheile dieses nicht, denn man weiß doch nicht, was in der Freimaurerey stecket; Ich aber weiß, daß vor, mit und unter der Engel- und Welt-Erschaffung die Freimaurerey gewesen und die größte Subsistance ausgemacht hat. Denn obgleich bey dem Schloßbau zu Kensington diese Gesellschaft ihren Anfang genommen, und sich den Namen Freimaurer gegeben, so ist dieselbe dem ohnerachtet schön zur Zeit der Erschaffung der Engel, Welt und Menschen gewesen, und alle diese Körper sind aus Freimaurereigenschaften gemacht.
Wer kann nun bey solchen Umständen den Freimaurern verdenken, daß sie ihre Geheimnisse so verbergen, massen Gott selbsten die Materie des Ursprungs aller Dinge vor den Menschen verborgen hält.
So viel mag vorjetzo genug von der Sache geredet seyn, bey einer andern Gelegenheit werde ein mehreres davon berichten, vor jetzund aber werde ich mich in die Gewogenheit des hochgeneigten Lesers und dessen gütiges Urtheil empfehlen, und bis dahin in aller Hochachtung verharren,
Hochgeneigter Leser!
Ex Musaeo den 8ten Martii 1742 Bereitwilliger, der Verfasser.
Mein Herr!
Sie überlassen mir in einem sehr gütigen Vertrauen, auf die mir eingepflanzte Liebe zur Billigkeit und Wahrheit, wie nicht weniger auf ein Fünkchen Vernunft, welches Dieselben bey mir vermerkt und verspührt zu haben versichern, Ihnen meine Gedanken, von denen aus Dero Feder geflossenen und bis hieher im Druck herausgegebenen Briefen, betreffend den Ursprung derer Freimaurer, und die vornehmsten Gründe, die zur Vertheidigung dieser wunderbaren Gesellschaft gereichen könnten, aufrichtig zu entdecken und so, wie ich es schon zum Theil mündlich gethan, meine wichtigsten Gründe, welche ich gegen diesen geheimnißreichen Orden anzuführen wüßte, und sonsten in meinem Vortrag sowohl mündlich, als schriftlich zu gebrauchen pflegte, Ihnen ebenfalls in einigen Schreiben, nach der Art, wie Sie es selbsten bereits angefangen haben, nach und nach mitzutheilen, und sodann Dero Beantwortung oder Auflösung solcher meiner Schwierigkeiten von Ihnen, in der Folge, zu erwarten.
Mein Herr sind hierbey zuförderst von mir überzeugt, daß es mir eben ein so grosser Ernst sey, gegen die Freimaurer, als ihnen im Gegentheil für dieselbigen zu reden und zu schreiben: Dann gleichwie sie in deren Vertheidigung einen solchen Eifer von sich blicken lassen, daß jedermann gar leichtlich auf die Gedanken gerathen sollte, Sie wären selbst diesem Orden zugethan und einverleibt; also habe ich mich hinwiederum auch in Dero Gegenwart schon so eifrig gegen denselben bezeugt, daß, wann sie selbst dieses gedachten Ordens sind, wie ich keinesweges zweifle, Dieselben es nicht anders als übel würden haben aufnehmen und empfinden können: doch gaben Sie sich in die Gedult und versicherten, daß mir nichts solle übel ausgelegt werden, ich möchte nur alle meine Gedanken freimüthig entwerfen, und mir dagegen wiederum alle Satisfaktion von Ihnen versprechen.
Wir seynd aber, um allem Aergerniß und Anstoß vorzukommen, darinnen mit einander zum voraus einig geworden, daß wir zu beiden Seiten alle Vorurtheile in Ansehung des Verstandes, und noch vielmehr alle Bitterkeit und Heftigkeiten in Ansehung des Willens und äusserlichen Vortrags ab- und beiseite legen wollten, als welche insgesammt sich, wie Sie glauben, für keinen Freimaurer und Vertheidiger derselben, noch vielweniger aber, wie ich meines Orts überzeugt bin, für einen wahren Christen und Gottesgelehrten schicken, noch mit einem solchen zusammenreimen können. Wie wir uns nun einander wechselsweise dieses in aller Aufrichtigkeit versprochen und zugesaget haben; also bin ich auch auf meiner Seite von Herzen gesonnen und geneigt, dieses Versprechen heiliglich zu erfüllen, doch also, daß zugleich der Wahrheit nicht im geringsten aus Menschenscheu zunahe getretten, noch deren ernstliche Erforschung und Untersuchung durch unsere besondere Freundschaft und Hochachtung gegen einander auf einige Weise gehindert werde.
Also finde ich mich dann zuförderst, genöthiget, dasjenige, was ich einander widersprechend in Dero Schrift gefunden und bemerkt habe, aufrichtig zu erinnern und anzuzeigen, aus welchem sodann vielleicht mehreres zur Erläuterung dieser Sache, wovon allhier unter uns die Rede ist, fließen und sich deren Grund oder Ungrund von selbsten zu erkennen geben und deutlich machen wird.
Gleich Anfangs in der Vorrede Ihrer Schrift rühmen mein Herr dieses als einen besondern Vortheil derer Hrn. Freimaurer: «daß diese berühmte Gesellschaft auf den höchsten Gipfel menschlicher Glückseligkeit ohne Hinderung zu steigen anfange. Es gesellet sich dieselbe, fahren Sie weiter fort, zu denen vornehmsten Prinzen und setzet sich mir denenselben auf dem Throne der Macht und des Glanzes nieder.»
Eben dieses wiederholen Sie nochmals auf dem 183ten Blatt, mit denen gegen Dero ersten Korrespondenten gebrauchten Worten, auf folgende Weise: Und daß diese Societät auf den höchsten Gipfel menschlicher Glückseligkeit gestiegen, werden sie um soviel weniger in Abrede seyn, weilen sich zum Theil die mächtigsten Häupter selbsten dieses Ordens nicht schämen.
So eine grosse Glückseligkeit oder gar Seligkeit setzen mein Herr in den vertrauten Umgang und die Gemeinschaft mit grossen Herren und so genannten Göttern der Erden, und man siehet aus der öftern Wiederholung eben dieser Argumentation, vergeben Sie mir diesen freien, doch wohlgemeinten Ausdruck, daß Ihnen dieser Hauptpunkt recht nahe zu Herzen gehen müsse. Allein, du mein Gott! wie reimet sich doch solches mit dem großmüthigen und recht philosophischen Aufschwung über alles irdische und vergängliche Wesen, welche die in Ihren Betrachtungen nach und nach immer besser rege gemachte Feder, auf dem 193 und folg. Blat ihrer schon gedachten Schrift genommen, und sich damit über alle die niederträchtige Vorstellungen des gemeinen Pöbels von der eingebildeten Hoheit einiger sterblichen Menschen, weit, weit hinausgesetzet und erhöhet hat!
Ich will zur Deutlichkeit, Dero ganzen daselbst gebrauchten Umfang und Zusammenhang, der Rede hieher setzen, und nebst denen allererst schon angeführten beiden Stellen, zu desto leichterer Vergleichung und Zusammenhaltung solcher so augenscheinlichen Widersprüche, mein Herr, Dero eigenem Urtheil und. Ueberlegung gänzlich überlassen und anheim stellen.
«Ich bedaure es zwar einestheils von Herzen, (dieß sind Ihre Worte,) daß der Freimaurerorden von so vielen unverständigen Leuten alles Uebel erdulden und. leiden muß; anderntheils kann ichs auch nicht bergen, daß es mir einigermassen lieb ist. Meine Betrübniß, die ich habe, rühret aus einer billigen natürlichen Regung her: dann weilen die Götter der Erden, welchen man aus einer sonderlichen Geblütesregung alle Submißion und Devotion leistet, zum theil selbsten als hellscheinende Planeten an dem schönen Ordenshimmel der Freimaurer stehen, so kann ich nicht umhin, meinen Verdruß darüber an den Tag zu legen; sintemalen diese grosse Sternen in dem Orden von einigen bösen Menschen, (welche ihre zeitliche Wohlfahrt doch lediglich gedachten Sternen zu danken haben, und noch darzu ihr Brod essen,) in Person, durch den Freimaurerorden angegriffen und beleidiget werden.»
Dasjenige Vergnügen aber, was ich darüber, jedoch mäßiglich habe, kann ich Ihnen, mein Herr! nich nicht bergen, ich hoffe, daß die Freimaurer hierdurch gewitziget werden, sich inskünftige in ihrer Wahl behutsamer aufführen, und zuvor die Geister erst besser prüfen lernen: dann es giebt qualificirte Leute genug in der Welt, womit man den Orden zieren kann, man braucht eben just diejenige nicht zu nehmen, welche reiche Einkünfte haben.
Wer sollte nun aber gedenken, mein werthester Herr, daß diese beiderley, einander so sehr entgegengesetzte und widerstreitende Dinge, in einem Athem und von einer und eben derselben Person könnten gesprochen und hervor gebracht werden, und daß, mit Dero gütigen Erlaubniß, eben derjenige die Monarchen und gekrönten Häupter der Welt gleich darauf so weit hinwegwerfen und aus dem strengen Orden der Freimaurerey, so viel an ihm ist, gleichsam verbannen und ausstossen sollte, der doch einen Augenblick zuvor den höchsten Gipfel der menschlichen Glückseligkeit, und die höchste Seligkeit dieses Ordens eben darin gesetzet hat, sich in Gemeinschaft mit den vornehmsten Prinzen und mächtigsten Häuptern der Welt auf den Thron der Macht und des Glanzes niederlassen zu können? Als ein Theolog hätte ich keinen bessern Beweisgrund suchen, noch Verlangen können, als den mein Herr mir hiermit selber an die Hand giebt, um Ihnen nemlich, an Ihrem eigenen Beispiel, die Unzulänglichkeit unserer natürlichen Vernunftskräfte, welche Sie doch gerne auf das Höchste erheben wollen, deutlich unter Augen zu stellen. Ein Freimaurer, nach Ihrer eigenen Beschreibung in der Vorrede, bekümmert sich nur um reelle Dinge, die zugleich mit einem hohen Geiste der Vernunft vergesellschaftet werden.
Welches sind dann aber wohl diese reellen Dinge? Mein, ich bitte Sie, beurtheilen Sie es doch mit einem nur in etwas erhabenem Geiste der Vernunft! sind solches wohl die irdische Hoheiten, die eingebildete Vorzüge und zerbrechlichste Vortheile des Glückes, der vertrauliche Umgang, die Bekannt- und Gemeinschaft mit den Grossen der Welt und andere dergleichen nichtige und vergängliche Possen, die mit besserem Rechte Schlösser in der Luft und eitele Grillenfängereien zu benennen sind, als wohl zuweilen die unnöthigsten Spekulationen irgend eines gelehrten Pedanten, die doch in ihrer Art noch manchesmalen einen besseren Grund haben mögen? Ey, fragen Sie doch, wann es gefällig, den von ihnen so hoch erhabenen Geist der Vernunft selbst, ob er diese Dinge, ohne eigene Beschämung, unter Benennung von reellen Dingen so frey und sicher mit hindurch laufen lassen können? Doch nein, ich sehe bereits das Gegenteil in Ihrem eigenen Schreiben, und merke an Ihnen, daß der Geist Ihrer Vernunft dieses nothwendig für eine weit reellere und wichtigere Sache erkennen muß, aller dergleichen elenden Vorzüge und Vortheile, welche man mit so vielen Thoren gemein haben kann, gänzlich überhoben und entübriget seyn und bleiben können, als wann man hingegen, auf eine recht gezwungene Weise, so mancherley hinfälligen Eitelkeiten sklavisch unterworfen seyn und bleiben muß.
Ist es nicht also, mein Herr! so gedachte Ihr unsterbliche« Geist, als er sich, auf eine so edle Art, über die irdische Vergänglichkeit hinausgesetzt, und also recht in der That erhaben zu seyn fühlte: Und eben damalen empfunden Sie gleichsam einen gewissen Vorschmack eines weit wesentlicheren Vergnügens, welches darinnen bestehen und sodann viel besser gegründet seyn würde, wann Ihre edle Freimaurergesellschaft mit ganz andern qualificirten Leuten, deren es sonst noch in der Welt genug geben, ausgeziert und geschmückt, nicht mehr nöthig haben würde, eben just diejenigen einzunehmen, welche reiche Einkünfte hätten: wann dieselbe also, auf eigene und weit gewisser und beständiger bleibende Geistes- und Gemüthsvortheile, um ein gutes Theil fester erbauet, einmal ganz und gar nicht mehr bedürfen würde, sich mit den Reichen und Grossen der Welt fernerhin, wie bishero geschehen, sogar gemein zu machen, und sich also gleichsam, wie die arme Gerechtigkeit schon vorlängstens erfahren müssen, von denen übergüldeten faisten oder galanten Staatsleuten, auf eine oder andere Art misbrauchen, ich will nicht sagen: gar bestechen zu lassen. Dieses und noch ein mehreres erkannte mein Freund, in dem Geiste seines Gemüthes, als eine weit edlere Sache, weder der ganze bisherige Zustand der so hochgerühmten freimaurerischen Societät annoch gewesen seyn kann: Dann sonsten hatten Sie nicht die abgedachten pia desideria Ihrer sonst lebhaften Beschreibung und ruhmvollen Vertheidigung dieses Ordens unvermerkt mit einfließen lassen, und keinesweges den sehr vernünftigen Wunsch mit beifügen können und müssen: daß die Freimaurer eben hierdurch einmal gewitziget werden, sich inskünftige in ihrer Wahl behutsamer aufführen und die Geister zuvor erst besser prüfen lernen mögten, als sie nemlich solches bishero gethan und bewiesen hätten.
Ich weiß zwar gewiß, mein Herr versetzen Sich zu mir, bey der Ihnen an mir bewußten Ernsthaftigkeit, keiner solchen Malice oder vorsetzlichen Schalkheit, Ihnen nur bloß zu meiner Belustigung Ihr eigenes Schwerdt aus den Händen zu winden und solches gegen Sie selbsten zugebrauchen. Allein, überlegen Sie nur beliebigst, ob Sie mir nicht in Dero eigenem Schreiben hierzu vollen Anlaß und Gelegenheit gegeben haben. Ich will aber diesmal hierinnen nicht weiter fortfahren, und behalte mir vor, bey allernächster Gelegenheit Ihnen auf gleiche Weise zu zeigen und zu erweisen, wie gar genau, gegen das Vorgeben derer Hrn. Freimaurer, dieser ihre Gesellschaft Grundsätze und ganzes Thun und Vornehmen die Religion und das Christenthum angehe, und solche, ohne daß dieses die mehresten von der gedachten Gesellschaft selbst vermerken oder gewahr werden binnen, bey ihrem wesentlichsten Fundament selbsten angreife, ja gar, wo es möglich, umzustossen und über den Haufen zu werfen sich bemühe und angelegen seyn lasse. Ich wollte also, mit gütigster Dero Erlaubniß, durch gegenwärtiges nur gleichsam die Ouverture zu unserer ferneren Korrespondenz gemacht haben, und versichere schließlich, daß mit vieler Hochachtung seye.
Mein Herr! etc. etc.
Amateur Atheomastix.
Sobald ich vorstehendes Schreiben durchlesen, erinnerte ich mich der Worte, die mein hochgeehrtester Freund mündlich zu mir gesagt hatte, nemlich, er bedauerte von Herzen, daß ich unter denen Freimaurern steckte, und mich so sehr in ihre Gesellschaft verliebt hätte, vielleicht wüßte ich noch wohl nicht, daß es wider das göttliche Gesetze liefe, welches sich in unserer Korrespondenz äussern und zu Tage legen würde, wiewohl ich solches noch erwarten muß, an meiner Person wollte ich nichts ermangeln lassen, sondern ergrif die Feder, und brachte folgendes zu Papier:
Mein Herr!
