Ursprung, Zweck und Zeremonie der Freimaurer
Kurtze Historische Nachricht Von dem Ursprung Der Frey-Maurer Gesellschafft Und deren Geheimnissen, Mit unpartheyischer Feder In Sendschreiben Vorgestellt.
Franckfurt am Mayn Bey Wolffgang Christoph Multzen. 1742
Im Folgenden der Text der leicht modifizierte Nachdruck unter dem Titel Kurze historische Nachricht von dem Ursprung der Freymaurergesellschaft und deren Geheimnissen mit unpartheiischer Feder in Sendschreiben vorgestellt in Des verbesserten Konstitutionenbuchs der alten ehrwürdigen Brüderschaft der Freimaurer zweiter Theil … von dem Bruder Kleinschmidt. Frankfurt: Andreae 1784, 171-233; ein Auszug – in welchem viele Abschnitte umgestellt sind - bereits in: Anhang Zum Constitutionen-Buch Der Frey-Maurer, 1743, 164-181.
Der zweite Teil siehe: Kurtze Historische Nachricht Von dem Ursprung Der Frey-Maurer Gesellschafft Und deren Geheimnissen, Worinnen zu gleich des Hn. Hellmund so genandtes Christliche Bedencken beantwortet wird. Mit unpartheyischer Feder entworffen, und in Sendschreiben vorgestellt. Zweytes Stück. Franckfurt am Mayn: Bey Anton Hainscheid, 1742.
Vorrede.
Hochgeneigter Leser!
Jedermann ist begierig, die wahre Eigenschaft von den Freimaurern zu wissen, und zwarn um so viel mehr, weilen diese berühmte Gesellschaft auf den höchsten Gipfel menschlicher Glückseligkeit ohne Hinderung zu steigen anfangt. Es gesellet sich dieselbe zu denen vornehmsten Prinzen, und setzet sich mit denenselben auf dem Throne der Macht und des Glanzes nieder. Die menschliche Neugierigkeit wird auch zum Theil mit verschiedenen Schriften gestillt; wenn aber der Leser dieselbe durchgangen, so ist er daraus so klug worden, wie er zuvor gewesen, und noch dazu angeführt.
Mit Rechte kann ich sagen angeführt, weilen gedachte Piecen mit Altpfänsereien und Kinderpossen angefüllet sind, wovor alle vernünftige Menschen einen billigen Abscheu hegen, mithin dieselbe von denen Freimaurern, als geübten Patronen kluger Dinge, nicht zu vermuthen stehen. Denn ein Freimaurer bekümmert sich um reelle Dinge, die zugleich mit einem hohen Geiste der Vernunft vergesellschaftet werden, hingegen müssen Grillenfängereien und lächerliche Possen von ihnen sich entfernen.
Dasjenige, was mir en general von dieser Söcietat bekannt ist, überreiche ich dem hochgeneigten Leser in diesen geringen Blättern, die Schuldigkeit erfordert es, daß wir unserm Nächsten die Wahrheit mittheilen; Also kann sich auch derselbe versichern, daß ich ihm allhier nichts berichte, was ich nicht mit triftigen Gründen zu glauben bin überzeugt worden. Es ist zwar das Werkgen an und vor sich selbst gar klein gerathen, wo ich aber sehen würde, daß es von dem hochgeneigten Leser günstig würde aufgenommen, so könnte (falls sich ein Verleger dazu wollte finden) mit mehr dergleichen Pieren aufwarten, welche sich nach und nach sammleten, daß ein mittelmäßiger Band daraus würde; Ich zweifele auch nicht, daß es in den Geschichten seinen Nutzen haben würde; weilen aber mich in solchen Umständen befinde, daß vors Künftige nichts beschließen kann, so kann auch hierinnen nichts determiniren, sondern muß es lediglich der Zeit und dem Schicksal anheimstellen
Uebrigens wolle der hochgeneigter Leser gütig urtheilen und gewogen bleiben Ex Musaeo Den 8ten Martii 1742.
dem Verfasser.
Mein Herr!
Dero Schreiben habe zu seiner Zeit wohl erhalten. Ich bitte, nicht ungütig zu nehmen, daß die Beantwortung bis hiehin habe verschieben müssen; die Ursachen, welche dieserwegen zur Entschuldigung anführen könnte, möchten die Verdrießlichkeiten seyn, welche mir der Hr. D * * unbesonnener Weise der Edlen Freimaurersocietät halben verursacht hat, dahero es billig auch zu verwundern stehet, wenn man selbsten zurück denket, daß man mit den Augen der Gelassenheit so lange hat zusehen können; doch aber, weilen man weiß, daß der zugefügte Affront aus Unwissenheit geschicht, so kann man es geschehen lassen, um soviel leichterer zu verzeihen, als wenn das Zugefügte aus einem malitiösen Gemüthe herkäme.
Was nun Dero Schreiben eigentlich anbelangt, so begehren Dieselbe von mir zu wissen, und zwar mehr, als ich selbsten weiß, nemlich, den Ursprung und das eigentliche Absehen der Freimaurergesellschaft. Sie können solches nicht besser erfahren, Sie müssen dann selbsten einer werden, welches Sie auch mit gutem Gewissen ohne Verletzung Dero Christenthum thun können. Dasjenige, was mir davon bewußt ist, will ich Ihnen nicht vorenthalten, sondern herzlich gerne mittheilen, besonders da ich mir ein Vergnügen daraus mache, von dieser berühmten Gesellschaft zu reden.
Was nun den eigentlichen Ursprung anlanget, so gehen dieserwegen verschiedene Meinungen in der Welt herum; viele bemühen sich, denselben weit herzuleiten, so viel aber kann ich Ihnen in Wahrheit sagen, daß sowohl der angebliche Ursprung vom Thurm zu Babel, als auch von dem salomonischen Tempelbau, in der That grundfalsch ist, mithin ist es auch ein pur erdichtetes Wesen, was von den Säulen des Tempels Salomonis angegeben wird. (1)
(1) Man will behaupten, daß der Name von zwoen Säulen des salomonischen Tempels das geheime Losungswort wäre, woran sich die Freimaurer erkenneten.
Der eigentliche und wahre Ursprung ist bey dem Schloßbau zu Kensington, ohnweit Londen in Engelland entsprungen, womit es sich also zugetragen hat: Als dieses Schloß gebauet wurde, entstund unter den Arbeitern eine Konspiration wider ihre vorgesetzte Obrigkeit: nemlich, sie wollten alle insgesamt gegen ihre vorgesetzte Befehlshabere, sonderlich wider die Regierung zu Londen rebelliren; Das Mißvergnügen war auch so tief eingewurzelt, daß die Regierung alle ausserordentliche Mittel anwenden mußte; dasselbe entweder in der Güte oder mit der strengen Gerechtigkeit auszurotten. Eine jede Zunft hatte sich zusammengeschlagen, und sich ein gewisses Wort zur Losung, welches bey dem Angriffe sollte gebrauchet werden gegeben. NB Eine jegliche Zunft hatte ein a partes Wort. Diejenige, welche zur Inquisition, oder zu Stillung dieser Rebellion verordnet waren, haben durch eine besondere List gedachtes Losungswort von allen Zünften, ausser nur allein von den Maurern nicht, in Erfahrung gebracht, von welchen letzteren sie es so wenig in der Güte, als durch die Strenge haben erfahren können.
Die Regierung mußte, wie schon gedacht, aus einer gedoppelten Absicht, Gnade vor Recht ergehen lassen, denn das gemeine Volk in Engelland ist nicht zu bändigen, wenn es einmal aufstützig wird, wie solches die Geschichte von Karl Stuart I. und andere mehr zur Gnüge ausweisen: überhaupt aber, wenn man die englische Geschichte von dieser Rebellion etwas genauer einsiehet, so findet man, daß die Aufseher, wider welche das Vorhaben ist eigentlich gemünzet gewesen, selber die Ursache zu diesem Mißvergnügen mit übler Verwaltung der Gerechtigkeit gegeben haben, dahero die Untersucher aus einer besondern Gelindigkeit, um dadurch die Maurer (2) wieder zu besänftigen, dieselbe wegen ihrer Verschlagenheit und gar zu heiligen Verwahrung ihrer Parole öffentlich rühmten, und sagten: Die Maurer sind frey, nemlich sie sind von der verdienten Strafe ohne Gnade frey, die den andern Arbeitern aus Gnaden ist erlassen worden.
(2) Die Maurer machten bey diesem Aufstand den größten Theil aus.
Bey den Maurern erweckte dieses eine solche Freude, daß sie gleichsam aus besondern Verdiensten, und nicht aus Gnaden, waren befreiet worden, daß sie auch nicht wußten, wie heilig, oder wo sie einen rechten heiligen wohlverschlossenen Tabernakul finden sollten, wo sie ihre geheime Parole (3), welche ihnen so viele Verdienste zuwege gebracht, verwahren könnten.
(3) Weilen es ein ungewöhnliches Wort war, so schrieben sie ihm besondere Würkung zu.
