Was sind Symbole?
Eine kurze
Skizze zu Wesen und Funktion von Symbolen.
Inhalt 250 Symbole und symbolische Gehalte Was sind Symbole? Wie sehen die Freimaurer Symbole? Symbole unterscheiden die Loge von einem Verein Kann alles Symbol sein? Endres: Symbole sind keine Sinnbilder
Literatur
250 Symbole und symbolische Gehalte
Die Freimaurerei verwendet zur Anleitung und Schulung ihrer Mitglieder rund 250 Symbole und symbolische Gehalte. Daher sprechen Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1567) von „Lehrbildern“. In Lennings „Encyclopädie der Freimaurerei“ (1822-28) heissen sie „Lehrzeichen“. Vielfach sind es „Allegorien“ (Gantner, 1983/84, 102). Sie stammen aus allen Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte. Die grundlegenden Rituale dagegen stammen aus der Handwerkertradition des späten Mittelalters.
Was sind Symbole?
Nach Duden ist Symbol dasselbe wie „Sinnbild“. (Auch „Sinnzeichen“, „Wahrzeichen“ und „Kennzeichen“ werden genannt.) Das finden wir auch für Tausend andere Begriffe: Das eine Wort ist griechisch, das andere ist die deutsche Version dafür. Manchmal werden auch weitere Wörter gebraucht: Gleichnis, Zeichen, Signum, Urbild, Bild, Imago, Gedankenbild, Ideogramm, Emblem, Allegorie, Allegorese, Metapher, Parabel, Gebärde, Chiffre, usw., und bald ist die Verwirrung perfekt.
Es ist ziemlich schwierig, eine Definition von „Symbol“ zu finden. Weder das Herder Lexikon Symbole (Marianne Oesterreicher-Mollwo 1978) noch „Knaurs Lexikon der Symbole“ (Hans Biedermann 1989) geben eine Definition. Auch Helmut Werners „Lexikon der Esoterik“ (1991) hilft nichts, wenn es definiert, Symbol sei „eine Formel oder ein Merkwort, in dem sich die in die Mysterien Eingeweihten erkannten“.
Brauchbarer sind folgende Hinweise aus neueren Nachschlagewerken:
Horst E. Miers definiert in seinem wichtigen „Lexikon des Geheimwissens“ (1970): „Ein Symbol ist der bildliche Ausdruck einer Idee oder eines Gedankens; ein Symbol ist ein festgehaltenes Gleichnis, während eine Parabel mehr ein gesprochenes Symbol ist. Symbole im rituellen Gebrauch (und in Meditationen) entführen den Geist über die Grenzen der endlichen, werdenden in das Reich der unendlichen, seienden Welt. Symbole erregen Ahnungen, sind Zeichen des Unsagbaren.“
Recht umständlich definiert Hans Biedermann in seinem „Lexikon der magischen Künste (1968): „Symbole im eigentlichen Sinn wären als dynamische, viele Aspekte in sich bergende (daher oft ambivalente) Realitäten aufzufassen, deren Mitteilungscharakter beim Betrachter Aufnahmebereitschaft für diese spezielle und archaische Form der komplexen Aussage voraussetzt. Ist diese nicht gegeben, so erscheinen die Symbole meist als absurde und überflüssige Verschlüsselungen eines ‚Klartextes’, der jedoch in Wahrheit in einfacher und schematischer Form nicht gegeben ist.“
Brauchbarer ist Marc Roberts „Lexikon der Esoterik“ 1993: Symbol ist „ein Zeichen oder Bild, das über sich hinausweist und einen Sinn, eine Idee und eine Bedeutung veranschaulicht. Es ist die Verbildlichung des Ungegenständlichen, das auf keine Weise gegenständlich gemacht werden kann.“
Reiner Kakuska („Esoterik“ 1991) sieht das Symbol als „bildliche Darstellung einer Idee oder eines Prinzips. Das Symbol steht für etwas, das mit dem analytischen Verstand allein nicht zu erfassen ist und sich der vollständigen Beschreibung entzieht.“
Wie sehen die Freimaurer Symbole?
Gottlieb Imhof
Der Freimaurer Gottlieb Imhof definiert im einen Buch (I, 128) Symbol als „bildlich dargestellte Idee“. „Das Symbol ist also nicht Abbild eines konkreten Gegenstandes, sondern sinnfällige Darstellung eines abstrakten Gedankens oder eines seelischen Wertes oder Zustandes. Symbol ist aber nicht gleichbedeutend mit dem griechischen Wort ‚Allegorie’, denn dieses ist eine verstandesmässige und künstliche Bildbezeichnung ohne innere zwingende Beziehung ... Demgegenüber ist das Symbol der lebendige und gemeinschaftsgebundene Ausdruck für einen überindividuellen und immateriellen Wert.“
Den letzten Satz übernahm Imhof in das zweite Buch (II, 58), ersetzte aber immateriell durch „transzendent“ – und braucht gerade im nächsten Satz auch noch das Wort „transzendental“.
