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Artikel in: Deutsche Encyclopädie, Band X:

Frankfurt am Mayn: Varrentrapp und Wenner 1785

 

Nach der als Separatdruck erschienenen Version:

Freymaurerey.

Skizzirt im Lichte der Wahrheit.

(Autor: Boehm)

Frankfurt am Main 1785.

bey Varrentrapp Sohn und Wenner.

 

(Zwischentitel zur bessern Lesbarkeit von mir eingesetzt)

 

Seiten 7-23 und 36-48

 

 

Geheimnis und Verschwiegenheit

 

Freymäurer, nennen sich die Mitglieder eines durch die ganze Welt ausgebreiteten und unter mehreren nach einander angenommenen Gestalten sehr alten Ordens, der seine Verrichtungen und ein wichtiges Geheimniß, worauf dieselbe abzielen, unter Hieroglyphen und vornemlich unter den von den Werkzeugen, Arbeiten und Gebräuchen der Maurer hergenommenen Bildern und Redensarten verbirgt und von denen, welchen er dieselbe anvertrauet, ausser dem höchsten Grade der Verschwiegenheit, einen vorzüglich ehrbaren und tugendhaften Wandel, zumalen die größte Bereitwilligkeit seinen Mitbrüdern zur Erhaltung guter Endzwecke behülflich zu seyn, Wohlthätigkeit nach Vermögen gegen jedermann und unverbrüchliche Treue gegen seine Landesherrschaft fordert.

 

Von dem Geheimnisse selbst und den damit in Verbindung stehenden Verrichtungen lässet sich nichts sagen. Aber keinem unbescholtenen rechtschaffenen Manne wird die Aufnahme versagt, und alsdenn wird ihm anfänglich wenig und denn nach und nach mit der äussersten Vorsichtigkeit mehr offenbaret.

Denn der Orden hat verschiedene Grade, zu deren höheren mehreres Licht gewährenden man nicht gelangen kann, man habe denn in den niedrigeren grössere Fähigkeiten erprobet und durch genaue Erfüllung seiner Pflichten sich dazu würdig gemacht. Ueberdieses spricht die dem vollendeten Maurer sehr deutliche Bildersprache immer in ihrem vor jeden andern dunkeln Tone fort, so daß, wer in seinen Pflichten zu wanken anfängt, oder zu mehrerem nicht fähig erscheinet, da, wo er stehet, gelassen oder, wenn er es verwirket, sogar aus dem Orden ausgestossen werden kann ohne Gefahr, daß er zum Verräther werden dörfte, weil er, was er verrathen möchte, zwar wirklich in seinem Besitze hat, aber unter Schlössern verschlossen, die er nicht öffnen kann.

Dieses ist eins von den grossen Mitteln, Sicherheit wegen der Verschwiegenheit zu erhalten, welche man bey der unzähligen Menge von so verschiedentlich gesinnten Mitgliedern sich natürlicher Weise nicht in gleichem Grade versprechen kann. Denn obwohl man der Regel nach sehr behutsam zu Werke gehet und niemand von verdächtiger Verschwiegenheit oder überhaupt von ungewisser Würdigkeit zulässet; obwohl man diejenigen, gegen welche man ein gutes Vertrauen zu hegen Ursache bat, auf eine starke Probe setzet, und obwohl man endlich diejenigen, die sie aushalten, durch einen ernsthaften Eyd, als in welchem vornemlich die Aufnahme bestehet, sich verbindlich machen lässet: so würden alle diese Vorsichtigkelten, wenn sie nicht noch durch andre Mittel unterstützet würden, bey der undurchdringlichen Zurückhaltung mancher und bey den vielfältigen Versuchungen und selbst den gewöhnlichen Veränderungen, denen die Gemüther der Menschen unterworfen sind, nicht zureichen.

