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James C. Hefley: Start in die Unendlichkeit. Astronauten sprechen über ihren Glauben. Friedrich Reinhardt Verlag, Basel 1971 (engl.: Lift-off! Astronauts and Space Scientists Speak Their Faith. Grand Rapids, Mich.: Zondervan 1970).
Wernher von Braun, Besucher der Episkopalkirche, meint, den Glauben brauche man genau wie Essen, Trinken und Atemluft. Sei Wissenschaft der Trieb, die Schöpfung zu verstehen, so Religion derjenige, den Schöpfer zu begreifen. Von Braun glaubt fest, „dass Gott dafür sorgen wird, dass der Weg der Menschheit weiter aufwärts führt". Ähnlich äussert sich der Presbyterianer John Glenn.
Der Sicherheitsexperte Tom Willey findet: "Wir könnten keinen Satelliten auf eine Umlaufbahn bringen und keinen Menschen auf den Mond schicken, wenn Gott nicht Regeln und Gesetze gegeben hätte." Willey hatte einst den Bomber "Enola Gay" gebaut, der die erste Atombombe abwarf. Immer und überall hielt er sich an seinen Entschluss, "Gott an die erste Stelle in meinem Leben zu setzen".
Der Nachrichtentechniker und Solo-Bariton der Baptistengemeinde Camden (N. J.), Jack Neubauer, dient der amerikanischen Regierung, weil es ihm Gott in Römer 13, Vers 1 bis 7, geboten hat, und Christus ist für ihn das "Medium Gottes“. Vernon Grose entwickelte Testprogramme und Flugkontrollgeräte für Boden-Luft-Raketen. Heisst das "Gottes Auftrag ausführen", die Pflugscharen in Schwerter, also Kriegswaffen, umschmieden (Joel 4, 10)?
John Rose, will Gottes Erlösungskraft und Macht "anzapfen" und dann "stets die Verbindung aufrechterhalten". Für den Wartungstechniker Brooks Watson sind Christus - "das Licht" - und die Bibel ebensolche Konstanten wie die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, und er will als Zeuge Christi Christus zu den Menschen bringen. Rodney Johnson, der in Europa Flugabwehrraketen aufbaute und nun "Mondplaner" ist, meint, Weltraumforschung sei Bestandteil des göttlichen Planes für die geistige Entwicklung der Menschheit, sie werde uns mehr von der Grösse, Majestät und Allmacht Gottes zeigen.
Das Gebet Frank Bormans aus Apollo 8 ist bekannt, dann las er mit Lovell und Anders die Schöpfungsgeschichte, welche auf den feuersicheren Flugplan getippt worden war. Buzz Aldrin nahm in der Mondfähre "Eagle" das Abendmahl ein. Computerfachmann William Haldeman betrachtet den Menschen als „das einzige automatisch anpassungsfähige Kontrollsystem, das durch nicht (?) wissenschaftliche Arbeit hergestellt werden kann". Ein Gebet zu Gott liess ihn einen neuen Computer erfinden, und die Physik sieht er als "mathematische Betrachtung Gottes" an. Der Physiker Lambert Dolphin liess Psychoanalyse über sich ergehen, errichtete ein Heim für Rauschgiftsüchtige und "erwartet nur die Wiederkehr Christi, die meiner Meinung nach bevorsteht".
Flugeinsätze im Koreakrieg flog William Pogue; er sieht „den Himmel als eine geistige Existenz, in der ich ohne alle Konflikte mit Gott und mit anderen Personen verbunden sein kann". Edward Lindaman gar hat die "Theonetik", das Studium der Gegenwart Gottes In der Veränderung, erfunden. Der Astronom Peter Stoner: "Ich glaube an das Leben nach dem Tode und daran, dass ich als Gläubiger nach meinem irdischen Leben mit Christus im Himmel sein werde." Nach dem Atombombenabwurf über Japan und der darauffolgenden Kapitulation fand er: "Wir sollten Gott danken, dass dieser Krieg vorüber ist."
Erstaunlich viele Mitarbeiter der amerikanischen Raumfahrtindustrie zählen (sich) zu den Christen und sind nebenbei Sonntagsschullehrer, Sänger in Kirchenchören oder Prediger - der Russe Titow hat demgegenüber auf seiner Erdumkreisung bekanntlich weder Gott noch Engel gesehen.
Was James Hefley aus 22 US-Wissenschaftern und -Astronauten herausgebracht hat, mag ja den Werdegang von Peenemünde bis zur Mondlandung ganz gut zeigen, zur Frage des Glaubens heute aber trägt es herzlich wenig bei - wenn auch manche Absurditäten und Klischees für Psychologen, Soziologen und Theologen aufschlussreich sein mögen.
Erschienen in den Basler Nachrichten, 16. März 1972
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