Home Ein "junger" Freimaurer berichtet als Zeitgenosse

 

 

Thomas Bauer: Stil(l)zeit. Eine Collage freimaurerischer Gedanken. Norderstedt: Books on Demand 2010.

 

 

Zu Thomas Bauer:

http://www.pb-bauer.de/

 

Das Buch, siehe:

http://books.google.ch

 

 

Auf dem Umschlag dieses dünnen Büchleins sind acht Staubsauger und ein Mop zu sehen. Das braucht Mut. Der Titel ist nicht minder kurios: „Stillzeit“ heisst nach Duden: „Zeit des Stillens“, nicht „Zeit der Stille“, was der Autor wohl eher meint.

Ebenfalls Mut braucht es, nach knapp fünf Jahren Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge die ersten fünf Vorträge („Zeichnungen“) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Themen sind:

·        Zeit (9 Seiten)

·        Freundschaft und Liebe (17 Seiten)

·        Werte (14 Seiten)

·        innerer Wandel, Trauer und Glück (15 Seiten)

·        Selbsterkenntnis (10 Seiten).

 

Die Loge ist ein Ort des Stils

 

Der Autor, Thomas Bauer (*1961), hat seine Jugend und das Studium in Köln verbracht und arbeitet dort seit gut zwanzig Jahren als Ingenieur für Gebäudetechnik. Er suchte „nach einem Ort männlicher Spiritualität“ (10) und fand ihn in der Freimaurerei, in „Gesprächen unter Männern, die sich durch ihre geistige Tiefe und Ernsthaftigkeit auszeichnen“. Bauer betont:

„Die Loge ist kein Ort, der die Emanzipation zwischen Frau und Mann ausschliesst. Es findet dort ein Austausch statt, der einen Umgang prägt, bei dem materieller Besitztum, gesellschaftlicher Stand und Stellung uninteressant sind. Bezeichnend sind Respekt und Achtung vor der Person an sich und vor der Meinung des Anderen. Beeindruckend ist der Stil des Umganges im Allgemeinen und bei Diskussionen. Hier zeigt sich eine ausgeprägte höfliche Kultur des Zuhörens und Ausredenlassens, die in besonderem Masse inspirierend wirkt.
Das Wirken in der Loge ist nicht reiner Selbstzweck. Es dient vor allem als eine Weiterbildung im Umgang mit seinen Mitmenschen innerhalb und ausserhalb der Loge, um einem humaneren Miteinander beizutragen“ (11-12).

 

Auch Bauers Zeichnungen sind von Ernsthaftigkeit getragen, kluge Gedanken eines begeisterten Freimaurers, der es verstanden hat, alltägliche Arbeit und Besinnung, Familie und Männerbund in seiner Persönlichkeit zu vereinen. Seine Vorträge sind nicht nur lebensphilosophische Betrachtungen, sondern auch ein Loblied auf die Freimaurerei. Er hat sie seinen drei Kindern gewidmet. Der Verkaufserlös geht, da auch das soziale Engagement einen nicht unwesentlichen Aspekt der Freimaurerei ausmacht, an einen Kinderschutzbund.

 

„Freiheit kann zur Strapaze werden“

 

Ein längeres Zitat mag eine Ahnung vermitteln, wie Bauer argumentiert und schreibt:

 „Kants Werteansatz ist sehr theoretisiert. Gerade weil die Entstehung von Werten von sehr vielen Faktoren abhängt, gibt es keine Allgemeingültigkeit. Dies wird heute besonders deutlich, wenn Werteerziehung von der Politik und den Medien so stark thematisiert wird.
Werteerziehung vollzog sich in der Vergangenheit gleichsam von selbst. Sie war ein selbstverständlicher Teil dessen, was allgemein als Sozialisation bezeichnet wird und beruhte ganz wesentlich auf die Herkunft der Familie, Stand, Kirche und Gesellschaft. Diese gewährleistete Verhaltenssicherheit, band jedoch die Menschen so stark, dass diese Sicherheit im Laufe der geschichtlichen Entwicklung als Knebelung empfunden wurde. Aufklärung und Revolutionen, die Freiheitsbewegung der 1968er Jahre und die moderne Emanzipation halfen diese Fesseln abzustreifen.
In unserer Zeit erleben wir eine nicht gewollte Gegenwirkung dieses Prozesses. Freiheit kann zur Strapaze werden. Die Vielzahl unterschiedlicher Wertvorstellungen hat die Menschen von dem Ausschliesslichkeitsanspruch in früheren Zeiten befreit. Sie lässt einerseits notwendige Grenzen verschwimmen und löst andererseits Konflikte aus, die aus der Konkurrenz gegensätzlicher Wertvorstellungen resultieren. Diese Konflikte finden nicht nur zwischen verschiedenen Individuen statt, sondern auch innerhalb des einzelnen Individuums“ (53).

 

Einige informative „Erläuterungen“ runden das stille und stilvolle Werk ab. So kurz sie sind, enthalten sie doch einige Wiederholungen (Frauenlogen und gemischte Logen; Gästeabende). Der Mitgliederbestand der Freimaurerei in Deutschland ist von 20 000 auf 14 000 zu korrigieren.

 

Die kleine Schrift beschreibt keine Arbeiten und Symbole der Freimaurer, vermittelt keinen Einblick in ihre Rituale und Geheimnisse, sondern offenbart die Lebenserfahrung und Geisteshaltung eines „jungen“ Freimaurers, eines wachen Zeitgenossen, eines reifen Menschen.

 


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