 

Manches dem Scheine, nach keine Bedeutung habendes und sogar die unter den Freymaurern entstandene Secten gehören mit hieher. Die Unterschiede nemlich derselben betreffen nichts Wesentliches, sondern bestehen in Nebenpunkten ihres Ursprunges, Bestimmung einiger Gebräuche, Erklärung verschiedener Sinnbilder, mehrerer oder wenigerer Abhängigkeit von ihren Oberen u. d. g., und die letzteren lassen diese gleichsam so zu nennende Spielarten gerne sich neben einander fortpflanzen, um aus jeder derselben, wie aus einer eignen Art von Pflanzschule, die besten und sich rühmlich auszeichnenden Köpfe auszuheben und inzwischen immer hinter dem desto dichteren Vorhange in der Zahl von wenigen geweyheten ihr Geheimniß desto sicherer zu bewahren, durch die übrige theils nicht gänzlich anschlagende, theils noch im Reiffen begriffene Menge aber die Verbesserung des menschlichen Geschlechtes und die wohlthätigen Einflüsse des Ordens in den Staat, die nothwendig vereinigte Kräfte vieler erfordern, desto reichlicher und ausgebreiteter zu bewirken.

 

Der tugendhafte Wandel seiner Glieder

 

Denn wem auch von der innern Einrichtung des Ordens gar nichts bekannt ist, der kann doch nicht umhin, ihn vor etwas edles und erhabenes zu erkennen; wenn er den tugendhaften Wandel seiner Glieder, worauf er sehr ernstlich und größtentheils auch mit glücklichem Erfolge dringt, das freundschaftliche Betragen derselben gegen einander und den aus dem Gefilde des Ordens ausfliessenden und über den ganzen Staat sich ergiessenden sichtbaren Seegen bedenket.

 

Mäßigung aller Begierden, Billigkeit, Gerechtigkeit und aufrichtige Liebe gegen jedermann, Sittsamkeit und Gefälligkeit, treue Erfüllung seiner Amtspflichten, Verehrung der Obrigkeit und herzliche vertrauensvolle Anbetung des allerhöchsten Baumeisters aller Welten, unter welcher dem ganzen System sehr gemäßen und alles, was groß und herrlich ist, in sich fassenden Benennung Gott und derjenige in dessen Namen sich die Knie aller, die im Himmel, auf Erden und unter der Erden sind, beugen müssen, verstanden wird, sind vornemlich die Tugenden, welcher sich aus allen Kräften zu befleißigen, man bey dem Eintritt in den Orden feyerlich versprechen muß; an welche man bey jeder Zusammenkunft erinnert; deren Verletzung, wenn sie bekannt wird, anfänglich mit Vaterernst, wofern er aber nicht zureichet, mit Strenge verwiesen wird und deren fleißige Beobachtung das Mittel, das Vertrauen der Oberen zu gewinnen, und der Weg zu weiterer Beförderung im Orden ist. Nicht allein diejenigen, die bereits als Verehrer und Ausüber dieser Tugenden bekannt sind, haben das Recht, sondern auch diejenigen, zu denen man sich versehen kann, daß sie, wenn sie Hülfe bekommen, solche werden werden, haben Hoffnung, zu der Gesellschaft derer, die sich und andre täglich mehr zu vervollkommnen suchen, zugelassen und als Mitarbeiter an diesem Gott wohlgefälligen Tempel angenommen zu werden.

 

Einträchtige brüderliche Gleichheit

 

Der Orden hat auch vielfältig die seelige Freude erlebt, Menschen, die am Rande des Verderbens stunden, errettet und sie gänzlich umgeschaffen zu haben, und erlebet täglich das Vergnügen, andre, die einer gänzlichen Verwandlung nicht fähig sind, doch von vielem Bösen abzuhalten und ungleich besser zu machen, als sie sonst gewesen seyn würden. Man stosse sich also nicht an den Fehltritten derer, die als Mitglieder des Ordens bekannt sind, und noch weniger an denen falschen Schritten, die sie vor ihrer Aufnahme begangen haben. Denn der Gesunde bedarf des Arztes nicht, und nicht alle Kranke genesen.

 

Die Mitglieder des Ordens betrachten sich einander in ihren Versammlungen, die sie Logen nennen, blos als gute vernünftige Menschen und abstrahiren von allem zwischen ihnen obwaltenden Unterschiede der Geburt, des Standes, des Vermögens, der anderweitigen Verdienste, Wissenschaften u. s. w. Sie leben also in einer einträchtigen brüderlichen Gleichheit. Sie nennen sich auch daher alle Hohe und Niedrige, nicht anders als Brüder, doch mit völliger Beybehaltung u«d Bezeugung der Achtung, die ein jeder guter vernünftiger Mensch dem andern schuldig zu seyn überzeuget ist.