Ich habe Dero Schreiben mit dem größten Vergnügen durchlesen, ich kann Ihnen auch versichern, daß es nicht den geringsten Affekt bey mir hat rege gemacht, ohnerachtet Dieselbe in den härtesten Ausdrückungen wider die tugendvolle Freimaurer und meine Person aufgezogen kommen, jedoch ich besinne mich drauf, was abgeredet worden, nemlich: keinem nichts übel zu nehmen; so soll es auch allhier dabey bleiben. Ich bin ohnedem versichert, daß Ihr Eifer in Sanftmuth doch noch soll und wird verwandelt werden.
Zuvor aber muß ich protestiren, und mir expresse ausbedingen, daß man nicht glauben wolle, es geschehe dieses, was ich zum Besten dieser redlichen Gesellschaft ans Tageslicht bringe, aus derselben Befehl; nein! man glaube solches nicht, sondern was ich thue, geschicht aus Liebe zur Wahrheit, und darum, daß man von allen Voruttheilen und Lästerungen überzeugt werde, daß die Freimaurer die Tugend zum Grunde ihres Baues gelegt, und nicht solche Unmenschen sind, wie man, leider! die Welt zu überreden gedenkt.
Sie fangen auch gleich an die Societät wunderbar zu nennen, ich weiß nicht, warum sie den Namen wunderbar verdienet, meynen Sie etwa darum, daß sie die Geheimnisse verschweigen? oder ist es eine andere Ursache? Wenn Sie etwa die Verschwiegenheit meynen, so ist sich darüber nicht zu verwundern, denn die gesunde Vernunft lehrt es von selbsten, daß, wenn ein Geheimniß der Welt bekannt gemacht wird, es auch alsobald seinen Werth verliert, besonders muß ich Ihnen sagen, daß das Freimaurergeheimniß solchergestalt beschaffen ist, daß es sich von selbsten verbietet, auch der Welt mehr damit gedienet, daß es verschwieg gen bleibt, als bekannt gemacht wird.
Die Tugend ist, wie schon gedacht, der vornehmste Grund dieser Gesellschaft, mithin die wichtigsten Gründe, so Sie nach Ihrer Redensart gegen diesen geheimnißreichen Orden haben sich von selbsten zermalmen. Geheimnißreich ist auch dieser Orden, und man kann ihn in der That auch also nennen, und zwar ist derselbe mit solchen Geheimnissen ausgeziert, die dem Nächsten nützlich, und der Seelen nach in Gott erbaulich sind.
Denjenigen Ernst, den mein Herr im Gegentheil der Freimaurer mir versichern, nehme als eine bekannte Sache und Wahrheit an; ich kann Ihnen aber im Gegentheil versichern, daß ich ganz und gar den Freimaurern zu Gefallen keinen Eifer bey mir verspüre, sondern die Wahrheit, das unglückliche und pferdemässige Raisonnement, welches die Wahrheit unterdrückt, das ist eben derjenige Eifer, den ich bey mir verspüre, und mir eigentlich gar sehr zu Herzen geht; mein ganzes Absehen gehet nur lediglich dahin, der Welt Wahrheiten, und keinen ungegründeten Zweifel beizubringen, welche letztere nichts anders verursachen, als den Weg zum Verderben bahnen. Aus Menschenscheu soll keinesweges die Wahrheit gehindert oder gestört werden, sondern Sie können vollkommen gesichert seyn, daß selbige ohne Ansehen der Person die Oberhand behalten soll.
Dasjenige, was Sie sich genöthigt finden zu sagen, und vor widersprechend haften, scheinet als wenn mein Herr solches nicht recht erwogen hätten. Sie ziehen zu solchem Ende vors erste eine Passage aus der Vorrede des ersten Stücks an, woselbsten ich nemlich dieses Ordens Glückseligkeit unter denen Gewaltigen der Erden angezogen habe, Sie führen auch solches noch öfter an, und halten solches vor mein Hauptargument, ich will solches auch zum Theil davor gelten lassen, und bin versichert, daß dieses vermeintliche Argument jederzeit seinen Werth behalten wird; wir mögen es auch nehmen in was vor einem Sinn daß wir wollen, so hat es seinen Grund; nehmen wir es geistlicher Weise, so wissen mein Herr selbsten, was die Gewaltigen der Erden sind, nemlich sie sind die Befehlshaber Gottes, welche die Ordnung auf Erden erhalten sollen, und ferner, sie sind die Gesalbten des Herrn, unter deren Scepter und Schwerdt alle Christenmenschen nach dem ausdrücklichen göttlichen Befehl, stehen müssen, derowegen der Welt Heiland Christus selbst allen seinen Nachfolgern insbesondere befiehlt: Seyd unterthan der Obrigkeit etc.
Warum sollte man sich dann nicht freuen, wenn man das Glück hat, mit diesen irdischen Beherrschern in einer vertraulichen Ordnung zu leben? denn wir leben ja noch in der Welt, und warum sollte die Freimaurergesellschaft darüber nicht frölich seyn, daß sie ohne Schwierigkeiten solche meritirte Glieder bekommt? Mein Herr haben doch die Gütigkeit, und besehen doch einmal die Kirchengeschichte von den ersten Zeiten, wie frölich sind nicht die Kirchenväter gewesen, als die Monarchen sich taufen ließen, gewißlich so stark ist die Freude nicht bey den Freimaurern, wenn sie einen Prinzen bekommen.
Was mein Herr von widersprechende Dingen anzuziehen belieben, solches scheinet nicht wohl begriffen zu seyn, sie setzen meine eigene Worte aus dem ersten Stück pag. 193 194.dabey. Zu mehrerer Erläuterung will ich mich allhier erklären, und den dunkeln Ort lichter machen: meine Bedaurung, welche ich an gedachtem Orte des ersten Theils angeführet habe, muß nur von Lästerern und solchen Leuten verstanden werden, die da keine Tugenden haben, oder gar nicht wissen, was Tugenden sind, die da in Orden der Lumpenhunde und nicht in den tugendvollen Freimaurerorden gehören; denn, wo kann die Untugend in dem Tempel der Tugend einen Platz finden, solche, meyne ich, sollte man gänzlich davon verstossen, und selbige nicht hineinlassen; es ist auch diese Meinung in der größten Billigkeit gegründet, die Schuster- und Schneiderzünfte in unserm Teutschland haben ja Gesetze, daß ein bemakelter Junge, oder gesündigter Gesell nicht in ihre Zunft gelangen kann, und dieses ist bey den Handwerkern von undenklichen Zeiten im Gebrauch gewesen, und man störet solches nicht, warum will man den Freimaurern es verdenken, daß sie unwürdige Glieder verstossen, zumalen da die edle Tugend die vornehmsten Säulen ihres Ordens sind.
Man wird mir auch nicht verdenken, noch wenigeres vor widersprechend halten, wenn ich auf solche löbliche Gesetze in meinen Sendschreiben dringe, besonders da ich von der tugendvollen Freimaurergesellschaft handle. Es ist dieses, was Sie pag. 193 angemerket haben, auch nur eine speciale Geschichte, welche sich an einem gewissen Ort in Teutschland zugetragen hat, und zwarn occasionaliter, weilen ein gewisser Freimaurermeister daselbst eine Loge aufrichten wollte, und etwa aus Versehen an solche Subjecta kam, welche, wie schon gedacht, in den Orden der Lumpenhunde, und nicht in den tugendvollen Freimaurerorden gehörten. Da nun dieselbe nicht darzu zu disponiren waren, sonder mit vielen Lästerungen herausbrachen, so habe billig mich darüber betrübt; ich habe auch Ursache dazu gehabt, und mir stehet es auch nicht zu verdenken, daß ich dieser Menschen Unmenschheit beweinet habe. Ich habe derowegen anderen zur Warnung diese Begebenheit en general mit einfließen lassen. Diejenigen, die mich verstehen, die wissen. was ich haben will, und können mir auch sattsam bezeugen, daß in allen meinen Sendschreiben nichts Widersprechliches anzutreffen ist.
Ich will Herrn Anderson mit folgenden Worten dieses Punkts halber vor mich reden lassen, welcher in seinem Vorbericht des neuen Konstitutionenbuchs also saget: Jedoch kann ein erfahrner Bruder durch das wahre Licht fast auf jeder Seite dieses Buchs manche. nützliche Anleitungen finden, welche Spötter und andere nicht Eingeweihete zu finden nicht im Stande sind.
Ich bleibe auch noch dabey und halte es vor die größte Glückseligkeit, daß kluge und Recht-liebende Prinzen diesen Orden schmücken helfen; ich. kann es mich auch als eines Hauptarguments bedienen, besonders wenn ich die erste Christenpflanzung unter den Gewaltigen der Erden betrachte und ansehe.
Bedenken doch mein Herr einmal, wie haben sich die Kirchenväter nicht gefreuet, wenn sie Fürsten zum Christenthum gebracht haben, und in deren Schutz und Schirm geruhig haben leben können, warum soll dann dieser Gesellschaft eine solche Freude untersagt, oder nicht gleichergestalt Fug und Macht darzu zu haben streitig gemacht werden?
Was mein Herr von den reellen Dingen woran ich in der Vorrede des ersten Stücks gedenke, belanget, so sind solches keinesweges die eingebildeten irdischen Hoheiten, wie Sie es meynen, oder der vertrauliche Umgang mit den Grossen der Welt; nein, mein Herr! Sie sind in Ihrer Meinung gar irrig, und es scheinet, als. wenn Ihr Geist sich nach reichhaltigen Gnaden der grossen Herren ziehet, es gehet aber dieses in der Loge nicht, an, dadurch würden nur Unordnungen in die Welt gebracht; denn obgleich die meisten Glieder unter der ganzen Gesellschaft zu den wichtigsten Staatssachen fähig sind, so dürfen doch dieselbe sich nicht darzu melden, oder darum anhalten, alles muß in seiner Ordnung bleiben, die Freimaurer lieben die Ordnung und hassen die Unordnung auf das Aeusserste, ein tüchtiges Glied muß warten, bis es zu wichtigen Dingen choisiret wird. Denn ein anders ist als Bruder in der Loge zu erscheinen, und wieder ein ganz anders, als Prinz auf dem Throne zu sitzen und Länder zu regieren.
Damit ichs kurz mache, einem gemeinen Ordensglied hilft es wenig oder nichts, wenn es sich in einer Loge eines grossen Herrn befindet.
Damit ich aber doch Ihr Verlangen stille, so will ich Ihnen einen kleinen Schatten von den reellen Dingen aus aufrichtigem Herzen mittheilen, obgleich Dieselben sehr spöttisch oder höhnisch darnach fragen; es wissen mein Herr, daß die Freimaurer keine Posten unter sich hegen, am wenigsten aber Schlösser in die Luft bauen, und mit keinen eitelen Grillenfängereien zu thun haben, auch sich gar nicht um die Pedanten bekümmern, ihr tugendvoller Lebenswandel leidet es auch nicht, daß sie sich um diese Leute bekümmern, oder selber vor Thoren zu schelten, sintemalen sie vor gar zu unvernünftig halten, wenn sie den freien Sinn eines Menschen, oder sogenannten Pedantens stören sollten. Ich habe auch den von Ihnen also genannten hocherhabenen Geist de Vernunft gefragt, wie Sie es begehret haben, ob er diese Dinge ohne eigene Beschämung unter der Benennung von reellen Dingen so frey und sicher mir hindurchlaufen lassen können?
Die Antwort, die ich erhielte, lautete: nein! und er würde sich äusserst schämen, wenn er meines Herrn Meinung vor reelle Dinge wollte passiren lassen.
NB. Sie kommen gleich mit Dero Vorurtheil, und so, wie Ihre Meinung ist, wollen Sie meine Sendschreiben insgemein verstanden haben, oder deutlicher zu sagen, denenselben einen falschen Sinn anhängen, wie kann das mit einander harmoniren? Sie hätten besser gethan, wenn Sie erst nach den reellen Dingen gefragt, was selbige eigentlich vor Sachen wären; allein! ich sehe schon Ihr Absehen, Sie wollen mit Ihrer Mixtur mich übereilen, und Ihre geschöpfte ungegründete Meinung, soviel Ihnen nur immer möglich, zu Ihrem Vortheil drehen. Ich sage, es sind reelle Dinge, warum sich die Freimaurer bekümmern, ich thue auch nicht unrecht, wann ich solches sage; worinnen aber eigentlich diese reelle Dinge bestehen, verschweige ich, es gebühret mir auch nicht zu sagen, weilen es Geheimnisse sind. Es sind auch in der That reelle Dinge, und wo Sie selbsten ein Freimaurer werden würden. so könnten Sie selbige erfahren, Sie würden auch eingestehen müssen, daß es reelle Dinge sind, denn Schulfüchsereien gelten wahrhaftig nicht in der tugendvollen Gesellschaft der Freimaurer, und ein logikalischer Syllogismus ist in derselben nichts nütze.
Daß ich aber vor meine Person von qualificirten Gliedern rede, bin ich auch noch en general der Meinung, wiewohl ich solches, wie schon gedacht, im ersten Stück en particulier will verstanden haben. Es giebt auch dieser Leute genug in der Welt, welche rechte verdiente Glieder können abgeben, man brauchet diejenigen nicht, die gar zu sehr in das gemeine Wesen spielen, denn ein Gemeiner kann auch reich seyn, gleichergestalt weiset es auch der Zusammenhang, daß diejenigen Reiche nur von etlichen Privatpersonen, keinesweges aber insgesammt zu verstehen sind. Was mein Herr von faisten, galanten und überguldeten Staatsleuten, welche sich bestechen lassen, zu erwehnen belieben, solches gehört nicht hieher, es ist solches nur eine Leidenschaft, welche in die Freimaurerey nicht gehöret, ich kann Ihnen auch dabey versichern, daß sie solche Misbräuche unter den Freimaurern nicht antreffen; giebt es aber solche Staatsleute, die auf diese Art sündigen, solches gehet diese Gesellschaft nichts an, sie ist nicht zum Richter über diese Verbrecher gesetzet, sondern sie sagt: ist er Gott, so wird er seine Schmach rächen, und ist, er Richter, (nemlich ein irdischer) so wird er seine Gerichtsbarkeit an einem solchen bösen Menschen auszuüben wissen; mein Herr glaube nur nicht, daß ich etwa auf die Gedanken gerathen sollte, als ob Sie aus Malice oder vorsetzlicher Schalkheit ihren Ernst bezeigen und mir das Schwerdt aus den Händen winden, nein! ich bin eines Bessern überzeugt, Sie haben mir auch nicht das Schwerdt aus den Händen gewunden, die übeln Begriffe lasse ich nicht gelten, Sie werden mir auch solches nicht übel nehmen, daß ich dieselbe weit wegwerfe, und Sie eines ganz andern und Bessern belehre, denn dadurch wird eben die Wahrheit und der tugendvolle Ruhm der Freimaurergesellschaft triumphiren; daß Sie aber gedenken, diese Societät über den Haufen zu werfen, solches sehe ich als eine unmögliche Sache ein, Sie werden mir auch erlauben, daß ich Ihnen allhier die Unmöglichkeit einigermassen vorstellig mache.
Erstlich: nehme ich mir die Freiheit zu fragen, ob die Freimaurer einen christlichen, menschlichen, oder unchristlichen, unmenschlichen Lebenswandel führen? Thun sie dieses nicht, sondern nehmen das allerheil. geoffenbarte Wort Gottes an, verachten die Sacramenta und Kirchenceremonien nicht, und erkennen Christum, als den einigen Erlöser, in seiner Gott- und Menschheit, warum sollen sie dann fallen und über den Haufen geworfen werden? Meynen Sie etwa durch Zwang? durch ein eisernes Schwerdt? Wo bleibet denn diejenige Freiheit, so der Schöpfer allen Menschen in die Natur gepflanzt hat? und wohin ist alsdann das geistliche Schwerdt gekommen? Daß die Freimaurer keine Religion touchiren, sondern mit allerhand Glaubensgenossen in vertraulicher Einigkeit leben, solches ist mehr zu loben, als zu tadeln, es wäre gut, wenn solche Einigkeit in ganz Teutschland eingeführt wäre, gewißlich, diese Einigkeit würde nichts als lauter Segen und goldene Zeiten zuwege bringen.