Nach langem Bedenken, funden sie endlich an dem damaligen Erzbischof zu Cantelberg denjenigen Mann, welchen sie fleißig suchten; denselben erwählten sie zum Großmeister, und er trug auch kein Bedenken, diese Würde anzunehmen, besonders weilen sie einträglich zu seyn schiene; denn derjenige, welcher unter den Maurern etwas bedeuten wollte, mußte sich in diese Brüderschaft einkauffen, und ein Freimauer werden, mithin ist solchergestalt der Anfang dazu gelegt worden.
Diese neuangelegte Brüderschaft machte grosses Aufsehen, und zwar um so viel mehr, weilen dieselbe ein so grosses Haupt (welcher zugleich Erzbischof in der römischen Kirche war) hatte; dahero viel vornehmere, aus einer blossen Kuriosität, sich dazu schlugen, und sich würklich in den Orden einkleiden ließen, welche nach und nach diese Gesellschaft mit mehreren Geheimnüssen mögen ausgezieret, und auf den höchsten Gipfel menschlicher Glückseligkeit gebracht haben, ohne daß dieselben etwas anders dabey auszuführen in Gedanken gehabt haben. (4)
(4) Viele meynen, daß die Freimaurer ein gewisses Staatsdessein auszuführen intentioniret wären, dieses wäre das Geheimniß, welches sie so heilig verwahrten. Es ist aber dieses nicht wahrscheinlich, denn die Freimaurer sind in aller ihrer Aufführung und Verrichtungen die allerredlichsten Leute, suchen auch nichts zu entrepreniren, was wider die göttliche, weltliche und andere Rechte lauft.
So viel aber kann ich ihnen mein Herr! sagen, daß das Losungswort, welches bey dem Schloßbau zu Kensington von den Maurern zum Angriff ist erwählt worden, eins von den vornehmsten und größten Geheimnissen ist, welches die heutigen Freimaurer noch beschwören müssen. Und daß diese Societät auf den höchsten Gipfel menschlicher Glückseligkeit gestiegen, werden Sie um so viel weniger in Abrede seyn, weilen sich zum Theil die mächtigsten Häupter selbsten dieses Ordens nicht schämen.
Der Zeitungsverfasser zu Erlangen gehet noch weiter, er prophezeihet recht was Gutes und Glückseliges vor die Welt aus dieser Gesellschaft, und daß es noch viel besser mit der Gemeine werden würde, wann die gottesgelehrte Männer, die Geistlichen (5) selbst, den Freimaurerorden annähmen.
(5) Ich will zwar nicht in Abrede seyn, daß dem Publiko durch die Freimaurer einige Dienste mit der Zeit könnten geleistet werden; daß aber die Geistlichkeit etwas nutze dabey seyn, sollte, das kann ich nicht absehen, denn es ist nichts Geistliches unter derer Freimaurer Geheimnisten begriffen; denn wenn es geistliche Geheimnisse und nöthige Stücke zur Seligkeit wären, so wäre es unverantwortlich, daß sie selbige der Christenheit entzögen. Ich habe auch ein besser Vertrauen, als dieses, zu denen Freimaurern; denn sie machen sich eine Freude daraus, daß es allen Menschen wohl gehet; folglich sie sich noch ein grösser Vergnügen daraus machen würden, so viel Millionen Menschen ewig glückselig zu machen. Da nun dieses nicht ist, so ist nichts anders zu schließen, als diese Gesellschaft bestehe aus Geheimnissen natürlicher Dinge, zu deren Ergründung keinesweges die Geistlichen gehören; Es wird auch viel besser stehen, wenn dieselbe bey ihrem Arisiotele oder scholastischen Philosophie bleiben, womit die mehresten, allem Ansehen nach, auch zufrieden seyn werden.
Was nun den Zweck oder das Absehen der Freimaurer betrift, so kann ich eigentlich nichts Specielles davon gedenken; derjenige, welcher einer werden will, oder einer werden kann, wird solches am ersten und besten erfahren können; überhaupt aber bin ich der Meinung, daß, weilen die Freimaurer rechte gute Leute sind, welche viele Tugenden besitzen, ihr Absehen auch recht gut seyn müsse. Was Herr Anderson und andere Skribenten mehr von eigentlichen Umständen des Absehens melden, scheinet mir gar zu zart oder kindisch zu seyn, und glaube ich keinesweges, daß die Freimaurer solchen Kinderpossen nachgängeln, sondern bin vielmehr überzeugt, daß ihr Absehen auf wichtigere Dinge gehe, die da jedermann können glücklich machen, ohne daß dem Dritten oder dem Nächsten Schaden dadurch zugefügt werde. (6)
(6) Die Meinung, daß die Freimaurer in, Staatssystemate eine Reformation suchten, ist in der Anmerkung (4) schon widerlegt worden.
Dasjenige, was sich an einem gewissen Ort, woselbsten die Freimaurer sich festgesetzet haben, mit der Bierkanne zugetragen, beruht zwar in der Wahrheit, allein man kann doch nichts Böses vor die Freimaurer daraus ominiren; dann es kann sich natürlicher Weise begeben haben, daß die hölzerne Kanne ist in Stücken gesprungen, und ein natürlicher Wind hat ohne allen Zweifel das Licht (7) ausgelöscht;
(7) Eine lächerliche, doch wahrhafte Geschichte hat sich an einem gewissen Ort mit einem Freimaurer-Logenmeister und dem Kammerdiener daselbst zugetragen. Die Relation, die mir von einem glaubwürdigen Freunde dieserwegen ist überschrieben worden, lautet also: Hochedler etc. etc. "Sie wissen, daß die Freimaurer allhier ein grosses Aufsehen machen. Der Lerm ist vor etlichen Tagen noch viel grösser worden: Denn als der Meister (welcher diejenige, so Freimaurer werden wollen, creirt) zu einem gewissen Kammerdiener, M. gieng, und denselben zum Ordensbruder bereden wollte, so fragte der Kammerdiener denselben: ob ihm nicht beliebe, ein Glas Wein zu trinken, welches er aber deprecirt, und ein Glas Bier dagegen verlangte; Hiemit war der Kammerdiener gleich fertig, und ließ über die Strasse in einem bekannten Bierhause, in einer sächsischen hölzernen Kanne, welche vor wenig Tagen erst neu gekauft war, eine Kanne voll Bier holen, sobald solches in die Stube gebracht wird, springt die Kanne von selbsten in Stücken, und verschüttet alles Bier, ohne daß dieselbe einen Schlag oder Stoß leidet. Das Merkwürdigste hierbey ist, daß es geschehen ist sehr nahe vor den Füssen des Freimaurermeisters, welchem eben hatte eingeschenkt werden sollen. Hierbei ist es nun nicht geblieben; denn weilen es Abend war, so wurde ein Licht hereingebracht, welches sich von selbsten auslöschte, als es auf dem Tische schon eine Zeitlang gebrannt hatte, und einen grossen Gestank hinterließ: Der Freimaurermeister soll selbsten über diese fatale Begebenheiten sehr bestürzt geworden seyn, auch gesagt haben: Er sähe schon, daß da nicht der rechte Ort sey, mit dem Herrn Kammerdiener von einer wichtigen Materie zu sprechen, er wollte den andern Tag bey Hofe mit ihm davon reden. Hierauf seye er weggegangen. Und man seye nicht im Stande gewesen, das Licht wieder anzubrennen, und demselben damit hinaus zu leuchten, wie viel man sich auch bemühet, so habe man doch die Oellampe nehmen müssen. und dem Herrn S. damit hinaus geleuchtet.
Der Hr. M., seine Frau und Schwiegermutter haben mir alle insgesamt diese Begebenheit, welche ohnedem durch die ganze Stadt bekannt ist, erzählet, und ein jeder urtheilet daraus: dieses sey ein Mirakul gewesen, welches von der Freimaurergesellschaft abgemahnet habe. Womit ich verharre etc."
Was ist aber aus dieser Begebenheit zu machen? Sie kann in allen Fällen natürlicher Weise sich ereignen, in der That ist auch nichts Uebernatürliches darinnen anzutreffen.
überhaupt ich kann aus dieser Begebenheit, nichts machen; man kann dieselbe mit eben so vielen Gründen sowohl vor die Freimaurer gut, als bös auslegen: Was noch mehr ist, so haben die Freimaurer eben so viel Recht zu sagen, die Kanne und das Licht haben anzeigen wollen, daß der Kammerdiener ihren Orden nicht wehrt sey, als wie dieser noch beständig die Gedanken heget, und zu sagen sich nicht scheuet, die Kanne und das Licht waren göttliche Zeugen und Boten gewesen, die ihn von dieser Gesellschaft abgemahnet hätten. Es ist aber nichts Göttliches -bey der ganzen Komödie zu finden, vielweniger eine Spur übrig, welche noch einige Gedanken erwecken könnten; dann es ist nichts Neues, daß Leute gestorben, auch nicht das erstemal, daß Kannen zerbrochen, (8) und Lichter ausgelöschet sind.
(8) Sogar sind die Kannen bey der Hochzeit zu Kana in Galiläa nicht ganz geblieben, worinnen der Weltheiland das Wasser in Wein verwandelt hat. sintemalen zu Magdeburg in der Metropolitan- oder Domkirche nur ein Stück davon vorgewiesen wird.
