L'Ordre des Francs-Maçons trahi. 1745
dt.: Der verratene Orden der Freimaurer und Das enthüllte Geheimnis der Mopsgesellschaft. Neu übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Reinhold Mueller. Hamburg: Bauhütten Verlag 1973 (Hrsg. von der Freimaurerischen Forschungsgesellschaft Quatuor Coronati, Bayreuth), 24-29, 45-46, 60, 68.
frz.: L’Ordre des Francs-Maçons Trahi, et Le Secret des Mopses Revelé. Amsterdam 1745; der 1. Teil, 1-112, nach dem Vorwort ist ein wörtlicher Nachdruck von Péraus „Le Secret des Francs-Maçons“, 1744
Auszüge zum Thema: Freimaurerei und Frauen
Da meine Hauptabsicht nicht ist, hier ein Loblied für die Freimaurer zu singen, so werde ich es nicht versuchen, methodisch die Grundsätze, die ich soeben vorgetragen habe, darzulegen. Das sind tatsächlich Wahrheiten, deren Beweise man im weiteren Verfolg meiner Darstellung finden wird.
Der Freimaurerorden ist zu allen Zeiten sehr vielen widersprechenden Gegnern ausgesetzt gewesen. Das Geheimnis, welches man gewissenhaft über alles das bewahrt, was im Inneren ihrer Versammlungen vor sich geht, hat dazu geführt, dass man Argwohn gefasst hat, der dem ganzen Orden sehr abträglich ist.
Besonders die Frauen, welche überall da sein wollen, wo es Männer gibt, sind äusserst empört darüber, dass sie beständig aus der Gesellschaft der Freimaurer verbannt sind. Sie hatten es mit mehr Geduld ertragen, in mehreren Orden nicht zugelassen zu werden, welche in Frankreich, verschiedentlich immer wieder versucht, in Blüte waren.
Das waren besonders dem Bacchus geweihte Gesellschaften, in welchen man nur den Gott des Weines feierte. Man sang hier bisweilen einige Hymnen zu Ehren der Göttin von Kythera (Aphrodite), aber man begnügte sich damit zu singen, während man dem Bacchus sehr ausgiebige und sehr reale Opfer darbrachte. Es war nicht schwer, die Frauen aus derartigen Gesellschaften fernzuhalten. Sie hielten sich selbst fern, und zwar aus Eitelkeit, und sie verbargen das unter dem besonderen Vorwand der Schicklichkeit, was im Grunde nur ein sehr überlegter Hinweis auf ihre Reize war.
Die Frauen haben über den Orden der Freimaurer ganz anders gedacht. Als sie erfahren hatten, mit welcher Mässigkeit sich die Freimaurer, sowohl bei ihren feierlichen als auch bei ihren privaten Mahlzeiten betrugen, konnten sie sich einfach nicht vorstellen, welche Gründe diese achtbaren Männer gehabt haben könnten, als sie die Frauen aus ihrer Gesellschaft ausschlossen. Sie waren eben überzeugt, dass Männer nur verbrecherische Vergnügen geniessen könnten, wenn die Frauen nicht dabei wären. Deshalb haben sie die Freuden, welche die Freimaurer in ihren Versammlungen genossen haben, nur in den hässlichsten Farben ausgemalt.
Alle diese beleidigenden Verdächtigungen werden sehr bald verschwinden, wenn ich beschreiben werde, was in den Versammlungen der Freimaurerei vor sich geht. Es ist richtig: Das Vergnügen vereinigt sie, aber sie kennen nur solche Vergnügen, denen niemals Reue folgt. Das setzt einen gerechten und entschiedenen Geschmack voraus, der sie zu all dem bringt, was gut und liebenswert ist, und ihnen gleichzeitig den Willen einflösst, nichts mit Leidenschaft zu suchen. Diese friedliche, herzliche Haltung, die weit entfernt ist von einer langweiligen Gleichgültigkeit, führt unmittelbar zu immer neuer Freude. Diese wäre vielleicht lebhafter, wenn sie von Leidenschaften befruchtet wäre, aber wäre sie dann auch so liebenswürdig, so zahlreich und so ausdauernd? Ich berufe mich auf die, welche damit ihre Erfahrungen gemacht haben. Ich würde ebenso gern auch die Frauen selbst zu Richtern darüber machen, aber ich würde nur solche Frauen zu hören bekommen, welche entweder das reife Alter oder das Fehlen einiger Reize in die Lage versetzt, in gewisser Weise vernünftig zu denken.
Ein Verdacht von anderer Art verdient vielleicht mehr Aufmerksamkeit. Man hat sich eingebildet, dass man für die Ruhe des Staates zu fürchten hätte von seiten einer Gesellschaft, die zahlreiche verdiente Leute umfasst, die so innig vereint sind unter dem Siegel des Geheimnisses. Man hat zunächst geglaubt, dass sie, als sie die Frauen aus ihren Versammlungen entfernten, die Absicht hatten, das Nutzlose und das Indiskrete daraus zu verbannen, um sich ganz und gar den ernstesten Dingen hinzugeben.
Ich gebe zu, dass dieser Argwohn von Bedeutung ist. Tatsächlich, wenn schon die Leidenschaft eines einzelnen Menschen, wie man das mehr als einmal gesehen hat, in einem Staat eigentümliche Revolutionen hat verursachen können, was könnte die Folge sein, wenn eine so zahlreiche und so in sich geeinte Körperschaft wie diejenige, von der ich spreche, in der Lage wäre, aufständische und intrigante Eindrücke und Verschwörungen hervorzubringen, wie sie Stolz und Ehrgeiz nur allzu oft in das Herz des Menschen hineinlegen?