Zweitens, ist Ihnen etwa der Name anstößig? oder haben Sie eine andere Ursache, warum Sie den Freimaurern nicht günstiger sind? Was den Namen Freimaurer anbelangt, so können wir selbe auch darum nicht hassen, ich versichere Ihnen, dieser Name ist nicht übel ausgesonnen, man trift in keiner Person den Nahmen Freimaurer so reichlich an, als in der Person des gebenedeiten Welt-Heilands Jesu Christi; denn obgleich, wie im ersten Sendschreiben berichtet worden, mit dem Schloßbau zu Kensington diese Gesellschaft ihren Anfang genommen, so ist und bleibt es doch eine ausgemachte Sache, daß die ganze Freimaurerschaft in dieser allerheiligsten Person gewohnt hat. Mein Herr können solches auch um soviel besser begreifen, wenn Sie bedenken, daß Christus den vollkommensten Weg der Tugend gegangen, die Freimaurer thun ein gleiches, sie geben sich alle erdenkliche Mühe, wie sie auf der Bahn der Tugend wandern können, Gefahr und Kreuz stehen ihnen nicht im Wege, sie achten selbige nicht, mithin keine wahrere Nachfolger Christi zu finden, als eben die Freimaurer sind. Hieraus erhellet nun zur Gnüge, daß diese Gesellschaft in der That wahre Nachfolger Christi seyn, und daß in Christo die edle Societät in der Fülle gewohnt hat, massen dieser gebenedeite Seligmacher, das menschliche Geschlecht wieder in den Stand der Vollkommenheit gesetzt, er hat die schweren Banden des Gesetzes aufgebunden, und uns Menschen als freie Kreaturen laufen lassen, wohin wir wollen. Selig ist nun derjenige, der mit den Freimaurern den Weg der Tugend und Vollkommenheit ergreift! Mein Herr überlegen dieses sehr wohl, ist s nicht wahr, was ich sage? bedenken Sie ferner seine Verrichtungen, Er hat abgebrochen den wesentlichen Tempel, und wieder aufgerichtet den unwesentlichen; was ist der Freimaurer ihr Absehen anders? sie suchen auch nichts anders, als dieses, nemlich, die wesentliche Gebäude abzubrechen, und unwesentliche dagegen aufzurichten.
Die göttliche heilige Schrift selbst ist mein Zeuge, daß Christus ein vollkommener Freimaurer gewesen ist, besonders wenn man bedenkt, wie oft derselbe mit einem Stein verglichen wird, wie es heisset: Der Stein, den die Bauleute verworfen, ist zum Eckstein worden. (2)
(2) Siehe Psal. CXVllI v. 22.
Ein alter und sehr berühmter Theologus, welcher vor mehr denn hundert Jahr in dieser Sterblichkeit gelebet, hat auf die allerschönste Art die Freimaurereigenschaften in unserm Erlöser beschrieben, ich finde seine Worte so triftig, daß ich eine Anzahl derselben zu meines Herrn Ueberführung hieher zu setzen vor dienlich erachte. Er fängt also an:
Aber siehe, ich will ihn aushauen, spricht der Herr Zebaoth.
Diesen Stein poliren nicht die Steinmetzen, sondern Gott selbst: Ich, ich (spricht er) will mir den Stein recht zurichten, poliren, aushauen, daß ein schöner, feiner, wohlgeschickter Stein soll seyn. Etliche deuten dies Poliren dahin, daß Christus in Mutterleibe zugerichtet durch den heiligen Geist, mit mancherlei schönen Gaben, die lasse ich machen, ich achte aber, er rede von dem Leiden Christi, durch welches Christus ist zubereitet und zugerichtet, daß er ein Grundstein würde, aller, die an ihn glauben, und auf ihn sollten gebauet werden. Denn so spricht Er: mußte nicht Christus solches leiden, und also zu seiner Herrlichkeit eingehen? Und die Epistel zu den Ebräern spricht: er sey durchs Leiden vollkommen gemacht etc. NB. Die Juden aber und Pilatus sind hierzu unsers Gottes Meissel, Steinäxte und Klöppeleisen (3) gewesen, die er dazu gebraucht hat, diesen Stein zu poliren, zu solchem Grunde zu legen des neuen Tempels.
(3) Meissel, Steinäxte und Klöppeleisen sind lauter Maurergeräthe oder Handwerkszeug.
Denn die sieben Augen und alle Christen ja durch sein Leiden und aus seinem Blut herkommen, und auf sein Leiden auch sich bauen. Das alles beweiset der folgende Text:
Und will die Sünde desselbigen Landes wegnehmen auf einen Tag.
Dazu soll dieser Stein polirt werden, daß dadurch die Sünde weggenommen werde.
Nun wird die Sünde durch nichts weggenommen, denn durchs Leiden Christi, wie wir wohl wissen, denn das ist auch die Kraft und Frucht seines Leidens, nemlich, Vergebung der Sünden, wie Jesaia 53 und Petrus und Paulus an vielen Orten lehren, darum muß solch Poliren sein Leiden, und nicht seine Geburt oder Empfängniß seyn. Daß er aber verheisset des Landes Sünde wegzunehmen, zeigt an, daß durchs alte Priesterthum keine Sünde möge vergeben werden, ja alles, was nicht Christi Leiden ist und heisset, mag keine Sünde wegnehmen, und alle gute Werke untüchtig und sündlich für Gott sind, es muß der polirte Grundstein thun und sonst nichts.
So weit unser alter Gottesgelehrter; in der That, der Mann redet schön, er beweiset nicht allein, daß Christus dem Namen nach ein Freimaurer, sondern es auch in der That gewesen ist, ja wir können ihm um so viel mehr den Namen und Ruhm des allerfürtreflichsten Großmeisters nicht absprechen, besonders wenn wir gedenken, den Grund, welchen er als Meister zu dem herrlichen neuen Tempelbau nicht allein gelegt, sondern auch dieses Bauwerk durch seine hinterlassene Gesellen auf eine offenbare und unbegreifliche geistliche Art hat ausführen und vollenden lassen. Was wollen nun mein Herr mehr haben? wollen Sie die Freimaurer noch hassen? Sie sehen wohl, ich thue Ihnen Satisfaktion genug, ich beweise Ihnen, daß nicht allein der Welt Heiland dem Namen nach, sondern in der That ein Freimaurer gewesen ist. ich hoffe, es wird solches bey Ihnen bessere Gedanken erwecken, und solchergestalt aufmuntern, daß Sie alle Mittel ergreifen und selbst einer werden. Sie. werden mir zwar
Drittens einwenden und sagen: sinds Dinge, die den Staat und Religion nicht turbiren, so wundert mich, daß man bey so schwerem Eid- und Halsbrechen gar so grosse Geheimniße daraus machet. Moses, Christus und Mahomed offenbaren ja ihre Religionsgeheimnisse, warum geht man da so caché?
Mein Herr haben die Gutheit, und besehen die Anmerkung im ersten Sendschreiben pag. 183 da ich schon zum Voraus gesagt. daß die Freimaurer keine Stücke zur. Seligkeit unter ihren Geheimnißen haben; ich wiederhole soches [!] allhier noch einmal, die Freimaurer würden es wahrhaftig nicht lassen, falls es in ihrem Vermögen stünde, die ganze Welt selig zu machen, denn es lieget dieser Gesellschaft das Wohlseyn der Menschheit eben so nahe am Herzen, als dem ewigen Großmeister Jesu Christo! da aber keine Religionsgeheimnisse unter ihren Arcanis verborgen sind, so halte ich dieselbe auch nicht verbunden, daß sie diejenigen Geheimniße, welche ihnen nützen der Welt bekannt machen; selbst angezogene Personen haben ihre Geheimniße gehabt. den Mahumed wollen wir wegwerfen, derselbe verdienet nicht, daß er in unserer Handlung eine Stelle findet; denn obgleich dieser Mahumed einige wenige Tugenden, besonders in der Mäßigkeit, mag gehabt haben, so sind selbige doch nicht zulänglich, daß man ihm eine kleine Stelle unter löblichen Leuten einräumet; Mein Herr wissen es am besten, daß mit vielen geheimnisreichen Gaben die mosaische Person ist ausgerüstet gewesen, die er auch bis in sein verborgenes Grab heiliglich verschwiegen hat, dasjenige aber, was die Religion betroffen, und dem israelitischen Volk zu wissen nöthig gewesen ist, hat er demselben geoffenbaret; dasjenige, was gedachten nicht concernirte, hat er, wie billig, verschwiegen; sehen wir auf die allergebenedeiteste Person unsere Erlösers, wie viele Geheimniße treffen wir in selbiger an, die zwar zum Glauben als eine Annehmung sind gezogen worden, in der That aber eben keine Wege zur Seligkeit zeigen, wiewohl dieselbe dennoch den Tod überwältiget, und die schweren Banden des Gesetzes aufgelöst haben; gedenken Sie einmal an die gnadenreiche Empfängniß und Geburt, wie geheimnißreich ist nicht selbe, dennoch aber ist uns dieses Geheimniß nützlich, nemlich wir sind durch diese glorwürdige Empfängniß, aus dem Stand der Schuld und des Verderbens, in den Stand der Unschuld und Aufnahme wieder empfangen worden, und dennoch ist und bleibt es ein Geheimniß; also auch, mein Herr! ist es mit den Freimaurern beschaffen, ihre Geheimnisse werden wohl vor der Welt verschwiegen bleiben, und zwar so lange dieselbe stehet, dem aber allen unerachtet, ist doch selbiges der Welt nützlich. Man denke ferner von den grossen Geheimnissen, als: Kranke gesund gemacht, fünf Tausend mit fünf Brod gespeiset und was dergleichen mehr, dieses sind, doch lauter Geheimniße, keiner hat sie ihm nachthun können, als nur allein seine heilige Gesellschaft, und dieses war die allergesegneteste Freimaurergesellschaft, welche zu ihren Zeiten gelebt hat.
Oder nehmen
Viertens [1742 versehentlich: Drittens] mein Herr diejenige Lästerungen, welche unbesonnene Menschen auf diese Gesellschaft aussprengen, vor Wahrheit an? ich versichere Ihnen, Sie betriegen sich aber gar gewaltig, wenn Sie dem Cloak aller Lästerungen wollen Gehör geben, denn diese Maußgesellen erdichten solche Dinge, die sie den Freimaurern Schuld geben, welche mehr denn viehisch sind, und wovor ein tugendvolles Gemüth einen billigen Abscheu heget, selbige einmal anzuhören, dahero ich auch billiges Bedenken trage, selbiges allhier namentlich anzuzeigen; denn wenn hundert sind, so einen Begrif von diesem Laster haben, welches man den Freimaurern widerrechtlich aufbürdet, so sind fünf tausend dagegen, die es nicht wissen; wenn also diese Lästerer Verstand und Vernunft besässen, so würden sie ihre Bosheiten verschweigen. Ist es nicht wahr, mein Herr! Daß Sie diese Sünde, welche Sie erzählen, in den verderbten Leibern der Menschen nur rege machen und solchergestalt dieses abscheuliche Laster fortpflanzen? denn viele Sünden würden vom menschlichen Geschlecht nicht begangen, wo sie nur selbige nicht kenneten, oder wüßten, daß diese Sünden in der Welt wären; es ist, meiner Meinung nach, nicht besser, als daß alle Sünden nur unterdruckt und verborgen bleiben; denn wenn das menschliche Ge schlecht oder der gemeine Mann, nichts davon weiß, so wird er selbe nicht begehen.
Sie müssen erst der Freimaurereigenschaft besser prüfen, und gar genau ihre Sachen untersuchen; ich halte davor, wenn Sie die Sache an und vor sich selbst strafbar finden, daß die Freimaurer so großmüthig seyn werden, und sich Ihnen, als ihrem allgemeinen Richter unterwerfen, es muß aber alles mit der natürlichen Billigkeit verknüpft und in beiden Rechten gegründet seyn. Sie werden mir zwar zur Antwort geben, woher und womit ich Ihnen zu diesem Richteramte verhelfen wolle? Ich gestehe auch, es ist sehr viel von mir, daß ich Sie in solchem Fall zum allgemeinen Richter über die ganze Freimaurergesellschaft constituire, ich bin aber versichert, daß ich Ihnen in diesem Stück dazu verhelfen könnte, mein Geist ist auch überzeugt, daß diese allerbilligste Gesellschaft sich nicht mehr denn gerne unterwerfen würde. Ich hoffe, mein. Herr werden hiermit einen anderen Abriß von den Freimaurern bekommen, ich bete vor Sie, damit Sie mögen erleuchtet und auch ein Freimaurer werden.
Oder meynen Sie etwa
Fünftens, die Freimaurer wären nicht eifrig genug in der Religion, oder sie wären, deutlich zu sagen, nur Naturalisten? Auch dieses habe oben schon zur Gnüge abgelehnt; da aber mein Herr noch nicht zufrieden damit seyn möchten, so will allhier die geheimnißreiche Pflichten eines Freimaurers, Gott und die Religion betreffend, zu geschwinder Einsicht beifügen, wiewohl selbe sonst bekannt genug sind; auf ein andermal will ich sie Ihnen auch erklären, anjetzo aber will selbe Ihrer Spekulation bis dahin überlassen. Sie lauten also [sehr ungenau nach der ersten Fassung, 1723, resp. der dt. Übersetzung, 1741 oder 1743, zitiert]:
«Ein Freimaurer ist verbunden, nach seinem Stande, oder die edle, vernünftige und erlaubte Freiheit giebt es ihm vielmehr an die Hand, dem Moralgesetz, und demjenigen natürlichen Triebe, welcher gut heisset, und mit keinen Lastern besudelt ist, zu folgen, und wenn er die Kunst wohl verstehet, wird er kein dummer Atheist, noch ein eitler Libertiner seyn.»
«Und obwohl in den alten, rüden, oder eisernen Zeiten die Freimaurer verbunden waren, sich eben zu derjenigen Religion zu benennen, die in dem Lande üblich, worinnen Sie [!] sich aufhielten, so hat man doch anjetzo vor gut befunden, diesen Gewissenszwang aufzuheben, und dieselbe nur dahin verbunden, daß sie sich zu derjenigen Religion geselleten, welcher alle rechtschaffene Leute beitretten, und darinnen bestehet, einem jeden frey zu stellen, denen Meinungen Beifall zu geben, die er am heilsamsten und vernünftigsten zu seyn erkennet; und zwar solchen Meinungen, die einen Menschen fromm, billig, redlich und milde gegen seinen Nächsten machen, er sey weß Volks und Glaubens er wolle.»
«Solchergestalt, daß durch einen allgemeinen Grundsatz die Freimaurer der Mittelpunkt zur Vereinigung der Menschen und das einzige Mittel werden mögen, eine feste und gründliche Meinung aufzurichten, die in Ansehung des Unterschieds ihrer Meinungen niemals friedlich unter einander leben können etc.»
Vor dießmal will abbrechen, mein Herr werden mir es nicht übel deuten, wenn ich mich allzu eifriger Ausdrückungen in Behauptung der lieben Wahrheit bediene, es ist doch meines Orts nicht bös gegen Sie gemeint, wie ich mir dann solches auch von Ihnen flattire. Ich hoffe bald die Ehre zu haben, Dero versprochene Gedanken schriftlich wieder zu erhalten, bis dahin aber mit aller Aufrichtigkeit verharren etc. etc.
Beim Schluß dieses Briefes wurde mir ein Päckgen gedruckte Sachen nebst folgendem Schreiben eingehändigt:
Mein Herr!