Wiewohl es ist ein unzeitiger und ein niemals überlegter Eifer, den er wider die Freimaurer blicken läßt; mit einem Wort, die Kräfte der Vernunft mangeln, weshalben dann auch das Judicium, (welches man doch in gegenwärtigen Umständen suspendiren sollte) so man über die Freimaurer fällt, eben sich nicht schicken will, massen man die Freimaurer recht unschuldig im höchsten Grad beleidiget, und ihnen dieses und jenes unchristlicher Weise imputiret. Die Freimaurer aber machen sich nichts daraus, und lassens doch denjenigen nicht entgelten, welcher sie durch einen gefärbten oder beschmutzten Kristallen betrachtet. NB. Was ein solcher Mensch durch einen solchen Kristall erblickt, siehet der Farbe oder dem Schmutz ähnlich, womit der Kristall geschmiert ist.
Die Freimaurer haben auch ein rechtes Mitleiden mit diesen Leuten, und wünschen ihnen eine bessere Konduite, und eine schwerere Vernunft. Wiewohl es wäre besser gethan, wann diejenige Menschen, welche sich nicht zu helfen wissen, dabey ihnen die Kraft der Vernunft und Ueberlegung mangelt, und überhaupt von einem konstruktionsmäßigen Syllogismo nichts wissen, sich alles Beurtheilens enthielten, womit also nicht allein in einer wohlbestellten Gemeine, ein friedliches Vergnügen erhalten würde, sondern auch selbsten die schwere Sünden der Beleidigungen u. a. m. blieben unterwegen. Es ist solchen oftgedachten vernunftschwachen Leuten keiner recht, der Momus [Gott der Tadelsucht und der Satire] ist ihr Götze, welchen sie täglich, ohne daß sie es selbst wissen, verehren, und die Opfer von dem Rauchaltar der Lästerung bringen. Sie halten es sich vor einen Schimpf, wann sie von einem Geübten oder Gelehrten auf die rechte Spur gewiesen werden, ihr Geld macht ihnen den Dünkel, und wann es dann und wann geschicht, daß ein Litteratus von ungefehr ihnen die wahre Eigenschaft demonstriret, so wird er ausgelacht, und vor einen solchen gehalten, welcher sich in den Studiis vertieft habe.
In den Kaffeegesellschaften, sonderlich wann selbe von alten Frauen zahlreich ist, so muß dieser und jener herhalten, der eine weiß dieses, der andere jenes. Zum Exempel: Des einen seine Schreibfeder wäre besser als der ganze Körper und Kopf. Von der Mensur oder von dem Perpendikul der Feder wissen sie nichts. Der andere siehet wohl aus, nur man kann nicht klug aus ihm werden, er defendiret die Freimaurer, ich glaube, er ist selber einer, gottlos genug ist er dazu, er will niemal von der Religion reden, und ich glaube gar, er wird keine haben. Wann er ein Freimaurer ist, fängt der dritte an: So hat er freilich keine Religion, dann das sind lauter Atheisten.
Also, mein Herr! müssen viele redliche Menschen, sonderlich die Freimaurer, in der Welt herhalten: Also, sage ich, werden sie von denjenigen lraktirt, die da Christen seyn wollen, und haben in der That sich noch nicht als Menschen erzeigt. Dann was sonst Aristoteles von solchen sagt: Sie sind Statuen, die da nur das Ansehen von einem Menschen haben, u. s. f. Man thut den Freimaurern gewiß unrecht, wann man sagt, sie wären Atheisten; sintemahlen ihr vornehmster Gesetzespunkt gebietet, daß sie keinen Atheisten in diesen Orden aufnehmen sollen. Wann man diese Feinde der Freimaurergesellschaft in ihrem Momuskollegio so sitzen siehet, und raisoniren höret, so muß man billig das größte Mitleiden mit ihnen haben; massen sie unmögliche Dinge defendiren wollen.
Vor nicht gar zu langer Zeit hatte ich das Glück, mich in einer solchen Gesellschaft zu befinden, so erzählte einer, daß eine gewisse Staatskarosse hundert, und das Pferdegeschirr fünfzig Centner gewogen hätte; das Meiste an dieser Karosse war Silber; mit einem Wort, er brachte die Karosse unter die Welt. Wunder! wie man denselben nun überführen wollte, so wollte es doch nichts fruchten, er behauptete nicht allein mit allen Kräften seine Relation, sondern begieng durch dasselbe noch ärgere Sotisen, nemlich, er wollte behaupten, die Möglichkeit, welche er bey einem gewissen Mathematiko.wollte gelesen haben, daß man eine Maschine könnte machen, womit man die halbe Erdkugel in die Höhe treiben könnte. Ob nun dieses gleich noch toller, als der Thurmbau zu Babel war, so wollte er doch so viel nicht thun, daß er durch die allervernünftigste Vorstellung sich einigermassen von dieser Meinung ließ abbringen oder überführen, sondern blieb recht verstockt bey seiner Defension.
Ich bedaure es zwar einestheils von Herzen, daß der Freimaurerorden von so vielen unverständigen Leuten alles Uebel erdulden und leiden muß; anderntheils kann ichs auch nicht bergen, daß es mir einigermassen lieb ist; meine Betrübniß, die ich habe, rühret aus einer billigen natürlichen Regung her; dann weilen die Götter der Erden, welchen man aus einer sonderlichen Geblütsregung (9) alle Submißion und Devotion leistet, zum Theil selbsten als hellscheinende Planeten an dem schönen Ordenshimmel der Freimaurer stehen, so kann ich nicht umhin, meinen Verdruß darüber an den Tag zu legen; sintemahlen diese grosse Sternen in dem Orden von einigen bösen Menschen (welche ihre zeitliche Wohlfahrt doch lediglich gedachten Sternen zu danken haben, und noch darzu ihr Brod essen,) in Person durch den Freimaurerorden angegriffen und beleidiget werden.
(9) Daß wir vor die Landesherren alle Hochachtung hegen, und bereit oder willig sind, denenselben in allem zu dienen, solches liegt uns Menschen gleichsam im Geblüte; mit einem Wort, es wird uns mit der Muttermilch eingeflösset, daß es unsere Schuldigkeit ist, die Landesherren zu ehren. Wiewohl solches von denjenigen, welche sich in ihren Verrichtungen wie Unmenschen aufführen, nicht kann verstanden werden.
Dasjenige Vergnügen aber, was ich darüber, jedoch mässiglich, habe, kann ich ihnen, mein Herr! auch nicht bergen, ich hoffe, daß die Freimaurer hiedurch gewitziget werden, sich ins Künftige in ihrer Wahl behutsamer aufführen, und zuvor die Geister erst besser prüfen lernen; dann es giebt qualificirte Leute genug in der Welt, womit man den Orden zieren kann, man braucht eben just diejenige nicht zu nehmen, welche reiche Einkünfte haben.
Mein Herr! Sie werden mir zwar einwenden, daß ein Armer kein Freimaurer werden könne, massen ihm die erforderlichen funfzig Rthlr. welche er bey Annehmung dieses Ordens erlegen müsse, mangelten, und ohne diesem Gelde könnte niemand dazu gelangen. Auch wider dieses muß ich als eine Unwahrheit, welche man den Freimaurern zum Nachtheil anhänget, protestiren. Es ist zwar wahr, daß die Vermögende bey Annehmung dieses Ordens fünfzig Rthlr. in die gemeinschaftliche Kassa erlegen müssen, welche auch in gemeinschaftlichen Ausgaben wieder verwendet werden. Hingegen aber wird auch den Unvermögenden, welche des Ordens würdig sind, die ohnentgeltliche Auf- und Einnahme nicht versagt. Ich hoffe, es wird diese Weise nicht zu tadeln, sondern vielmehr zu loben seyn. Es müssen ja diejenige, welche einen geistlichen Orden annehmen, etliche tausend erlegen, ehe sie selbigen erlangen, und müssen die qualificirteste Subjekta, wann ihnen die Gelder mangeln, zuweilen zurückstehen, welches doch aber bey den Freimaurern nicht ist. Ich wüßte also nicht, wo auch allhier in diesem Stück der Freimaurergesellschaft ein Exceß beizumessen wäre.
Diejenige, welche sich allhier etwa mögen als Verehrer des Momi getroffen befinden, die nehmen mir meine herausgenommene Freiheit nicht vor übel; Ich hoffe, ihnen auch nicht wehe gethan zu haben, welches niemahlen mein Vorsatz ist; daß ich aber allhier an sie gedenke, geschicht darum, weilen ich nicht mit gleicher Münze bezahlen kann, noch darf. Alte Weiber- (10) Gesellschaften besuche ich nicht, und gesetzt auch, ich käme von ohngefehr darzu, so dürfte ich doch mich soweit nicht vergehen, und mit gleicher Münze bezahlen; wiewohl ich aber auch nie will verredet haben, bey aller Gelegenheit also, wie allhier geschehen, Führer oder Leiter über diejenige abzugeben, die weniger von diesen und andern Sachen, als ich, wissen; vielleicht kommt noch die Zeil, daß viele klüger werden.
