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Eine Zusammenstellung einiger Argumente Mai 1993
Die verschiedenen Antworten auf die Titelfrage kann man in fünf Gruppen einteilen:
1. Die historische Sicht
Aus historischer Sicht spiegelt die Beschränkung der Freimaurerei auf männliche Mitglieder den Zeitgeist von anno dazumal (1723).
Dabei ist von folgenden Fakten auszugehen:
a) Die Frau war im Altertum und Mittelalter aktiv in Vereinen und im Arbeitsleben
b) Die scholastischen Theologen werteten die Frauen ab Doch seit etwa 1250, im Gefolge der scholastischen Theologie, vor allem seit Thomas von Aquin seine Lehre verkündete (unter vielen anderen Behauptungen: „Die Frau ist ein Missgriff der Natur“), begann eine Abwertung der Frau.
c) Das Bauwesen war immer männlich ausgerichtet Das Bauwesen war freilich immer männlich ausgerichtet. Steine brechen, tragen, spalten, behauen und einfügen war eine harte und körperlich anstrengende Arbeit. Ebenso das Hantieren und Herumturnen auf schwindelerregenden Gerüsten. Und das alles erst noch bei jedem Wetter.
d) Die Frauen durften im Barock „Salons“ betreiben Bei den Geheimgesellschaften des 17. Jahrhunderts spielten Frauen keine Rolle. Aber adelige oder vermögende Frauen hatten seit etwa 1600 Salons, also Orte, wo sie Gelehrte und Künstler versammelten, wo diskutiert, getanzt und Theater gespielt wurde. Berühmt geworden ist das „Hôtel de Rambouillet“ (1608-1668).
Die Absenz der Frauen trifft mit der Geringschätzung zusammen
Als sich seit 1550 die spekulative Freimaurerei entwickelte, traf die faktische Absenz der Frauen mit der damaligen Geringschätzung zusammen. So waren die meisten Bünde der damaligen Zeit Männerbünde, und so konnten die Alten Pflichten 1723 schliesslich formulieren: „Die als Mitglieder einer Loge aufgenommenen Personen müssen gute und aufrichtige Männer sein, von freier Geburt, in reifem und gesetztem Alter, keine Leibeigenen, keine Frauen, keine sittenlosen und übel beleumdete Menschen, sondern nur solche von gutem Ruf“.
Fortsetzung der Geschichte: siehe: Die Freimaurerei und die Frauen, ab Kap.: „Ab 1730/40: Adoptionslogen in Frankreich und Deutschland“
Die Frauenlogen sind „irregulär“
Es gibt heute durchaus diverse Vereinigungen mit Frauen, die sich als Maurer oder Freimaurerinnen bezeichnen. Allerdings sind sie aus Sicht der englischen Grossloge „irregulär“. Es ist freilich noch komplizierter: Es gibt auch eine rein männliche Freimaurerei, die ebenfalls als irregulär betrachtet wird, z. B. der liberale „Grossorient der Schweiz“ oder die weitaus wichtigste Grossloge Frankreichs, der „Grand Orient de France“.
Plump ausgedrückt: Heute kann jede Frau der Freimaurerei beitreten, allerdings nicht der regulären. Aber das könnte in ihren Augen ja ein rein vereinsmeierisches Kriterium sein, das sie nicht interessiert. Aus diesem Grund ist die nächste Argumentation, die juristische, nicht besonders ergiebig.
2. Die juristische Sicht: Jeder Verein kann seine Mitglieder selber bestimmen
Die juristische Sicht basiert auf den Menschenrechten. In der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, die von der Generalversammlung der UNO am 10. Dezember 1948 verkündet wurde, heisst es: Art. 18: „Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit ..., seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit andern zu bekunden.“
Art. 20: „Jeder Mensch hat das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu friedlichen Zwecken“.
Nun kann aus juristischer Sicht jeder Verein selber bestimmen, wen er zum Mitglied aufnimmt. Ausschluss bedeutet nicht Minderwertigkeit oder Ungleichheit. Sonst müsste die ganze Menschheit einen Klub bilden.