Anbey kommunicire auch ein Traktätgen, so der gute ehrwürdige Herr Inspektor Hellmund zu Wißbaden, in Ansehung der sogenannten Freimaurergesellschaft herausgegeben, welches mir zufälligerweise in die Hände gerathen ist. Es wäre zu wünschen, daß diese Schrift endlich in solche Hände gelangte, der mehr von dieser Gesellschaft Beschaffenheit wüßte, und gelegentlich die Beschuldigungen ablehnte, den Herrn Inspektor eines andern berichtete, auch wiewohl was ich davon glaube, das weiß ich wohl, und mehrere andere noch bessere Meinungen von diesen Leuten beibrächte.
Ich bin keiner von der Gesellschaft: die ich aber sowohl von Person, als Renommée (von denen gesagt, und geschrieben wird, daß Sie wahrhaftige Freimaurer seyn sollen) kenne, halte ich alle vor ehrliche, nützliche und brave Leute, ich werde nicht sündigen, wenn gleich Hohe, und Standespersonen darunter seyn, denn es sind auch Menschen. Denn ich habe noch nicht gesehen, noch gehöret, daß einer von diesen allen jemand vorsetzlich, noch wissentlich beleidiget, die gemeine Ruhe gestöret, sich über löbliche Gesetze und Verordnung aufgehalten, Ketzerey oder sonstige Stänkerey angefangen: Ich bin der Meinung, bis ich ein anders erfahre, der Name hat sich nur verändert, und was sich in vorigen Zeiten einen Biedermann genennet, und gewesen, das ist und nennet sich nun einen Patriot öder Freimaurer.
Indessen läugne ich bey allem diesem nicht, daß, wenn es würklich wahr, daß jeder Freimaurer einen solchen besondern Eidschwur thun muß, und daß sie solche Ceremonien und Redensarten ins Kreuz und der Queer in ihren Logen haben, wie ihnen (wie ich indessen glaube) angedichtet ist, mir etwas Skrupel übrig bleibe.
Mein in Gott nun ruhender Vater (so viel ich davon weiß und es der Augenschein und Umstände ergiebt) war ein Maurer und ehrlicher Mann: Er hatte die teutsche Welt ein bisgen besehen, er war Herr in seinem Haus, er hielte gute Ordre, um andre Leute, die seiner Meinung und Lebensart nicht waren, bekümmerte er sich nicht viel: wenn ich ihn mit wenigem beschreiben will, so kam mir seine Haushaltung bald für, wie der holländischen Remonstranten ihre, die ich auf meiner Reise wahr genommen. Wenn er ausser diesen, und die Maurergesellen zum Quartal oder Gebot, wie sie es nenneten, zusammen giengen, so legte er sich reinlich nebst dem Schurzfell an, nahm sein ordinaires Maasstäblein dazu mit, ob eine Kelle dabey gewesen, ist mir vergessen: wenn, so viel ich mich noch entsinne davon gehört zu haben, (denn dabey bin ich nie gewesen, so ich nun bedaure) ihre Handwerkssachen verhandelt waren, so sollen Sie von andern löblichen Dingen, wie sie es verstanden, auch discourirt, und die Meister darneben manchmal nach Beschaffenheit der Sache aus der gemeinen Kassa eine mäßige Kollation gehabt haben: denen Gesellen soll auch frey gestanden seyn, sich christlich, ehrbarlich und sonder Unfug, unter einander wie andere Menschen zu ergötzen.
Sonderlich würde gut und heilsam seyn, wenn gegen den Hrn. Insp. und dergleichen Leute der Stein des Anstosses gehoben würde, daß die ächten Freimaurer nicht Ursache an dem seyen, was vor einigen Jahren die Logen in Holland turbiret hat. Was an denen Orten geschehen, wo der Grosse den Kleinen gleich in Sack stecket, das ist nickt nöthig zu erwehnen. Uebrigens hat der Herr Insp. in seine 4te Sektion viel Gutes mit einfließen lassen.
Ich habe mir sagen lassen, der Koulikan hätte nun auch eine Loge etablirt, ich kann es aber kaum glauben: denn wenn er so beschaffen, wie er jüngst von Einem aus Engelland beschrieben worden, der ihn gesehen, und hundert persianische Ellen weit gehört haben will, so hat er noch Dinge in sich, dergleichen die europäische Freimaurer, so viel ich zeither wahrgenommen, weder in, noch ausser sich haben, noch dulden. Vieles aber von seinem Thun und Lassen lasse ich freimaurisch gelten.
Es suis jusqu’à la fin de mes jours
Ewer Hochedelgebohrnen Dero Dr. Thomas Joly.
Mein Herr!
Vor dasjenige Traktätgen, so Sie mir kommunicirt haben, statte den schuldigen und gebührenden Dank ab. Ich habe dasselbe gelesen, viel Rares finde ich nicht darin, der Herr Hellmund hätte mit demselben wohl zu Haus bleiben können, er wird seinen Zweck doch nicht damit erreichen, er mag sonsten wohl ein guter ehrlicher Mann seyn, allein ich verdenke es ihm sehr, daß er mit seiner Feder Verbitterung in der Welt suchet anzurichten. Gewißlich, mein Herr! durch solche kleine Piecen wird nur der Pöbel aufgebracht, und eine wohlbestellte Republik in Unordnung gesetzt.
Was mein Herr wünschen, daß diese Schrift in solche Hände gelanget, die mehr von der Sachen Beschaffenheit wüßten, so ist dieser Wunsch eben so unbillig nicht; wir wollen uns aber mit demjenigen begnügen lassen, was wir von dieser Gesellschaft wissen; und da selbiges hinlänglich ist, dem Hrn. Inspektor und anderen bessere Meinung von diesen Leuten beizubringen, so habe mich erkühnt, meine stumpfe Feder zu ergreifen, und folgendes aus Liebe der Wahrheit und zum Besten der Freimaurer entworfen, zuvor aber muß Dero Schreiben erst durchgehen, und dasjenige beantworten, was sich um die Antwort verdient gemacht hat.
Was mein Herr vor Ihre selbst eigene Person zu berichten belieben, nemlich, daß Sie kein Freimaurer wären, nehme einestheils an, anderntheils auch nicht; die Qualitäten haben Sie, welche sonst ein Freimaurer besitzen soll; daß also etwva nur die blosse Reception fehlen möchte, will ich auch gelten lassen. Was mein Herr von andern angemerket, daß Sie viele kenneten, von denen man sagte, daß es wahre Freimaurer waren, hierzu wird nun eben kein starker Glaube erfordert, denn es ist leicht zu glauben, daß viele tugendhafte Gemüther diesen Orden angenommen haben, massen sich der Freimaurersaamen ganz ungemein ausgesäet hat.
Dasjenige, was Sie von Ihrem Hrn. Vater berichten, kann ich nicht begreifen, weiß auch nicht, was Sie eigentlich damit sagen wollen; ein Maurer, sagen Sie, sey er gewesen, aber was vor ein Maurer? sagen Sie nicht. Es giebt vielerley Maurer, nemlich, wesentliche und unwesentliche; zu welcher Zahl sich aber Ihr Herr Vater gezählt, bleibt noch ein Geheimniß. (4)
(4) Man nehme mir nicht übel, daß ich allhier in finstern Ausdrückungen rede, die Zeit und Gelegenheit leidet es vorjetzo nicht anders, daß ich mich deutlicher ausdrücke.
Den Kulikan betreffend, daß selbiger eine Loge habe aufrichten lassen, möchte wohl so ungegründet nicht seyn, man findet warlich viele Tugenden in diesem persianischen Monarchen, und zwar solche, die da fähig find, daß sie ihm den Freimaurerorden erwerben können. Etwas Unmögliches ist es auch nicht, denn es ist ganz heilig, was ich oben gedacht habe, nehmlich, daß der Freimaurerordenssaamen sich auf der ganzen Erdkugel ausgesäet hat. Daß aber dieser Monarch seine Fehler und Mängel haben mag, will ich keineswegs in Abrede stellen, dann da trift sowohl bey ihm als andern Menschen ein, was ein gewisser Poet von den menschlichen Gebrechen saget: Welcher Mensch kann ohne Fehler seyn, es haben auch geirret die Engel, und Gold ist nicht von Schlaken rein.
Soviel aber kann doch versichern, daß die Tugend die Untugend bey gedachtem persianischen Monarchen, in zulänglicher Schwere überwieget, mithin ist derselbe zum Freimaurer fähig genug.
Weiter weiß ich nichts zu sagen auf Dero Schreiben. Nun bleibet dasjenige Traktätgen übrig, so Sie mir zugeschicket haben, und folgenden Titul führet: Christliches Bedenken [1742: Bedencken] von den sogenannten Freimaurern [denen so-genannten Frey-Mäurern.], nebst einer Sektion [Section] vom allgemeinen Verderben in der Christenheit, aus und nach dem Worte Gottes, absonderlich dem Evangelio von Christo, nach der Aehnlichkeit [Ansehnlichkeit – im Original: Aehnlichkeit] des Glaubens und Erforderung der gegenwärtigen Zeiten, zur Ehre Gottes und Erbauung des Nächsten, auf mehrmalige [mehrmahlige] Veranlassung abgefasset und herausgegeben von Egid. Günth. Hellmund, Comite Palatino Caesar. Fürstl. Nass. Saarb. Inspektor [im Original: Inspectore] zu Wißbaden und des darzu [im Original: dazu] gehörigen Distrikts [Districts] etc.
Es war recht merkwürdig mit dieser Schrift, ich hatte eben etliche gute Freunde bey mir, als ich das Kouvert wegriß und den Titul erblickete, meine gute Freunde waren alle der Meinung, daß etwas Gutes, und vor die Freimaurer Gedeiliches darinnen müßte enthalten seyn, weil es den Namen: christliches Bedenken etc. führte, denn wo es dieser Gesellschaft, die da die vollkommene Tugend zum Fundament gelegt hat, solle entgegen gestellt seyn, so könnte. Man es unmöglich christliches Bedenken nennen, sondern es wäre alsdenn besser und völlig recht, daß ihm wäre der Name: unchristliches Bedenken beigelegt worden. Wir fiengen hierauf an zu lesen, sobald wir das Titulblatt umgedrehet, fanden wir auf der vacirenden Seite die allerherrlichsten Freimaurersprüche aus dem CXVIII. Psalm, v. 22 und Matth. XVI. v. 18. Allhier bekamen wir wieder die vorige Meinung, ein jeder sagte, das Buch führet den rechten Namen, wir wollen uns nicht darum bekümmern, ein anderer mag es lesen, der es nöthiger hat; aber hören mein Herr! wie es gieng, ich bekam auf einmal eine besondere Neigung, um etwas zu lesen, es möchte auch seyn, was es wollte. Ich fragte nach einer Zeitung, es war aber keine vorhanden; damit ich aber meinem lesbegierigen Affekt vor dießmal ein Gnügen leisten möchte, ergriff ich das sogenannte christliche Bedenken und fieng die Vorrede an zu lesen; sobald ich nun die erste Zeilen gelesen hatte, sagte ich: der Verfasser ist selber ein Freimaurer, und er will andere zu dieser heilsamen Societät bekehren, derowegen hat er diese Schrift zum Druck befördert, damit dieser Orden um so viel ansehnlicher werde; mein guter Frund [!] aber antwortete, und sagte: er wird sich irren, lese er erst das ganze Buch durch, so wird er eines andern überzeugt werden.
Wie ich mich nun auf die ersten Worte in der Vorrede selbst bezogen, antwortete er, ach! er verstehet die Sprache der Leute noch nicht, er meinet, es sollte immer ein günstiger Freimaurer singen, aber glaube er nur sicherlich, andere Leute wollen sich auch mit ihren Stimmen erlustigen und hören lassen. Bey solchen Umstanden wurden wir einig, das ganze Buch durchzugehen; und da wir bey jeder Passage unsere Gedanken zu Papier gebracht haben, so nehme ich mir die Freiheit, selbige meinem Herrn zu überschicken.
Wir mußten den Namen: christliches Bedenken, abermal bewundern, besonders wenn wir bedachten, daß ein so grosses Licht in der evangelischen Kirchen zornige, böse und unerlaubte Gedanken mit einem so schönen Namen belegen dörfte. Die zwey Freimaurersprüchlein auf der vacirenden Seite machten ebenfalls die alte Verwunderung wieder rege, und wir fiengen an, die ganze Vorrede auszulesen, die Gedanken, so wir darüber hatten, waren folgende: Die Vorrede von Hrn. Hellmund ist gleichsam seine Bekänntniß oder Konfeßion; denn wer etwas von der Freimaurer Eigenschaft weiß, der kann leichtlich urtheilen, daß ihm nicht das Mindeste von dieser Gesellschaft bekannt ist, vielleicht mag er es wohl gut meynen, und gedenken, daß die Freimaurer böse und unerlaubte Sitten unter sich hegen, allein! dieses Meynen wird strafbar, wenn er sich solchergestalt, wie er gethan, öffentlich erkläret; denn sein Meynen ist ungegründet, welches ich ihm allhier auch mit besserm Grund der Wahrheit versichern kann; denn ich bin versichert, daß die Prediger oder Seelenhirten viel mehr vergnügtere Stunden (wo ihnen anders die Wohlfahrt der Seelen zu Herzen gehet) haben würden, wenn die ganze Christenheit in diese tugendvolle Gesellschaft eingeschlossen wäre. Sie hätten auch nicht Ursache mehr, über die zerfallene Mauern Zions zu klagen, denn dadurch würden selbige eben wieder aufgeführet, und ausgemauert, und die Risse mit der allerfestesten Kitte wieder zusammengefüget, und zwar dergestalt, daß man auch den alten Riß nicht mehr würde sehen können.
Die gar unzulängliche und gar geringe Nachricht, die gedachter Hr. Verfasser von dieser Societät hat, äussert sich ferner, wenn er saget, daß in dasigem Saarbr. Lande keine Glieder, so diesem heiligen Orden zugethan, zu finden wären, noch übeler aber thut er, daß er diejenige Schriften vor bewährte und glaubwürdige Impressa anziehet, oder allegiret, die schon längstens ihren Werth verlohren haben, und als ungegründete und bodenlose Dinge erkannt worden sind.
Dasjenige Gebet, womit er die Vorrede beschließt, hat seine Meriten, die Freimaurer sind gleicher Meinung, Gott wolle nur seinen Wunsch erfüllen, so wird diese edele Gesellschaft grösser und ansehnlicher werden, auch immer mehr und mehr grünen, und ihren gesegneten Wachsthum bis ans Ende der Welt behalten.
So viel mag von der Vorrede genug gesagt seyn. Wir nahmen hierauf die erste Sektion vor, durchlasen dieselbe etlichemal, und hatten diese Gedanken von derselben:
Diese erste Sectio führt den Titul: Sichere und gewisse Nachrichten [im Original: Nachricht] oder Data und Concessa von den sogenannten Freimaurern [1742: von denen so-genannten Freymäurern – im Original:: von denen so-genannten Frey-Mäurern]. Ferner rubricirte er dieselbe: Die sogenannten Freimaurer [1742: so genannten Freymäurer – im Original: so-genannten Frey-Mäurer] sind.