(10) Ich will allhier keineswegs dieses als eine Schmähung wider die alte Frauen angesehen haben, ich habe vor das ehrwürdige tugendvolle Alter allen schuldigen Respekt und Hochachtung, die alte Frauen, welche vernünftig sind, werden sich hierüber auch selber zu bescheiden wissen, daß sie als schwache Werkzeuge zu keiner wichtigen Sache können gebraucht werden.
Damit ich wieder in meine vorige Ordnung komme, so muß ich Ihnen auch hiemit eine Sache, welche sich eben, falls mit den Freimaurern an einem gewissen, und nicht gar zu weit von hier entfernten Orte, hat zugetragen, berichten; sobald wie der Meister allhier eine Loge etabliren wollte, so wurde demselben ein Stuck Zink (11) zugestellt, (NB. die Leute stehen dorten, wie überall, in dem Wahn, daß die Freimaurer Adepti oder Goldmacher sind,) um dasselbe durch ihre geheime Kunst zu verbessern, oder hoch zu gradiren.
(11) Zink ist ein weisses Metall, welches sehr hart und in der Härte kein Metall gleich hat; in Engelland hat man es am ersten gefunden, es ist weiß wie Zinn, dabey sehr flüssig, und kann gar leicht geschmolzen werden. Die Engelländer haben die Kunst erfunden, ihr Zinn damit zu verbessern, welches auch bis diese Stunde vor andern den Vorzug hat; wenn wir die Methode zum Präpariren, und die Quantität des Zusatzes von diesem Zink wüßten, so könnten wir unser Zinn eben so gut machen, als die Engelländer das ihrige. Dieser Zink wird nunmehro auch in Teutschland, sonderlich auf dem Harze bey Goßlar, gegraben, woselbst man es unter dem Namen goßlarischen Spieauter bekannt gemacht hat. Den Alchymisten ist diese Materie sonderlich bekannt, massen dieselbe den Stein der Weisen darinnen zu finden vermeynen, sonderlich weilen diese Materie dem Kupfer eine schöne hochgelbe Farbe mittheilt.
Sie nahmen es mit Freuden an, versagten es auch keinesweges ihre Kunst nach ihrer angebohrnen Willigkeit an diesem Stück Zink sehen zu lassen; sie nahmen denselben mit in ihre verschlossene Loge; Mein Herr wird mir auch Beifall geben, wann ich dieser verschlossenen Loge den Namen einer chymischen, mit dem hermetischen Siegel gesiegelten Phiole gebe; damit ichs nur kurz mache, sie steckten diesen Zink in gedachte gesiegelte Phiole, fiengen auch an zu treiben, und ließen es durch die Feuergradirung gehen;. wie selbiges vollendet war, und die Phiole wieder geöfnet wurde, fande sich zur Verwundrung aller chymischen Kenner, daß sich der Zink in prima Materia verwandelt hatte. Nun wissen mein Herr, daß die Chymisten ein grosses Wesen davon machen, und es vor ein groß Kunststück halten, ein Metall in die erste Eigenschaft wieder zu verwandeln. Allein, weilen es wenige Naturkündiger an gedachtem Ort giebt, so wurde dieses Kunststück der Freimaurer auch durch ein schon gedachtes gefärbtes Glas, nemlich mit einfältigen Weiberaugen angesehen. Die Besitzerin empfand es gar übel, daß man ihren Zink in die erste Eigenschaft wieder gebracht hatte, und weilen sie es nicht kannte, so sagte sie: es ist mein Zink zu einem Mauerstein worden; Ich will absolute keinen Mauerstein haben, mein Zink ist mir lieber! Mit einem Wort, das Weib wollte närrisch werden, und weil sie eine Regentin war, die das Hosenregiment führte, so war der Lerm um so viel ärger, sie bildete sich ein, daß sie durch diese Veränderung einen grossen Abgang in ihrer eingebildeten Regierung verlieren möchte. Besondere Eheteufel und geschworne Erzfeinde der Freimaurer bestärkten sie in ihrem eigensinnigen unvernünftigen Wahn, und brachten sie fast in die größte Desperation; besonders da sie hörte, daß es denen Freimaurern unmöglich fiele, den eingebildeten Mauerstein wieder in Zink zu verwandeln. Was war aber zu thun, man mußte es ihr einbilden, daß es nach ihrer Redensart kein Mauerstein mehr, sondern wieder Zink wäre, womit sie dann endlich sich zufrieden gab, und in einer öffentlichen Kaffeekompagnie es rühmte, daß ihr Zink nichts freimaurisches mehr an sich habe. (12)
(12) So viel kann eine eingebildete Thorheit verursachen. Es giebt Frauen, deren Männer diesen Orden angenommen, welche nicht eher haben ruhen können, bis sie gesagt, sie hätten sich dieses Ordens wieder begeben, worauf dann diese Weiber eine sonderbare Eigenschaft in den Karessen währender Freimaurerschaft wollen verspüret haben.
Was die Methode anlangt, wie ein Freimaurer creirt wird, so wissen mein Herr schon, daß solches ein besonders dazu constituirter Meister thun muß; es wird auch eine gewisse Anzahl Gesellen und Jungen (13) erfordert, die Gesellen und Meister haben ein gelbes Schurzfell angeschnallt, worinnen der silberne Hammer, Keule und übrige Maurergeräthschaft hänget; an dem Halse haben sie einen kristallinischen Stern an einem himmelblauen Bande hangen, welches die Ordensbrüder bey ihrem Aufzuge um so viel annehmlicher machet.
(13) Bey den Freimaurern giebts Gesellen, Meister und Jungen, wie bey den andern Maurern auch.
Das Zimmer, worinnen der Actus vorgeht, ist mit zweien Thüren wohl verwahrt, inwendig steht ein Schwerdtträger mit einem blossen Schwerdt, desgleichen auswendig auch, und lässet der auswendige niemanden in die Loge hineinpassiren, der sich nicht mit der geheimen Parole legitimiren kann; wenn nun der neue Ordensbruder ist hereingebracht worden, so wird er mitten im Kreis dazu gemacht, er selbsten muß auf den Knien liegen, der innere Schwerdträger stehet mit dem blossen Schweröle vor ihm, und also muß er den Eid aufschwören, welches das allererste ist, was ein neuer Freimaurer thun muß, ehe ihm von dem Geheimniß das mindeste anvertrauet wird. (14)
(14) Es ist eine sehr schwere Eidesformul, welche dieselbe aufschwören müssen, viele werden durch diese Eidesformul abgeschrecket.
Nun weiß ich wohl, daß mein Herr es misbilligen, daß man zuvor den Eid leisten muß, ehe man ein Freimaurer wird, oder das Allergeringste vor den Geheimnissen erfahret. Es ist dieses mehr zu loben, als zu tadeln, besonders wenn die Freimaurer zuvor versichern, daß es an der Seligkeit nicht schädlich sey. Ein Staatsminister und alle andere Civil- und Militairbediente müssen zuvor den Eid der Treue ablegen, ehe ihnen noch das Geringste von ihrer Funktion anvertrauet wird, man kann es ja bey den Freimaurern auch also nehmen.
Daß mein Herr aber meynen, der Orden würde durch die darinnen aufnehmende Laquaien, Laufer und Jäger zu gemein oder niedertrachtig gemacht, hat einiger massen zwar wohl seinen Grund, Dieselbe sehen auch, worüber ich daroben klage; allein ich kann doch nicht absehen, warum gedachte Leute von dem Orden sollten verworfen werden, denn es müssen doch die Freimaurer Bedienung in der Loge haben, wozu Zweifelsohne auch niemand als ein habiler Bedienter geschickter ist, überhaupt will ich ihnen einen kurzen Auszug, aus des Hrn. Präcope, eines englischen Medici und Poetens Schutzrede vor die Freimaurer allhier in unsrer teutschen Muttersprache mittheilen, welche aus seinem in englischer Sprache geschriebenen Buche übersetzt habe und also lautet:
„Wie? meine Brüder! könnet ihr wohl vertragen, daß unsere vortrefliche Gesellschaft ohne Aufhören die größten Verläumdungen treffen sollen? Nein, es ist zu viel, daß wir in so ehrenrührigem Verdacht stehen müssen: gestattet dahero, daß ich allen anzeige, was Freimaurer sind, die Leute unsers Ordens geben sich jederzeit zu erkennen, und ich will eben durch meine jetzige Reden darthun, daß ich von solcher Zahl seye.
Was ist aber ein Freimaurer? Sein Portrait ist dieses: Er ist ein guter Bürger, ein Unterrhan voller Eifer, seinem Fürsten und dem Lande getreu, und noch mehr, ein vollkommener Freund. Bey uns herrschet eine Freiheit, die der Wohlanständigkeit stets unterworfen bleibet, dabey genießen wir der Lust, aber also, daß der Himmel nicht dadurch beleidigt wird. Obgleich unsere Ergetzlichkeiten vor den Augen der Leute verborgen sind, so verbindet uns doch der Orden zu den strengsten Gesetzen; Die Freimaurer haben keine Gewissensbisse, noch Traurigkeit zu befürchten.
