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                     Leipzig: Bibliographisches Institut, 4. Aufl. 1885-1889

 

 

Model (Modul, v. lat. modulus),

in der Baukunst ein Maß von relativer Größe, welches für die Dimensionen der Säulen gilt. Seine Größe hängt von der jedesmaligen Stärke der Säule ab, da der untere Durchmesser der Säule zwei M. beträgt. Ein M. wird in 30 Teile (Minuten, Partes) geteilt, wodurch man den Maßstab für die Säulen und deren Gebälke erhält.

Bei Bewässerungsanlagen heißt M. ein Meßapparat für fließendes Wasser, auf dem Prinzip des "Überfalles" oder "Durchlasses" beruhend, ein namentlich in Oberitalien und dem südlichen Frankreich sehr verbreiteter, bereits mehrere Jahrhunderte alter Apparat, erfunden von dem Italiener Michelotti.

Überhaupt bedeutet Modul in der reinen und angewandten Mathematik eine Zahl, die als Maßstab dient, z. B. Elastizitätsmodul (s. Elastizität [1]). M. eines Logarithmensystems ist der Faktor, mit welchem man die natürlichen Logarithmen (s. Logarithmus [2]) zu multiplizieren hat, um diejenigen des Systems zu erhalten. Für die Briggsschen Logarithmen ist derselbe 0,434294. Zwei Zahlen heißen nach einem M. m kongruent, wenn sie bei der Division mit der Zahl m gleiche Reste geben. M. der Periodizität ist bei periodischen Funktionen die Größe, um welche das Argument wachsen muß, damit die Funktion wieder dieselben Werte annimmt (s. Funktion, Periode).

In der Technik ist M. (Druckmodel) die gestochene oder geschnittene Holzplatte zum Aufdrucken der Farben auf Gewebe, Tapeten, Papier, Wachsleinwand etc.; dann auch s. v. w. Form.

 

1 Unter Elastizitätsmodulus versteht man den umgekehrten Wert des Elastizitätskoeffizienten; derjenige des Silbers z. B. ist 7400. Der Elastizitätsmodulus ist die Zahl, welche angibt, wieviel Kilogramm nötig wären, um einen Stab der betreffenden Substanz von 1 qmm Querschnitt auf seine doppelte Länge auszudehnen, ganz abgesehen davon, ob sich der Körper auch wirklich, ohne zu reißen, so weit ausdehnen läßt. Läßt man aus einen Stab in der Richtung seiner Länge einen Druck wirken, so wird er genau um ebensoviel verkürzt, wie er durch eine Zugkraft von derselben Größe verlängert wird.

 

2 Man findet den gemeinen L. einer Zahl, wenn man den natürlichen mit 0,4342945, dem gemeinen L. von e, multipliziert, welche Zahl der Modulus der gemeinen Logarithmen heißt, und der natürliche L. ist gleich dem gemeinen, multipliziert mit 2,3025851.

 

Modell (v. ital. modello), Vorbild, Musterbild;

in der Baukunst ein in verjüngtem Maßstab aus Holz, Thon, Papiermasse, Gips, Kork, Wachs etc. angefertigtes Abbild eines im großen entweder schon vorhandenen oder auszuführenden Bauwerks, welches das wechselseitige Verhältnis der einzelnen Teile desselben zu einander zur Anschauung bringt. So fertigt man Modelle von schwierigen Dachverbindungen, Gewölbkonstruktionen, weit gesprengten Brückenbogen, auch von ganzen Gebäuden.

Modelle von Maschinen werden für den Unterricht (kinematische Modelle von Reuleaux) und für die Praxis angefertigt.

Für die Gießerei fertigt man Modelle aus verschiedenen Materialien.

Eine reiche Modellsammlung mittelalterlicher Kirchen und andrer Bauwerke bewahrt die Sammlung der technischen Hochschule z. Charlottenburg-Berlin.

In der Bildhauerkunst und Bildgießerei versteht man unter M. den vom Künstler aus Thon, Gips oder Wachs geformten Körper, welcher als Vorbild bei der Herstellung desselben Körpers aus einem härtern Stoff dient (s. Bildhauerkunst [3]);

in der Malerei ein männliches oder weibliches Individuum, welches nackt oder bekleidet dem Künstler zum Gegenstand des Studiums dient (M. stehen);

auch nennt man den zu demselben Zweck gebrauchten Gliedermann (Mannequin) M. Eine Nachbildung nach einem solchen M. heißt ein Akt oder eine Akademie.

 

Modellieren, ein M. von etwas machen, abformen, im weitern Sinn in der Malerei und Bildhauerkunst das plastische Herausarbeiten der einzelnen Teile eines Körpers zu einer mit der Natur wetteifernden Wirkung.

