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Transkription eines Auszugs aus einem in altdeutscher Schrift geschriebenen „Ritual für ein Schwesternfest“ einer Zürcher Loge; vermutlich ca. 1820
Vorbemerkung: Was ist eine
„Schwesternloge“: Initiation, Information oder Fest? Johann Christian Gädicke versteht in seinem
„Freimaurer-Lexicon“ (1818, 454) unter Schwester-Logen „Versammlungen von
Frauen, welche vorgeben, Freimaurerei zu betreiben, allein dies ist
Spielerei“. In C. Lennings „Encyclopaedie der Freimaurerei“ (Band
2, 1824, 370) wird behauptet, „um unter neuen Formen Damen Feste geben zu können,
oder um die aus dem Bunde der Freimaurer ausgeschlossenen Frauen über seinen
Zweck und seine Arbeit zu beruhigen und sie glauben machen, daß man sie in
denselben aufnehme, erfand man gegen das Jahr 1774 in Paris den Rite
d‘Adoption“. [Jan A. M. Snoek („Initiation Women in Freemasonry“,
2011, 5) datiert den Beginn auf 1744.] Und weiter unten (512): „Der Mops-Orden entstand, angeblich in Wien, zwischen
1738 und 1740 … und war aus Männern und Frauen zusammengesetzt“. Unter dem Titel „Schwesterorden, oder Maurerey der
Frauenzimmer“ (Adoption ou
Maçonnerie des Femmes) hat Baron Théodore Henri de Tschoudy in seiner
Schrift „Der flammende Stern“ (1766; dt. 1779. 233-236) eine „Rede bey der
Aufnahme einer Lehrlingin“ abgedruckt. In der Sammlung „Materialien für Maurer“, Band 3, 1778,
176-198, findet sich ein Text unter dem Titel „Schwesternloge“. Es handelt
sich dabei nicht um eine Logenarbeit, welche den Schwestern einen Einblick
in den Tempel und die Rituale der Freimaurer geben soll, sondern um die
Initiation einer Schwester. Ebenfalls um eine Initiation einer Schwester handelt es
sich in: Eine Wiener Freimaurerhandschrift aus dem 18.
Jahrhundert von Bruder (Joseph) Baurnjöpel. Band I/2 Transkription, 1986,
unter den Titeln: „Das Ritual zur Aufnahme einer Schwester“ (167-182) „Aufnahme der Schwestern in den 2ten Weiber grad“
(239-244) „Schwestern Arbeit, im 3ten Grade (317-330). Das Original der Handschrift ist datiert mit 1793. Im „System der Freymaurer-Loge Wahrheit und Einigkeit
zu den drey gekrönten Säulen in P*** (Prag)“, 1794, 115, ist die Rede von „sogenannten Schwesterlogen, für die die Loge ein
eigenes Ritual hat“. Offenbar handelt es sich um eine Initiation, denn in
den „maurerischen Ansichten – Herausgegeben vom Hofrath von Schütz in
Zerbst“ (1825, Erstes Heft, 245) wird dieses Ritual unter dem Titel
„Adoptionslogen“ erwähnt. Der Festschrift zum 150. Stiftungsfeste der
Freimaurerloge Balduin zur Linde in Leipzig, (1926, 146) ist zu entnehmen,
dass diese Loge bereits im Jahr 1800 ein Schwesternfest
durchgeführt hat, das sich grossen Anklangs erfreute. Auszug aus dem
Zürcher Schwesternfest
Frage Warum sind wir heute an dieser Stätte versammelt?
Antwort Um den Schwestern die Weise zu zeigen, wie wir in unserer Werkstätte arbeiten.
Frage Wie ist des Maurers Wirken?
Antwort Wie seine Gefühle im Innern glüh’n,
Frage Ist es die rechte Zeit unsere Feier zu beginnen?
Antwort Ja. Das Stundenglas rinnt unaufhaltsam, und mit
reissender Eile kommen die Tage und schwinden; aber der Mensch steht über
der Zeit und ihrer Flucht. Den Lauf der Stunden und Tage kann er nicht hemmen,
aber er kann ihnen fruchtbringenden Samen einstreuen durch nützliche Arbeit.
Erklärung Ernst und feierlich sind die Versammlungen der
Maurer.
Frage Warum ist der Tempel der Maurer geschmückt mit mancherley Sinnbildern?
Antwort Damit sie uns die Grundsätze veranschaulichen, nach denen der Maurer sein Wollen und sein Handeln richten soll.
Frage Was bedeuten die Sonne und der Mond, die von Osten aus die Loge erleuchten?
Antwort Sie erinnern uns, dass Gottes Auge über uns wacht bey Tag und bey Nacht, dass es in die geheimsten Falten unsers Herzens sieht, die kein sterbliches Auge kennt, wir selbst oft nur unvollkommen.
Frage Was lehrt uns das Stundenglas, welches auf dem Tische vor dem Meister steht?
Antwort Es mahnt uns daran, dass die Stunden unaufhaltsam dahineilen, und wir nicht leichtfertig oder gar zu unserm eignen und unserer Mitmenschen Schaden die kurze Spanne Zeit benutzen sollen, die wir auf dieser Erde zu weilen haben.
Frage Warum ist das Stundenglas mit Blumen umwunden?
Antwort Um uns zu erinnern, dass die ernste Arbeit, die im irdischen Leben den Maurern auferlegt ist, durch die Liebe und Hingebung der Schwestern verschönert wird.
Frage Was bedeutet der Transparent am Altare?
Antwort Er bezeichnet den Zweck der heutigen Feier als Schwesternfest, durch Rosen und Handschuhe.
Frage Was sehen wir in der Mitte zwischen den 4 Leuchtern?
Antwort Es sind die 3 grossen Lichter der Freimaurerei, die Bibel, der Zirkel und das Winkelmass.
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