Alsdenn beschreibet er diesen Orden nach seiner Möglichkeit, auf eine ein und zwanzigfache Art, dieses nennet er Wahrheiten, es ist aber die ganze Erzählung mit eiteln Unwahrheiten verknüpft, man kann es auch dem ehrlichen Manne nicht verdenken, denn er weiß nicht, was ein Freimaurer ist. Daß es Unwahrheiten sind, wird man aus der fünften Passage urtheilen können, allwo er also saget: auch einige, zumalen vornehme Standespersonen, ihrer äusserlichen Lebensart nach, eben keine Profeßion vom wahren Christenthum, oder der Nachfolge Christi machen, sondern ein eiteles, weltförmiges, ungeistliches, obgleich vor der Welt ehrliches Leben führen. In Wahrheit, dieses sind harte Ausdrückungen, deren der Herr Inspektor sich bedienet; woher will er wissen, daß viele vornehme Standespersonen vor der Welt ein ehrliches, in der That aber ein ungeistliches und böses Leben führen? dieses wäre also auf gut deutsch gesagt: sie führen ein verkleistertes, verschminktes, scheinheiliges Leben, von aussen glänzen sie schön, inwendig sind sie voller Eiter und stinkenden Rotzes. Es ist wahr, Herr Inspektor! es giebt solche Leute in der Welt, die meisten trift man unter der sogenannten heutigen Geistlichkeit an, allein! wir können doch nicht urtheilen, wir sind zu schwach, das innere Theil des Herzens zu durchsehen, denn dieses kann und gebühret nur allein dem allmächtigen Gott, und wenn Sie etwa (wie ich nicht hoffen will) aus selbsteigener Erfahrung reden sollten, so bitte keine Konsequenz auf andere, sonderlich auf die Freimaurer, zu machen, denn Sie thun denselben groß Unrecht, wenn Sie ein so stinkendes innerliches Geschwür aus selben machen wollen.
Ueberdem, so finde ich auch Ihren angezogenen fünften Punkt vor sehr widersprechend, denn Sie sagen im Anfange desselben: die vornehme Freimaurer machten ihrer äusserlichen Lebensart nach keine Profeßion vom wahren Christenthum etc. Am Ende aber gestehen Sie ein, daß sie doch vor der Welt ein ehrliches Leben führten. Sie erlauben mir zu fragen, wie kann solches doch beieinander stehen? Denn ich bin der Meinung, daß derjenige, welcher vom wahren seligmachenden Christenthum keine Profeßion machet, unmöglich ein ehrliches Leben führen könne; ich will andere urtheilen lassen, ob Sie sich nicht selbst widersprechen? Was Sie als ein Beweisthum Ihrer Meinung in der Note pag. 178 anmerken, solches ist ein gar schlechter, oder, deutlicher zu sagen, gar kein Beweis: sintemalen eben mit diesem Spiele keine Laster sind begangen worden; überhaupt ist es aus einer Nachricht genommen worden, welche in vielen Stücken noch kann in Zweifel gezogen werden; wenn es aber ja seine Richtigkeit hat, und Ihren Satz gelten lassen, so ist doch solches noch lange keine Folge, daß darum der Freimaurerorden soll bös oder verwerflich seyn; denn wie viele tausend andere Christen, die keine Freimaurer sind, seyn dem unmäßigen Spielen ergeben, dem aber ohnerachtet, leidet doch das Christenthum selbst nicht darunter, oder machet solches verwerflich.
Die übrige Punkte, die der Herr Inspektor erzählet, sind eben nicht von solcher Wichtigkeit, daß sie verdienen allhier angemerket zu werden, ob sie gleich nicht viel von der Wahrheit wissen; was aber den 21sten Satz anlanget, so muß ich zu mehrerem Unterricht (weilen die Unwahrheit allhier gar zu stark die Oberhand nimmt) die Wahrheit dagegen setzen, und zusehen, wer den Sieg davon traget. Um mehrerer Deutlichkeit willen muß ich allhier die ganze Passage von Wort zu Wort hersetzen, sie lautet also: (21)
Darf in ihren Gesellschaften oder Zusammenkünften von keiner christlichen Religion geredet, oder der H. Schrift, noch des Herrn Christi, gedacht werden, sondern bloß dessen, was man aus dem Licht der Natur weiß, oder aus den alten heidnischen Philosophis, z. E aus dem Cicerone etc. und anstatt, daß sie einen Frommen ihres gleichen, und aus ihrer Brüderschaft aus dem Worte Gottes selig preisen sollten, pflegen sie z. E. zu sagen! Bey einem so angenehmen Zustande (nemlich bey der Sache qu.) werdet ihr mit Virgilio ausrufen: Glückselig ist, wer es so weit gebracht, daß er die Begebenheiten einsiehet, das unerbittliche Verhängniß mit Füssen tritt, und von aller Furcht befreiet, durch das Getöse der Hölle selbst nicht kann erschüttert werden!
So weit erstrecket sich die 21ste Anmerkung, welche der Herr Inspektor wider die tugendvolle Freimaurergesellschaft in seinem christlichen Bedenken angeführt hat. Wer aber der Sachen in etwas kundig ist, der siehet schon ein, daß er nichts von diesem Orden weiß, er saget auch, soviel hätte er aus dem ausserlichen Betragen und aus den Frankfurter Nachrichten; man glaube ihm aber nicht, es sind spanische Schlösser, denn mein Herr wissen wohl, daß die Freimaurer dem Nachrichtenverfasser, so wenig als dem Herrn Hellmund, von ihren Eigenschaften besondere Nachrichten geben.
Meinem Versprechen zu Folge, stelle ich diese gegründete Wahrheit dagegen:
1. Hat der Herr Inspektor recht, daß ein Freimaurer niemalen von den Religionen discouriret, oder, deutlicher zu sagen, über ein oder andere Kirche und Sekte disputiret, dieses thut er so wenig in als ausser der Gesellschaft; denn ein Freimaurer darf nicht Verbitterung anrichten, sondern seine Sache ist darauf angesehen, oder, ist vielmehr in seinem Gewissen verbunden, Einigkeit, Liebe und Verträglichkeit zu stiften, und alle widrige Partheien mit dem Kitt der Sanftmuth zu vereinigen, damit ein allgemeiner und einiger Leib oder Gebäude daraus werde, welches die edle Tugend zum Grunde hat, und von den allerschönsten Saulen der Ordnung und Einigkeit unterstützt ist. Ob dieses nun zu tadeln stehet, will ich andere beurtheilen lassen; was aber die Uneinigkeit besonders in Glaubenssachen, oder ein unzeitiger Religionseifer zuwege bringt, ist leider! mehr denn zu bekannt. Daß er aber
2. Gleichsam sagen will, es dorfte an göttliche Heil. Schrift in den Zusammenkünften gar nicht gedacht werden, solches ist abermal ein erdichtetes Wesen, von denjenigen, die da nichts von der Maurerey wissen. Ich kann mit Grunde der Wahrheit versichern, daß das heilige geoffenbarte Wort Gottes jederzeit unter den Freimaurern den vornehmsten und obersten Platz behalt, es kann kein Freimaurer gemacht werden, die heilige Bibel muß zugegen seyn, wie solches Herr Anderson in seinen neuen Konstitutionen pag. 554 [eigentlich: 1741, 329] ausführlich beschreibet. Mit meinem entblöseten Knie und dem Leibe im Quadrat, den Kompaß auf meine blose linke Brust gestellt, meine blose rechte Hand auf die Heil. Bibel gelegt: allda stattete ich die Pflicht (oder Eid) eines Maurers ab.
3. Dasjenige, was der Herr Inspektor von Cicerone und Virgilio anführet, daß nemlich die Freimaurer in ihren Gesellschaften aus selbigen discouirten, und ihre Brüder daraus selig preiseten, ist recht lächerlich; in Wahrheit, diese Gesellschaft wird sich um die Schulfüchserey wenig bekümmern, sie hat mit reellen Dingen zu thun, und wenn sie etwa in ihren Redensarten mit dem Virgilio und Cicerone möchten eine Aehnlichkeit haben, so stecken doch selbige voller Geheimnisse, die so wenig der Herr Inspektor, als andere Ungeweihete verstehen können.
Wir fiengen hierauf an die zweite Sektion zu lesen, welche den Titul führet: Von der nöthigen Prüfung der Freimaurer;
dieselbe ist in drei §phos abgetheilt. Sobald wir selbige durchlesen hatten, fanden wir diese Prüfung gar schwach und einfältig, ja recht grundlos, meine gute Freunde sagten mir, ich sollte Ihnen berichten, daß man die Freimaurer nicht anders prüfen könnte, man müßte denn selber einer werden, denn ausser diesem wäre alles zu schwach, und man könnte es auch anderergestalt keine Prüfungen nennen. Indem dieses alles vorgieng, war die Zeit zum Scheiden, öder vor diesmalen auseinander zu gehen, herbeikommen, wir entschlossen uns, auf den folgenden Tag uns wieder zu versammeln, und über das Uebrige vom christlichen Bedenken unsere Gedanken zu Papier zu bringen; da wir aber mit dem auseinander zu gehen beschäftiget waren, kam der Briefträger und händigte mir ein Schreiben von einem redlichen deutschen Freunde ein, derselbe hatte artige Gedanken von der Freimaurergesellschaft, ich finde seine Gedanken so würdig, daß ich ihnen allhier eine Stelle vergönne. Sie lauten also:
Praes. den 11ten May 1742.
Hochedelgebohrner!
Die zwey Piecen von den Freimaurern, deren das eine pro, das andere aber, als des Herrn Inspektoris zu Wißbaden, Egid. Günth. Hellmunds, contra dieselben gerichtet, habe mit vieler Danknehmung richtig empfangen. Weil aber zu gleicher Zeit von Frankfurt noch ein Traktätgen zugesendet bekommen, unter dem Titul: Verordnung [orig.: Verordnungen], Geschichte, Gesetze, Pflichten, Satzungen und Gebräuche der hochlöblichen Brüderschaft der [derer] angenommenen Freimaurer:
worinn von dem Urheber derer Maurer, dem Kain, der die erste Stadt erbauet, und nach seines Sohns Namen, Hanach, genennt, Gen. 4, 17 Meldung geschiehet, und durch alle Secula untersucht wird, was Künstliches und Rares erbauet worden: so bin auf die Gedanken gefallen, warum, da, schon von so vielen Jahren her die Freimaurer dem Namen nach in der Welt bekannt gewesen, sich itzo allererst dieselben am mächtigsten hervorthun, und durch ihre grosse, hohe und alleredelste Mitglieder derselben, unvergleichlich empor schwingen, und ein rechtes Augenmerk in der Welt verursachen? Ich bin nach einigem Nachsinnen auf die Gedanken gerathen: ob nicht die Freimaurer, mit den alten Juden und neuen Chiliasten, sich den Traum belieben liessen, als ob Jerusalem wiederum sollte erbauet werden? Unter jenen ist sonderlich Rabbi Abarbanel bekannt, welcher in einem Traktat, Maschmia Jeschua (Tit. ex Esa. 52, 7.) viele loca Vet. Testam. dahingezogen hat, daß die sandige Hofnung des blinden Israels unterstützt zu werden scheinet. Welche Schrift der jüngere Herr D. May zu Gießen übersetzt, und, wo mir recht ist, mit Anmerkungen in 4to ans Licht gestellt hat. So hat auch Rabbi Menasse Ben-Israel in seinem Traktat, Mikoe Israel, d. i. die Hofnung Israel, nebst seinen Glaubensbrüdern, diese Meinung heftig verfochten. Einige Patres Ecclesiae prioris, desgleichen Grotius und andere Latitudinarii Arminianizantes, haben auch davon geschwärmet, wie davon Calovius in Bibliis Illustr. Neumann in Trutina, cap. de Judaismo hodierno: ingleichem Eisenmenger [1742: Eisenmanger] im Judenthum: Schudt in den jüdischen Denkwürdigkeiten: und Hoßmann im schwerbekehrenden Judenherzen, davon nachzulesen ist. Unter diesen, denen neuen Chiliasten, scheinet ganz deutlich die Meinung zu seyn, daß Jerusalem wieder erbauet werden solle, der flüchtige Pater aus Rom, im Gespräch mit einem Clerico; wenn er P. I. p. 17 schreibet:
«Es ist im neuen Testament eine 4mal veränderte Kirche von Gott gezeigt. Die erste ist zu finden Apoc. 4 in denen ersten 7 Versen, und darein gehören die sieben Siegel, und diese sind im Orient erfüllet. Die andere Kirche ist zu finden Kap. 8 im 3- 4- und 5ten Verse, und denn Kap. 11 muß der 19te Vers dazu genommen werden, dieses ist die andere Kirche, und darein gehören die7 Posaunen. Die dritte Kirche ist zu finden Kap.15 v. 5, darein gehören die sieben letzten Plagen. Die vierte Kirche wird ihren Anfang NB. zu Jerusalem nehmen, und darauf weiset im 19 Kap. der 1 Vers, und in diese vierte Kirch gehöret das 19 Kap. bis an den 17 Vers. Das21 und 22 Kap. durchgehends; deren aber im 21 Kap. im 8 und 27 Vers gedacht wird, diese werden nicht hineinkommen.»
Dergleichen Gedanken heget genannter Autor, in besagtem Gespräch, hin und wieder, als p. 21 setzet er die letzte Kirche werde ihren Anfang sowohl, als die erste zu Jerusalem nehmen; und pag. 29 stehet über den Spruch Danielis Kap, 8 v. 13: Es sind 2300 Tage vom Abend gegen Morgen zurechnen, so wird das Heiligthum wieder geweihet werden. Worauf pag. 30 in der Nota gefragt wird: Was nennt aber Daniel hier die Wiedereinweihung des Heiligthums und der Stadt Gottes? und antwortet: Es ist nicht zu läugnen, daß er damit die Wiederauferbauung der Stadt Jerusalem und des heiligen Landes andeute. Auf der 31 pag. sind folgende Worte zu lesen; Da nehmen die 2300 Tage ihren Anfang und laufen im 1765 Jahre zu Ende, da wird die vierte Kirche in Orient wiederum eingeweihet werden, und wird also die Herrlichkeit dieses letzten Hauses größer seyn, als die erste gewesen ist, nach der Weissagung Haggai 2. Pag. 33 wird gelesen: Nach per Himmelfahrt Christi fangen an die 62 Wochen, so über die Kirche der 7 Siegel bestimmet sind, da sie denn zu Ende kommen im 467 Jahr nach Christi Geburt, darauf nimmt der Greuel im Orient seinen Anfang, der, hat zu seiner Erfüllung 1290 Jahre. Diese Jahre laufen zu Ende 1757. Also zeiget dieser Greuel das Jahr, darinnen der Befehl ausgehen werde, daß Jerusalem soll wieder gebauet werden. Pag 116 und 217 siehet man nachfolgende Worte von der Wiederauferbauung der Stadt Jerusalem: Der 3ten und 4ten Kirche Anfang und Ende ist dem Johanni gezeigt, Apoc. 12,6, daß sie zu ihrer Erfüllung haben 1260 Jahre, und die eine. Woche Danielis wird ihren Anfang nehmen 1754, das Ende aber wird seyn 1761;mitten in dieser Woche nehmen die 7 Wochen ihren Anfang, das ist 1757, da wird der Befehl ausgehen, daß Jerusalem soll wieder gebauet werden. Also zeigen die 7 Wochen das Jahr, in welchem Christus mit dem jüngsten Gericht wird hereinbrechen. Und in der darunter beigefügten Anmerkung stehet: daß die Zeit von der Wiederauferbauung Jerusalems nunmehr herannahe, das bezeugen die Umstände, welche der Verfasser hier beigebracht hat. Denn alle dieselben haben in verwichenen Jahren ihre Erfüllung erreichet, und sind durch merkwürdige Geschichte vorgebildet worden. Ueber den Spruch Joel 2,32 schreibt er pag. 168 daß Jerusalem soll erbauet werden, ist ausführlich bewiesen. Desgleichen meldet er auch über Dan. 9,25 und in der Nota stehet: Hier ist der Befehl von Wiederauferbauung der Stadt Jerusalem zu merken. Noch andere Passagen davon sind pag. 11, pag190, 209, 219 etc. zu finden.
Ob nun die Freimaurer, weil sie sich gegen das Ende der Tage so gewaltig herfürthun, und so viele grosse Potentaten in derselben Orden sich begeben, sich nicht diesen Traum träumen lassen, daß sie würden Jerusalem aufbauen. Hierüber nun möchte Ewer Hochedelgebohrnen hohes Sentiment vernehmen. Wie ich mir eine hochgeneigte Antwort hierüber verspreche, also verharre mit beständiger Hochachtung
Ewer Hochedelgebohrnen.
