Alfred Messerli: Es werde Licht (2004)
Alfred Messerli: Es werde Licht. Freimaurerei gestern, heute und morgen. Ott Verlag Thun 2004, 88 Seiten.
Das ist ein wunderschöner Bildband: handlich, informativ und modern. Alfred Messerli ist gelungen, was viele vor ihm vergeblich versucht haben: die Freimaurerei zu entstauben. Kurze, im allgemeinen nur eine Seite umfassende, stets zweispaltig gesetzte Texte werden von 55 fast ausschliesslich farbigen Abbildungen grosszügig illustriert.
Bereits zum zweiten Mal: Ausstellung und Publikation
Anlass für dieses Prachtstück ist ein Schweizer Jubiläum. Die Loge „Fiat Lux“ in Luzern feiert ihr 100jähriges Bestehen. Dazu hat Messerli auch eine beeindruckende Ausstellung über die Freimaurerei in Luzern organisiert. Einige Objekte sind auch in diesem Bildband abgebildet.
Der versierte Journalist Alfred Messerli war lange Jahre Meister vom Stuhl einer Zürcher Loge und ist seit 10 Jahren Redaktor der Schweizer Freimaurer-Rundschau „Alpina“ tätig. Er hat bereit 1994 eine Freimaurerausstellung im Strauhof in Zürich organisiert. Damals galt es das 150jährige Bestehen der Schweizerischen Grossloge Alpina, des Dachverbandes von etwa 80 regulären Schweizer Logen, zu feiern. Dazu erschien unter der Federführung von Messerli die schmale Schrift: „Die Freimaurer – eine moderne Idee“. Mehrere Texte wurden in den hier zu besprechenden Bildband übernommen.
Frisch und menschlich
Obwohl die Freimaurerei 300 Jahre alt ist und die „Daten zur Freimaurerei“ (10) bis zum Jahr 1000 zurückreichen, macht das Buch einen frischen Eindruck. Da es in der Schweiz erscheint, wird der Entwicklung der Freimaurerei in der Schweiz seit 1736 besonderes Augenmerk gewidmet. Dabei kommt auch die menschliche Seite nicht zu kurz. So wurde im Archiv der Luzerner Loge „Fiat Lux“ ein eigenartiges Brevier entdeckt, das dem Dominikanermönch Ludwig Rudolf Meyer von Schauensee gehörte. Der Einband war zwar echt, doch fehlten innen die Seiten. In diesem Hohlraum hatte der Mönch, wenn er jeweils das Kloster für den Besuch einer Tempelarbeit verliess, seine freimaurerischen Insignien versteckt (19). Ein anderer früher Freimaurer in Luzern war der Lehrer Josef Graber. „Gar viele Male wanderte er jeweils am Samstag zu Fuss nach Aarau, um an den Arbeiten der Loge teilzunehmen und kehrte in der gleichen Nacht zurück, damit der am Sonntagmorgen die Orgel in der Kirche spielen konnte“ (19).
Die Gründung einer eigenen Loge in Luzern zögerte sich lange hinaus. Seit 1850 bestand ein sogenanntes „Kränzchen“. Es nahm 45 Jahre später den Namen „Fiat Lux“ an, weil Meyer von Schauensee gesagt hatte: Wir müssen das maurerische Licht in das Dunkle und Schwarze bringen. Es werde Licht“ (20). Die neun Jahre später offiziell gegründete Loge unter diesem Namen war von Anfang an heftigsten Angriffen von Seiten der ultramontanen Partei ausgesetzt. Dem ersten Stuhlmeister wurde vorgeworfen, dass er als Direktor einer öffentlichen Schule einen verderblichen Einfluss auf die Jugend ausübe.
Schweizerische Bundesverfassung auf freimaurerischer Basis
Die Grundprinzipien, die in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft von 1848 verwirklicht wurden, entsprechen weitgehend freimaurerischen Idealen und Forderungen. Die Verfassung basiert auf der Lehre der Gewaltentrennung des Freimaurers Montesquieu. Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1787, die massgeblich von Freimaurern geschaffen worden war, diente als Vorbild. Die ebenfalls von Freimaurern entworfene Erklärung der Menschenrechte ist eine weiter Quelle der Bundesverfassung (26).
Einsatz für den Frieden und die Menschheit
Freimaurer haben sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts in grossem Masse für Frieden und Völkerverständigung eingesetzt. Darunter waren auch die Schweizer Aimé Humbert, Elie Ducommun und Edouard Quartier-La-Tente. Mindestens 12 Freimaurer wurden mit dem Friedens-Nobelpreis ausgezeichnet (32). Ein weiteres Duzend Freimaurer erhielt andere Nobelpreise (79). 1944 schlug der Schriftsteller Walter Robert Corti die Schaffung eines Kinderdorfes für die Kriegsweisen vor. Die Grossloge Alpina half bei der Realisation tatkräftig mit (62).
Eine Zusammenstellung von etwa 150 berühmten Freimaurern findet sich am Ende des Bildbandes. Drei besonders wichtige hat Messerli herausgegriffen: Goethe, Mozart und Lessing.
Bunte Symbolik
Unter dem Titel „Wesen und Symbolik der Freimaurerei“ schildert Alfred Messerli in knappen, aber eindringlichen Worten die Königliche Kunst, die Symbole und das Ritual, im besonderen den „Allmächtigen Baumeister aller Welten“, den Tempel und die Kammer des stillen Nachdenkens, die Bekleidung des Freimaurers, die Geselligkeit der Tafelloge und die Wohltätigkeit. Freimaurerische Gebrauchsgegenstände sind meist auch Zeugnis hervorragender Handwerkskunst, beispielsweise ein Dominospiel mit Elfenbeinintarsien (36), Stockknäufe (40, 55), eine Porzellanfigur (50), Holzdosen und Uhren (54).
Eine moderne Idee
Messerli vertritt die Auffassung, die Freimaurerei sei „eine moderne Idee“ (65-85). Warum? „Die Freimaurerei ist eine Schule der Menschlichkeit. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt und setzt sich seit ihrer Gründung für Brüderlichkeit, Menschenrechte und die Würde aller Menschen ein. Gerechtigkeit und Geistesfreiheit, das heisst Toleranz gegenüber Andersdenkenden, auch in Glaubensfragen, sind Ideale der Freimaurerei.“ „Jeder Freimaurer verpflichte sich, seinen Teil dazu beizutragen, dass sein Leben gegenüber seinen Mitmenschen einen positiven Sinn gewinnt. Die Impulse erhält er in den Tempelfeiern, Konferenzarbeiten und Diskussionen.“ „Der Einzelne bekennt sich zur Freimaurerei, weil sie den Menschen mündig und frei will, mitverantwortlich für Gesellschaft, Staat und Völkergemeinschaft.“„Die alte Freimaurerei bleibt eine moderne Idee, solange es der Einzelne will und es mit seinem Tun bestätigt“ (66).
Einigen Erläuterungen, dass die Freimaurerei „kein Buch mit sieben Siegeln“ (69-71) ist, schliesst sich die Wiedergabe der „Prinzipien der schweizerischen Freimaurerei“ (72) an.
Abgerundet wird der schöne Band durch ein ausführliches Glossar, das sich an jenes im Ausstellungskatalog des „Schweizerischen Museums für Volkskunde Basel“ (1983/84, herausgegeben von Theo Gantner) anlehnt.
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