Definitionen von Operations Research
siehe auch: Literatur: Entscheidung (ab 1949)
Quellen Lawrence C. Lockley in Fortschrittliche Betriebsführung, 1959 Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre, 1966 Georg Klaus (Hrsg.): Wörterbuch der Kybernetik, 1967 Das grosse Duden-Lexikon, Bd. 6, 1967 Carl Schneider: Handlexikon Datenverarbeitung, 1972 Handlexikon Organisation, 1971
Lawrence C. Lockley in Fortschrittliche Betriebsführung, 8. Jg., H. 4, November 1959, 84-86
Was ist Operations Research?
Operations Research, manchmal auch Systemanalyse genannt, ist eine Technik der Problemanalyse, die sich während des Zweiten Weltkrieges und in der Folgezeit entwickelt hat. Obwohl es erst seit wenig mehr als 17 Jahren als besondere oder spezifische Forschungsmethode selbständig existiert, verspricht es doch genügend Anwendbarkeit in der Industrie, um für die Betriebsleitung von Interesse zu sein. Ein grosser Teil der Literatur darüber ist hochmathematisch und technisch und ist nur Fachleuten dieses Gebietes ohne weiteres verständlich. Trotz seiner nebelhaften Natur und Methodik kann man jedoch ohne Zuhilfenahme der mathematischen Symbolik beschreiben und erklären, wie Operations Research als Hilfsmittel beim Fällen von Entscheidungen angewendet werden kann.
Unzureichende Definitionen
Sehr wahrscheinlich gibt es keine knappe Definition, die alle Vertreter des Operations Research zufriedenstellen könnte, weil bisher noch keine einheitliche Lehre und auch kein Schiedsmann existiert, der in Zweifelsfällen seine Entscheidung durchsetzen könnte. Zweifellos sind die Definitionen, die von den auf diesem Gebiet praktisch arbeitenden Fachleuten vorgetragen werden, keine angemessene Beschreibung für den Laien. Im Folgenden sind einige davon angeführt:
● Morse und Kimball
schreiben zum Beispiel: „Operations Research ist eine wissenschaftliche
Methode, die der Unternehmensleitung eine quantitative Grundlage für
Entscheidungen innerhalb ihres Arbeitsgebietes gibt“ [1].
●B. E. Wyne
verfeinert diese Auffassung noch etwas in seiner Definition:
● Ellis A. Johnson
entwickelt diese Auffassung noch etwas weiter:
Der Name ist irreführend
Es ist nicht nur so, dass die vielen Definitionen für Operations Research voneinander abweichen oder schwierig zu verstehen sind - es besteht ausserdem auch die Tendenz, dem Ausdruck „Operation Research" einen grösseren Bedeutungsgehalt zuzumessen, als ihm zukommt. Einen Hinweis auf die mehr oder weniger zufällige Entstehung dieses Ausdrucks verdanken wir Dr. Russell L. Ackoff: „Diese Benennung beruht auf einem historischen
Zufall. Die erste Arbeitsgruppe (1937), die ausdrücklich mit der
Forschungsaufgabe betraut war, das quantitative Ausmass der Wechselwirkung
zwischen den einzelnen Teilen einer Organisation zu untersuchen, war dem Operationsstab
der britischen Streitkräfte zugeteilt. Aus diesem Grunde wurde es Operations
Research' genannt.
Obwohl sich andere Definitionsversuche zitieren liessen, würde damit doch keine grössere Klarheit geschaffen. Statt dessen bietet sich die folgende Darstellung der historischen Entwicklung des Operations Research als nützlicher Ausgangspunkt bei unserem Bestreben an, dem Leser einen Begriff von dieser Technik zu vermitteln.
1] Kimball, George E. und Morse, Philip M., Methods of Operations Research, The Technology Press of Massachusetts Institute of Technology an John Wiley & Sons, 1951, Seite 1. 2] Seminar on Operations Research, Railway Systems and Procedures Association, 1954, Seite 3. 3] McCloskey, Joseph F. und Trefethen, Florence N., "Operations Research for Management", The Johns Hopkins Press, 1954, Seite XIII.
