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Anhang 8

(Juli 2007)

 

Zur sog. „Strassburger Ordnung“

 

Klarheit über die verschiedenen Fassungen und Abschriften der sog. „Strassburger“-Ordnung hat die Berliner Dissertation von Volker Segers („Studien zur Geschichte der deutschen Steinmetzenbruderschaft“; 1980, FU Berlin) gebracht.

 

1.

Die 1459 zu Regensburg beschlossene Ordnung ist am besten erhalten in der Thanner-Abschrift von 1515. Diese wurde erstmals im Zweiten Weltkrieg abgedruckt von Rudolf Wissell („Die älteste Ordnung der grossen Hüttenbundes der Steinmetzen von 1459“. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 55, 1942, 51-153).

Ein leicht verfügbarer Nachdruck findet sich in Günther Binding: Baubetrieb im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1993, 110-120.

Eine (offenbar weniger gute) Abschrift bietet auch das Tiroler Hüttenbuch von 1460, das erstmals von Joseph Neuwirth 1896 vorgelegt wurde.

 

2.

Die 1464 in Speyer vorgenommene (ziemlich starke) Revision (welche nur für das Strassburger Gebiet galt) wurde erstmal abgedruckt in Friedrich Heldmann: Die drey aeltesten geschichtlichen Denkmale der teutschen Freymaurerbrüderschaft. Aarau: Sauerländer 1819, 203-241. Heldmann meinte damals fälschlicherweise, es handle sich um „eine treue Abschrift von dem auf der dortigen Hütte (sc. Strassburger Hütte) befindlichen handschriftlichen Exemplar der ältesten Steinmezen-Ordnung vom J. 1459“.

 

Karl Christian Friedrich Krause hat in der 2. Auflage seines Werkes „Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft“ (2 Bde mit je 2 Abteilungen, 1819; erneut 1820-21) eine von Christian Ludwig Stieglitz leicht verbesserte Fassung der Heldmannschen „Ordenunge der Steinmetzen – Strasburg“ wiedergegeben (II. 1. 269-293), vorangesellt ist eine ausführliche „Vorerinnerung“ (II.1. 255-268).

 

Heideloff (1844, 34-44) enthält (ohne Quellenangabe) eine präzise wörtliche und vollständige Nachschrift des Textes von Heldmann.

Angehängt sind, ebenfalls ohne Quellenangabe, 72 Namen von Meistern und 34 von Gesellen. Dabei handelt es sich (bis auf einen resp. sechs Namen) um die Unterzeichner der 1563 vorgenommenen Revision (siehe unten Punkt 4).

Anschliessend gibt Heideloff (46) nochmals Namen von Meistern und Gesellen an, die 1459 in Regensburg unterschrieben haben sollen. Es handelt sich offenbar um ein verderbtes Manuskript, resp. eine sehr schlechte Abschrift (vgl. dazu Segers, 1980, 175-176, wo auch andere Abschriften beigezogen werden). Nach dem Meister „Conrad von Passau“ (Segers: „Cunradt von Bupfingen“) erscheint hier ein „Niclas von Schafhausen“ (Segers: Niclaus von Hassfurt“), dann ein „Andre von Kobnaten“ (Segers: „Andress von Kempten“).

Bereits Georg Kloos hat in seiner Zusammenstellung „Die Freimaurerei in ihrer wahren Bedeutung“, Leipzig 1848 (Nachdruck Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1970, 210) in einer Anmerkung zu „Anwesende Meister auf dem Tage zu Regensburg 1459“ festgehalten: "Die Namen dieser Meister stehen bei Heideloff S. 46, allein in sehr unsichrer und verderbter Orthographie.“ Er entzifferte: „Cunrat von Buppingen“, „Niclaus von Hassfurt“ und „Andres von Kempten“.

 

J. R. Schuegraf druckte in seinen Ausführungen zu den Regensburger Dombaurechnungen (Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg, Bd. 16, 1855) ebenfalls den Text von Heldmann (mit Quellenangabe) ab.

 

Otto Winkelmüller: Die deutschen Bauhütten. Ihre Ordnungen und die Freimaurerei. Bad Harzburg: Sasse 1964, 47-58 druckt unter dem Titel “Ordenunge der Steinmetzen zu Strassburg 1459 ebenfalls die Heideloff-Texte ab.

 

Neuerdings hat auch Klaus C. F. Feddersen in seiner Sammlung „Die Allgemeinen Verordnungen“ (1993, 60-78) den vollständigen Text von Heideloff bis zum letzten Namen leicht lesbar abgedruckt.

 

Ferdinand Janner (1876, 251-265) bot eine genauen Nachdruck des Textes von Heldmann, dazu von der Einleitung und vom Schluss längere Auszüge 49-50 und 56-57. Freilich hat er die Namen der vielen Unterzeichner von Heldmanns Seiten 234-240 weggelassen. Dafür hat er eine Numerierung der Absätze (1-53) vorgenommen.

 

Der Strassburger Archivar Ludwig Schneegans hat um 1850 vom Original eine präzisere Abschrift angefertigt, die von Segers (1980, 183-195) nachgedruckt wurde. Das Original wurde 1870 in den Kriegswirren vernichtet.

