Home Illuminaten: ein Sittenregiment, keine Weltverschwörung

 

Wolfram Frietsch: Die Illuminaten. Geschichte, Herkunft, Ziele.

Graz: Verlag für Sammler 2011, 160 Seiten.

 

 

Einige Literaturangaben und Links

 

siehe „Illuminatenorden“ in der Wikipedia

 

siehe auch eine gute Zusammenfassung von Marian Füssel aus dem Jahre 2000:

http://www.uni-muenster.de/PeaCon/conspiracy/Weishaupt.htm

 

ferner eine ausgezeichnete Zusammenfassung:

http://www.freimaurer-ilv.ch/arbeit/baurisse/bauriss-vt-01.pdf

 

Eine der ersten Darstellungen des Illuminatenordens kann bei Google-Books als Faksimile eingesehen werden:

Bruno Bauer: Freimaurer, Jesuiten und Illuminaten, in ihrem geschichtlichen Zusammenhange. Berlin: Ferdinand Heinicke 1863.

 

Einflussreich wurde die kleine Schrift von Theodor Reuss, der seit 1880 den Illuminatenorden wiederzubeleben suchte:

Was muss man von der Freimaurerei wissen? Eine allgemeinverständliche Darstellung des Ordens der Freimaurer, der Illuminaten und Rosenkreuzer. Berlin: Steinitz 1901; 10. Aufl. Hamburg: Meissner 1931.

 

Im Umkreis von Theodor Reuss verfasste auch Leopold Engel eine „Geschichte des Illuminatenordens“ (1906):

http://de.wikisource.org/wiki/Geschichte_des_Illuminaten-Ordens

http://commons.wikimedia.org/wiki/Template:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_%28Engel%29

 

Eines der ersten massgeblichen wissenschaftlichen Bücher über die Illuminaten stammt von René Le Forrestier (1915):

http://www.philosophe-inconnu.com/Livres/a_illum_baviere.htm

 

Ebenfalls massgeblich wurde:

Eugen Lennhoff: Politische Geheimbünde. Zürich: Amalthea Verlag 1930; Sonderausgabe Berlin: Zsolnay 1932; Neue und ergänzte Ausgaben Wien: Amalthea Verlag 1966 und München: Langen-Müller 1968.

 

Neue Impulse der Forschung gab der gewichtige Band:

Richard van Dülmen: Der Geheimbund der Illuminaten. Stuttgart: Frommann-Holzboog 1975; 2. Aufl. 1977.

 

siehe auch die Dissertation von Peggy Pawlowski an der Universität Jena

(mit enom umfangreichem Literaturverzeichnis):

Der Beitrag Johann Adam Weishaupts zur Pädagogik des Illuminatismus. 2004:

http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-3064/Pawlowski.pdf

 

Im Dezember 2012 hat der Autor, Wolfram Frietsch, eine äusserst umfangreiche, chronologische Literaturliste – seit Knigge, 1781 – auf seine Website aufgeschaltet:

http://www.wolframfrietsch.de/wolframfrietsch.de/Literaturliste.html

 

 

 

Die Fakten sind weitherum bekannt

 

Das ganze geistige Abenteuer dauerte 11 Jahre! Die „Illuminaten“ wurden 1776 von Adam Weishaupt gegründet. Die ersten vier Jahre handelte es sich um einen winzigen studentischen Lesezirkel. Nach einer ausserordentlich erfolgreichen Kampagne der Mitgliederwerbung wurde der Orden bereits nach wiederum vier Jahren erstmals verboten.

 

 

Wolfram Frietsch bemüht sich um Sachlichkeit und Ausgewogenheit

 

Der Literaturwissenschafter Wolfram Frietsch ist durch sein Buch über „die Geheimnisse der Rosenkreuzer“ (1999) bekannt geworden. 2006 hat er am Beispiel namhafter Forscher und Philosophen des 17. Jahrhunderts wie Kepler und Newton, Descartes und Leibniz dargelegt, dass Wissenschat und Esoterik zusammen gesehen werden müssen; es sind „Zwei Seiten einer Medaille“. 2010 hat Frietsch Mozarts „Zauberflöte“ psychologisch, nach C. G. Jung, gedeutet.

 

Nun hat er zusammengestellt und auf 160 grossformatigen und zweispaltig bedruckten Seiten weit ausgebreitet, was zum Thema und zur Frage der „Illuminaten“ gehört. Er bemüht sich um äusserste Sachlichkeit und Ausgewogenheit. Das ist ihm hervorragend gelungen.

