Abb. 6: Wenn's mit dem fünften Kondratieff nicht haut, erfinden wir halt einen sechsten ...
Bereits in seinem 1990 publizierten und vielbeachteten Buch «Der fünfte Kondratieff» beschrieb Leo A. Nefiodow die Anforderungen und Konsequenzen des Informationszeitalters. Schon damals bewies er, was heute als Standard gilt: Information ist der wichtigste Rohstoff, auch um reale Güter herzustellen. Der fünfte Kondratieff nahm in den sechziger Jahren seine Anfänge. Wie lange wird er noch dauern? Was kommt danach?
Eine Welle dauert jeweils 45 bis 60 Jahre. Das belegt die Vergangenheit. Jede dieser Wellen ist von einer oder mehreren Basisinnovationen getragen. Während des vierten Kondratieff war dies das Automobil und die Petrochemie. Im fünften Kondratieff sind es die Informationstechnologien. Diese Basisinnovation ist wiederum Treibriemen für neue Innovationsfelder (Software, Sensorik, Biotechnologie usw.). Sie prägen die Gesellschaft, strukturieren sie neu und lösen nachhaltiges Wachstum aus. Erst wenn ihr Innovationspotential erschöpft ist und Produktivitätsfortschritte den breiten Wohlstand vernichten, kommt es zur Bildung einer neuen Welle und neuer Innovationsfelder. Nach Nefiodow stehen die Industrie- und Schwellenländer derzeit vor einer neuen Kondratieff-Welle. (Sein neues Buch trägt daher den Titel: «Der sechste Kondratieff», St. Augustin: Rhein-Sieg-Verlag, 1996.) Viele umsatzstarke Bereiche der Informationstechnik haben ihren Wachstumszenit bereits hinter sich, weil die Basisinnovationen keine Schubkraft mehr verleihen.
Was also tun? Was sind die Treibriemen für einen neuen Wachstumsschub?
Nefiodow liefert in seinem Buch den Nachweis, dass es im sechsten Kondratieff nicht mehr um neue materielle Waren gehen wird, sondern um immaterielle Güter und Dienstleistungen, deren Wachstum kaum Grenzen kennen wird. Die nächste Welle, so Nefiodow, ist zum grossen Teil ein Reparatur-Kondratieff: Die Schäden der Umwelt, aber auch am Menschen (massiv zunehmende gesellschaftliche Probleme, Suchtkrankheiten, Kriminalität sowie seelische Störungen - notabene auch bei immer mehr Managern) müssen behoben werden, um Volkswirtschaften produktiv zu halten und neues Wachstum zu generieren.
Nefiodow bezeichnet den sechsten Kondratieff als Welle der psychosozialen Gesundheit. Hier werden sich neue Produkte und Dienstleistungen im Umfeld von neuen technologischen Anwendungen entwickeln.
Fragt sich nur, welche Länder am sechsten Kondratieff partizipieren werden: Bisher profitierten jene Volkswirtschaften von einer neuen Welle, die sich auf die neuen Erfolgsmuster am besten einstellen und die Basisinnovation am besten nutzen konnten. Entscheidend für den volkswirtschaftlichen Erfolg der europäischen Staaten wird sein, ob und wie schnell sie sich von den bisherigen Mustern abgrenzen können. Ein Negativbeispiel: Weil Deutschland und die USA nach dem vierten Kondratieff allzu sehr in den damaligen Schlüsselindustrien Auto und Petrochemie verhaftet waren und sich nicht den neuen Anforderungen des fünften Kondratieffs (Informationstechnologien) stellten, wurden sie von Japan überholt.
Kuhlmann, Manfred in: «Manager-Bilanz» 1/1997, S. 33f.
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