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Heinrich Hertz: Die Prinzipien der Mechanik (1894)
It was Heinrich Hertz who introduced 1894 the concept of model explicitly in German science with his theory of "dynamic models" (Charles Susskind 1995; Albrecht Fölsing 1997; Davis Baird et al. 1998). In his „Prinzipien der Mechanik“ (1894) he followed Mach and said:
„Wir machen uns innere Scheinbilder oder Symbole der äusseren Gegenstände, und zwar machen wir sie von solcher Art, dass die denknotwendigen Folgen der Bilder stets wieder die Bilder seien von den naturnotwendigen Folgen der abgebildeten Gegenstände.“ Und: „Verschiedene Bilder derselben Gegenstände sind möglich, und diese Bilder können sich nach verschiedenen Richtungen unterscheiden“ (1894, 1 u. 2).
Zu beachten ist, dass Modell hierbei nicht einfach mit Abbildung verwechselt werden darf. „Modell" ist hier ein terminus technicus, und zwar insofern als die Relation „Modell sein" symmetrisch und transitiv ist. In der Formulierung von Hertz: „Ist ein System Modell eines zweiten Systems, so ist auch umgekehrt das zweite System Modell des ersten. Sind zwei Systeme Modelle eines dritten, so sind sie auch Modelle von einander. Das Modell des Modells eines Systems ist auch Modell des ursprünglichen Systems. Alle Systeme, welche Modelle von einander sind, heissen auch dynamisch ähnlich" (1894, S. 197). Äusserst scharfsinnig unterscheidet somit Hertz zwei Ebenen: Abgebildet werden nur Zustände von Systemen. Modelle haben dagegen Systemcharakter, bilden also eine Ganzheit von Zusammenhängen, entweder im Reich des Geistes oder im Reich der Natur. Und einzig um diese Zusammenhänge im einen oder andern Bereich geht es.
Können wir demnach mehrere zulässige und richtige Bilder derselben Sache haben - am bekanntesten ist wohl das Beispiel vom Wellen- und Korpuskelcharakter des Lichts, der elektromagnetischen Schwingungen überhaupt -, so müssen wir nach Nützlichkeit und Zweckmässigkeit auswählen. „Von zwei Bildern des selben Gegenstandes wird dasjenige das zweckmässigere sein, welches mehr wesentliche Beziehungen des Gegenstandes widerspiegelt als das andere; welches, wie wir sagen wollen, das deutlichere sei. Bei gleicher Deutlichkeit wird von zwei Bildern dasjenige zweckmässiger sein, welches neben den wesentlichen Zügen die geringere Zahl überflüssiger und leerer Beziehungen enthält, welches also das einfachere ist“ (1894, S. 2; vgl. W. Heisenberg 1965, S. 112f.).
Warum ist dieses Unterfangen nützlich? Hertz meint: „Es ist die nächste und im gewissen Sinne wichtigste Aufgabe unserer bewussten Naturerkenntnis, dass sie uns befähige, zukünftige Erfahrungen vorauszusehen, um nach dieser Voraussicht unser gegenwärtiges Handeln einrichten zu können“ (1 – dazu Jerrold L. Aronson et al. 1994, 85-87).
Im Kapitel „Dynamische Modelle“ (197-199) schlägt dann Hertz den Bogen zum Modellbegriff, den er spezifischer als bisher verwendet. „Das Verhältnis eines dynamischen Modells zu dem System, als dessen Modell es betrachtet wird, ist dasselbe, wie das Verhältnis der Bilder, welche sich unser Geist von den Dingen bildet, zu diesen Dingen. Betrachten wir nämlich den Zustand des Modells als eine Abbildung des Zustandes des Systems, so sind die Folgen der Abbildung, welche nach den Gesetzen dieser Abbildung eintreten müssen, zugleich die Abbildung der Folgen, welche sich an dem ursprünglichen Gegenstand nach den Gesetzen dieses ursprünglichen Gegenstandes entwickeln müssen. Die Übereinstimmung zwischen Geist und Natur lässt sich also vergleichen mit der Übereinstimmung zwischen zwei Systemen, welche Modelle voneinander sind, und wir können uns sogar Rechenschaft ablegen von jener Übereinstimmung, wenn wir annehmen wollen, dass der Geist die Fähigkeit habe, wirkliche dynamische Modelle der Dinge zu bilden und mit ihnen zu arbeiten“ (199).
So konnte also Hertz formulieren: „Unendlich viele, physikalisch gänzlich verschiedene Systeme können Modelle eines und desselben Systems sein. Ein System ist Modell unendlich vieler, gänzlich verschiedener Systeme" (1894, S. 197). „Um den Ablauf der natürlichen Bewegung eines materiellen Systems vorauszusehen, genügt die Kenntnis eines Modells jenes Systems. Das Modell kann unter Umständen viel einfacher sein, als das System, dessen Bewegungen es darstellt" (1894, S. 198).
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