 

Das im doppelten Sinne gewichtige Buch ist grosszügig mit vielen farbigen und schwarzweissen Abbildungen ausgestattet.

 

 

Der bescheidene Anfang: ein Studierzirkel als „Schule der Vernunft“

 

Die Behauptung zu Beginn des Textes auf dem rückwärtigen Buchumschlag ist nicht übertrieben: „Spannung pur bietet die (wahre) Geschichte des geheimnisumwitterten Illuminatenordens.“

Den Auftakt macht Wolfram Frietsch mit einer plastischen Schilderung der geistigen, politischen und wirtschaftlichen Situation des „Zeitalters der Vernunft“, des Jahrhunderts der „Aufklärung“. Nüchtern, aber sehr anschaulich beschreibt er hernach die Entwicklung eines  despotisch geführten kleinen Lese- und Studierzirkel im Universitätsstädtchen Ingolstadt (31ff) zu einer über ganz Deutschland verbreiteten Organisation, welche die herrschenden Kreise zu bedrohen schien (56f).

 

Es fing ganz harmlos an: Der frisch gebackene Professor für Kirchenrecht, Adam Weishaupt, erst 28jährig, ärgerte sich, dass sich seine Studenten von einer alchemistisch arbeitenden Geheimgesellschaft angezogen fühlten. Er wollte sie auf den Pfad der Aufklärung führen. Zwar verfocht er damit Ideen, welche die (fiktiven) Rosenkreuzer 150 Jahre vorher bewegt hatten, doch wandte er sich heftig gegen Aberglauben und alles Esoterische (22, 47ff). Während der ganzen Zeit seines Bestehens kannte der Orden keine Symbole und praktizierte keinerlei Rituale (siehe noch 147). Die einzigen Werkzeuge zur Erziehung waren schriftliche Unterweisungen, Lesehinweise und ausgedehnte Korrespondenzen.

Mit dem drei Jahre zuvor verbotenen Jesuitenorden hatte er nur die hierarchische Struktur gemeinsam (21, 26, 128). Sonst sah Weishaupt in den Jesuiten und der Kirche, wie im Adel eine „Gefährdung für die Vernunft“ (29).

 

 

Die Absicht: Reform der Gesellschaft, nicht Revolution

 

Auch von Weltherrschaft und Verschwörung gegen die Obrigkeit kann nicht die Rede sein. Die Organisation gedieh bloss „zu einer Geheimgesellschaft mit ausdrücklichem Machtanspruch auf Umgestaltung der gesellschaftlichen Ordnung“ (34). Es ging also um zweierlei: um eine „Schule der Vernunft“ (37ff) und die Einführung eines „Sittenregiments“ mit friedlichen Mitteln (22, 24f, 39f, 70, 79). Es ging nicht um Umsturz, sondern um Erziehung (48), ja Selbsterziehung (21) auf der einen, und Reform (30, 39f) der Gesellschaft oder „Revolution von oben“ (22) – wenn man will, „eine Aristokratie des Geistes“ (70, 135).

 

Die Absicht scharf gefasst: ein Ratgeber der Mächtigen

 

Erst seit 1780, seit Knigge einen Werbefeldzug eingeleitet hatte und mit ungeahntem Erfolg durchführte stellten sich Fragen:

 

„Was hatten die Illuminaten den neuen Mitgliedern zu bieten?

Wenig. Man wies immer noch auf das Offensichtliche hin: die Zeiten waren nicht die glücklichsten, die bürgerliche Gesellschaft hatte Fehler und Mängel, Ungerechtigkeiten und Schwächen. Dagegen müsse etwas getan werden. Geheime Gesellschaften als Hüter und Bewahrer des ‚Lichtes’, der ‚Wahrheit’ und der ‚Weisheit’ könnten hier nützlich sein.

Dann wurde der Illuminatenorden erwähnt:

 

Das System des Illuminatenordens sah vor, die eintretenden Mitglieder in Hinblick auf Aufklärung und Vernunft zu erziehen. Angelockt oder geködert wurden Neulinge also durch die Aussicht der Mitarbeit in einer bestehenden Organisation, die vorgab, die ‚Welt’ zu verändern, genau genommen aber nicht einmal richtig existierte. Im Geiste sah sich der zukünftige Illuminat den Mächtigen an die Seite gestellt, als Ratgeber, Ideengeber, unbekannter Oberer, Lenker und Leiter.