Meine gute Freunde stelleten sich um die abgeredete Zeit ein, sie admirirten vorstehendes Schreiben, hielten auch vor gut, selbiges gehörigen Orts zu beantworten; vorjetzo aber wurde gutbefunden, in des Herrn Inspektors christlichem Bedenken fortzufahren.
Damit die angefangene Ordnung nicht unterbrochen würde, nahmen wir Sectio 3 vor, der Titul ist sehr heiß abgefaßt, er wirft gleich um sich mit Realitäten von seiner Kaliber, und er weiß doch nicht das Allergeringste vom Schatten Wenn man die Schranken der Sanftmuth nur in etwas überschreiten wollte, so könnte man diese Rubrik sowohl, als das ganze Scriptum, gar füglich und mit vollkommenem Rechte ein verwegenes und böses Geschmier nennen.
Um mehrerer Deutlichkeit willen, wollen wir gedachter Rubrik allhier eine Stelle gönnen; die Worte lauten also: Sectio III. Von der Verwerflichkeit der Sache, und derselben wirklichen Abweichung von Christo.
Was nun die Verwerflichkeit anbelanget, so gestehe gar gerne ein, daß man alles verwerfen kann, der menschliche Affekt gehet auch so weit, daß er gemeiniglich das Beste zu verwerfen pfleget, also ergehet es auch allhier mit unserer tugendvollen Societät der Freimaurer. Weilen dieselbe gut, dem Landesherrn und dem Nächsten nützlich, getreu und unterthan ist, ja was noch mehr ist, sie befördert das wahre Beste und vollkommene Aufnehmen derjenigen Länder, worinnen sie ihren Sitz bereitet hat, so kommt der Herr Inspektor und verwirft dieselbe, aus seinem menschlichen Affekt. Gewißlich, er ist nicht vom heiligen Geist erleuchtet gewesen, (wie heilig er sich auch immer stellen mag) als er sein unchristliches Bedenken aus der Feder hat fließen lassen; was er aber saget von der wirklichen Abweichung von Christo, solches ist eine offenbare Unwahrheit, welche alle Verfolger, und anmaßliche Gewissensbezwinger zum Nachtheil dieser Gesellschaft ausgesprenget haben. Der Herr Inspektor wird auch nicht ungütig nehmen, wenn derselbe, so lange vor einen Abgewichenen von Christo, dem Erlöser und Seligmacher, gehalten wird, bis er erwiesen, daß die Freimaurer vom Heiland abgewichen sind; denn daß der heil. Name Jesus, wie es die falschen, verstellten, verkleisterten und verschminkten. Christen machen, die man insgemein (wiewohl auch unbillig) die Mucker nennet, nicht beständig in der Freimaurer Mäuler roulliret, und solchergestalt gleichsam verunehrt und gemisbraucht wird, ist vielmehr zu loben als zu tadeln; überhaupt aber thut der Herr Inspektor sehr thöricht, daß er seine Windschlüsse also positivement declariret, da er doch nicht das Mindeste von den Eigenschaften der Freimaurer, nach seinem eigenen Geständniß, weiß, auch seines Wissens vielleicht niemanden kennet und dennoch will er diese Gesellschaft übereilen und ihr lauter böse Dinge Schuld geben. Ob dieses christlich sey, will ich andere beurtheilen lassen? Um mehrerer Deutlichkeit will allhier die Anmerkung über diese Sectio meinem Herrn nach denen eingetheilten §phis mittheilen.
Im 1 §. sagt der Herr Inspektor, er hätte nach seinem Vermögen die Sache in Liebe geprüft, es erscheinet aber das Gegentheil, ist auch im Vorhergehenden sattsam erwiesen, daß nichts nach der Liebe von ihm ist verhandelt worden, es müßte dann seine Liebe ganz anders beschaffen seyn, oder er dasjenige würklich lieben, was vollkommene Menschen, besonders die Freimaurer, äusserst hassen.
Es ist oben auch schon zur Gnüge angezeigt, warum die Freimaurer nicht von der Religion discouriren, auch des ciceronischen Götzen halben eines Bessern beiehret worden, mithin der prätendirte blinde Religionseifer bey den Freimaurern nicht statt haben kann. Thue recht, fürchte Gott, und ehre den Kaiser; das ist die beste Religion.
§. 2. Es ist im Vorhergehenden schon erwiesen worden, daß nur der Misbrauch des heiligen Namens Jesu bey allen rechtschaffenen Freimaurern verboten, mithin des Hrn. Inspektors lüftiges Argument von selbsten ceßiret.
§. 3. Eine grosse Unwahrheit ist es, wenn vorgegeben wird, die Freimaurer giengen von der Lehre Christi ab, indem sie sich nicht aus der heil. Schrift lehren und vermahnen. Dem Herrn Inspektor dienet hierauf zur Nachricht, daß er die Logen der Freimaurer nicht als Oerter, wo unerlaubte Winkelpredigten gehalten werden, betrachten müsse; denn es wird darinnen so wenig an die Theologie, als heidnische Philosophie gedacht, denn die Gottesgelahrtheit gehöret in die Kirche. Was die Weltweisheit anbelangt, so haben sie eine besondere, welche von je an den Freimaurern gehöret hat. Wiewohl dieses alles ist schon zur Gnüge an- und ausgeführt worden, mithin die vielfältigen Repetitiones vor unnöthig achte.
Ich will dahero von dem Juramento Silentii, welches doch, wie es scheinet, der Herr Inspektor nicht verdauen kann, etwas Wenige handeln. Er sagt: ob sie gleich zu einigem Schein das Evangelienbuch, bey Abschwörung dieses Eides, wegen des Fingerauflegens gebrauchen oder misbrauchen etc. so würde doch von der lebendigen Quelle abgegangen,. Ich verneine solches, die Hand muß auf der ganzen Bibel liegen, und dieses geschickt darum, damit der neue Einkömmling sich sogleich legitimiret, daß er kein Atheiste sey. Daß aber in dem Eide an keine geistliche Strafe gedacht wird, solches sollte billig dem Hrn. Inspektor lieb seyn, die Freimaurer handeln eigentlich nicht, wie schon oft gesagt worden, von der Gottesgelahrtheit, so weit wie ihre Handlungen die Societät angehen, mithin dieselbe auch keine geistliche Strafen einem Verbrecher diktiren; sie können auch solches nicht thun, denn solche Bestrafungen gebühren allein dem allmächtigen Gott; wollen auch keinesweges eine solche Strafe an Abtrünnigen ausüben, sondern vielmehr eine leibliche Pön an selben vollziehen lassen, welche. auch viel mehreren Eindruck in die Gemüther hat, als eine unbekannte geistliche Strafe. Moses selbsten gedenket in allen seinen Büchern fast gar nichts von der Strafe in jenem Leben, und wo er etwa davon Erwehnung thut, so hat er sich doch keiner deutlichen Ausdrückung bedienet (5)
(5) Ich will keinesweges allhier die ewige Verdammniß, oder die Bestrafung nach diesem Leben, in Abrede stellen, sondern ich lasse solches lediglich dem Allmächtigen heimgestellet, als von wessen Macht es letztlich dependiret.
Am meisten aber hat er seine Untergebene mit leiblichen Strafen, als Krieg, Hunger, Pestilenz u. a. m. bedräuet, auch zuweilen dieselbe durch Gottes Verhängniß damit bestrafen lassen müssen; es scheinet auch, als wenn solches mehr bey den Israeliten gefruchtet, als wenn er von dem ewigen Fluch ihnen etwas vorgeprediget hätte. Ferner sagt der Herr Inspektor, es wäre wider die Lehre Christi gehandelt, einen solchen unbedachtsamen Eid zu schwören. Es weiß ja der Herr Inspektor nicht, kann es auch mit keiner Wahrheit sagen, daß die Freimaurer einen Eid des Stillschweigens haben, wo sie aber ja einen hätten, so wäre es allerdings ein erlaubter, und keinesweges ein verbotener Eid, welcher in der Lehre Christi auch seinen natürlichen Grund hat. Wiewohl es gehöret dieser ganze Knoten in das natürliche Recht; denn es ist ein Pactum oder Bündniß, welches zwischen der Societät und dem neuen Ankömmling aufgerichtet wird; weilen nun der letztere keine andere Guarantie zu leisten im Stande ist, so muß er das aufgerichtete Bündniß beschwören, woraus dann die selbstredende Billigkeit folget, daß man Versprechungen und Pacta blos ihrer Natur und Eigenschaft, nicht des Interesse wegen, halten müsse.
Wer nun ein Freimaurer werden will, der muß sich wohl bedenken, ob er ein ehrlicher Mann bleiben will oder nicht? denn wenn er seinen Eid bricht, so ist die Ehre auf ewig verloren. Ich gebe also einem jeden zu bedenken, was vor grosse Unordnungen daraus entstehen, und wie viele tausend ihre Ehre und Reputation verlieren würden, wenn die Freimaurer dem Hrn. Inspektor und andern curiosen Leuten zu Gefallen nach ihrem Verlangen das Geheimniß offenbarten.
§. 4. Die Freimaurer suchen in ihrer Gesellschaft keine geistliche Vereinigung, sondern ihr ganzes Wesen bestehet in einer leiblichen Konservation und Vereinigung, das Geistliche gehöret in eine jede besondere Seele, da haben sie Mosen und die Propheten, welche sie hören und folgen können; im weltlichen Regierungskollegio wird auch weiter nichts als die Konservation des weltlichen Staats abgehandelt. Weilen nun die Freimaurerweiter nichts traktiren, als wie sie sich und ihre Republik erhalten wollen, so fällt also der schuldgegebene Abgang vom Geiste Christi von selbsten weg.
§. 5. Muß der Herr Inspektor erläutern, und gründlich beweisen, daß die Freimaurer vom Leben Christi abgehen; denn woher weiß er, daß die Ordensreguln vom heil. Leben Christi abführen? da doch das ganze Leben der Freimaurer, wie der Herr Inspektor selbsten bekennet, jederzeit ein lauteres Geheimniß bleibt, man bittet sich also bessern Beweis aus.
§. 6. Es ist auch eine Unwahrheit, daß die Freimaurer vom Sinn Christi abgehen, noch viel weniger ein hochmüthiges Sanftmuth-üben; wie kann der Hr. wissen, daß die Sanftmuth der Freimaurer in einer hohen oder einer niedrigen Demuth bestehet, da er keine kennet, und selbst nicht weiß, wie ein rechter Freimaurer aussiehet. Er hätte besser gethan, wenn er sich erst um die Figur der Freimaurer bekümmert, zuvor untersucht, ob sie auch Menschenähnlichkeit hätten, demnächst ihre Sitten und Aufführung betrachtet, ja sogar den Gang untersucht, und alsdann daraus ohnvorgreifliche Schlüsse gemacht, so wäre es noch was gewesen, und stünde seine Sache noch einigermaßen zu excusiren, aber vorjetzo weiß der Herr Inspektor nicht einmal, was die Freimaurer vor Schuhe tragen, und wenn ihn frage: gehen sie auf Filz- Holz- oder Lederschuhen? so weiß ers nicht. (6)
(6) Wenn man sonsten einen Freimaurer abbilden will, so sagt man: Sie gehen still einher, auf Filzschuhen, wie die Schleicher. Es ist aber dieses keine allgemeine Regul; einige unwürdige Ordensglieder haben durch ihre besondere Aufführung diese Abbildung dem Orden zuwege gebracht.
Wenn sich aber der Herr Inspektor gut aufführet, so will ich ihm noch andere und triftigere Gründe an die Hand geben, womit er diesen Orden attaquiren kann, die er vielleicht vorjetzo noch nicht weiß; gedachte Gründe haben auch ihren Kleister, es sind aber doch lauter Luftstreiche; wiewohl ich sehe schon im Geiste zum voraus, daß er leicht zu bewegen wäre, eine Generalanklage wider die Freimaurer an alle souveraine Potenzien und Republiken zu stellen.
§. 7. In geheimen Dingen suchen die Freimaurer ihre Gemüthsruhe, mithin dieselbe dem Herrn Inspektor nicht bekannt sind, er kann auch nicht davon urtheilen. Er hätte besser gethan, er wäre erst zuvor selbst ein Freimaurer geworden, hätte die Ruhe derselben versucht, und alsdenn davon geurtheilt, ob selbige gut öder verwerflich sey.
§. 8. Es ist nicht wahr, daß die Freimaurer von der Gnade Christi abgehen, sondern sie können sich jederzeit als wahre Jünger und Nachfolger von diesem ihrem gebenedeiten Großmeister legitimiren, dasjenige, was sie in der Natur suchen, sind lauter Geheimnisse, die dem Herrn Inspektor verborgen bleiben. (7)
(7) Man glaube ja nicht, daß die Herren Freimaurer Goldmacher, oder Adepti sind, wie viele statuiren wollen. Ich kann aber versichern, daß das Freimaurergeheimniß nicht die allergeringste Konnexion mit der Alchymie hat.
§. 9. Die Freimaurer gehen nicht von der Kirche Christi ab, sondern was dieses anbelangt, so stehet ein jedes Glied unter derjenigen Kirche, der es zugethan ist, ihre Gesellschaft, wovon sie diejenigen ausschließen, die nicht zu ihnen gehören, oder dem Orden der Freimaurer nicht zugethan sind, ist nur eine solche Gesellschaft, worinnen weiter nichts gehandelt wird, als wie sie sich in diesem Leben konserviren wollen, darzu wird ein einmüthiger Sinn erfordert, und wenn allen, welche dem Orden nicht zugethan sind, sollte erlaubt seyn, in dieser Versammlung zu erscheinen, wie viele Unordnungen wurden daraus entstehen, besonders wenn viele Pedanten und Grillenfänger erschienen, welche ihre Leidenschaften nicht unterdrücken können, und alles nach ihrem eigenen Kopf, es mag möglich oder unmöglich seyn, eingerichtet, haben wollen. Daß sich aber der Herr Inspektor vor die römischkatholische Kirch portirt, und sagt, daß diejenigen, welche sich von dieser Kirche zur Freimaurersocietät begeben, entweder ihren Eid in ihrer gewöhnlichen Beichte brechen, oder ihre Religion stillschweigend verläugnen müßten, ist völlig zu approbiren; ob es aber der Verfasser der allgemeinen Musterung der vornehmsten Religionspartheien unsers deutschen Vaterlandes, welcher solche Glimpflichkeit in gedachter Piece pag. 41 in aller Niederträchtigkeit abmahlet, gut heissen kann, solches lasse ich dahin gestellt seyn.
§. 10. Es ist eine grosse Unwahrheit, wenn vorgegeben wird, die Freimaurer verhinderten die Fortpflanz- und Erweiterung der christlichen Religion, oder machten Profeßion vom falschen Christenthum; es wäre zu wünschen, daß alle Menschen so viel Christenthum hätten, als die Freimaurer, Gottlob! haben. Denn wie weit ist es mit dem Christenthum gekommen? wie viele leben christlich? Doch ich bedarf hiervon keine Rechenschaft zu geben, deswegen will ich auch meine Feder nicht weiter ausdehnen, sondern nur so viel sagen, daß es fast meinem Ansehen nach scheinet, als ob die vier evangelische Winde still stehen, dahingegen aber sich der Herr der Heerschaaren in einem sanften Geräusch in den Logen, oder deutlicher zusagen, in den treuen und redlichen Herzen der Freimaurer befinde.