Jedoch man hat von den Freimaurern in dieser Beziehung nichts zu befürchten. Sie tragen in ihrem Herzen die Liebe zur Ordnung und zum Frieden. Da sie ebenso der bürgerlichen Gesellschaft verbunden sind, wie sie untereinander einig sind, so kann man durch ihre Schulung lernen, und zwar wirksamer als aus dem Munde derer, die von Staats wegen lehren, welche Achtung, welche Ehrfurcht, welche Verehrung wir haben sollen für die Religion, für den Fürsten und für die Regierung. Bei ihnen wird die Unterordnung, welche besser gehandhabt wird als überall anderswo, als eine Tugend betrachtet und in gar keiner Weise als ein Joch. Man unterwirft sich aus Liebe und nicht aus niedriger Angst, welche der gewöhnliche Beweggrund der feigen und gemeinen Seelen ist.
Bei der Beschreibung des Tafelrituals
Was den Begriff Maurerin (Maçonne) angeht, so weise ich darauf hin, dass man sie immer in ehrenvoller Weise erwähnt, obwohl die Frauen in den Versammlungen der Freimaurer nicht zugelassen werden. Am Tage einer Aufnahme gibt man dem Neuaufgenommenen gleichzeitig mit dem Schurz zwei Paar Handschuhe, eins für ihn selbst und das andere für seine Maurerin, d. h. für seine Frau, wenn er verheiratet ist, oder für die Frau, welche er am meisten achtet, wenn er das Glück hat, noch Junggeselle zu sein.
Man kann dieses Wort „Achtung" (Estime) auslegen wie man will. Ursprünglich hatte es nur eine sehr ehrenvolle Bedeutung. Es bezeichnete allein eine liebevolle Zuneigung, die gegründet war auf die ausgezeichneten und schicklichen Eigenschaften des Herzens und des Geistes. Aber seit die Schamhaftigkeit der Frauen sie dazu geführt hat, dass sie diesen Ausdruck benutzen, um in anständiger Form eine Leidenschaft zu bezeichnen, die allermeist nichts weniger als anständig ist, ist dieser Ausdruck sehr zwiespältig und schillernd geworden. Aber, sei ihm wie ihm wolle, in welcher Art auch die Beziehungen sind, welche die Freimaurer mit den Frauen haben können, es ist auf jeden Fall sicher, dass in den Versammlungen, und zwar sowohl in feierlichen wie auch in den privaten Versammlungen, die Damen nur in einer sehr dezenten und sehr anständigen Form erwähnt werden. Man trinkt auf ihre Gesundheit, und man gibt ihnen Handschuhe, das ist alles, was die Frauen davon haben. Das könnte vielleicht ein wenig demütigend sein für ein Geschlecht, das es noch lieber hat, dass man von ihm Schlechtes sagt, als dass man überhaupt nicht von ihm spricht. Mir scheint es andererseits so zu sein, dass ein so respektvolles Schweigen über eine Angelegenheit, die es geradezu herausfordert, so oft behandelt zu werden, viele Leute von der Freimaurerei fernhalten muss. Eine solche Gesellschaft wird nicht nach dem Geschmack der meisten unserer jungen Leute und unserer lärmenden Hitzköpfe sein, die in den meisten Fällen als einzigen Gesprächsgegenstand haben, dass sie in obszöner Weise von einigen lächerlichen Eroberungen berichten, die sie sich in der Verderbtheit ihrer Herzen bloss einbilden. Sie würden sich in einer Gesellschaft langweilen, deren Vergnügen und deren Unterhaltung nur Weisheit atmet. Ich muss aber auch sagen, dass man über eine solche Erwerbung durchaus nicht erfreut wäre.
Obwohl die Schicklichkeit und die Weisheit immer in den freimaurerischen Tafellogen exakt beobachtet werden, schliessen sie in keiner Weise die Fröhlichkeit und die Heiterkeit aus. Die Unterhaltung ist sehr belebt, aber ihre Hauptanziehungskraft liegt in der Zartheit und der brüderlichen Herzlichkeit, die man dort regieren sieht.
Bei der Beschreibung der Aufnahmezeremonie
Wenn der Eid ausgesprochen ist … man gibt ihm auch ein Paar Handschuhe für ihn und ein Paar Frauenhandschuhe für die Dame, die er am höchsten achtet. Diese Dame kann die Frau des Aufzunehmenden sein oder ihm in irgendeiner anderen Weise zugehörig sein. Darüber macht man sich weiter keine unruhigen Gedanken.
Bei der Wiederholung eines Teils der Aufnahmezeremonie
Wenn der Aufzunehmende seinen Eid geleistet hat, dann umarmt ihn der Ehrw. Grossmeister, indem er ihm sagt: „Bis hierher habe ich zu Ihnen als Meister gesprochen, jetzt will ich Ihnen als Bruder begegnen." Er lässt ihn dann neben sich treten. Dann gibt man ihm den Schurz des Maurers und zwei Paar Handschuhe, eins für ihn und das andere für seine Maurerin. Der 2. Aufseher sagt ihm dann: „Diese Handschuhe übergeben wir Ihnen als unserem Bruder. Und hier ist nun noch ein Paar für Ihre Maurerin oder für die, die Ihnen am teuersten ist. Die Frauen glauben, dass wir ihre Feinde sind, aber Sie werden ihnen durch dieses Geschenk beweisen, dass wir an sie denken." Der Neuaufgenommene umarmt dann die Meister, die Gesellen und die Lehrlinge, und danach setzt man sich zu Tisch.
Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2016 / All rights reserved Webmaster by best4web.ch |