Eine Anleitung zum Modellieren von Gebäuden für Anfänger gibt Ortlebs "Kleine Baumodellierschule" (Leipz. 1886).

 

3 Die technische Hervorbringung eines Werkes der B. zerfällt in die Herstellung des Modells und in dessen Ausführung in dem dazu bestimmten Material, also in Holz, Sandstein, Marmor, Bronze. Beide Akte fallen nur bei Werken von Thon, die im Ofen gebrannt werden sollen und nicht zur Vervielfältigung bestimmt sind, zusammen; bei Werken aus gegossenem Metall ist der erste Akt die Voraussetzung des zweiten, während bei Werken von hartem Stoff, wie Holz oder Stein, die Herstellung eines Kunstwerkes ohne vorherige Modellierung wohl möglich, aber nicht bequem ist. Zwar arbeiteten die Griechen und unter den Neuern Michelangelo vielfach ohne Modell, sondern nur nach einer kleinen Skizze; indessen hat diese Art des Arbeitens, namentlich bei Michelangelo, zur Folge gehabt, daß derselbe von dem zu bearbeitenden Material an manchen Stellen zu viel weggehauen, sich "verhauen" hat.

Die eigentlich künstlerische Produktion des Bildhauers besteht eben in der Herstellung des Modells, wobei ein gezeichneter erster Entwurf oder eine kleine Thonskizze vorliegt. Man bedient sich dabei einer leicht zu bearbeitenden Masse, am häufigsten eines fein geschlämmten, von sandigen Bestandteilen gereinigten, plastischen Thons, dem man durch Anfeuchten mit Wasser einen solchen Grad einerseits von Geschmeidigkeit und anderseits von Konsistenz gibt, daß er sich sowohl leicht formen läßt, als auch die ihm gegebene Form beibehält. In älterer Zeit pflegte man wohl vorher eine kleine Modellskizze in Wachs anzufertigen, die manchmal selbst das größere ausgeführte Thonmodell ersetzen mußte.

 

Modellierstab (Modellierstecken), ein nach unten breit auslaufender Stab, welchen der Bildhauer benutzt, wenn er dem feuchten Thon beim Modellieren die beabsichtigte Form geben will.

 

Modellierstuhl, ein Gestell mit drei oder vier Beinen und einer obern drehbaren Platte, auf welcher die Thonmasse liegt, aus der das Modell geformt werden soll.

 

Modellschutz, s. Musterschutz[4])

 

4 Musterschutz, die ausschließliche Berechtigung des Urhebers eines neuen Warenmusters, dasselbe während einer bestimmten Schutzfrist ganz oder teilweise nachzubilden. Der Ursprung des Musterschutzes ist in Frankreich zu suchen, wo schon 1744 die Nachahmung fremder Seidenmuster durch die Lyoner Fabrikreglements untersagt wurde. Als mit dem Zunftzwang die Fabrikreglements aufgehoben wurden, behielt man den M. in der richtigen Erkenntnis bei, daß der Wetteifer in der Erzeugung geschmackvoller Muster erlöschen würde, falls dem Urheber nicht die Frucht seiner Arbeit gesichert werde.

 

Modelltischlerei, besonderer Zweig der Tischlerei, liefert die hölzernen Modelle für Maschinenfabriken.

 

Modeln (franz. modeler), einem Gegenstand eine bestimmte Gestalt geben, ihn nach einem gewissen Muster (Modell) bilden; Figuren oder Muster geben, z. B. bei der Schriftgießerei, beim Schönschreiben, bei der Weberei, Zuckerbäckerei etc.

 

Modulation (lat.), in der Musik der Übergang aus einer Tonart in die andre, modern ausgedrückt: Wechsel der Tonalität (s. d.), das Übergehen der Bedeutung des Hauptklanges (Tonika) auf einen andern Klang. Man unterscheidet Ausweichung und M. und versteht unter ersterer das nur flüchtige Verlassen der alten Tonalität, dem sofort die Rückwendung folgt. Wenn z. B. von C dur aus über den E dur-Akkord hinausgegriffen und ein Schluß auf dem E dur-Akkord gemacht wird, so ist das eine Ausweichung, wenn sogleich wieder nach C dur zurückgelenkt wird; eine M. dagegen, wenn danach ein Sätzchen in E dur sich entwickelt oder nach einer andern Tonart (z. B. A moll) ein Schluß gemacht wird ...

 

Modulieren (lat.), abmessen, regeln; besonders: die Stimme steigen und sinken lassen.

 

Modulus (lat.), s. Model.

 



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