Von ganz weit aussen betrachtet ist die Quadratur des Werbe-Zirkels selbst eine quadrierte. Das heisst, an den vier Ecken des grossen Quadrates befindet sich je ein weiteres Quadrat. Daher ist Werbung so schwierig.
Grundsätzlich kann Werbung unter vier Aspekten betrachtet werden: · Erfolg des Unternehmens (Auftraggebers) und des Projekts (Auftrag) - zu erreichen durch Organisation · optimales Treffen der Adressaten - durch virtuoses Spiel auf der sozio-psychologischen Klaviatur · Effizienz des Mitteleinsatzes - die gewünschte Wirkung ist mit minimalem Aufwand zu erreichen (Ökonomie) · optimale Integration der Werbeelemente - durch Kreativität.
A. Alle Beteiligten streben nach Erfolg
Betrachten wir zuerst die Erfolgsecke: Hier steht der Werber im Spannungsfeld von vier verschiedenen Zielen, Absichten oder Funktionen:
1. Der Auftraggeber will als Unternehmer etwas erreichen: · grundsätzlich: Gewinn, gute Angebote machen, gesellschaftliche Verantwortung tragen, · spezifisch: neue Marktanteile erobern, den Umsatzrückgang aufhalten, eine neue Produktgruppe lancieren oder: Kapazitäten besser auslasten, Rationalisieren durch Grossproduktion, Sparen durch Billiglinien usw.
2. Was soll und kann das (zu bewerbende) Produkt leisten? · Ist es Spielzeug oder Grundnahrungsmittel, Luxusartikel oder Investitionsgut? · Neben seinen Stärken hat es gewiss auch Schwächen. Wo liegen diese? · Und was sind mögliche Ziele: Bedarf decken, Vergnügen bereiten, Aktivitäten animieren, usw.
3. Ob es sich um eine Werbeabteilung innerhalb eines Unternehmens oder um externe Agenturen und Berater oder um Kreativitätsteams handelt, auch diese haben Ziele: · Profit-Center-Ziele oder schlicht Umsatz- und Leistungsziele. · Sie müssen etwas erreichen, um ihre Existenz zu rechtfertigen. · Zudem sind sie eingebunden in Marketingabteilungen oder -strategien, wo sie ihre "Funktion" erfüllen müssen.
4. Schliesslich hat jede Marketing- oder Werbekampagne selbst ein Ziel: · Steigerung von Absatz oder Bekanntheit, Vertrauen oder Markentreue schaffen, Kauf bestätigen oder Erinnerung wachhalten, Konkurrenz übertrumpfen, Abwechslung, Produktinformation, Produkteinführung erleichtern und rentabler gestalten, andere Massnahmen unterstützen, usw.
Quadratur des Zirkels bedeutet hier, alle vier Zielrichtungen auseinanderhalten und doch unter einen Hut bringen, sodass sich Erfolg einstellt. Saubere Zielsetzung, Massnahmenplanung und Budgetierung - kurz: organisatorische Klärung sind hiefür vonnöten. Das in anderem Zusammenhang entstandene "magische Ziel-Viereck" gibt eine hilfreiche Übersicht.
Weitere Erfolgsstreber
Wer es ganz genau nehmen will, kann zusätzlich (5.) individuelle Ziele einzelner Mitarbeiter, Abteilungsleiter oder Teamchefs in Rechnung stellen (die legendären "Extrazüglein", die jemand fahren will) sowie (6.) die Programme, Richtlinien und Ziele der Medien und ihrer Vertreter, also von Annoncenagenturen, Verlagen, Redaktionen, Radio- und Fernsehanstalten, Anbietern von Aussenwerbung, Direct Mail, usw. Auch sie wollen etwas.
Noch Gewieftere beziehen die Strategien von (7.) Konkurrenzunternehmen und (8.) Konkurrenzagenturen in ihre Kalkulation ein. Manchmal empfiehlt sich auch (9.) ein Blick über den Hag, auf andere Branchen und Kontinente.
B. Optimales Treffen der Adressaten
Im Markt stehen dem Anbieter immer ganze Menschen gegenüber. Auch der Adressat der Werbung ist ein ganzer Mensch, beschreibbar unter vier Aspekten:
1. sozio-demographische und -ökonomische Variablen 2. Persönlichkeit (Haltungen, Einstellungen) 3. Verhalten, insbesondere Konsumgewohnheiten, Aktivitäten 4. Informationsstil, Medienverhalten, -nutzung
Die erste Ecke liefert die hinreichend bekannten und erfassbaren Daten über Alter und Bildung, Berufstätigkeit und Kaufkraft, Ausstattung der Wohnung und Besitztum, usw.
Ideal wäre, wenn man von sämtlichen aktuellen und potentiellen Konsumenten den Typ kennen würde und über welche Kanäle er sich hauptsächlich informiert. Wüsste man dann noch, worauf jeder Typ anspricht, dann könnte man ihn medienspezifisch mit einem bestimmten Werbestil treffen.
So kompliziert ist der "ganze" Mensch
Doch noch nicht genug:
• Je nach seinen Motiven verfügt der Adressat über eine ganze Reihe von Präferenzen und Entscheidungskriterien. • Je nach der Situation, in der er sich befindet, spielt er verschiedene Rollen und erfüllt unterschiedliche Funktionen. • Für verschiedene Bereiche orientiert er sich an Leitbildern und Opinion leaders, an Bezugsgruppen und -personen. Mal imitiert er sie, mal lehnt er sie ab. • Und schliesslich orientiert er sich nicht nur an Qualität und Preis, Nutzen und Risiko des Angebots, sondern auch am Image (Branchen-, Firmen, Markenbild). Diese kann einen Aufforderungscharakter (Anmutung, Eindruck) haben, was zu Assoziationen und Identifikationswünschen führt.
Dieses ungemein komplizierte Wesen, das doch je "nur" eines, ein ganzer Mensch ist, soll nun der Werber so treffen, dass seine Botschaft einschlägt und eine Bestell- oder Kaufhandlung auslöst. Wahrlich kein leichtes Unterfangen!
C. Effizienz des Mitteleinsatzes
Eine Stütze des Erfolgs ist Effizienz. Sie resultiert aus der Verbindung von:
1. Sparsamkeit im Aufwand (Wirtschaftlichkeit) 2. Berücksichtigung von Vorschriften (Lauterkeit) 3. richtiger Ansprache der richtigen Leute (Wirksamkeit) 4. ehrlichen und klaren Mitteln (Glaubwürdigkeit)
D. Kreative Integration der Werbemittel
Kreativität ist vorausgesetzt. (Aber: "It's not creative unless it sells.") Hierbei handelt es sich um die optimale Integration der Werbemittel: 1. Form (sinnliche Qualitäten, Farbe, Material, Erlebnis) 2. Inhalt (Sujet, Stil, Botschaft, Marke) 3. Appell (physiologisch, emotional, sozial, rational) 4. Kontext (Plazierung, Frequenz, Coupons, Zusatzaktionen)
Es geht aber auch um die Integration der Beteiligten. Nicht nur das Kreativitätsteam ist gefragt, auch die Media-Spezialisten und Realisatoren sind einzubeziehen. Allzuoft findet Kreation im isolierten Raum statt.
Der Markt kann als komplexes System betrachtet werden. Solche Systeme sind schwer zu durchschauen und zu beeinflussen. Das zeigt sowohl die Praxis wie die Computer-Simulation (Jay W. Forrester; Dietrich Dörner). Holzhammermethoden bringen auf die Länge nie die gewünschte Wirkung. Daher ist energisches, aber subtiles Eingreifen nötig.
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