Im „Buch des Meisters“ (III, 23) mahnt er die „vernunftmässigen“ Modernisierer der Maurerei: „Unsere ganze Unterweisung ist symbolisch; wenn uns aber die Symbole nichts lehren wenn sie, indem sie uns zwingen, den Sinn zu erfassen, uns nicht auf den Weg zu den tiefsten Mysterien der menschlichen Gedanken führen, dann wird unsere Haltung grotesk.“ Und weiter (III, 36-37): „Es muss immer wieder darauf hingewiesen werden, dass Symbole blosse Hilfsmittel darstellen, die zur Vermittlung bestimmter Gedankenverbindungen dienen, und dass man sich nicht mit dem Symbol als Geheimzeichen begnügen darf. Als Mittel zum Zweck muss es seine Funktion ausüben und darf nicht zum Selbstzweck degradiert oder erhoben werden. – Unsere Rituale wiederum haben die Aufgabe, uns die Symbole näherzubringen.“
Franz Carl Endres als Meister der Verwirrung
Ein Meister der Verwirrung war Franz Carl Endres. Er unterscheidet, ohne das durchzuhalten, unnötigerweise Symbol und Sinnbild (z. B. 1977, 17, 73, 84). Er definiert Symbol nicht, sondern kreist immer um den heissen Brei. Das ergibt haufenweise kuriose Behauptungen:
Auch Dosch spricht beim Symbol von „transzendent“ (1999, 273).
August Horneffer
In seinem kleinen Büchlein „Die Macht des Symbols“ (1950, 11) beschreibt August Horneffer das Wesen des Symbols wie folgt: „In die Lücke die zwischen Diesseits und jenseits klafft, tritt das Symbol.“ Das Symbol trägt den Charakter eines „Zeichens“, eines Hinweises. „Es deutet hin, es macht aufmerksam auf ein Geschehen, das dem Menschen ungewohnt ist, ihn erstaunt, erregt, beunruhigt, wohl auch erschreckt, aber ihn zugleich auch erhebt und beglückt.“ Und etwas später (16) ziemlich religiös verhaftet: „So bilden also die Symbole gleichsam Gedächtnismerkmale an eine göttliche Offenbarung, an eine Begegnung mit dem Unbekannten, an eine Weisung aus der Höhe.“
Symbole unterscheiden die Loge von einem Verein
Endres prägte den knappen Satz: „Die symbolische Grundlage unterscheidet eine Loge von einem Verein“ (1977, 12). Und er fährt weiter: Das gemeinsame Erleben des Symbols im Tempel ist höchste freimaurerische Leistung. Schon aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt freimaurerischer Arbeit im Tempel selbst. Die Aussenarbeit der Logen im Wirken für den Frieden, für Sozialethik, für die Armen und Notleidenden, für Witwen und Waisen, für alles Gute und schöne, ist nur die Frucht der richtigen Innenarbeit am Symbol, ist nur die selbstverständliche Konsequenz aus dem Symbolerlebnis.“
Und Endres erhebt den Warnfinger: „Aber diese Konsequenz sollte nie ausbleiben. Freimaurerei ist nicht zu verwechseln mit mönchisch-meditativer Abgeschlossenheit.“
Kann alles Symbol sein?
Endres behauptet: „In der Freimaurerei ist alles symbolisch“ (1977, 15). Und er erläutert: „Es ist stets die seelische Wirkung, die das Wesen eines Symbols ausmacht. Ohne seelische Wirkung in Hinsicht einer Steigerung der einfachen Wahrnehmung oder Feststellung zum Erlebnis gibt es kein Symbol. Es kann daher alles Symbol sein, aber es muss nicht Symbol sein“ (8). Oder umgekehrt: „Der gleiche Gegenstand, die gleiche Handlung (kann) für den einen Symbol sein, für den anderen aber nicht“ (8; ähnl. 17).
Konkret oder abstrakt?