§. 11. Keinesweges gehen die Freimaurer von der Einfalt Christi und der christlichen Aufrichtigkeit ab, ich kann Ihnen versichern, daß die Freimaurer die allereinfältigsten, dabey aber auch die allerredlichsten Menschen sind; denn wenn ein Freimaurer etwas verspricht, so muß er es gewiß halten, dann er ist ein getreuer Burger, ein eifervoller treuer Unterthan, mit einem Wort, es wäre zu wünschen, daß unser erster Vater Adam seinen angenehmen Freimaurerstand nicht verscherzt hätte, so wäre das ganze menschliche Geschlecht dieser vortreflichen Würde zugethan gewesen, allein! es ist geschehen, er hat sich seiner Würde verlustig gemacht, er hat sich von der Eva überreden lassen, er hat ihr die Parole gegeben, und dadurch auf einmal seinen glückseligen Stand verloren, und das abscheuliche Verderben sich dagegen zuwege gebracht. Hütet euch derowegen, ihr redlichen und ächten Brüder, lasset euch nicht verführen von einer listigen Schlange, die in einem schwarzen Schafspelz einhergezogen kommt, es ist selbige ein wissender Wolf, der euch um euere Glückseligkeit zu bringen suchet. Nehmet euch in acht vor allen falsche Hevänsnachfolgerinnen, denn sie suchen nichts anders, als euch dem Grimm und Wuth des Todes aufzuopfern, und eurer glückseligen Freiheit euch zu berauben.
§. 12. Die Freimaurer gehen nicht von der Weisheit oder von der Klugheit Christi ab, nach dieser Weisheit ringen sie eben sehr stark, und befleißigen sich auf alle Wege klug zu werden, ein neues Glied kann auch nach dieser Klugheit die Sache erst prüfen; es ist auch recht einfältig, wenn man das Geheimniß zuvor erst wissen will, man hat ja den Vorgang von so vielen redlichen und rechtschaffenen Leuten, welche gewißlich nicht bleiben würden, wenn das Geheimniß den Staat oder die christliche Religion turbirte, sie wären auf solchen Fall auch nicht verbunden, den Eid zu halten, sondern, wo Unordnung oder ein allgemeines Verderben das Geheimniß zum Grunde hätte, so wären vielmehr die Glieder schuldig, des Eides ohngeachtet, solches anzuzeigen, wie die Rechtsgelehrten insgemein statuiren. Es zerfallt aber der gegentheilige Satz von selbsten, wenn man konsiderirt, daß so viele grosse Prinzen und Beherrscher ganzer Länder diesem Orden zugethan sind, folglich wenn dieselbe etwas Nachteiliges darinnen fänden, gewißlich die Sache selbst mit gelassenen Augen nicht würden ansehen.
§. 13. Es ist nicht wahr, daß die Freimaurer vom Gebot Christi abgehen, und solchergestalt der Obrigkeit den Gehorsam aufsagen. Das erste, was einem neuen Ordensbruder auferlegt wird, bestehet in der seiner Obrigkeit zu leistenden Unterthänigkeit; wenn er dieses nun thut. so ist er nicht schuldig von weitern Dingen derselben Rechenschaft zu geben; denn gleichwie der Herr Inspektor nicht gehalten ist, von seinen geheimen Hausaffairen der Obrigkeit Rede und Antwort zu geben, eben solchergestalt ist auch kein Freimaurer verbunden, seine Geheimnisse der Obrigkeit zu offenbaren, es wäre dann, daß sich etwas Verdächtiges äusserte, welche dle Judicia zur Inquisition formiren könnten, da aber bis diese Stunde sich nicht das Mindeste geäussert, so kann die Obrigkeit auch mit keinem Grunde Rechtens diese Gesellschaft attaquiren; doch dieses gehöret zur weitern Ausführung in die Juristerey, und nicht in die Predigpostill.
§. 14. Ich habe schon in meinem vorigen Schreiben gemeldet, daß alle rechtschaffene, wahre und ächte Freimaurer Christum, den Erlöser, vor den allerheiligsten Großmeister erkennen, welcher jemals gelebt hat, mithin man dem Hrn. Inspektor in diesem Stücke nicht glauben kann, wenn er sagt, die Freimaurer giengen von seinem Beispiel ab, und wollten keinesweges ihn zum Vorbilde, Muster und Exempel haben, auch nicht seine Lehre zur Unterweisung gebrauchen.
Es ist nichts närrischer, als wenn ein Mann von Gaben und Ansehen solche Fliegenwedel und Schnupftücher, und auf denselben nichts als boshafte Unwahrheiten, in die Welt hinein schnellet; er gedenket sich an solchen Sachen einen Namen oder Andenken zu stiften, in der That aber gereichet ihm seine Mühe zur Schande, und mit seinem Fleiße und Arbeit hilft er die gröbsten Lügen auszieren und schmücken, darzu hat der Hochmuth das Meiste kontribuiret.
Wir sind jetzo, der Ordnung nach, an der gebenedeiten Person Christi, es ist auch schon an seinem Orte erwiesen worden, wie viele Ähnlichkeit dieselbe mit den Freimaurern habe; anjetzo aber will ich nur so viel allhier dem Inspektor zur Nachricht vermeiden, daß Christus ein unwesentlicher Maurermeister gewesen, die heutigen Freimaurer sind es auch, sie bauen nichts anders als unwesentliche Gebäude oder Palläste der Tugend und die allerabscheulichsten Kerker vor die Laster. Von diesem unwesentlichen Bau Christi schreibt ein uraltes evangelisches Kirchenlicht über den Spruch: denn siehe auf dem einen Stein, den ich lege für dem Angesicht Josua, sind sieben Augen, gar schön,
ich finde seine Worte so gründlich, daß ich einem Theil von selben eine Stelle allhier Herne vergönne. Sie heissen also:
«Hier giebt der Prophet selbst die AIlegoria oder Deutung des leiblichen Tempels und redet von einem geistlichen Gebäude eines lebendigen Tempels, in welchem gar viel ein ander Stein zum Grunde gelegt soll werden, denn in jenem. Es soll ein einiger Stein seyn, aber im leiblichen Tempel werden viele Steine gelegt. (8)
(8) Also ist es beschaffen mit den Freimaurern, sie haben einen einzigen Stein, worinnen ihr ganzes Geheimniß bestehet, aus oder mit diesem Stein können sie alles bauen.
Dieser Stein ists, da Jesaia Kap. 28 [v. 16] und Petrus l Pet. 2 [besser: 1. Pet. II, 6] von sagen: Siehe, ich lege in Zion einen Eckstein, einen köstlichen bewährten Stein etc. Wer auf ihn trauet, soll nicht zu Schanden werden, der Stein ist Christus, wie er sich selbst deutet, Matthäi 21 [besser: Matth. XXI, 42]. Der Stein, den die Bauleute verworfen, ist zum Eckstein worden, und Gott leget denselbigen Stein selber, nicht Josua, noch Serubabel, denn Gott bauet diesen Tempel selber, wie er hier spricht, den Stein, den ich für dem Angesicht Josua lege; denn Gott fieng schon an, den geistlichen Tempel zu bauen, weil er den leiblichen Tempel um des geistlichen willen bauen ließ, und über das ist solch geistlich Gebäude für dem Angesicht Josua, das ist für dem Angesicht des Priesterthums Josua; denn Christus Tempel und Reich gieng an, da Josuä Stamm und Priesterthum noch stunde, damit angezeigt wird, daß Christus kommen sollte, ehe denn Josua und sein Stamm und Priesterthum untergienge. Daß also bey Josua’s Nachkommen für ihre Augen dieser Stein gelegt ist, wiewohl sie es nicht sahen, noch verstunden, ja auch dazu verwarfen. Sieben Augen sollen auf diesem Stein seyn. Ein seltsam Gebäu, dort werden Steine auf Steine gebauet. Wer kann rathen, wie das zugehen und bestehen kann? Warum nicht eben so mehr sieben Ohren, oder sieben Mäuler? So gehts zu, das Reich Christi stehet im Glauben und Erkenntniß Christi, wie Jesaias, Petrus und Paulus lehren; denn wer Christum erkennet, der ist erleuchtet und hat geistliche Augen; nun erkennen ihn nicht alle, die von ihm hören, sondern alleine, die da glauben, drum müssen nicht Ohren, sondern eitel Augen auf diesen Stein gebauet werden. So sind nun die sieben Augen allerley rechte Christen, die durch den heiligen Geist erleuchtet sind, sonderlich die, so andere lehren, unterweisen und führen.»
So viel sind der Worte, die ich aus unserm uralten evangelischen Kirchenlicht anzuführen vorjetzo gutbefunden, er handelt von dem geistlichen oder unwesentlichen christlichen Tempelbau; damit aber auch der Herr Inspektor wisse, wovon die Freimaurer ordenswegen handeln, so dienet ihm allhier zur Nachricht, daß sie von dem unwesentlichen Konservationsbau in ihren Logen handeln.
§.15. Von der Gestalt Christi wird keinesweges von Seiten der Freimaurer abgegangen; daß sie aber im Maurerhabit erscheinen, hat seine Ursache und sonderbare Bedeutung; ob aber solcher Habit affektirt, lächerlich oder komödiantenmäßig sey, laß ich anders beurtheilen, es würde dem Herrn Inspektor auch schwer fallen, ein solches zu beweisen, selbsten die wesentlichen Maurer sind eben sowohl, als die Freimaurer dadurch angegriffen und beschimpfet worden, daß der Herr Inspektor saget, es wäre eine lächerliche Komödiantengestalt, in Wahrheit, erstgedachte können mit dem Herrn Inspektor hierüber einen Injurienproceß anfangen, denn es ist ihre ordentliche Tracht, welche aus der Natur eingeführt ist; und weilen eben dieselbe auch zu einer Ordnung bey den Freimaurern geworden, so lässet sich darüber nicht skoptisiren, überdem lernen wir Christum auch nicht mit den Kleidern, sondern nur allein mit dem Herzen und der Seelen. Zudem ist ein Schurzfell, schon gedachter maßen, vor die Maurer eine Gewohnheit, welche von undenklichen Zeiten durch die Gewohnheit zur Natur selbst worden ist; und wenn diese Gewohnheit einen Mantel oder Pnesterrock vor die Maurer, und ein Schurzfell vor die Priester eingeführt hatten so wäre solches ebenfalls vorjetzo ein anders Element der Natur, die Ordnung brächte es also mit sich, und wäre folglich nichts komödiantenmäßiges.
§. 16. Dieser Posten ist theologisch, er gehöret eigentlich in eine jegliche Seele der Freimaurer, es ist auch was Bekanntes, es koncernirt das Gebet nicht mit der Freimaurersocietät, ein jedes Glied muß ausser der Societät leben wie ein anderer Christ, in der Loge wird keine Herrnhuterversammlung gehalten, denn solches gehöret ofterwehntermaßen in den geistlichen Tempelbau, welcher bekannt genug, aber, wie es leider scheinet! wieder in Vergessenheit gerathen ist.
§. 17. Es wird allhier öffentlich in aller Vollkommenheit verneinet, daß die Freimaurer von der Liebe Christi abgehen; es wäre zu. wünschen, daß in allen Orten Freimaurerlogen wären, gewißlich der Armuth würde damit viel geholfen seyn; es ist auch nicht wahr, daß die Freimaurer Arcanum morale haben, es ist nicht nutze, daß ihre Geheimnisse an das Tageslicht kommen, die Noth erfordert es vielmehr, daß selbe verschwiegen bleiben.
§. 18. Die Freimaurer sind auch ebensowohl, wie der Herr Inspektor, der Meinung, daß die Gerechtigkeit, Friede (und auch eben sowohl NB. die Freude) im heiligen Geist bestehe; wenn also der Herr Inspektor ein ehrlicher Mann bleiben will, so wird er so gütig seyn und beweisen, mit vollkommenem Grunde der Wahrheit, daß die Freimaurer vom Dienste Christi abgehen.
§. 19. Allhier macht der Herr Inspektor gar Juden oder sonsten andere Verächter und Spötter Christi aus den Freimaurern; ich beziehe mich aber auf meine vorhergehende angeführte Grundsätze, ich meyne, ich habe genug gethan, wenn ich denselben als den allerglorwürdigsten Großmeister von der Freimaurergesellschaft aufführe, und von den Freimaurern ist nicht mehr zu prätendiren, als wenn selbe den Heiland Jesum vor das Allerheiligste und würdigste Freimaurerglied erkennen.
Es ist auch dieser Orden schon zu dessen Zeiten in Deutschland gewesen; wie aus Lutheri Schriften zu ersehen, so ist er diesem Orden entweder ganz zugethan, öder genau damit verbunden gewesen, soviel kann man aus den alten Logenbüchern beweisen, daß sich der ehrliche Mann, der Herr Lutherus, als Freimaurer hat aufdingen lassen, ob er aber höher gestiegen und Bruder in Geheimnissen worden, lässet sich aus gedachten Logenbüchern nicht beweisen; aus seinen Schriften aber lasset es sich, wie gedacht, schließen, dahingegen aber ist und bleibt es eine untrügliche Wahrheit, daß der selige Johann Arndt, so sich mit seinem geschriebenen wahren Christenthum in der Welt berühmt gemacht hat, ein wahrhafter und ächter Freimaurer gewesen ist.
§. 20. Es ist die größte Bosheit, wenn vorgegeben wird, daß die Freimaurer vom Bunde Christi und der Taufe abgehen, und daß durch den abgeschwornen Societätseid der Weg (wie der Herr Inspektor sagt) zum Naturalismo gebahnt werde; alle, so dieses vorgeben, wissen nicht, was ein Eid ist, ein Eid ist in der heiligen Schrift besonders erlaubt, gegründet und zugelassen, überdem muß auch der Eid in der Vernunft gegründet seyn, die Freimaurer haben viele unter ihrer Gesellschaft, welche keinen andern über sich haben, als Gott und die gesunde Vernunft, die Naturalisten sagen über solche ihre Pacta, so sie eingegangen haben, also: Souveraine Potentien und Majestäten haben keine Höhere über sich, als Gott und die gesunde Vernunft, wider welche sie nichts thun oder vornehmen dürfen, wenn sie ein gutes Gewissen und ihre Ehre konserviren wollen. Denn was von dem Degen insgemein gesagt wird, hat keinen Grund, weil das Schwerdt nur ein Instrument zu zwingen, giebt aber vor sich allein keinem ein Recht. Wenn nun gesagt wird, daß ein jedweder die Pacta ohne Absicht auf das Interesse halten müsse, so werden hierunter verstanden nicht nur die geringen Leute und Unterthanen, die man leichtlich mit Gewalt zur Raison bringen kann, sondern auch solche Personen, die keinen Höhern, als Gott über sich erkennen, und dieses sind gekrönte Häupter und souveraine Prinzen, welche sich nur durch Verstand und bündige Rationes lenken lassen.
Nun leisten gedachte Ordensglieder mit dem Societätseide die Guarantie, und unterwerfen sieh durch selbigen, die natürliche Strafe auszustehen, falls sie einige verdienen würden. Es wäre hievon viel zu sagen, wenn Ort und Stelle nur dazu fürhanden wäre; es ist aber der Societätseid der Freimaurer, falls sie einen haben (massen ich solches dem Herrn Inspektor noch nicht eingestanden habe, und er kann mir auch keines Bessern beweisen) nichts anders, als wie ein anderer Eid auch, mithin müssen, nach gegenseitiger Meinung, alle diejenige Naturalisten seyn, so einen Eid abschwören.
Ein artiger Naturalist ist auch zuweilen mir lieber, als ein tiefsinniger, oder melancholischer Träumer, es sind in der That die Träumereien viel schädlicher, als der Naturalismus, bey letzterem finde ich, daß nicht vorsetzlich gelogen, sondern auf alle Weise und Wege sich der Wahrheit beflissen wird; beim Erstern aber ist nichts als Lügen, regimenter- und sackweise anzutreffen, welche dann allerdings von Christo ab- und dem Vater der Lügen zuführen, vor der Welt aber bleibt selbiger ein geistlicher Eulenspiegel. Dem Ansehen nach meint der Herr Inspektor, die Freimaurer hätten etwa eine atheistische Philosophie; wenn er dieses meint, so ist es ihm vom Geist der Lügen eingegeben worden. Ich weiß gewiß, er weiß nichts um die Philosophie der Freimaurer, er hat dieselbe niemalen studirt, und führet keinesweges von Christo ab.