 

Wer sich versichern will, daß die Sorge derer, die von dieser Gleichheit gefährliche Folgen vor die Republik befürchten, vergeblich ist, der stelle sich eine Anzahl wohl gearteter leiblicher Brüder vor, deren einen die Vorsicht zum General, den andern zum Hauptmann, den dritten zum Feldprediger u. s. f. berufen hat. Wenn sie in ihres Vaters Hause zusammen kommen, so ist der Hauptmann des Feldpredigers und der General beider Bruder, jeder erkennt den andern vor den, der mit ihm von einem Fleisch und Blut und seiner ganzen Liebe, seines Vertrauens und seines Beystandes würdig ist, ohne daß das gemeine Wesen, oder ihr Dienst, oder sonst jemand darüber das mindeste litte, oder auch nur zu leiden in Gefahr wäre.

Diese brüderliche Liebe, deren ein jedes rechtschaffenes Mitglied des Ordens von den übrigen versichert seyn kann, ist ein sehr wichtiger Vortheil, den die Verbindung gewähret. Denn ein ehrlicher Mann, der vom Unglück verfolget, durch Bosheit und Gewalt unterdrücket wird u. s. w. ist sonst meistens ohne Rettung verlohren. Ist er aber ein Freymäurer, so sehen seine Brüder vor sich, oder er entdeckt ihnen sein Unglück sowohl als seine Unschuld, sie lassen ihn nicht sinken, sie unterstützen ihn auf alle Art und Weise. Sie empfehlen ihn und ruhen nicht eher, bis sie sein Glück wiederum in Sicherheit gebracht haben.

 

Auf Reisen und in fremden Ländern ist der Orden das beste Empfehlungsschreiben. Denn Denn ein Freymäurer kann auf eine liebreiche Aufnahme, freundschaftliche Dienstwilligkeit und in Unglücksfällen auf thätige Hülfe Rechnung machen, wo er Brüder antrift und sich denselben nach den eingeführten Gebräuchen zu erkennen giebt.

 

Der Vortheil, den andre ausser dem Orden lebende und das ganze gemeine Wesen von demselben geniessen, fället hieraus in die Augen. Denn die offenbaren Werke der Wohlthätigkeit und Barmherzigkeit, gestifteten Waisenhäuser u. dgl., sind nicht dasjenige, dessen sich der Orden mit der vorzüglichsten und süssesten Zufriedenheit erinnert. Er glaubt mit Recht, daß er durch die Bildung manches wackeren Mannes, durch die Umwendung manches auf Irrwege gerathenen, durch beträchtliche Besserung vieler nicht völlig heilbarer, durch Unterstützung manches herrlichen Kopfes, der sich selbst überlassen sich nicht hätte zu dem machen können, wozu die Natur ihn schiene bestimmt zu haben, durch die Errettung manches schätzbaren Mitgliedes der menschlichen Gesellschaft von dem Untergang u. dgl. weit grössere Verdienste um den Staat erworben habe und noch täglich erwerbe und daß unzählige Wohlthaten, die er in der Stille, ohne daß die Welt etwas davon erfahret, austheilt, durch diese heilige Dunkelheit erst den Werth, der sie wahrhaftig schätzbar macht, erhalten.

 

 

Ursprung und Geschichte

 

Viele Leser werden wünschen und vielleicht erwarten, daß ihnen von dem Ursprunge und der Geschichte des Ordens einige Nachricht ertheilet werde. Allein sein Ursprung und seine Schicksale hängen zu enge mit dem wahren Wesen desselben zusammen, als daß dieser Erwartung willfahret werden könnte. Man nehme also mit der Versicherung vorlieb, daß, wenn er schon noch nicht im Garten Eden und in der Arche Noà existiret, mit welchen sichtbaren Erdichtungen man diejenigen abspeiset, die mehr zu wissen begehren, als ihnen gebührt, er doch sehr alt und weit älter ist, als viele, die ihn dechifriren wollen, sich vorstellen können, z. E. nicht nur älter als die St. Paulskirche zu London, deren Bau ihn nach dem ungegründeten Wahne einiger veranlasset haben soll, sondern auch älter als ihr Original zu Rom.