 

In seiner Münsteraner Dissertation verschliesst sich Alfred Schottner („Das Brauchtum der Steinmetzen in den spätmittelalterlichen Bauhütten“, Hamburg: Lit 1992) der Argumentation Wissells (1942) und nimmt die Darlegungen von Segers (1980) nicht zur Kenntnis. Daher druckt er im Anhang 1 in der Nachfolge von Heldmann, Heideloff und Janner unter dem Titel „Die Steinmetzordnung vom Jahre 1459“ diejenige Version ab, welche spätestens seit Günther Binding (1993) auch von der Fachwelt als Speyrer Revision dem Jahr 1464 zugerechnet wird. Der Text bricht pikanterweise ab mit der Angabe, er sei zu Speyer im Jahre 1464 ausgearbeitet worden. Die lange Liste der Unterzeichner, die seit Heldmann folgt, ist weggelassen.

 

Die 1498 zu Strassburg gegebene königliche Bestätigungsurkunde kam ohne das Zutun Kaiser Maximilians I. zustande. Sie wurde vom Erzkanzler Berthold von Henneberg ausgefertigt (Segers, 1980, 82-83). 1538 wurde diese Bestätigung von Kaiser Karl V. angeblich in Barcelona erneuert (Segers, 1980, 103-104). Weitere Bestätigungen erfolgten 1563 (vor dem gedruckten Bruderbuch), 1570, 1578, 1613 und 1621.

Eine päpstliche Bestätigung erfolgte 1502 in Strassburg durch den Kardinallegaten Raimund von Gurk (Segers, 1980, 86-87).

 

Was im Internet auf Englisch als „The Constitutions of the Mason of Strasburg, 1459“ angeboten wird, ist eine getreuliche Übersetzung der Speyrer Revision von 1464 gemäss Heldmann. Es fehlen einzig die vielen Namen der Unterzeichner von Heldmann, 235-240.

http://www.humanitas-international.org/showcase/chronography/documents/strasburg-const.htm

 

3.

Von einer Steinmetzen-Tagung, die 1515 in Strassburg abgehalten wurde, sind nur einzelne Artikel einer Ordnung erhalten (Wissell, 1942, 69ff). Segers (1980,209-225) bietet den Abdruck einer bisher unveröffentlichten Handschrift.

 

4.

Die dritte und letzte Revision der Ordnung für das Strassburger Gebiet ist das „gedruckte Bruderbuch“ von 1563, das erstmals von Heldmann (1819) nachgedruckt wurde. Siehe Segers, 1980, 230-249.

Sofort publizierte auch Karl Christian Friedrich Krause den Heldmann-Text in der 2. Auflage seines Werkes „Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft“ (2 Bde mit je 2 Abteilungen, 1819; erneut 1820-21, II.1, 294-316).

Er ist ebenfalls abgedruckt bei Ferdinand Janner, 1876, 272-293, und bei Otto Winkelmüller: Die deutschen Bauhütten. Ihre Ordnungen und die Freimaurerei. 1964, 68-79.

 

5.

Was in der französischen Übersetzung im Internet unter „Les Statuts de Ratisbonne (1498)" läuft, beruht auf einem Text von Joseph Neuwirth: Die Satzungen des Regensburger Steinmetzentages im Jahre 1459 auf Grund der Klagenfurter Steinmetzen- und Maurerordnung von 1628. Wien: Gerold 1888. Die Übersetzung ist leicht gekürzt und nicht immer ganz korrekt (z. B. §1 der „Ordnung der Diener“); § 48 mit den Namen aller Unterzeichner von 1459 und 1628 ist weggelassen.

 

Eine von alledem unanhängige und daher eigenständige Steinmetzenordung stellt sie Torgauer Ordnung von 1462 dar, abgedruckt bei Ferdinand Janner, 1876, 294-310, und bei Gustav Kessler: Geschichte der Organisation der Steinarbeiter Deutschlands. Rixdorf-Berlin: Paul Mitschke 1897, 44ff. Sie galt nur für das Gebiet von Sachsen.

Sie ist ebenfalls abgedruckt bei Otto Winkelmüller: Die deutschen Bauhütten. Ihre Ordnungen und die Freimaurerei. 1964, 59-68.

Laut Werner Jüttner (1935, 90) verdanken wir die erste Publikation der Torgauer Ordnung Christian Ludwig Stieglitz: „Über die Kirche der heiligen Kunigunde zu Rochlitz und die Steinmetz-Hütte daselbst. Leipzig: Barth 1829.

 

Eine der Strassburger Ordnung ähnliche Vereinbarung, allerdings viel kürzer und früher verfasst, ist in England als „The London Regulations for the Trade of Masons“ aus dem Jahre 1356 erhalten (nachgedruckt bei Douglas Knoop, G. P. Jones: The Mediaeval Mason; 1933, 224ff – deutsch bei Wilhelm Begemann: Vorgeschichte und Anfänge der Freimaurerei in England. Erstes Buch. Berlin: Mittler 1909).

 



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