Was er übrigens anzuzeigen beliebet, solches ist reich von leeren Worten; ich begreife auch seine Absichten, nemlich, man sollte anstatt der Freimaurerlogen verbottene Winkelpredigten einführen, und ihn, Herrn Inspektor, darinnen zum obersten Lehrer machen, denn derselbe will gern herrschen, und ein Führer von einer grossen Zahl seyn; es ist aber dieses ein Affekt in der menschlichen Maschine, so die Freimaurer nickt dulden können, massen sonsten noch Hofnung wäre, daß der Herr Inspektor Großmeister vom Freimaurerorden werden könnte.
Die Freimaurer sind auch versichert, daß ihr Bau nicht von Gott abführet, mithin die übrigen Vergleichungen, die der Herr Inspektor macht, nicht statt finden mögen; was aber ferner der Herr Inspektor zu sagen beliebet, daß die Verhehlung der Freimaurergesellschaft Geheimnisse, oder der darüber abzuschwörende Eid, eines von den offenbarsten, wichtigsten und verdächtigsten Stücken wäre, solches wird hiermit in aller Kraft verneint, es ist nöthig, daß dieses grosse Geheimniß nicht an den Tag kommet, die Umstände erfordern es, daß es verschwiegen bleibt, und wenn der Herr Inspektor selber einer wäre, so würde er solches mit mir eingestehen müssen. Womit ich auch schließen, letzlich [!] aber nur soviel noch sagen will, daß sich von einer unbekannten Sache nicht urtheilen läßt, der Herr Inspektor weiß nicht, was ein Freimaurer, und mir fallt es unmöglich zu sagen, was ein geistlicher Eulenspiegel ist.
Dasjenige, was der Herr Inspektor vom allgemeinen Verderben der Christen angeführet, und von Hrn. Thomas Joly approbirt worden, laß ich auch gelten, denn es ist niemals eine Sache so bös, sie ist mit etwas Gutem verknüpft; denn es ist löblich, daß er über das allgemeine Verderben eifert; es ist aber auch dagegen zu tadeln, daß er ein solches allgemeines Verderben auf die Freimaurergesellschaft schieben, und solches derselben zur Last legen will; es ist auch solcher Fehler nicht zu ersetzen oder zu entschuldigen, weilen er über eine verborgene und ihm ganz unbekannte Sache richtet.
Sein klarer Beweis in der Beylage C. ist aber ein Zeuge, daß er die Sache nicht verstehet, am allerwenigsten weiß, was der Kitt der Vereinigung der Maurerey ist, in gedachter Beilage wird nur an die Zeiten gedacht, da man von keiner Gewissensfreiheit, sondern von derselben Einschränkung wußte; anjetzo aber, da in diesem Stück die güldene Zeiten sich einigermassen hervorgethan haben, so hat man bey den Maurern vor gut befunden, die Gewissensfreiheit ebenfalls auch gelten zu lassen, besonders da ein jeder Mensch seine angebohrne natürliche Religion im Herzen trägt, und unstreitig seine besondere Meinung hat, welche so wenig der Hr. Inspektor, als ein anderer aus ihm bringen wird.
Es ist auch meines Erachtens eine solche Meinung, wenn sie auch in einigen Stücken von der zugethanen Kirche sollte abgehen, nicht strafbar, besonders wenn es nur Speculationes sind; wo aber mit falschen Principiis dem gemeinen Wesen, oder der Policey, Schaden zugefügt wird, so wird allerdings auf das Verbrechen gesehen, und selbiges bestraft. Der Herr Inspektor nehme mir meine Meinung nicht übel, ich gründe mich auf natürliche, billige und übliche Gesetze, welche auch so billig sind, daß sie einen Atheum pure speculativum von aller äusserlichen Strafe befreien etc. Die Ursachen sind begreiflich, und ich sage noch zu guter Letzt, ein raisonnabler Naturalist ist mir allzeit lieber, als ein heuchlerischer Geistlicher.
Man kann es aber den Leuten nicht verdenken, man muß dahero Mitleiden mit ihnen haben, sie haben nur die Brüste der heidnischen Philosophie gesogen, derowegen sind auch ihre Schlüsse ganz unrichtig; ich weiß solches aus der Erfahrung, ich habe noch vor wenig Tagen die Probe davon gehabt; wenn sie aber die Freimaurerphilosophie verstünden, (9) so würden sie eine ganz andere Einsicht haben.
(9) Wenn Gott Leben und Gesundheit verleiht, so wird dieselbe, wie sie aus einem Archiv der Freimaurer in Deutschland erhalten, unter dem Titul: Philosophia der alt- und neuen Freimaurer, mit einer Vorrede, nächstens durch den Druck bekannt gemacht werden, daraus von denen, die geübte Sinne besitzen, einigermassen abzunehmen seyn wird, worinnen dieser Leute ihre Geheimnisse bestehen.
Soviel noch vorjetzo genug gesagt, wenn andere fragen, wollen wir. antworten.
Womit bin
meines Herrn
dienstfertigster M.N.
Mein Herr!
Nun bleibet das unterm 11 May c. a. eingelaufne Schreiben noch übrig; ich meyne, daß ich in vorhergehendem das Hellmundische Schreibwerk zur Gnüge widerlegt habe; ich weiß nicht, wie es dem guten ehrlichen Mann gefallen wird; wo er aber weiter sich meldet, so werde ihm doch Red und Antwort geben müssen, wie ungerne ich mich auch in solche Sachen mische, die vor der Welt das Ansehen einer Streitigkeit gewinnen; doch ich meines Theils will nicht streiten, sondern was ich thue, soll nur zur Beförderung der Wahrheit, und dem Hrn. Inspektor eine bessere Meinung beizubringen, abzielen, im Herzen liebe ich den Hrn. Inspektor; er mag auch thun, was er will, so wird er mich doch nicht erzörnen; doch aber kann ich auch nicht läugnen, daß ich lieber eine schöne und reiche Fräulein einsperren und dieselbe zum keuschen Ehestande bewegen wolle, als meine schwache Feder gegen den Herrn Inspektor führen, dann dadurch würde mir aus allen meinen Nöthen geholfen, der Beutel würde kurirt, und die natürlichen Neigungen gestillet; doch genug hiervon, ich will meinem Herrn die Beantwortung von dem Schreiben, so sich pag. 305 befindet, allhier mittheilen.
Hoch....
Ew. Hoch.... angenehmes Schreiben, habe ich den 11 May mit vielem Vergnügen erbrochen, und daraus ersehen, daß Dieselbe, diejenige Piecen pro & contra die Freimaurer erhalten haben, ich kann aber nicht läugnen, daß selbiges noch leere Schaalen von dieser Gesellschaft sind; ich selbsten muß gestehen, daß alle diese Dinge, so en faveur der Freimaurer geschrieben werden, mehr denn zu geheimnißreich sind, mithin von oder aus denselben sich nichts recht will urtheilen lassen, Sie selbsten sind einigermassen ein Zeuge, daß ich ehedessen der tugendreichen Freimaurersocietät eben nicht gar zu günstig gewesen bin; anjetzo aber muß ich bekennen, daß ich alle ersinnliche Hochachtung vor diese Gesellschaft hege, und bereit bin, auch den letzten Blutstropfen vor selbige aufzuopfern, falls ich nur dieser vollkommenen Societät einigen Nutzen damit verschaffen könnte.
Ew. Hoch... haben nichts wider oder über diesen geheimen Orden geurtheilt, Ihr ganzer Brief bestehet nur in einer Anfrage, ob nemlich: die Freimaurer Jerusalem wieder aufbauen wollten? Sie bedienen sich verschiedener wunderlicher Geisterer Meinung, die meisten, so Sie citiret haben, sind mir unbekannt, nemlich: daß ich dieselbe von Person nicht kenne, noch gekannt habe. Was aber den flüchtigen Pater aus Rom anbelangt, so habe ich mir einen Umweg von sieben Meilen nicht dauren lassen, und den Verfasser dieses Buchs besucht, es ist derselbe ein blinder Gärtner zu Quedlinburg, in Schlesien ist er gebohren, auf seiner Wanderschaft hat er in gedachtem Quedlinburg das Glück gehabt, sich etabliren zu können, er rühmet sich allerley prophetischer oder göttlicher Erscheinungen, seine Worte bringet ein Schulkollega daselbst zu Papier, und der Buchdrucker Vater in Magdeburg nimmt es gleich siedend heiß unter die Presse, und solchergestalt werden diese Gedanken, oder sogenannte prophetische Schriften, in der Welt bekannt.
Was aber den blinden Gärtner selbst anbelangt, so scheint derselbe ein tiefsinniger Mensch zu seyn, der selber nicht weiß, was er haben will, er mag es aber wohl gut meynen, vielleicht aber zu weit gehen, wozu der Hochmuth das Seinige kann gethan haben, besonders kann er hochmüthig oder einbildisch geworden seyn, als er Leute gefunden, die ihm beigepflichtet, es ist durch seine Meinung eine Faktion entstanden, die nunmehro dieselbe mit aller Stärke defendiret und unterstützet; wie sie aber gegründet sey, will ich andere beurtheilen lassen.
Daß aber bey denen alten Juden die Gedanken der Wiederauferbauung Jerusalems entstanden sind, wäre meiner geringen Meinung nach einigermassen zu exkusiren, sintemalen denenselben mit der Muttermilch ist eingeflößet worden, daß des Messiä Herrlichkeiten in weltlichen Reichen bestehen sollten. Ihre Herzen sind auch verstockt gewesen, oder haben dem heiligen Geiste zu würken nicht Raum und Platz gelassen, mithin auch nicht einsehen können, oder wollen, daß sein (des Heilands Reich) nicht auf dieser Welt bestehe.
Woher? oder warum einige Christen sich diesen Traum auch träumen lassen, kann ich nicht begreifen; ich will aber meine Gedanken davon zurückbehalten. Was ich aber von den Schriftstellen, deren sich der flüchtige Pater zum Beweise bedienet, halte, so weiß ich auch nicht, ob meine Meinung den Orthodoxen gefällt, oder ekelt?
Ich habe zwar das Glück, daß ich einigen einfältigen Narren, die sich viel mit ihrer Einsicht einbilden, nicht gefalle, besonders wenn noch eine Species von einer sogenannten Hofpolitik darzukommt; das allermeiste aber, deß ich mich erfreue, ist, daß. sie doch im Schließen über meine Person gar erschrecklich fehlen, wie es noch einem armen Stümpfer oder Schanzer, so kurz und etwas dick von Positur, einen runden Kopf mit Pockengruben, vor ordinair einen weißgraulichten Rock über seinen Kandidatenornat träget, ergangen, nemlich, daß er gar gewaltig im Urtheilen gestolpert. Wiewohl das Urtheilfällen trift selten ein, wir Menschen sollten billig uns allem Urtheilfällen entziehen, denn wir können doch nicht die innere menschliche Theile durchsehen, dahero es wohl nicht anders seyn kann, oder wir müssen stolpern. Ich vor meine Person werde niemalen urtheilen, es sey denn die Konviktion und Konfeßion beisammen, wer mir hierinnen nachfolget, wird wohl thun.
Was aber ein Mann ist von Ew. Hoch... Kaliber, so kann ich auch nicht läugnen, daß meine Wenigkeit daselbst besser und fester in eine wahre Freundschaft kommt, als wie bey gedachten; nach der Ursache ist nicht lange zu fragen, Dieselbe oder Ihres gleichen gehören unter die Zahl derjenigen, von denen man sagen kann, sie haben einen Geist; jene aber, die mich hassen, müssen die Wahrheit von mir hören, und sie verstehen selbige nicht, indem ihre Maschine von einer Ameise, anstatt des gewöhnlichen Geistes, regiert wird. (10)
(10) Wenn ein Mensch anfängt zu studiren, so gehet der Geist weg; wenn nun ein solcher fleißig ist, und ein ganzer gelehrter Mann wird, so bekommt er den Geist wieder; wenn er nur ein Halbgelehrter oder Schanzer bleibt, so bekommt er anstatt des Geistes eine Ameise in seinen Körper; dahero kommt es auch, wenn sich ein solcher Narr auf der Kanzel oder sonst bey anderer Gelegenheit übel geberdet.
Damit ich aber dennoch meine Gedanken von gedachten Schriftstellen auch allhier beifüge, so glaube ich, daß solche alle von dem geistlichen Bau, und himmlischen Jerusalem zu verstehen sind; denn unser allergebenedeitester Großmeister, Jesus Christus, ist in diesem ein geistlicher und wesentlicher Baumeister, ich gründe mich auf seine Worte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; überdem hat er sich nicht um die Palläste, sondern um die Seelen zu Jerusalem bekümmert. Wie weit diese meine Meinung gegründet, mag ich nicht untersuchen, da ich kein Gottesgelehrter bin, folglich zu entschuldigen stehe, besonders da ich nicht verlange, daß man mir beipflichten soll, man mag davon glauben, was man will, an jenem Tag werden wir es schon sehen, ein jeder kann trachten, daß er dahin kommt.
Nunmehro bleibt Ew. Hoch… vorgelegte Frage noch übrig, welche darinnen bestehet: Ob die Freimaurer sich nicht auch diesen Traum träumen lassen, Jerusalem wieder aufzubauen?
Ich kann Ihnen hierauf die kurze und gewisse Nachricht geben: Nein! und zwar aus folgenden Ursachen: Die Freimaurer bekümmern sich nicht viel um einen allgemeinen Haus- oder Stadtbau, ihre ganze Arbeit bestehet nur in einem einzigen Steine, und dieser machet ihnen so viel zu thun, daß sie denselben bis dato noch nicht haben verarbeiten können; demnächst gehöret angeregter quästionirter jerusalemischer Bau in das geistliche Departement, welches, oftgedachtermassen, mit der Freimaurerey nichts zu thun hat; denn ich kann Ihnen heilig versichern, daß die Freimaurer ihre Nase nicht in die Theologie stecken dürfen, mithin kann man von ihnen versichert seyn, daß sie keine Ketzereien in der Welt an- und aufrichten werden; es ist auch um so viel besser, denn die Religionsstreitigkeiten gebähren nichts denn Haß, und zerstören alle Einigkeiten; es wäre zu wünschen, daß unter allen Theilen zuvor eine gütliche Komposition eingegangen würde, vielleicht käme das menschliche Geschlecht dadurch eher dieses Punkts halber in eine Vereinigung, oder würde, dem allgemeinen Sprüchwort nach, unter einen Hut gebracht; selbsten die Reformatores und die Häupter der Faktionen sind zu eifrig in ihrer Meinung, aus dieser eifrigen Verfechtung kommt zuletzt eine Hartnäckigkeit, besonders wenn ihre Faktion anwächset, und einen Theil bekommen, die gleiche Meinung mit ihnen haben.
Damit Ihnen aber auch etwas deutlicher den Freimaurerbau beschreibe, so wissen Ew. Hoch…. daß derselbe anders nichts als die Tugend und was davon abhänget, suchet aufzubauen; die Tugend ist der Fels, worauf sie ihre Gebäude gründen, Laster leiden sie nicht, die Gelassenheit aber suchen sie einzuführen; glückselig sind die Länder, die Freimaurer zu Bürgern und Einwohnern haben, noch glückseliger sind dieselbe, wenn sie von dieser Societät gar unterstützet werden.
Das ist also der kurze und wahrhafte Bau, den die Freimaurer verrichten, dieses sind die reellen Dinge, worum sie sich bekümmern, an eine pedantische Monarchie (welche etwa in Wiederaufbauung des ehemaligen Jerusalems zu finden wäre) gedenken sie nicht.
Ich hoffe Ew. Hoch... werden hierüber ein sattsames Vergnügen haben; wenn ich ferner mit mehreren Nachrichten dienen kann, so können Sie versichert leben, daß solches nicht mehr denn gerne geschehen soll.
Womit vor diesesmal verbleibe
Ew. Hoch…
dienstwilliger M. N.
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