Bora Bora heisst „From Darkness to Light“
12.2.
06.50: Wir nähern uns genau von Westen her Bora Bora (Gesellschaftsinseln).
Die Sonne ist vor fast einer Stunde hinter den Bergen aufgegangen und spielt uns nun mit Licht und Schatten etwas schwarzweiss vor
Darf man „Les Feuilles Mortes“ wie Tschaikowski spielen? Anatoli tat es und wusste nicht einmal, dass es nicht von einem französischen Komponisten, sondern von einem Ungarn (Joseph Kosma) komponiert wurde. Die Version von Csilla Varga gefällt mir bedeutend besser und ist dem Original sicher viel näher.
Auch Offenbach und Joe Dassein („Si tu n’existe pas“) hat Anatoli fast zur Unkenntlichkeit verändert.
Mein Schnupfen und Husten sind hartnäckig - keine Veränderung seit Tagen. Dafür habe ich keinen Sonnenbrand – ausser auf der Nase – und nicht einmal meine üblichen Hitzepusteln auf der Brust.
Dass mir die braune Farbe gut steht, würde ich nicht behaupten. Ich finde, vor allem im Gesicht mache sie alt.
Annäherung an Bora Bora: Die Insel ist viel kleiner als Moorea: 9 auf 5 km (gegenüber 18 auf 9 km), die Küstenstrasse halb so lang (32 km). Es gibt nur zwei bizarre Felsungetüme, der Rest erinnert an das Zürcher Oberland.
Der Mt. Pahia - der die Einfahrt genau gleich dominiert wie bei Moorea der Mt. Rotui - ist 660 m hoch. Der höchste Berg, der schräge Felsbrocken (Otemanu), misst 730 m.
Mein Herz schlägt nicht höher.
Als ich einem Passagier gegenüber erwähne, dass ich mir hier eine Haarschnitt verpassen lassen möchte, da ich dies meinen Freunden seit Monaten unter die Nase gerieben hätte, meinte er, das solle ich besser auf dem Schiff tun.
12.15: Hurra. Ich habe hier ein „Cyber Café“ gefunden. Die Übertragungsrate ist 10 Mal so schnell wie auf dem Schiff, also etwa 50 KiB/s. In zweieinhalb Stunden konnte ich drei Kapitel hochladen. Kostenpunkt 20 Dollar. Welche Erleichterung - und ein Seufzer: Der Aufwand und das Warten auf einen Hot Spot an Land hat sich gelohnt.
Ein merkwürdiges Gefühl, E-Mails zu lesen, die vor zehn Tagen oder mehr geschrieben worden sind. Andreas M. musste am 1.2. eine Magenspiegelung machen lassen U. lobt meinen Bericht, obwohl sie mir davon abgeraten hat. Sie musste schmunzeln, dass ich „Mutter und Tochter“ als Paar bezeichnete. Sie hat zwei Videos verlinkt - ich denke nicht , dass sie laufen, denn bei beiden gelang es mir nicht, sie vollständig zu uppen.
Peter B. schreibt vor genau zehn Tagen: “ Brigitte und ich erleben Deine Reise vor dem Computer sitzend, wie wenn wir mit Dir auch dort wären.“
Zita schrieb gestern: „Es war spannend, interessant und manchmal lustig, Deinen Bericht zu lesen. Vielen Dank, dass ich durch Deine super Beschreibung das Gefühl
bekommen habe, fast dabei zu sein.“
Das tut gut.
Auch die treue Lilian sowie Gabor und Andreas L. schrieben herzliche Worte, Gerri schon wieder. M. drückte am 5. 2. die Hoffnung aus, meine Angebetete habe sich schliesslich doch noch gemeldet (das tat sie nicht – der Fall ist, für sie, kompliziert) und tröstet mich: „Dass sich die (gewichtigen) Damen auf Dich stürzen, ist begreiflich - Kreuzfahrten sind ja bekannt dafür. Lass Dich nicht erdrücken!“
„Bergtour im Geländewagen“ lautete das Programm am Nachmittag. Es war eine echte Schütteltour, wie ich sie noch nie erlebt habe. Dreimal fuhren wir auf derart schlechten Wegen auf den Grat hoch, dass man meinen konnte, sie hätten diese Bachbette oder Rüttelstrecken extra für Touristen in Land-Rovern gebaut. Der Fahrer schrie ständig: „Rock’n’Roll“. So nebenbei fuhren wir auch die ganze Strecke um die Insel herum. Weil ich wie stets als letzter und „hilflos“ herumstand, durfte ich neben dem Fahrer sitzen. Kaum war ich eingestiegen, spielte das Autoradio Elvis Presley.
Der Fahrer erläuterte: Bora Bora heisst „From Darkness to Light“.
Die Insel hat 9000 Einwohner, und jeder kennt jeden; es gibt keine Geheimnisse.
Am Anfang dachte ich: Bora Bora ist nett. Mehr nicht. Die Begeisterung des einheimischen Fahrers steckte mich jedoch an. Aber ich kann noch kein abschliessendes Urteil abgeben. Wir kommen am Donnerstag, 17.2., nochmals hierher.
Die Fotos heute sind alle flau und uninspiriert. (Erst am nächsten Morgen kam ich auf die Idee, die Linse von einem sonnenöligen Fingerabdruck zu reinigen …)
Der Schleim aus der Nase floss heute so üppig wie noch nie.