3. Bloss 1 ‰ der halben Weltbevölkerung sind etwa 1 % ihrer Zeit in einer Loge
Was das Vereinsmässige betrifft, muss man sehen, dass die „weltumspannende“ Bruderkette riesige Lücken aufweist: Es gibt, mit wenigen Ausnahmen, in Diktaturen, kommunistischen und islamischen Ländern - also bei der halben Weltbevölkerung - keine Freimaurerei. In der andern Hälfte sind es insgesamt etwa 3 Millionen.
Von den rund 200 Staaten, welche der UNO angehören, verfügen rund 110 über reguläre Freimaurerlogen.
Wo es Freimaurerei gibt, sind – mit Ausnahme von Schottland - höchstens 1 Prozent der Bevölkerung dabei. Die Freimaurer sind also eine kleine Minderheit. In Schottland sind etwa 10 % der Männer Freimaurer. In Irland und Island sowie in England und USA sind es ca. 3 resp. 2 %. Gut vertreten ist die Freimaurerei auch in Kanada, Australien und Neuseeland sowie in Kuba, ferner in Norwegen, Schweden und Dänemark. http://www.bessel.org/intstats.htm
Der einzelne Freimaurer lebt „materiell“ bloss etwa 1 Prozent seiner Zeit in der Loge. Hier, in diesen seltenen Stunden, lernt er, unter Männern, an sich selber zu arbeiten. Die Einsichten daraus sollte er ins profane Leben hinaustragen. Dort sollte er wirken.
Die Freimaurerei strebt keine Weltrevolution an. Jeder soll bei sich selber beginnen und dann nach aussen wirken.
In der Verfassung der Schweizerischen Grossloge Alpina heisst es: „… Im weiteren setzt sich der Freimaurerbund zum Ziel, seine Grundsätze ausserhalb der Loge zu verbreiten, die Bildung und Aufklärung nach Kräften zu fördern, gemeinnützige Anstalten zu unterstützen und nötigenfalls solche zu gründen und der Intoleranz entgegenzutreten.“ “Die einzelnen Mitglieder sollen sich in Betätigung maurerischer Grundsätze an den öffentlichen Angelegenheiten beteiligen und dabei so handeln, wie es nach ihrer innersten Überzeugung für das Wohl und das Gedeihen des Vaterlandes am besten ist.“ http://www.akazia.ch/grundsaetze/
4. Müssen Frauen in alle männlichen Berufe und Vereinigungen eindringen?
Die moralische Argumentation entzündet sich an der Frage, ob Frauen nicht nur in sämtliche Berufe, sondern auch in sämtliche Vereinigungen von Männern eindringen sollen, dürfen, müssten. Besteht eine echte Gleichberechtigung tatsächlich darin?
Auch in der Berufswelt gibt es viele Gebiete, die den weiblichen Bedürfnissen weniger entsprechen, z. B. Kaminfeger, Schreiner, Automechaniker, Lastwagenchauffeur. Und der Soldat?
Anderseits kann man heute sicher nicht mehr wie Gottlieb Imhof (I, 73) 1955 sagen: „Für den Freimaurer ist die Frau immer noch die Priesterin des häuslichen Herdes.“
5. Die psychologische Sicht: Erotik irritiert - die Geisteswelt ist männlich
Die psychologische Argumentation schliesslich geht in mehrere Richtungen:
Den Frauen steht das Herz offen
Soweit die wichtigsten Typen von Argumenten.
Es gibt unter Brüdern die einen, welche für eine Öffnung sind, die andern, welche das spezifisch Freimaurerische, wie das Geheimnis und das Idealistische „rein“ bewahren möchten.
Und unter den Frauen wird es ebenfalls zwei Gruppen geben: Die einen möchten Einlass begehren, die anderen interessieren sich nicht dafür.
Gerne schliessen Freimaurer mit einem Satz, den der Dichter Wieland vor 200 Jahren (1785) formuliert hat: „Bei den Freimaurern steht den Frauen wohl das Herz offen, aber die Loge ist geschlossen.“
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