Der Zweck, worauf unsere Absichten gehen, ist, die Asträam zu uns zurück zu bringen, und die Menschen wiederum in den Stand zu setzen, darinnen sie zu den Zeiten der Rheä waren; wir folgen der Bahn, worauf heutiges Tages nur Wenige gehen; wir suchen zu bauen und alle unsere Gebäude sind entweder Gefängnisse vor die Laster, oder Tempel für die Tugenden.
Schließlich will ich uns bey denen Schönen rechtfertigen, die uns darum strafen wollen, daß wir sie nicht unter uns aufnehmen. Es „ist ihnen zwar verboten, in unsere Hauser zu tretten; allein darüber dürfen sie nicht zornig werden, vielmehr werden sie uns loben, wenn sie unsere Ursachen anhören. Wir haben vor das schöne Geschlecht alle Hochachtung und schuldigen Respekt, aber wir fürchten uns auch vor sie alle, und unsere Furcht ist rechtmässig."
Die erste Lektion, die man uns giebt, ist, daß Adam aus euren Händen den Apfel empfangen, und das, wo ihr nicht gerathen und gethan, vielleicht jedermann als ein Freimaurer würde gebohren werden.
Quid verum atque decus [besser: decens] curo & rogo, & omnis in hoc sum Virtutis verae custos rigidusque satelles Et mihi res, non me rebus, submittere [besser: subiungere] conor. Horat. Epist. L. I. v. 11. 17.19.
Was wahr und ehrbar ist, das halte ich für gut; Der Tugend opfre ich aufrichtig Herz und Muth. Ich lebe frey dabey, und suche mir die Sachen, Den Sachen aber mich nicht unterthan zu machen.
So viel mag vor diesesmal von den Freimaurern genug seyn. Mein Herr werden aus diesem schlechten Abriß eine Idee sich zu machen wissen; überhaupt werden mein Herr bessere Gedanken vor die Freimaurer bekommen, wann sie diese oder jene Umstände genau mit der Würklichkeit oder Eigenschaft untersuchen, sie dürfen nur ihre Augenmerke selbsten auf einige bekannte Freimaurer legen, diejenige, so an dem Regierungsruder sitzen, werden sie finden, daß es die besten Regenten sind, die da Recht und Gerechtigkeit lieben, und ohne Ansehen der Person die Justitz verwalten, auch überhaupt Meritirte mit ihrer Gnade überschatten; mit einem Wort, mein Herr werden finden, daß diejenige Regenten gleichsam vollkommen sind und kein machiavellisches Regiment führen, diejenige Freimaurer, welche im bürgerlichen Stande leben, die werden auch ein solches Leben führen, daß mein Herr vollkommen damit vergnügt seyn werden.
Vor diesmal will ich abbrechen. Wenn die Zeit und Gelegenheit es geben will, so werde mehrmahls mir die Freiheit nehmen, und dasjenige, was zu den Geschichten der Freimaurer gehöret, berichten. Womit bis dahin verharre etc.
Vorstehendes Schreiben blieb nicht lange unbeantwortet, er überschickte noch mehrere Posten, welche er von mir aufzulosen begehret; Ich habe ihm auch nach meiner Wenigkeit darinnen gewillfahret, wie solches aus folgendem eingelaufenen Schreiben, und von mir wieder abgelassenem, zu ersehen stehet.
Mein Herr!
Ich habe Ihr Schreiben mit Vergnügen durchlesen, bin auch vor die gegebene Nachricht gar sehr verbunden, allein mich dünket, Sie sind gar zu partheiisch in dieser Sache, und geben einen rechten Defensor vor die Freimaurer ab; dahero ich Ihnen gar offenherzig gestehen muß, daß ich denenselben noch nicht geneigt seyn kann, massen mir vor einigen Tagen glaubwürdig ist berichtet, daß der fromme Theologus S. zu K. wäre gezwungen worden, in diese Gesellschaft zu treten. Desgleichen, daß zu G. einFreimaurer in öffentlicher Unzucht wär ertappet worden, welcher sich aber eben nicht sonderlich viel daraus gemacht habe, sondern solche vor eine frey erlaubte Uebung seiner Gesellschaft gehalten. Wie kann ich nun eine solche Societät gut heissen, da sie sich ihrem Vorgeben nicht gemäß erzeigen? Dann sie sagen, daß sie kein Glied gezwungen annehmen, sondern es müßten dieselbe alle freiwillige Glieder seyn, anjetzo aber erscheinet accurat das Gegentheil. Es ist auch ihrem Nahmen nicht gemäß, den sie führen, ja den Nahmen Frei - und nicht gezwungene Maurer.
Was nun dasjenige in der Unzucht ertappte Glied anlangt, so ist solches ohnmöglich in der Christenheit zu dulden, oder zu billigen; Mein Herr! Sie werden mit selber, wann Sie es reifer erwogen haben, beipflichten, daß es nicht unrecht wäre, wann man den ganzen Leib mit allen Gliedern aus der Wurzel ausreutete. (15)
(15) Unser gute Freund meinet, oder will so viel sagen, daß es der Billigkeit gemäß wäre, wenn man die Freimaurer gar nicht duldete, dieselbe mit Spieß und Stangen verfolgte, und gänzlich ausrottete. Es sey aber der Allmächtige Gott ewig gelobt und gedankt, daß wir anjetzo in solchen eisernen, rauhen und ungeschmolzenen Zeiten nicht mehr leben
Sie nehmen mir nicht übel, daß ich meine Gedanken Ihnen ohne Heucheley eröfne. Ich bitte, Sie wollen mir Dero Meinung hierüber wieder zukommen lassen. Desgleichen wollen mein Herr doch auch so gütig seyn, und etwas Weniges von den Ceremonien, die bey Machung eines Freimaurers vorgehen, gedenken; Ich habe mir sagen lassen, daß es, wie bey allen Zünften. an vielen unchristlichen Misbräuchen nicht mangelt. Ich habe zwar noch eines und das andere, worüber zu einer anderen gelegenen Zeit anfragen, und Dero Gutachten darüber mir ausbitten werde. Vor jetzo aber verharre in aller Ergebenheit etc.
Mein Herr!
So bald mir Ihr Antwortschreiben durch den Briefträger eingehändigt wurde, bildete ich mir schon die Antwort ein, und konnte schon wissen, ehe dasselbe einmal gelesen habe, daß Sie mit einem nicht gar günstigen Ausspruch vor die Freimaurer, und vielen Anfragen nach wächserner Nasen- (16) Gestalt wieder aufgezogen kämen.
(16) Wächserne Nase ist ein Sprichwort, welches man zu sagen pflegt, wenn die natürliche Billigkeit mit besondern Kunstgriffen in die Unbilligkeit verwandelt wird.
In Wahrheit, es wäre nicht gut, daß mein Herr zum allgemeinen Richter über die Freimaurer bestellt würden; dann bedenken Dieselbe doch einmal selbsten, was würde dadurch vor ein Jammer und Elend in der Welt angerichtet, und wie viele tausend Menschen müßten ihr Leben jämmerlich einbüssen. Ich traue Ihnen schon so viel zu, daß Sie wenig Barmherzigkeit vor die Freimaurer würden übrig haben, wie ich auch ohne dem weiß, daß Sie vor die Juden mehrere Neigung, als vor die Freimaurer, haben; welches, wie ich Ihnen doch gar oft demonstrirt (17) habe, accurat wider alle, ich sage wider alle göttliche, weltliche und natürliche Rechte lauft.
(17) Man kann in der Christenheit viel eher, und mit besserm Gewissen Türken, Heiden, und alle andere Sekten, wie sie auch Namen haben mögen, als die Juden dulden. Denn 1) ist den Juden mir der Muttermilch auf eine gotteslästerliche Art eingeflösset, daß der Weltheiland, Christus Jesus, nicht der wahre Messias, sondern, nach ihren bösen Redensarten, ein Betrüger sey; 2) sind alle ihre Bücher, besonders der Talmud, voll von dieser Gotteslästerung; 3) so wird kein Sabbath von ihnen gefeiret, an welchem sie nicht diese und andere gotteslästerliche Redensarten in ihren Schulen predigtweise vorbringen.
Können wir nun dieses in der Christenheit leiden, so können wir auch allen andem gedachten Sekten mit vielem bessern Recht die Toleranz als den Juden verstatten; denn ein Türk hält zwar seinen Mahomet vor den größten Propheten, dem aber ohnerachtet erkennet er doch Christum auch als einen grossen Propheten, mithin doch nicht auf den gebenedeiten Weltheiland lästert, als wie die Juden thun; Desgleichen ein Heide weiß von Christo nichts, weilen er aber der Vielgötterey ergeben ist, und hört von Christo, so ist gleich sein Schluß: vielleicht ist Christus ein Gott, welcher den Christen bekannt ist, mithin wird auch keine Lästerung von ihm begangen; Daß man aber die Juden mit Gewalt ausrotte. und dieselbe mit Spieß und Stangen oder mit Feuer, wie in Spanien, geschicht, zum Christenthum bekehren sollte, ist meine Meinung ganz und gar nicht, denn dadurch würde nur die edle Freiheit, welche von dem Schöpfer in die Natur ist gepflanzt worden, gestöhrt und unterdruckt, sondern die gottesgelehrte Männer, die apostolische Diener, sollten in ihrer Vorgänger Fußstapfen tretten, und in allen jüdischen Versammlungen das Evangelium predigen, so würde der Heil. Geist zu Hülfe kommen, der Juden harte Herzen erweichen, und eine freiwillige Neigung, von ihrem Unglauben abzustehen, einpflanzen.