Etwas anderer Ansicht ist Gottlieb Imhof: „Beim Symbol fällt die willkürliche Auslegung weg, denn seine Ausdrucksbewegung bleibt innerhalb der Gemeinschaft, in der es lebt, natürlich und unmittelbar verständlich. Das Winkelmass z. B. kann für alle Freimaurer nur eines bedeuten: Rechtschaffenheit“ (I, 129; vgl. II, 115). Das ist eine konkrete menschliche Qualität. Zwei Seiten weiter ist das Winkelmass „Sinnbild von Recht und Gesetz“. Das sind sehr abstrakte Begriffe oder Wesenheiten, also etwas ganz anderes. Der Wechsel von Rechtschaffenheit zu Gerechtigkeit und umgekehrt findet sich bei zahlreichen Autoren.
Der Wechsel von Gerechtigkeit zu Rechtschaffenheit findet sich bei zahlreichen Autoren, ferner im Gesellen-Katechismus von Horneffer (laut Dieter A. Binder, Ausgabe 1998, 338 gegenüber 341). Die Vermengung findet sich schon in Lennings „Allgemeinem Handbuch der Freimaurerei“ (1900-01). Die zwei Arme des Winkelmasses „deuten auf Recht und Pflicht hin, weshalb es die symbolische Bezeichnung der Rechtschaffenheit und Sittlichkeit ist“ (Rausch 1999, 302).
Andernorts wiederum kennzeichnet Imhof die Symbole auch als „vielsagend“ (I, 95) und behauptet: „Stets liegt nur das darin, was der einzelne Maurer entsprechend seiner seelischen Struktur selber zu sehen und zu empfinden vermag“(I, 75). Und: Es wird dem Lehrling „nicht möglich sein, gleich von Anfang an die Fülle der symbolischen Handlungen und Bilder restlos zu begreifen.“
Ja noch mehr, Imhof meint (I, 100), die Freimaurerei sei adogmatisch, „vor allem in der Symbolik“. Daher soll der Instruktor bestrebt sein (I, 124), „in jedem seiner Hörer eine eigene persönliche Deutung der zur Betrachtung vorgelegten Symbole anzuregen“ (ähnlich II, 132).
Endres: Echte Symbole und Handwerkszeug
Symbole der Freimaurerei sind für Endres explizit die Gottheit, das Licht und der flammende Stern, aber auch die Drei und die Vier, die Leiter und die Wanderungen, die Kette und der Hammer, die verschlungenen Hände und der Ring. Die Bibel ist für Endres kein Symbol, sondern nur ein Sinnbild (41-42). Der rauhe Stein ist ein Symbol, der kubische Stein sowohl Sinnbild (62) als auch Symbol (63). Die Akazie ist ihm ebenfalls ein Symbol, die Rose aber nur ein Sinnbild. Doch an das Kreuz gebunden, „symbolisiert die Rose das Immaterielle“ (74). Und im Altertum war, laut Endres die Rose „ein Symbol des Göttlichen“.
Mit dem rechten Winkel hat Endres Mühe. Er jammert: „Dass dieser rechte Winkel auch ein Handwerkszeug ist, hat die Auslegung seiner Bedeutung sehr verwirrt. Die Analogien mit dem Bauwesen sind ja sehr naheliegend, sie treffen aber nicht die symbolische Seite des Problems“ (66). Was heisst das? Nach der ausführlichen Beschreibung des Hammers behauptet Endres: „Die übrigen Werkzeuge ... haben keinen symbolischen Charakter, sondern gehören in das Gebiet der Sinnbilder ... Man kann Hunderte von Reissbrettern, Wasserwaagen, Zirkeln und Steinen sehen, ohne freimaurerisch ergriffen zu werden“ (73).
Wie fahrlässig Endres mit den Wörtern umgeht, ergibt sich aus folgender Behauptung in drei Sätzen: „Der rechte Winkel (im Kreis) war schon im alten Ägypten als ‚neka’ bekannt. Man findet ihn als symbolisches Zeichen sehr oft. Er war damals schon das Sinnbild rechtschaffenen Lebenswandels und die Beziehung zum Transzendenten ergab sich aus der ägyptischen Gleichung: rechtwinklig bauen = für die Ewigkeit bauen“ (68-70).
(Alec Mellor, 1985, 405, erwähnt, dass „Nekam“ hebräisch ist und „Vergeltung“ bedeutet. Es gehört zum Dolch.)