Welch eine Aussicht: Der aufgeklärte Bürger soll dem Fürsten an die Seite gestellt werden. Hinzufügen muss man aber, dass all das ohne dessen Wissen und Einverständnis geschehen sollte.

 

Das ganze Illuminatengebäude war ein politisches Theoretikum; ein papierenes Monument an Ideen und Schriftwechseln. Wo hätten Weishaupt und seine Getreuen ‚wirklichen’ und vor allem ‚nachhaltigen’ Einfluss ausüben können?

Im Prinzip war Weishaupt letztlich vor allem daran interessiert, die Illuminaten als eine Art nichtreligiöse Priesterkaste zu etablieren, als eine ‚Armee der Erleuchteten der Aufklärung’, die Einfluss nimmt, ohne Gewalt auszuüben.

Das Besondere am Illuminatenorden war der Versuch einer bürgerlichen Vereinigung, Machtpositionen zu besetzen, ohne dabei selber kirchlich oder staatlich motiviert oder gestützt zu sein.

 

Ging es demnach also nicht um eine Revolution des ‚Lichtes der Vernunft’?

Richtig ist, dass Weishaupt seinen Orden als einen Geheimorden etablierte, die Illuminaten aber keine esoterische Vereinigung mit einer theosophischen, alchemistischen oder mystischen Ausrichtung darstellten. Kern war und blieb die aufgeklärte Vernunft“ (48f).

 

 

Die Idee dahinter: Weltverbesserung, nicht Weltherrschaft

 

„Die wissenschaftliche Forschung gibt auf die Frage der Illuminatengründung zur Antwort, dass sie für die ‚Aufklärung’ einstand und der drohenden Gefahr einer antiaufklärerischen Bewegung entgegentreten wollte. Aufklärung meinte für Weishaupt, auf Vernunft und Erfahrung zu vertrauen, sich eine eigene Meinung zu bilden, die eigene Freiheit und Selbstständigkeit zu betonen, statt Aberglauben, Mythos und Unvernunft sowie Willkür und Unterdrückung zuzulassen.

Antiaufklärerisch war für Weishaupt grob gesagt alles, was Vernunft und Freiheit entgegenstand. Dabei ging er über Kant hinaus, der der Vernunft eine natürliche Grenze setzte. Weishaupt stand in der Tradition der radikalen Aufklärer, die der Ansicht waren, dass Verstand und Vernunft letztlich alles zu enthüllen vermag. Der Mensch wird für ihn zu einem Synonym für Vernunft und Verstand“ (29).

 

Daher heisst es in den ersten Ordensstatuten von 1778:

 

„... dem Menschen die Bemühung um die Verbesserung und Vervollkommnung seines moralischen Charakters interessant zu machen, menschliche und gesellschaftliche Gesinnungen zu verbreiten, boshafte Absichten in der Welt zu hindern, der bedrängten Tugend gegen das Unrecht beizustehen, auf die Beförderung würdiger Personen zu gedenken, und endlich vorzüglich verdienstvolle Männer, die entweder durch ihre Talente, oder durch ihren Reichtum, oder durch ihr Ansehen dem Orden einigen Nutzen verschaffen, mit besonderer Achtung, Ruhm und Ehre sowohl in als außer der Gesellschaft zu belohnen“ (39).

 

Drei Jahre später sind diese Formulierungen leicht verändert in die „Allgemeinen Orden-Statuten“ aufgenommen worden (40).

 

 

Rasche Ausbreitung und abrupte Wende

 

Zwei Jahre nach der Gründung hatte der Studentenverein erst neun oder zehn Mitglieder (36, 86), ein Jahr später 30 (43; anders 37). Da trat der junge, noch nicht 28jährige Hochgradfreimaurer Adolph Freiherr Knigge ein und startete einen regelrechten Werbefeldzug. In vier Jahren warb er 500 Mitglieder (43). Da er aus dem Orden ein esoterisch ausgerichtetes System machen wollte, geriet er bald in Konflikt mit Weishaupt, der sich auch als Oberhaupt des Ordens bedroht sah. Es entstand „eine wütende Feindschaft“ (51, 93f). 1783 entmachtete er den forschen Knigge, wurde aber seinerseits vom kürzlich auf Veranlassung von Knigge aufgenommenen Freimaurer (und Freiherr, 87, 90, ?) Johann Joachim Christian Bode entmachtet (54, 87, 97). Knigge trat im Juni 1784 „sozusagen freiwillig gezwungenermassen“ aus (24, 75, 90, 94).