Ueberhaupt wüßte ich nicht, wie ich auf Leute, die mir nichts zu leide gethan haben, und deren Grund mir ganz unbekannt ist, eine so grosse Feindschaft werfen sollte. Sie selbst, mein Herr! können nicht sagen, daß Sie frey sind, sondern Sie sind vielmehr ein Sklave von Ihren Neigungen; denn wenn Sie die Leidenschaft, welche Sie wider die Freimaurer hegen, untersuchen, so werden Sie niemals den rechten Ursprung finden können, sondern werden sagen müssen, Sie wüßten selbst nicht, warum Sie eine Feindschaft wider dieselbe hätten. Mithin nothwendig folgen muß, daß die Neigungen über Ihnen eine freie Beherrschung haben, und Sie von denselben einen Sklaven abgeben. Ich lasse jedermann, und auch Sie selbst, urtheilen, ist es nicht besser, daß unsere Neigungen Sklaven, und wir von denselben freie Beherrscher sind? Sie werden mir aber einwenden: Wo ist derjenige zu finden, welcher sich eine Freidisposition über seine Affekten erwerben kann? Ich antworte Ihnen: Sie treffen solche Tugend in einem Freimaurer an, derselbe hat sich eine freie Beherrschung über seine Neigungen durch die Freiheit erworben.(18)
(18) Von dieser Freiheit wird weiter unten ein mehreres gedacht werden.
Sie werden mir zwar darauf die Unmöglichkeit einwenden, auf diese Art eine Beherrschung der Neigungen zu erwerben; ich werde aber nicht ermangeln, an Ort und Stelle die Möglichkeit Ihnen dermassen vorzustellen, daß Sie gar leicht (wo Sie anders der Wahrheit Platz geben wollen,) derselben werden beipflichten können. (19)
(19) Wer überhaupt mehrere Erläuterung insbesondere oder öffentlich in christlicher Liebe über dieses Scriptum verlanget, dem soll jederzeit damit gewillfahrt und aufgewartet werden.
Damit ich aber die Schranken einer beliebten Kürze nicht überschreite, so will zu denjenigen Fragen, welche Sie mir in Dero Schreiben vorgeleget haben, wieder zurückkehren, und dieselbe vorgeschriebenermassen, so gut als ich kann, abhandeln. Erstlich verlangen Sie meine Meinung von dem Berichte, so Sie wegen Herrn S. überkommen haben. Zweitens wollen Sie auch gleichsam das Todesurtheil über den zu G. in der Unzucht ertappten Freimaurer von mir haben. Und letzlich soll ich Ihnen einen historischen Bericht von den üblichen Ceremonien, die bey Machung eines Freimaurers observiret werden, geben. Ich finde mich auch verbunden, daß ich hierinnen Ihnen einen unpartheiischen Bericht, nach der von mir versicherten Wahrheit, erstatte. Zuvor will ich mir ausdrücklich vorbehalten, daß Sie mich nicht mit den Augen der Partheilichkeit betrachten, noch mir glauben, als ob ich ein gevollmächtigter Defensor von den Freimaurern wäre. Nein! man hege die Gedanken nicht von mir, die Freimaurer bekümmern sich wenig darum, ob sie geliebet oder gehasset werden, ihr Gewissen ist von aller Bemakelung frey, und ihre Last gleichet der schweren Bürde eines gedrückten Palmbaums.
Was nun die Geschichte von Herrn Th. S. und die Eintretung in diese Gesellschaft anbelanget, so sind mein Herr in Wahrheit ganz unrecht berichtet. Dieser Herr ist keinesweges darzu gezwungen, es ist sein freier Wille gewesen, daß er diesen Orden hat angenommen, und wo es nicht sein völliger freier Wille wäre gewesen, so würde man ihn nicht angenommen, sondern gänzlich abgewiesen haben. Die eigentliche Umstände davon verhalten sich also: Der Herr S. war vor Annehmung des Ordens eilt grosser Feind von dieser Gesellschaft, er konnte niemals eine Rede in der gemeinen Versammlung halten, ohne in harten Ausdrückungen an die Freimaurer zu gedenken; Er blieb nicht allein bey dem Schelten, sondern die Lust, diese Gesellschaft zu drücken, verleitete ihn so weit, daß er beschloß, alle seine Kräfte anzuwenden, dieselbe gänzlich auszurotten. Es kam so weit, daß man Ihn endlich fragte: Was er von den Freimaurern haben wollte? er sollte die Mängel und dasjenige, worinnen dieselbe peccirten, anzeigen. Allhier fehlte es nun diesem ehrlichen Herrn; er wandte vor, es wäre ein Geheimniß, welches niemand wüßte, ausser nur diejenigen, welche Glieder von dieser Gesellschaft wären; man sollte ihm das Geheimniß bekannt machen, so wollte er selbiges untersuchen, und die Mängel, die er finden würde, anzeigen Man fragte ihn: Warum er dann so abscheulich auf die Freimaurer lästere? Hierauf konnte er keine gegründete Ursache anzeigen, er wußte selbsten nicht, warum er die Freimaurer so hassete; Dem aber ohnerachtet, wollte er sich doch noch nicht beruhigen, sondern hielte es sich vielmehr für einen Schimpf, wenn er von Verfolgung der Freimaurer sollte abstehen (20).
(20) Wenn man etwas anfängt, so muß man es ausführen, und niemalen nichts anfangen, was man zuvor nicht wohl untersuchet, und dadurch zuvor gesehen, daß man das Vorhaben auszuführen natürlicherweise im Stande sey.
Er wendete vor, daß ihm viel Widriges davon sey berichtet worden: welches auch seines Orts nicht in Zweifel gezogen würde, sondern mehr als zuviel Glauben bey ihm fände, man mögte ihm nur das Geheimniß entdecken, so wollte er sich näher erkläre. Man stellte ihm hierauf vor, daß solches nicht geschehen könnte, denn es wäre nicht möglich, daß man dasjenige Geheimniß, so beschworen würde, öffentlich, oder einem solchen, welcher kein Glied in der Gesellschaft sey, publiciren könnte, er sollte sich nur eine Vorstellung mit dem Staatskabinet machen, ob nicht grosser Unfug daraus entstünde, wenn die Geheimnisse daraus publiciret würden, ohnerachtet doch nichts Böses im Stäatskabinet beschlossen, sondern das gemeine Beste beherziget würde. Also wäre es auch mit der Freimaurergesellschaft beschaffen, obgleich in der That nichts Böses darinnen unternommen, so würde es doch nicht gut seyn, wenn es dem Publiko bekannt gemacht würde, es wäre auch dem Herrn S. nicht unbekannt, daß Gott der Allmächtige selbst, in seinem geoffenbarten Worte, ausdrücklich geboten habe, diese und andere Geheimnisse zu verschweigen etc. Wenn es aber der Herr ja zu wissen verlangte, so sollte er in die Gesellschaft treten, und ein Freimaurer werden, man wollte ihm die Gefälligkeit erweisen, und ihn darinnen aufnehmen, falls es sein freier und ungezwungener Wille sey, diesen Orden anzunehmen (21)
(21) Es ist diese Aufnahme, nach dem Sinn des Erlanger Zeitungsverfassers, welcher, wie schon gedacht, vor gut hält, daß alle Geistliche Freimaurer würden. Ich habe meine Gedanken hievon schon eröfnet; In diesen Fällen aber bin ich selber der Meinung, daß es eben nicht übel sey, daß man einen solchen Mann zuweilen mit aufnehme; wann es aber zur Gewohnheit werden sollte, so würde solches nur dem vortreflichen Freimaurerorden zur Last und Verdunklung gereichen. Denn die Gesellschaft würde zu stark und der Orden zu gemein, wenn man so viele aufnehmen wollte, wodurch sich nur derselben Glanz verdunkelte.