Literatur
Hans Biedermann: Handlexikon der magischen Künste. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1968; München: Droemer Knaur 1976; neueste Auflage 1991. Hans Biedermann: Knaurs Lexikon der Symbole. München: Droemer Knaur 1989; Neuausgabe 2000 (enthält Beschreibungen von über 20 Symbolen, welche auch in der Freimaurerei vorkommen). Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999 (keinerlei Abbildungen). Franz Carl Endres: Die Symbole des Freimaurers. Stuttgart: Moritz 1930; Neuausgabe Hamburg: Bauhütten Verlag 1977. Theo Gantner (Hrsg.): Freimaurer. Begleitpublikation des Museums für Völkerkunde und Schweizerischen Museums für Volkskunde Basel. Ausstellung 1983/84 (S. 102-123: Beschreibung der wichtigsten freimaurerischen Symbole, ohne Abbildungen). August Horneffer: Die Macht des Symbols. Eine Deutung. Hamburg: Akazien-Verlag 1950. Gottlieb Imhof: Kleine Werklehre der Freimaurerei (1. Aufl. 1958-60). I. Das Buch des Lehrlings. 4. Aufl. Bern: SGLA 1973 (zuerst Basel 1955); II. Das Buch des Gesellen. 3. Aufl. Bern: SGLA 1972; III. Das Buch des Meisters. 3. Aufl. Bern: SGLA 1973. Rainer Kakuska: Esoterik. Weinheim: Beltz 1991; Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. Wien 1932; unveränderte Nachdrucke, Wien: Amalthea-Verlag bis 1992. Alec Mellor: La Franc-Maçonnerie à l’heure du choix. Tours: Mame 1967; Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. Freiburg: Bauer 1970; neueste Auflage 1997. Ulrich Rausch: Die verborgene Welt der Geheimbünde. Mit dem Lexikon der okkulten Zeichen, Symbole und Rituale. München: Pattloch 1999 (irreführender Titel; basiert auf Lennings „Encyclopädie der Freimaurerei“, 1822-28, 3. Aufl. in 2 Bdn 1900-01). Marc Roberts: Das neue Lexikon der Esoterik. Wien: Zsolnay 1993; Taschenbuchausgabe München: Goldmann 1995. Helmut Werner: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier 1991.
Bebilderte Werke über Freimaurerei und deren Symbole
Jules Boucher: La symbolique maçonnique. Paris 1948, 2. Aufl. 1953; Nachdruck Paris: Dervy 1997. Allen Earl Roberts: The Craft and its Symbols. Opening the Door to Masonic Symbolism. New York: Macoy Pub. and Masonic Supply 1975; erneut 1984. Erich J. Lindner: Die Königliche Kunst im Bild. Ikonographie der Freimaurerei. Dt., engl., frz. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1976. Paul Naudon: Histoire générale de la Franc-Maçonnerie. 1981; Dieter A. Binder: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer. Graz: Styria Edition Kaleidoskop 1988, 2. Aufl. 1995; Marcel Valmy: Die Freimaurer. Arbeit am rauhen Stein. Mit Hammer, Zirkel und Winkelmass. München: Callwey 1988; Köln: Parkland 1998; RM-Buch- und Medien-Vertrieb 2000. W. Kirk MacNulty: Freemasonry. A Journey through Ritual and Symbol. Thames & Hudson 1991; Günter Düriegl, Susanne Winkler (Hrsg.): Freimaurer: Solange die Welt besteht. 165. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 18. September 1992 bis 10. Jänner 1993. Daniel Béresniak: Symboles des Franc-Maçons. Paris: Editions Assouline 1997; erneut 2003; Alfred Messerli: Es werde Licht. Freimaurerei gestern, heute und morgen. Thun: Ott Verlag 2004; 2. Aufl. Bern: Ott 2005.
Links
Eine farbig bebilderte Zusammenstellung ausgewählter Symbole, die in der Freimaurerei verwendet werden: http://www.sgovd.org/wiki/Lexikon Ein Freimaurerlexikon auf englisch enthält zahlreiche detaillierte historische Beschreibungen von Symbolen. Sie stammen hauptsächlich aus Mackey's „Encyclopedia of Freemasonry“ (1874) und aus Zeitschriftenartikeln bis ca. 1925: Eine breite Übersicht über Themen der freimaurerischen Symbolik http://freemasonry.bcy.ca/symbolism/index.html Eine Textsammlung zu „authentic masonic symbols“: http://masonicfax.net/symbols.htm An Illustrated Glossary of Masonic Collecting Terms and Symbolism http://www.phoenixmasonry.org/masonicmuseum/glossary/glossary_index.htm
Tableaux de Loge, seit 1742: http://reunir.free.fr/fm/divers.htm weitere Tapis: http://www.freemasons-freemasonry.com/TBs.html http://themasonictrowel.com/Articles/degrees/Tracing_Boards/some_thoughts_on_the_history_of_.htm#f7 http://www.freemasonry.bcy.ca/symbolism/tracing_boards/index.html
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