Home Verständnis für das Geheimnis der Freimaurer

 

 

Caroline Klima: Das grosse Handbuch der Geheimgesellschaften. Freimaurer, Illuminaten und andere Bünde. Wien: bei tosa im Verlag Carl Ueberreuter 2007.

 

 

Erstaunlich: Obzwar als „Handbuch“ bezeichnet, liest sich das gut 300seitige Werk wie ein äusserst spannender Roman - „gross“ ist es allerdings nicht. Es behandelt nach einigen Vorläufern im Altertum vier Gruppen von Geheimgesellschaften: (1) religiöse, (2) philosophische, (3) politische und (4) kriminelle. Die Autorin bezeichnet sich als „Koloristin, freie Journalistin, Übersetzerin, Kreativitäts- und Kommunikations-Trainerin, Model“; sie hat Geschichte und „Psychologie/ Pädagogik/ Philosophie (Lehramt) in Wien“ studiert.

 

(1) Sehr lebendig, ausführlich, aber auch kritisch werden die Tempelritter und Rosenkreuzer beschrieben. Deutliche Worte findet die Autorin zum Betrug der „Prieuré de Sion“. Ebenso überzeugend begründet sie, weshalb sie die Zeugen Jehovas, die Scientology-Kirche und das Opus Dei zu den Geheimgesellschaften zählt. Gemeinsam ist allen drei die Abschottung gegen aussen und die Intoleranz gegenüber Andersdenkenden.

 

(2) Zu den philosophischen Geheimgesellschaften zählt Frau Magister Klima die Pythagoräer, die Freimaurer und die Illuminaten. Bemerkenswert gut hat sie sich über die Geschichte und Entwicklung der Freimaurerei (50 Seiten) informiert. Bei den „klingenden Namen“ erwähnt sie Diderot und Danton (beide „faux frères“), Louis Armstrong (nicht Freimaurer), Giuseppe Mazzini (eher nicht)  und den Ex-Bundespräsidenten Franz Jonas (neu).

Auf welche Literatur sie sich stützt, geht aus dem schmalen Literaturverzeichnis nicht hervor – zwar werden Béresniak, Dedopulos, Grüter, Kischke, Lamer und Reinalter angeführt, aber wichtige Autoren wie Lennhoff, Appel, Holtorf, Valmy, Binder oder McNulty und Hodapp fehlen. Dennoch zeigt die Autorin grosses Verständnis, sogar für das Geheimnis:

„Das Geheimnis, das die Freimaurerei zu bieten hat, liegt nicht in einem Handschlag, einem Wort oder einer Geste. Das Geheimnis der Freimaurerei liegt im Maurer selbst. Wenn ein Neuling das Licht erhält, also als Lehrling aufgenommen wird, betritt er einen Pfad, der ihn Schritt für Schritt zu sich selbst als einem besseren Menschen führen soll. Dies wird er mittels Allegorien und symbolischen Bezügen zum Werkmaurertum Schritt für Schritt bewältigen und so zum Gesellen und schliesslich zum Meister aufsteigen“ (206-207).

Verblüffend ist auch, dass Frau Klima die richtigen Bezeichnungen für Gegenstände, Symbole und Körperschaften verwendet, z. B. Maurerschurz,  die fünf Punkte, die drei grossen und kleinen Lichter, Tapis, „Allmächtiger Baumeister aller Welten“, „Grande Loge Nationale de France“, UGLE, usw.

 

Wertvolle Klarstellungen bietet die Autorin zur P2. Sie findet auch kluge Worte zu den „posthumen Verdächtigungen“ des Illuminatenordens und den Verschwörungstheorien, die seither auf dem Aberglauben oder Misstrauen der Bevölkerung  - sie spricht von „emotionalem Morast“ - eine reiche Blüte entfalten.

 

(3) Die Mitgliederlisten der 1918 gegründeten „Thule-Gesellschaft“ lesen sich wie ein Who’s Who der NSDAP in ihrer Anfangszeit – nur Hitler war höchstens als Zuhörer bei Vorträgen dabei. In Wien gab es in den 1970er Jahren den „Club 45“. Zur selben Zeit wurden die bereits 1820 gegründeten „Cambridge Apostles“ als „Cambridge-Spionagering“ bekannt. 1832 wurde an der Yale Universität die Studentenvereinigung „Skull & Bones“ gegründet, man kann sie als politischen und wirtschaftlichen Günstlingsklub bezeichnen, aber nicht als „politisch verschwörerischer Geheimbund“. Die erste „Bilderberg-Konferenz“ fand 1954 statt; sie ist „einer der exklusivsten Zirkel auf dem wirtschaftspolitischen Bankett der westlichen Welt“. Noch weniger weiss man über die Anfang der 1950er Jahre in Italien entstandene schnelle Eingreiftruppe „Gladio“ zur Verhinderung kommunistischer Regierungen; sie hat offenbar in Zusammenarbeit mit nationalen Geheimdiensten gezielt Terrorakte und Morde verübt.

 

(4) Von da ist es nicht weit zu einer der grössten Verbrecherorganisationen der Welt, der Mafia. Ursprünglich um 1860 als Truppe von Schutzgeldeintreibern in Sizilien gegründet, wurde sie von einer Bewegung der Korruption in den 1950er Jahren zu einer kriminellen Organisation mit internationalen Verbindungen, vor allem in die USA. Heute arbeitet die Mafia auch mit kriminellen Organisationen aus Russland und Osteuropa zusammen. Schade, dass die Autorin die chinesischen Triaden (sie betreiben vor allem Handel mit Opium und das Glücksspielgeschäft) und die japanische Yakuza (sie handeln mit Frauen und Mädchen und Weckaminen; das Glücksspiel ist fest in ihren Händen) nur mit einigen wenigen Sätzen skizziert.

Zum Ku-Klux-Klan fragt Frau Klima: „Wie kommt es, dass hunderte weisse Amerikaner glaubten und teilweise bis heute noch glauben, sie könnten das Gesetz selbst in die Hand nehmen und andere Menschen bedrohen, verletzen oder gar ermorden?“ Der Grund lag im Zusammenbruch das aristokratischen Gesellschaftssystems im Süden der USA nach dem Bürgerkrieg, der pro forma das Ende der Sklaverei brachte. Frau Klima behauptet: „Man weiss, dass einige Gründungsmitglieder und auch viele spätere Angehörige des Ku-Klux-Klans Freimaurer waren“. 1875 zählte der Klan eine halbe Million Mitglieder, nach einer Neugründung im Jahre 1915 bald 5 Millionen Mitglieder; heute sind es noch etwa 7000, die vor Folter und Mord nicht zurückschrecken“.

 

 

Schade, die ersten zwei Gruppen der Geheimgesellschaften werden ausgezeichnet dargestellt. Zu den politischen Vereinigungen sind die Informationen äusserst dürftig. Auch über die kriminellen Organisationen hätte man gerne Genaueres erfahren. Viele Formulierungen sind reichlich pauschal, einfach irgendwo abgeschrieben. Es sieht so aus, als wäre der Autorin nach drei Vierteln Ihres Buches der Schnauf ausgegangen.

 

Alles in Allem: Im Vergleich zu den anderen Vereinigungen kommen die Freimaurerei und die ursprünglichen Illuminaten zu gut weg; sie nehmen einen Viertel des Umfangs ein. Die Literaturauswahl ist für sämtliche Organisationen nicht überzeugend. Als Ganzes ist das handliche Buch jedoch empfehlenswert.

 


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