Er begehrte Zeit, sich hierüber zu bedenken, und wollte Antwort sagen. Hierauf kam er etliche Tage hernach, und hatte ein grosses Scriptum entworfen, welches seine Kapitulation seyn sollte. Der eigentliche Inhalt von dieser Schrift bestunde darinnen: Daß, wenn er was Böses in der Gesellschaft fände, es seye durch den Eid beschworen, oder nicht, daß er es der Welt bekannt machen dörfte, massen er nach allen kanonischen und weltlichen Gesetzen nicht verbunden wäre, denjenigen Eid zu halten, wodurch die ganze Christenheit, oder verschiedene Länder könnten in Gefahr kommen. Diese bekannte Gesetze hatte er aus den Kirchenvätern, aus den Juristen und Staatisten bewiesen, welches dahero seine Schrift so weitläufig gemacht hatte. Mein Herr wissen, daß diese Meinung in aller gesunden Vernunft, ohne Gesetze, ihren Grund hat, auch von je an ein undenkliches Gesetz gewesen ist, so waren auch die Freimaurer so billig, und accordirten ihm alles, was er sich in dieser seiner Kapitulation zum Voraus bedungen hatte; jedoch aber, wo er nichts Schädliches finden würde, (wie man versichert wäre, auch selber nach geschehener Ueberzeugung gestehen müsse, daß es vielmehr eine Nothwendigkeit seye, die Quintessenz von den Geheimnissen zu verschweigen) gehalten seyn sollte, gleich einem andern Gliede, die Arcana zu verschweigen. Wie nun dieses alles beliebt wurde, und NB. zwar mit aller Freiheit, so nahm der Herr S. den Orden an; Er hatte alles gar genau untersucht; Er hat aber in der That nichts Anstößiges gefunden, und sein Christenthum dadurch nicht verletzt. Mit einem Worte: Er hat alles so gefunden, wie es ihm ist berichtet worden, und ist also jetzo ein guter Freimaurer, und ein frommer Christ, der mit seinen besondern Gaben wohl einstehet, daß die Freimaurergesellschaft in der Republik sehr nützlich, aber noch nützlicher, daß die Quintessenz von ihren Geheimnissen vor den Äugendes gemeinen Mannes verborgen bleibe.
Dieses ist nun die wahrhafte umständliche Nachricht von dieser Sache, mein Herr können sich auch noch näher darnach erkundigen, Sie werden eben also, oder mit eben diesen Umständen, die Konfirmation darvon erhalten. Mir dünket also, daß hierbey nichts vorgegangen, das wider die Freiheit und Billigkeit lauft. Denn wenn dieser Mann kein Freimaurer hätte werden wollen, niemand würde ihn dazu genöthiget haben; daß man ihn aber darinnen aufgenommen, ist darum geschehen, damit man ihn aus seinem Irrthum gebracht, und in den Stand gesetzt hat, daß er als ein vorheriger Verfolger, nunmehro aber als besser unterrichtet, allen Groß- und Lästersprechern das Gegentheil versichern kann.
Was nun das in der Unzucht ertappte Ordensglied anbelanget, so kann ich solches nicht billigen; Es ist auch unrecht, wenn dieser sowohl, als wie ein anderer vorgiebt, es wäre dieses Laster eine geübte Freiheit der Freimaurer. Gewißlich, die Freimaurer verstatten eine solche unchristliche Freiheit, die auch sogleich der Wohlanständigkeit schnurstracks entgegen lauffet, nicht. Daß aber mein Herr auf diesen Verbrecher unversöhnlich sind, ist aber auch nicht zu loben, es ist diese Sünde so wenig den Freimaurern, als denjenigen, welche keine sind, erlaubt; warum lassen es diejenige nicht, welchen es ebenfalls nicht erlaubet ist, und dabey keine Freimaurer sind?
Wenn ich alle Stände von dem obersten bis zum niedrigsten durchgehe, so finde ich nicht einen, der da in diesem Stück thut, was seine Pflichten mit sich bringen. Zum Exempel: Ich will nur den Bauernstand ansehen, einem jeden ist auch bekannt, daß dieser Stand mit der größten, mühseligsten und allerniederträchtigsten Last verknüpft und belegt ist, so daß man fast auf die Gedanken gerathen sollte, daß ein solcher Mensch, welcher nicht allein mit einer schweren Last gedruckt, sondern auch noch darzu schlechte Kost genießet, wenige Empfindung von dem sündlichen Wollustkitzel hätte; Es erscheinet aber accurat das Gegentheil; denn wenn man diesen Stand anstehet, seine Verrichtungen in diesem Stück etwas genauer untersuchet, so findet man, daß derselbe in dieser Sünde, und zuweilen noch fast tiefer als alle andere Stande ersoffen liege, ja sogar der Allergeringste unter den Bauren, i. h. zu sagen, ein Schweinhirte, schätzet sich nicht vollkommen, wenn er in diesem Stück ungeübt sey. Ich kann dahero gar wohl und mit gutem Fuge sagen: Alle diejenige. so sich in diesem Stück ohne Sünde wissen, können sich nach G. verfügen, und einen Stein auf ihn werfen.
Mein Herr gedenken nicht, daß ich hiedurch des Freimaurers Verbrechen gutheissen, oder rechtfertigen wollte; allein ich will nur soviel gesagt haben, daß, ob sich gleich schon ein reudiges Glied unter dieser Gesellschaft befindet, dannoch dadurch der gute Endzweck des Ordens nicht verdorben wird; dann obgleich Judas unter der apostolischen Gesellschaft gleich ein Erzschelm gewesen, so hat es doch keinesweges den andern Aposteln geschadet, sie sind diejenigen geblieben, die sie zuvor waren. Und wann gleich der meiste Theil der Christenheit sich in diesem Punkt verunreiniget, so wird doch selbst die reine christliche Lehre oder Kirche damit nicht bemakelt oder beflecket. wann auch sogar ein Theil von den Priestern die Woltust liebten, oder würklich ausübten. Ueberhaupt ist dieses etwas Geistliches, worum sich die Freimaurer, von Ordenswegen, nicht bekümmern, und muß ein jedes Glied seine Haut zu Markte tragen, und zusehen, wie er sein in dieser Welt geführtes Leben an jenem Tage vor dem allmächtigen Richter verantworten kann; es wird ihm auch von Ordenswegen nichts zugemuthet, wodurch er sich die Unseligkeit zuziehen kann, und muß, wie schon gedacht, ein jeder sich selbsten prüfen. Und Gott wird auch seine Schmach zu rächen wissen.
Dem aber ohnerachtet, kann ich doch meinen Herrn versichern, daß die Freimaurer eben sowohl, wie andere Leute, wissen, daß die Unzucht eine grosse Sünde ist, und keinesweges behaupten, daß dieselbe erlaubt sey. Die gesunde Vernunft giebt es auch von selbsten, und es stehet der Vernunft gerade entgegen, daß die Ueberschüttung der Saamengefässe erlaubt sey; massen der edle Saamen vertreteten, die Generation verhindert, und dem Fleische nur eine solche Lust dadurch zuwegen gebracht wird, die so geschwind kömmt, auch alsobald wieder vergehet, als wie der Dampf aus einer Pfeiffen. Ueberhaupt wird allen vernünftigen Menschen bekannt seyn, daß in diesem Stück, keine Ergötzlichkeit, sondern nur die Generation einer vernünftigen Kreatur, die da eine unsterbliche Seele hat, soll gesucht werden. Es kann nichts Richtigere, als dieses, in der Vernunft angetroffen werden; und daß dieser eigentliche Endzweck in die Natur ist gelegt worden, ist gleichsam an den unvernünftigen Kreaturen abzunehmen, massen dieselben sich niemals vermischen, als wann ihnen die von der Natur eingepflanzte Vermehrung rege gemacht wird. Wer sich aber mit dieser natürlichen Demonstration nicht begnügen will, der mag sich in dem göttlichen geoffenbarten Worte Gottes umsehen, so wird er finden, daß die unschuldige Saamenverschüttung eben sowohl als die schuldige, grosse Sünde sey. (22)
(22) Siehe hievon ferner llI. B. Mosis, Cap. XV, v, 16. 17. 18.
Die unschuldige Verschüttung selbst zeigt aber auch eine gebundene Freiheit in einem Menschen an, ein solcher kann sich ebenfalls nicht rühmen, daß er ein freier Beherrscher seiner Affekten sey; dann durch eine besondere Freiheit, die da der Wohlanständigkeit stets unterworfen bleibt, können wir unsere Neigungen dämpfen. Wiewohl mein Herr werden mir die Unmöglichkeit einwenden, ich will mich auch nicht lange dabey aufhalten, es würde zu weitläuftig allhier fallen, wenn ich Ihnen die Möglichkeit durch eine wohlanständige Freiheit, die böse Affekten zu unterdrucken, vorstellig machen sollte. Es mag auch gleichviel seyn, ob diese Unterdruckung mit Freiheit oder Zwang geschicht; genug, wenn nur eine freie Beherrschung erworben wird.