 

In den besten Zeiten hatte der Orden je nach Schätzung 1500 bis 2500 Mitglieder (107; 94). Im Internet werden manchmal 4000 oder 6000 angegeben. Marian Füssen hat 1400.

 

Leider vermag Frietsch nicht überzeugend darzustellen, warum es bereits am 22. Juni 1784 zu einem Verbot der Illuminaten durch den  bayrischen Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Sulzbach kam (56) und warum bis 1790 (23, 66) vier weitere Verbote folgen mussten. Er erwähnt nur, dass der Intendant der kurfürstlichen Theatergesellschaft, Joseph Marius Babo, 1784 in einem Büchlein „Über Freymaurer“ behauptete, die Freimaurer würden als gefährliche Illuminaten eine Verschwörung gegen den Staat planen (vgl. auch 129). Zur gleichen Zeit wurde Weishaupt seines Professorenamtes enthoben, weil er die Anschaffung von Büchern von Aufklärern für die Universitätsbibliothek gefordert hatte. Er floh aus Ingolstadt zuerst nach Regensburg, dann nach Gotha (61, 86f).

 

1785 erfolgten zwei weitere Verbote der Illuminaten, mehr und mehr Originaldokumente fielen in die Hand der Behörden (57-63), und viele Buchveröffentlichungen erschienen, darunter viele von Weishaupt und Knigge selbst.

 

Wann war der Illuminatenorden wirklich am „Ende“?

 

Bemerkenswert ist, dass ausserhalb Bayerns noch zwei Jahre lang zahlreiche Aktivitäten der Illuminaten in ganz Deutschland dokumentiert sind (60f; 58). 1787 erfolgte ein weiters Verbot und Weishaupt wurde offiziell aus dem Orden ausgeschlossen (63 – aber kaum vom dreijährigen Herzog Ernst I.); der Orden war zu Ende (70). Leider ist auch hier Frietsche zu wenig konsequent, denn andernorts sieht er ein Ende erst in der Mitte der 1790er Jahre (7, 23, 58). Nochmals anderswo behauptet er, das erste Verbot sei 1790 erfolgt (86; vgl. 23).

Lennhoff / Posner hatten einst behauptet  (1932, Sp. 732): „Als letzte schloss die Weimarer Minervalkirche unter Bode ihre Pforten. 1785 fand die Ordenstätigkeit ihr Ende.“ (Zur Weimarer Minervalkirche: 102ff).

 

Jedenfalls gelang es Bode 1787 in Frankreich einen Ableger unter dem Namen „Philadelphen“ im Rahmen der Freimaurerei einzurichten (66, 97, 114-118, 128, 133). Bode arbeitete auch daran, die Freimaurer zu reorganisieren (68f). Doch es blieb ihm nicht viel Zeit und Gelegenheit. Nach seinem Tod (1793) kamen seine Dokumente über 200 Jahre Umwege als sogenannte „Schwedenkiste“ in die Obhut der „Grossen National-Mutterloge Zu den drei Weltkugeln“ (Genaueres: 98f).

 

Zwei Lehrer Beethovens, die den Illuminaten angehörten, gründeten nach dem Verbot einen „Lesegesellschaft“ (70, 128f) und beeinflussten vielleicht den grossen Musiker (111f).

 

Bemerkenswert bleibt, dass die Ideen und Ziele der Illuminaten einer breiteren Öffentlichkeit erst bekannt wurden, als sie bereits am Ende waren, nämlich erst seit die bayrische Regierung die Dokumente publizierte (24, 36).

 

 

Pestalozzi und „Sarastro“: Die letzten Illuminaten?

 

Johann Heinrich Pestalozzi, 1783 den Illuminaten beigetreten, gehörte ebenfalls zu denen, die deren Gedankengut weitertrugen. Er gründete 1784 die Zürcher „Gesellschaft zur Aufnahme (d. h. Beförderung) des Guten“ mit, die bald unbenannt wurde als „Allgemeine Gesellschaft zur Aufnahme sittlicher und häuslicher Glückseligkeit“ (70).

siehe auch präziser:

http://paidoblogger.blogspot.com/2006/03/illuminaten-als-pdagogen-pestalozzi.html

Diese Gesellschaft löste sich 1799, wie es in einer Chronik heisst, „in den Stürmen der Revolutionszeit“ auf.

