Home Theologischer Humanismus als Aufruf

 

 

Das hundert Seiten starke Heft 5 des 24. Jahrgangs der "Theologischen Zeitschrift" (herausgegeben von der Theologischen Fakultät der Universität Basel und gedruckt im Friedrich Reinhardt Verlag, Basel) ist als Festgabe Prof. Dr. Hendrik van Oyen zum 70. Geburtstag am 24. Oktober 1968 zugedacht.

 

Der Geehrte war seit 1942 Professor für Systematische Theologie in Groningen (Niederlande) und lehrt nun seit 1948 an der Basler Universität [er starb 1980]. Er kann auf ein reiches Lebenswerk und eine Fülle von Schriften vorab über Religionsphilosophie und. theologische Ethik zurückblicken ("Theologische Erkenntnislehre", "Ethik des Alten Testaments", "Evangelische Ethik").

 

"In der Mitte standen aber immer die Bibel, Christus, der Geist, die Kirche" heisst es im Grusswort dieser Festschrift. Den Gratulanten schliesst sich auch die Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft an, der Prof. van Oyen seit fast zwei Jahrzehnten vorsteht.

 

Die Beiträge einiger dem Jubilar nahestehender Fachkollegen in diesem Heft befassen sich hauptsächlich mit theologischer Ethik, besonders der heute so genannten "Sozialethik".

Der erste Aufsatz der internationalen Autorenschaft, "The Ethical Implications of Anselm's De Veritate" von Prof. Thomas P. Torrance (Edinburg), untersucht sehr subtil und präzis die enge Beziehung zwischen der Wahrheit des Handelns und der Wahrheit des Aussprechens, der Bedeutung.

Prof. Roger Mehl (Strassburg) befasst sich mit dem Problem der "Säkularisierung der Moral", und Prof. Jean-Lous Leuba (der lange Jahre als Pfarrer in Basel gewirkt hat und nun in Neuenburg wohnt) mit dem "Dialog zwischen Christen und Marxisten" anhand des Werkes von Roger Garaudy.

PD. Dr. Gotthold Müller (Schopfheim) erläutert die "Aufgaben der Christenheit gegenüber der Gesellschaft" und Prof. Heinz-Horst Schrey (Heidelberg) bearbeitet den Fragenkomplex um "Medikament und Personalität" von Hippokrates über die Bibel bis heute.

Das weitgespannte Spektrum dieser Studien reicht sogar bis hin zum Sport, den Prof. Heinz--Dietrich Wendland in seinen Gedanken über das „Christliche Menschenbild und die Leibeserziehung" beleuchtet.

 

Auffallend in all diesen Aufsätzen ist die grosse Bedeutung, die der Humanität, der Menschenwürde zugemessen wird. Das geschieht beileibe nicht mit leeren Schlagworten oder Frömmelei, nein, da herrscht eine klare Luft, und ein frischer, sachlicher Wind weht.

 

Besonders gut kommt dies im Beitrag von Prof. Heinrich Ott (Münchenstein) zum Ausdruck. Unter dem Titel "Demokratische Humanität" stellt er bemerkenswerte "sozialethische Überlegungen zum Phänomen der kollektiven Entscheidungsfindung in der eidgenössischen Demokratie" an.

Ebenso zeitnah behandelt der Zürcher Professor Arthur Rich das heute immer mehr Menschen beschäftigende Kernproblem des Bösen. In einer bewundernswürdig straffen‚ profunden und umfassenden Abhandlung "Personal und strukturell Böses in der menschlichen Existenz" beschreibt er den Kampf des Guten gegen das Böse und ruft jeden Einzelnen auf, nicht vor dem Bösen zu kapitulieren. Das etablierte, institutionalisierte Böse wie auch dasjenige in uns selber muss ständig überwunden werden; das ist die Aufgabe, die jeder an seinem Platz, und sei er noch so unbedeutend, auf sich zu nehmen hat.

 

Diese Festschrift ist ein kleine Ereignis. Getragen von tiefem Ernst und einem wahrhaft 'menschlichen', nicht nur theologischen Humanismus, das heisst ohne jegliche Fachsimpelei wird hier eine Reihe von Gegenwartsproblemen höchster Aktualität behandelt und in einer Weise durchdacht, ausgeweitet und vorgetragen, die man nur meisterhaft nennen kann. Auch ein Laie vermag diese Aufsätze mit Leichtigkeit zu lesen und zu verstehen; er trägt einen grossen Gewinn davon.

 

Erschienen in den Basler Nachrichten, 28. Januar 1969

 


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