Ueberhaupt aber muß ich meinem Herrn allhier nochmals ein vor allemal en general sagen, daß der Freimaurer ihre Gesellschaft, so weit wie es den Orden selbst betrift, aus keiner theologischen oder besondern Religionseigenschaft bestehet, sondern ihr ganzes Wesen gehet nur auf Untersuchung natürlicher und politischer Dinge. Ich thue nicht unrecht, wenn ich diese Gesellschaft mit den berühmten Societäten der Wissenschaften zu Berlin, Paris, Rom, und andern Orten mehr, vergleiche; weilen aber zuweilen Dinge darinnen vorfallen, die doch erlaubter Weise ins Staatssystema gehören, so wird die Verschwiegenheit erfordert, welche um so viel nöthiger ist, weilen alle politische Kollegia und Zusammenkünfte, sie mögen so klein und so groß seyn, als sie immer wollen, ein gleiches erfordern; was aber den Punkt der Seligkeit anbelanget, so muß ein jedes Glied selbsten davor sorgen, wozu es sich auch verpflichtet, und im Stande befindet. Die Pflicht ist niemanden unbekannt, weilen selbst das eigene Beste davon abhänget, und die Möglichkeit ist auch nicht verborgen, weilen sie Mosen und die Propheten haben; aus diesen und andern Ursachen ist auch die Gewissensfreiheit unter den Freimaurern beliebet worden, damit, wenn ihnen ewig weh geschicht, sie sich selbsten, und nicht dem Orden es zu imputiren haben. Es können derowegen aus allen dreien Religionen Freimaurer werden, nur allein Atheisten duldet man nicht; sintemalen dieses Ungeziefer so wenig im weltlichen, als göttlichen Staat etwas Gutes stiftet. Daß aber mein Herr mit dem sündigenden Ordensbruder sich gar zu unbarmherzig erzeigen, werden Dieselbe, nicht in Abrede seyn; wenn Sie ein wenig selbsten nachdenken; warum machet man über andere, die da besser seyn wollen, keinen Lerm, und warum gehen diese jenen nicht mit besserem Exempel vor?
Ueberhaupt aber ist es doch billig, daß wir in Liebe urtheilen. Was sind verschiedene Patriarchen gewesen? und was sind sie nachher geworden? Ein gar nachdenkliches Exempel ist die evangelische Geschichte von dem gute Werke thuenden Pharisäer und sündigenden Zöllner; Und einen gar weisen Ausspruch fället der grosse Kaiser Konstantinus über dergleichen Begebenheiten; denn ob er nur eben das blinde wollüstige Heidenthum verlassen hatte, so sagte er doch, daß, wenn er einen Priester in der Unzucht anträfe, seinen Mantel nehmen wollte, und denselben über ihn decken, damit die Gemeine durch diese unreine That nicht geärgert würde. Ich hege eben dergleichen Meinung, und halte davor, daß es besser sey, wenn wir dergleichen Sündern mit einem guten Exempel vorgehen, ihren Fehler mit dem Mantel der Liebe zudecken, und durch gute Manier dieselbe suchen auf bessere Wege zu bringen. Was hat ein unzeitiger Donner Gutes gestiftet? und was hat ein hartes Urthel gebessert? Ich halte davor, es habe nichts als Verstockung angerichtet.
Was nun die bey Machung eines Freimaurers in Acht genommen werdende Ceremonien anbelanget, so habe dieselbe schon zum Theil in meinem vorigen Schreiben (23) erzählt, ich kann aber nicht finden, wo einige Misbräuche anzutreffen sind.
(23) Siehe weiter oben.
Denn daß der Schwerdtträger mit dem blosen Schwerdte vor ihm stehet, ist eine übliche Gewohnheit in der Christenheit, welche meines Erachtens auch nicht mag getadelt werden; denn es erinnert sich derjenige, welcher den Eid leistet, dadurch, daß er schuldig ist, denselben zu halten, und wo er demselben nicht nachkommet, verdient hat, daß er zum Lohn in die Schärfe des Schwerdts fällt. Denn Mein Herr müssen wissen, daß diejenigen, welche einmal den Orden angenommen haben, nicht eine Minute ihres Lebens sicher sind, wenn sie die Geheimnisse daraus verrathen wollen. Denn es haben schon viele grosse Herren aus Neugierigkeit vertraute und geschickte Diener abgeschickt, welche aus keiner andern Intention diesen Orden haben annehmen müssen, als den eigentlichen Endzweck wieder zu berichten. Diese Verschlagenheit hat aber nichts geholfen, sie haben ihren Zweck nicht erreichet, auch nicht erreichen können. Die Freimaurer haben diese abgeschickte Boten zwar in ihre Gesellschaft genommen, allein sie haben ihnen auch die Verschwiegenheit dagegen wieder eingepflanzet, und diejenigen, so den Orden angenommen haben, sind auch so thöricht nicht gewesen, daß sie ihren vorherigen Willen erfüllet haben, massen sie wohl eingesehen, daß es ihnen übel bekommen würde, und wo sie es sagten, gleich einen tödtlichen Trank trinken müßten; Ueberhaupt haben sie nichts Böses gefunden, und es vor höchst, nothwendig gehalten, daß sie die guten Geheimnissen der Freimaurer verschweigen
Ihre Principalen, die sie abgeschicket hatten, fragten dieselbe auf allerley Wege und Weise, sie sollten doch sagen, worinnen die Umstände der Freimaurer eigentlich bestünden, die Antwort war indeß jederzeit: In guten nützlichen Dingen, die da eine absolute Verschwiegenheit nach dem geoffenbarten Worte Gottes selbsten erforderten.
Diese Verschwiegenheit ist nun Wohl die eigentliche Hauptursache, warum diese Gesellschaft so sehr gelästert und gescholten wird. Jedoch, wenn mein Herr die angefangene Korrespondenz mit mir fortsetzen (24), so versichere Ihnen als ein ehrlicher Mann, daß ich das Geheimniß Ihnen doch noch, aber mit einer besondern Brühe umgossen, berichten werde.
(24) Man wird mir nicht übet nehmen, daß ich dieses Punktes wegen nicht gar zu deutlich, oder ordnungsmäßig schreibe, sondern ein besonderes Mixtum daraus mache.
Selbst Seine Päbstliche Heiligkeit tragen Verlangen, die Geheimnisse von dieser Gesellschaft zu wissen, Sie haben ein grosses Prämium vor denjenigen, der es Denselben offenbaren wird, darauf gesetzet, und darzu völligen Ablaß oder Vergebung der Sünden versprochen. Ich habe aber noch nicht gehöret, daß jemand sich gefunden, der dieses Geheimniß Denselben offenbaret hat: Ich könnte es auch nicht billigen, wenn jemand dieses Verbrechen begienge, und ein Meineidiger an dieser Gesellschaft würde.
Wieder auf die vorige Ordnung zu kommen, so habe ich folgendes von denen Ceremonien, die bey Machung eines Freimaurers üblich sind, in meinem ersten Schreiben zu sagen vergessen, daß das Zimmer, worinnen die Handlung vorgehet, ganz weiß überzogen oder bekleidet wird, der neue Freimaurer ist desgleichen weiß gekleidet. NB. Dieses geschicht darum, daß sich der neue Ordensbruder die Reinlichkeit in einer heiligen Verwahrung der Geheimnissen von der ersten Stunde an allezeit erinnern kann. Gegen Sonnenaufgang in der Loge wird ein hohes Kanapee aufgerichtet, welche im Rücken das Wappen von der Ordensgesellschaft hat. Das Wappen bestehet aus Maurergeräthschaft, und geheimen Ordensinstrumenten, wiewohl dieses Wappen an Ahnen sehr groß und zahlreich ist. Wenn es sich füget, und die Zeit und die Gelegenheit es schicket, so will ich Ihnen, mein Herr! einen Abriß davon, so wie mir derselbe von Londen ist zugeschickt worden, mittheilen. Auf dem Kanapee brennen zwey Lichter, und die Ordensreguln (welche in einem in rothen Sammet gebundenen Buche geschrieben sind) liegen, nebst den Kleinodien, auf gedachtem Kanapee. Dieses Kanapee wird mit in den Kreiß geschlossen, und der neue Freimaurer kniet vor dasselbe, also, daß er das Gesicht nach dem Ordenswappen wendet.
Der Meister oder derjenige, welcher den Eid abnimmt, stehet nebst dem Schwerdtträger vor dem Kanapee, und zwar solchergestalt, daß sie den Rücken nach dem Wappen kehren, das neue Glied leistet alsdann kniend oftgedachtermassen den Eid, und zwar mit verbundenen Augen. Wenn solches vorbey ist, so gehet das Banquet an, die Küchenschreiber, Kellermeister und dergleichen, müssen alsdann dasjenige herbeischaffen, was die Loge verlangt hat. Eine jede Loge hat ihren Küchenschreiber, Kellermeister, Mundschenken und Tafeldecker, wozu ordinari qualificirte Bediente genommen werden, welche zwar auch Freimaurer sind, aber nur mehrentheils dem Namen nach; die geheime Parole wissen sie zwar, damit sie sich jedesmal zu legitimiren wissen, aber von den weitern Geheimnissen wissen sie nichts, werden auch zu keiner Deliberation gezogen, sondern gehören nur in die Klasse der sogenannten Freimaurerjungen.
Dieses ist alles, was ich Ihnen vor dießmal zu berichten habe, mein Herr werden die Unschuld der Freimaurer selbsten hieraus abnehmen können; Ich wüßte nicht, wenn man diese Ceremonien im rechten unverkehrten Sinn nimmt, wo man etwas Anstößiges finden sollte; sondern ich bin vielmehr überzeugt, daß alles, was hierunter vorgehet, die Notwendigkeit selbst erfordert. Vor diesesmal will ich schließen, und was dieserhalben noch angeführet werden könnte, bis zu einer andern gelegenen Zeit versparen.
E n d e.
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