 

Helmut Perl (2000) meint, dass Mozarts „Zauberflöte“ (1791) ganz unter dem Einfluss der Illuminaten-Philosophie stehe (110). Ziemlich sicher waren jedoch weder Mozart noch der Librettist Schikaneder Illuminaten, sondern bloss Freimaurer. Allerdings war der Stuhlmeister der Loge, in der sie „verkehrten“ (109), Ignaz Born, das Vorbild der Figur Sarastros, auch ein führender Illuminat. Er  starb zwei Monate vor der Uraufführung der „Zauberflöte“. Mozart starb zwei Monate nach der Uraufführung.

 

Einzelne Biographien

 

Wenig glücklich ist das Vorhaben Frietschs, nach der chronologischen Schilderung der Geschichte des Ordens den Lebensgang einzelner Mitglieder näher zu schildern. Dabei ergeben sich bei Weishaupt, Knigge und Bode zahlreiche Wiederholungen mit früheren Formulierungen und Zitaten, ja sogar Abbildungen.

Generell: Die Ordensnamen werden häufig wiederholt (22, 31, 37, 42, 75). Interessant ist, dass einige Persönlichkeiten aus Weimar Schweizer Namen erhielten, etwa  „Zwingli“ und „Werner Stauffacher“ (102) – im Internet noch Prinz August von Sachsen (96) als „Walter Fürst“.

 

Eine Liste aller bekannten Mitglieder des Illuminatenordens mit den Ordensnamen:

http://s23.org/wiki/Mitglieder_des_Illuminatenordens_%281776%29

http://wiki.illuminaten.de/index.php?title=Mitglieder_des_Illuminatenordens

(Der Zürcher Johann Caspar Lavater kommt hier nicht vor, obwohl ihn Frietsch als Illuminaten bezeichnet, 125; vgl. 49.)

 

Mindestens dreimal kommt folgendes Zitat von Weishaupt vor:

„Fürsten und Nationen werden ohne Gewaltthätigkeit von der Erde verschwinden, das Menschengeschlecht wird dereinst eine Familie und die Welt der Aufenthaltsort vernünftiger Menschen werden“ (17, 21f, 63).

 

Trotz der Gegenstellung gegen Kirche und Adel wurden einige Fürsten Mitglieder des Illuminatenordens, und zwar folgende Mitglieder der Strikten Observanz:

Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (96, 100-105),

Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel, (49),

Herzog Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha (61, 87) und

Landgraf Karl von Hessen-Kassel (22, 51, 105f).

 

 

Gab es Drahtzieher der Französischen Revolution?

 

In mehreren Anläufen bemüht sich Wolfram Frietsch zu erklären, wie es zu den Verschwörungstheorien kam, insbesondere zur Behauptung, die Französische Revolution sei von den Illuminaten angezettelt worden (114-140; vgl. 68f). Die Argumentation ist eher psychologisch als sachlich – weil man vieles einfach nicht weiss. Nach Frietsch besteht jedenfalls im geistigen und politischen Hintergrund eine heftige Auseinandersetzung zwischen Aufklärung und Gegen-Aufklärung, also zwischen „Vernunft und Aberglaube, fortschrittlichem und rückschrittlichem Denken, Bürgertum und Adel“ (116). Daraus, allein, die Französische Revolution abzuleiten wäre jedoch zynisch (vgl. 13, 18, 97f).

 

Um Verständnis für die „Gegen-Aufklärung“ zu wecken, schildert Frietsch in knappen Bildern die Lebensgeschichten und Ideen von Emanuel Swedenborg (118-126), Louis Claude de Saint-Martin, Franz Anton Mesmer und Cagliostro – freilich wurden sie aus aufklärerischer Sicht „als Platzhalter dunkler, obskurer und bedrohlicher Mächte angesehen“ (126).

 

Ausführlich geht Frietsch auch auf die bis heute einflussreichen Schriften unter der Gleichung „Enzyklopädisten + Freimaurer + Illuminaten = Jakobiner“ ein (126-140), also auf die (seit Babo, 1784, erschienen) Werke des Illuminaten Karl von Eckartshausen sowie der Freimauer (!) Edmund Burke (auch 17), Leopold Alois Hoffmann, Abbé Barruel und John Robison. Sorgfältig vermeidet es Frietsch, von Pamphleten, Machwerken, Verleumdungen, Enthüllungen oder Verräterschriften zu sprechen.