Eine kurze Beschreibung des Operations Research
Operations Research ist eine auf der Forschungsarbeit eines Teams oder einer Arbeitsgruppe beruhende analytische Methode, die während des Zweiten Weltkrieges für das Studium militärischer Probleme angewendet wurde. Es ist im wesentlichen das Studium der Wirkungsweise eines Systems oder einer zusammenhängenden Reihe von Vorgängen. Es bedient sich meist der Talente der verschiedensten Spezialisten, verwendet die mathematische Analyse, sucht nach grundlegenden Prinzipien und führt zu Schlussfolgerungen, die die wahrscheinlichen Ergebnisse verschiedenartiger Arbeitsläufe angeben. Die Schlussfolgerungen in einer Operations-Research-Untersuchung erscheinen meist in der Form einer Reihe von Alternativen anstatt eines einzigen ‚richtigen’ Endergebnisses. Diese Methode wird mit grösstem Nutzeffekt bei komplexen Problemen angewendet, in denen viele Faktoren zu berücksichtigen sind und bei denen die Bestandteile des 'Problems sich auf quantitative Weise messen und beschreiben lassen.
Am einfachsten kann man Operations Research definieren als die Erforschung von Funktionen und Beziehungen innerhalb einer organisierten Tätigkeit. Bei der Anwendung auf Probleme der Wirtschaft besteht der Zweck im allgemeinen darin, die zur Verfügung stehenden Produktionsmittel so einzusetzen, dass optimale Ergebnisse erzielt werden.
Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler 1966, 197
Die Verdeutschung des Namens Operations Research
Man hat verschiedene Verdeutschungen für den Terminus „Operations Research" vorgeschlagen, so vor allem: .„Unternehmensforschung", „Mathematische Entscheidungsforschung", „Verfahrensforschung", „Operationsforschung", „Planungsforschung" u. a. Keine dieser Übersetzungen trifft das Wesen des Operations Research; sie sind alle zu allgemein. Wenn es auch den Anschein hat, als ob sich die Bezeichnung „Unternehmensforschung" durchsetzen würde, obgleich auch sie viel zu weit ist, wollen wir an der englischen Bezeichnung „Operations Research" festhalten.
Begriff und Beispiel des Operations Research
Operations Research ist die systematische Untersuchung der Folgen von Unternehmensentscheidungen, unter Verwendung mathematischer Modelle, wobei die verschiedenartigsten exakten Methoden analytischer, experimenteller und quantitativer Art angewandt werden. Der Begriff wird allerdings zuweilen weiter gefasst.
Machen wir uns das Wesen des Operations Research an einem einfachen Beispiel klar. Eine Brotfabrik will einen Zweigbetrieb errichten, der fünf Städte beliefern soll. Die einzelnen Städte beziehen wöchentlich auf Grund einer Marktanalyse a, b, c, d und e Zentner Brot. Es wird im Hinblik auf die Transportkosten der günstigste Standort für den Zweigbetrieb gesucht. Wir verwenden die physikalische Formel zur Bestimmung des Schwerpunktes für mehrere starr verbundene Massen. Sie ist also unser Modell. Für mehrere Massen m1, m2 ... mn ergibt sich im Koordinatensystem die x-Koordinate des Schwerpunktes aus …. Der Schnittpunkt der Koordinaten zeigt den günstigsten Standort an.
Georg Klaus (Hrsg.): Wörterbuch der Kybernetik. Berlin: Dietz 1967, 457-459 (Lizenzausgabe in 2 Bdn, Frankfurt am Main: Fischer-Bücherei 1969)
Operationsforschung (Unternehmensforschung): Wissenschaft, die sich mit der Vorbereitung von Entscheidungen auf ökonomischem, soziologischem oder militärischem Gebiet befasst. Die Operationsforschung wendet hauptsächlich mathematische Methoden und Modelle an. Ihr Gegenstand und ihre Methodik stehen in enger Beziehung zu denen der Kybernetik. Sie ist auf die Lösung konkreter Probleme in der gesellschaftlichen Praxis orientiert.
Zu ihrem Problemkreis gehören folgende Aufgaben: optimale Verteilung von Investitionen, Prognose des technischen Fortschritts und des ökonomischen Wachstums, operative und langfristige Planung, Lagerhaltungsfragen, Qualitätskontrolle, Marktforschung, Transport- und Verkehrsfragen, Planung des Einsatzes und der Ausbildung von Kadern, Einsatz moderner Rechenanlagen, Planung grösserer wissenschaftlicher Experimente.
Die Ausnutzung der Ergebnisse der Operationsforschung und die Anwendung ihrer Methoden sind für die fortschreitende Verbesserung der Planungs- und Leitungstätigkeit in den verschiedensten Bereichen der sozialistischen Volkswirtschaft von grosser Bedeutung.