Aus Fragmenten von Unterhaltungen von und mit Gästen entnehme ich, dass alle von Bora Bora enttäuscht waren. Moorea gefiel ihnen besser.
Aus dem geplanten Flug mit dem Helikopter wird nichts, denn das Gerät ist nicht mehr auf der Insel. Es gibt drei einander widersprechende Begründungen: Die Firma hat Pleite gemacht, der Helikopter ist verrostet oder die Besitzer der Firma haben dank der hohen Preise soviel Geld gemacht, dass sie sich schliesslich nach Tahiti absetzten und nun dort das Leben geniessen.
Blick aus dem Beifahrersitz des Land-Rovers auf die erste der sechs (drei hinauf, drei hinunter) Rüttelstrecken
Die Bucht von Povai, wo unser Schiff (auf dem rechten Bild sichtbar) ankert. Die Ortschaft auf dem linken Bild ist Vaitape.
Die Kanone ist eine von acht, die nach Pearl Harbor an den vier Ecken der Insel aufgestellt wurden um die Passagen durchs Riff zu bewachen
Kleine Inselchen (Motu) umgeben Bora Bora; die langgestreckte rechts (Motu Mute) trägt den Flugplatz
Die klassische Kulisse von Bora Bora sieht von Westen her (von den Kanonen ob Vaitape) gar nicht imposant aus. Im Vordergrund rechts der Mt. Pahia, der die Hafeneinfahrt dominiert; weit im Hintergrund links der steile Zahn des Mt. Otemanu (= „Platz der Vögel“, weil einst, heute nicht mehr, in einer Höhle in der Felswand Vögel nisteten).
Die klassische Kulisse von Bora Bora (links: Mt. Otemanu; rechts Mt. Pahia) von Norden her
Die klassische Kulisse von Bora Bora, von Süden her gesehen (oberhalb Matira). Mt. Otemanu ist nun rechts, Mt. Pahia links
Das erste grosse Resort von Bora Bora, 1961in Matira eröffnet, seit vier Jahren geschlossen
Eines der typischen Resorts auf einem der vorgelagerten Inselchen; hier an der Nordspitze von Toopua bei der grossen Einfahrt in die Baie de Povai: das „Bora Lagoon Resort“, auch es ist geschlossen
Nochmals zwei Ansichten der Inselberge, links von der Perlenfarm in Matira aus gesehen, rechts aus dem fahrenden Land-Rover an der Küste gegen Nunue zu
17.2.
07.00: Diesmal empfängt uns Bora Bora am frühen Morgen mit einem phantastischen doppelten Regenbogen, den wir achtern mindestens eine Viertelstunde lang bestaunen
Am Vormittag habe ich zwei Versprechen eingelöst. Gut eine Stunde bin ich der Povaie-Bucht und der Strasse entlang zum Restaurant „Bloody Mary’s“ marschiert und habe auf Egon und Renate ("Krabbenschreck") einen - Bloody Mary getrunken, Kostenpunkt: 8 Dollar, besondere Kennzeichen: stark gepfeffert. Der Weg war anfänglich angenehm, da es noch bewölkt war; bald jedoch klarte es auf und wurde schwül. Statt Frösche lagen mitunter tote Krebse am Strassenrand oder zerdrückt auf der Strasse.
Für den Rückweg hielt ich ein Taxi an (5 min. 5 $). Die Fahrerin hatte kürzlich mit einer Gruppe von Freundinnen 14 Tage im Welschland (Sion, Lausanne, Genf).geweilt. Im Dörfchen Vaitape ging ich zu einer Coiffeuse (20 €). Ihre Eltern – erst kürzlich verstorben - waren Schweizer und hatten in Thonnon les Bains gelebt. Sie selbst arbeitete 10 Jahre in Genf und ist jetzt seit 15 Jahren auf Bora Bora. Sie liebt es nicht besonders.
Ich finde, Bora Bora habe keinen Charme.
Auch das kleine Inselchen, auf das uns am Nachmittag eine Lagunenfahrt führte, hatte definitv keinen Charme. Es gehört einem französischen Ehepaar mit zwei kleinen Kindern. Doch die beiden haben sich scheiden lassen, wohnen jetzt auf Tahiti und möchten das Motu für 3 Millionen Euro verkaufen. Der Fahrer des Boots meinte, die Südsee sei kein Paradies mehr.
Die Schnorchler waren entsetzt, dass alle Korallen tot waren. Sie sprachen von einem Korallenfriedhof und waren traurig.
Wieder einmal mutterseelenallein, sass ich in der Bar von „Bloody Mary’s“ auf Bora Bora. Auf der Theke links eine Bloody Mary, auf einem Barhocker eine gut genährte, träge, schlafende weisse Katze
Immer dieselbe Kulisse, hier als Hintergrund des Hilton Hotels auf Motu Toopua (auf der Karte steht allerdings, es sei das „Nui Sheraton“)
Bora Bora immer wieder: die „ultimative“ Kulisse
Überreste eines Tempels (Marae Taianapa) am Ufer bei Pointe Pahua, in dem Menschen geopfert wurden.
Um die Ecke befindet sich der Warenumschlagshafen von Bora Bora und rechts daneben der Jachthafen, in dem allerdings nur zwei mittelgrosse Motorjachten anlegen; weiter draussen ankern bloss vier mittlere Segelboote
18.20: Kurz vor Sonnenuntergang: Abschied von einer enttäuschenden Insel: Bora Bora