 

 

Über die USA zum Verdacht einer „weltweiten Verschwörung“

 

Wenig bekannt ist, dass und wie die Verschwörungstheorien um 1800 auch in die Vereinigten Staaten von Amerika drangen. Die Behauptungen Robisons fielen auf fruchtbaren Boden und führten sofort zu einer grossen Angst vor Anarchie und Umsturz. Barruells Bände wurden übersetzt, und bald wurde jede geheimnisvolle Vereinigung  als solche von „Illuminaten“ verdächtigt (136f). „Der Begriff Illuminat wird sukzessive zum Selbstläufer“ (137). Gegen 1900 kam die Idee der „jüdischen Weltverschwörung“ dazu, und so

„entwickelte sich ein Cocktail aus Illuminaten, Jakobinern, jüdischer Verschwörung und Kommunismus, der bis heute einflussreich bleiben sollte. Sogar der Ku-Klux-Klan ging davon aus, dass die weltweite Verschwörung von den Illuminaten ausging und Weishaupt ‚Vater des Bolschewismus’ sei“ (139).

 

Frietsch formuliert äusserst vorsichtig:

„Der Export der europäischen Illuminatenidee in die USA erreichte eine Eigendynamik, die die Absichten des ursprünglichen Illuminatenordens ins Gegenteil verkehrte.

So geht es heute der landläufigen Meinung nach um Weltherrschaft und Weltverschwörung, wenn man den Namen Illuminat, Illuminaten oder Illuminati benutzt; es geht um Manipulation, Bedrohung, Ausnutzung und die Verfolgung egoistischer Interessen.

Für diese Sichtweise spricht, dass der Illuminatenorden einen fast perfekten Überwachungsapparat eingerichtet hatte, der die Mitglieder kontrollierte. Es trifft aber auch zu, dass sie die Intention hatten, den Menschen langsam an seine eigene Freiheit in Verantwortung heranzuführen. Die gegenseitige Überwachung sollte der gegenseitigen Erziehung dienen. Dass daraus ein ‚Big brother is watching you’ werden könnte, lag nur bedingt in der ursprünglichen Intention des Illuminatenordens“ (137; vgl. 41, 77).

 

 

Heute: Science-fiction-Autoren phantasieren drauflos

 

Und heute? Die ersten, welche den modernen Schnickschnack der Illuminaten-Verschwörung aufbrachten, waren zwei Science-fiction-Autoren.

Frietsch meint: sie machten sich einen Jux.

„Die bis heute populäre Illuminatus-Trilogie von Robert Shea und Robert Anton Wilson, die zwischen 1969 und 1971 entstand und ab 1978 auf Deutsch erschien, kann als Keimzelle illuminatischen Verschwörungsdenkens in Romanform gelten“ (141).

In der Einleitung zu seinem "Lexikon der Verschwörungstheorien" (1998; dt. 2000) gibt Wilson zu, dass „Illuminatus“ „populäre Verschwörungstheorien der 60er“ parodiert, „und zwar in einer absichtlich ungeordneten Weise“. Es sei ein „wildes und verrücktes Buch“.

 

Fazit

 

Frietschs Buch ist überaus nützlich, umfassend, differenzierend und klärend! Es hilft, manche Vorurteile auszuräumen. Der Autor versucht stets, Verständnis für alle Seiten zu wecken; er verurteilt nicht und benutzt keine verletzenden Begriffe. So spricht er von Thesen, Meinungen und Sichtweisen, von Vermutungen und Spekulationen, selten von Unterstellungen.

 

Das Buch ist klar, verständlich und flüssig geschrieben. Es liest sich leicht.

 

Einige Ungenauigkeiten und kleinere Fehler wurden bereits erwähnt.

Unrichtig ist auch, dass sich 1717 fünf Logen in London zur ersten Grossloge der Freimaurer zusammenschlossen (156) und dass diese „Vereinigte Grossloge von England“ (135) hiess. Überhaupt besteht eine Schwäche dieses sonst interessanten und informativen Buches darin, dass die Beziehungen der Freimaurerei zu den Illuminaten oder umgekehrt wenig erhellt wird, insbesondere was philosophische und moralische Grundlagen, Absichten und Formulierungen betrifft.

 

Das Literaturverzeichnis befriedigt nicht. Viele wichtige Schriften fehlen, vor allen auch solche, aus denen Frietsch zitiert, z. B.  Hermann Schüttler und Richard van Dülmen, W. Daniel Wilson und Monika Neugebauer-Wölk. Unklar und unbefriedigend ist die Literaturangabe: „C. G. Jung: Gesammelte Werke. Düsseldorf 1995“.

 

Das schöne und kluge Buch wäre noch nützlicher, wenn es ein Sach- und ein Namenregister aufwiese.

 

 


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