Die Operationsforschung beschäftigt sich mit einer bestimmten Art von Operationen. Diese Operationen sind Mengen voneinander abhängiger gezielter Handlungen, die für die Erreichung eines bestimmten Zieles erforderlich sind und von oder in komplizierten, aus Menschen oder aus Menschen und Maschinen bestehenden Systemen ausgeführt werden. Für Systeme dieser Art entwickelt die Operationsforschung eine Strategie der Leitung und Steuerung. Dabei spielt die Konstruktion eines mathematischen Modells des Systems in einer gegebenen Situation eine hervorragende Rolle.
Eine wissenschaftliche Untersuchung im Rahmen der Operationsforschung enthält folgende Phasen: 1. Formulierung des Problems, 2. Konstruktion des mathematischen Modells, 3. Ableitung der Lösung des Problems aus dem Modell, 4. Überprüfung des Modells und der abgeleiteten Lösung durch Konfrontation mit dem realen System, 5. Ausarbeitung von Kontrollmöglichkeiten über Veränderungen des Systems, die eine Abänderung der Lösung erforderlich machen, 6. Einführung der Lösung in die Praxis. Diese Phasen verlaufen selten in der angegebenen Reihenfolge, sondern z. T. gleichzeitig in gegenseitiger Abhängigkeit. Oft ist z. B. die Formulierung des Problems erst vollendet, wenn die Einführbarkeit der Lösung in die Praxis nachgewiesen ist.
… Der Prozess der Modellierung ist kompliziert, liefert aber von Anfang an wertvolle Hinweise für die Leitung und Steuerung des betrachteten Systems. Bei komplizierten Modellen erfordert die numerische Bestimmung der Parameter oft eine Umorganisierung der gesamten Datenerfassung. Hierbei spielen die modernen Datenverarbeitungsanlagen eine hervorragende Rolle.
… Charakteristisch für die Operationsforschung ist die ganzheitliche und komplexe Betrachtungsweise bei der Lösung der gestellten Probleme. Die Lösung eines Problems für das betrachtete System hat Konsequenzen für das übergeordnete System, die bei der Einführung der Lösung in die Praxis zu beachten sind, damit nicht die Rückwirkung des Gesamtsystems auf das Teilsystem den gewünschten Effekt paralysiert. Im Laufe der Untersuchungen komplizieren sich deshalb oft die Fragestellungen und die Modelle. Eine Folge davon ist, dass die Operationsforschung fast immer in Gemeinschaftsarbeit verschiedener Wissenschaftler und Praktiker - Mathematiker, Ökonomen, Ingenieure, Psychologen und weiterer Spezialisten - betrieben werden muss.
Das grosse Duden-Lexikon (Bd. 6, 1967, 75) schreibt: „Operations-research, zusammenfassende Bez. für Forschungsmethoden, die darauf abzielen, empir. Unterlagen für allg. Entscheidungen, z. B. auf den Gebieten der Technik, der Volks- und Betriebswirtsch. oder der mil. Planung, zu liefern und die mutmassl. Folgen best. Entscheidungen vorherzubestimmen.“
In der Kurzausgabe von Carl Schneiders "Datenverarbeitungs-Lexikon" (1970), nämlich dem "Handlexikon Datenverarbeitung" (1972) heisst es in verkürzter Perspektive: "Operations Research (OR) oder Unternehmensforschung, seit 1942 als höchste Stufe des scientific management (wissenschaftliche Betriebsführung) die Studie eines komplexen Systems von Personal, Maschinen, Geld und Material. Es ist die Gesamtheit der zur wissenschaftlichen Analyse von Organisationserscheinungen herangezogenen mathematisch-formalen Methoden zum Zwecke optimaler Planung und optimaler Programmierung, die Sammlung von verschiedenen Verfahrenstechniken, mit welchen Führungsprobleme optimal zu lösen sind ... Die Rechner ermöglichen die numerische Behandlung mathematischer Planungssysteme und die Eingliederung von Verfahren der Optimalplanung, wodurch die Geschäftsleitung von der Arbeit der Routineplanung befreit werden kann."
Ähnlich heisst es auch im "Handlexikon Organisation" (1971) zu Operations Research: "Modelle, die der Vorbereitung optimaler Entscheidungen durch Bereitstellung quantitativer Unterlagen dienen. Die Erkenntnisse und Methoden der Mathematik, Statistik und Logistik dienen der modellhaften und zweckmässigen Abbildung von der Realität abstrahierter Probleme, um Folgen bestimmter Handlungsweisen erkennbar und quantifizierbar zu machen."
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