Er war, wie alle Dinge in der Welt, der Veränderung unterworfen und ist es noch und muß es seyn, blieb aber und bleibt im Wesentlichen immer derselbige. Dafür wird gesorgt durch die Versammlungen der Hauptpersonen des Ordens, die von Zeit zu Zeit geschehen, worin er nach den jedesmaligen Bedürfnissen der Zeit accommodiret und zur Harmonie mit dem grossen Endzwecke neu gestimmet wird.

 

 

Weltweites Freundschaftsband

 

Alle Logen in der Welt sind durch ein allgemeines Freundschaftsband theils enger theils. weitläuftiger mit einander verbunden und es giebt sogar zwischen ihnen moralische Blutsverwandtschaften, Mutterlogen, Schwesterlogen, u. s. f. Viele stehen unter einem gemeinschaftlichen Oberhaupte als Großmeister. Sie unterscheiden sich durch eigene Beynamen, die da, weil die dreyfache Zahl nicht ohne Ursache überhaupt die Favoritzahl des Ordens ist, mehrentheils, doch nicht immer, von dreyen geachteten Dingen hergenommen sind, z. E. die Loge zu den drey goldnen Löwen.

 

Sie tragen in ihren Versammlungen Schürzen von feinem weissen Leder, diejenigen vorzustellen, deren Namen sie angenommen, und die Farbe sowohl der Schürzen als der Handschuhe bildet zugleich die Reinigkeit der Sitten ab, deren sie sich zu befleißigen haben, so wie alle ihre übrigen Gebräuche unterhaltende Allegorien sind, die man desto sinnreicher ausgedacht findet, je mehr man sie zu verstehen das Glück hat. Die Menschen aller Religionen, Juden, Türken, Heiden, werden in allen Logen vor Nebenmenschen, die der Achtung, der Liebe und des Beystandes würdig sind, erkennt; allein niemand als ein Christ, von welcher Secte er übrigens seye, kann zum Mitgliede aufgenommen werden und das Wesen des Ordens ist so an die christliche Religion gebunden, daß z. E. ein Mahomedaner, der ein Freymäurer seyn soll, eben so widersprechend ist, als eine helle Finsterniß, und wenn dergleichen Männer, so rechtschaffen und tugendsam sie immer seyn mögen, je irgendwo aufgenommen worden, so haben diejenigen, die es gethan, sich dadurch als Afterfreymäurer bewiesen, die selbst nicht wußten, was sie waren, welches vermöge des obigen gar nicht unmöglich ist.

 

Alle Menschen, die nicht zum Orden gehören, heißen bey den Mitgliedern .desselben Profane, nicht verachtungsweise, sondern weil der Freymäurer sein Geheimniß für heilig erkennt und zwar mit Recht, so kann er alle nicht darin eingeweyhete, so liebens- und verehrungswürdig sie ihm immer seyn mögen, nicht anders nennen.

 

 

Frauenzimmer

 

Frauenzimmer sind durch ein Ordensgesetz von ihm ausgeschlossen, nicht darum, weil man sie nicht vor würdig hält, an ihm theil zu nehmen, noch weniger darum, weil man ihrer Verschwiegenheit nicht trauet. Das erste widerlegen die Freymäurer nicht nur ausser, sondern auch in der Loge. Das andre hat, wie oben gemeldet, der Orden so in seiner Gewalt, daß er auch den schwatzhaftigsten Mund, den man überdas wohlerzogenen Damen ganz zur Ungebühr zur Last leget, verschlossen halten kann. Jeder vernünftige Mensch kann leicht die Ursache rathen.

Die Dunkelheit gehört mit unter die sehr nothwendigen Symbolen des Ordens, wie schon im Vorbeygehen angemerket worden, derenthalben man die Nachtzeit zu den Versammlungen gewählet, die allezeit bey Licht und bey verschlossenen Thüren gehalten werden. Giengen nun Frauenzimmer mit in die Versammlungen, welche Gelegenheit hätte der Lästerer, sowohl sie als die Mannspersonen mit seinem Geifer zu beschmitzen? Es sind noch mehrere eben so gegründete Ursachen, die aus dem Begriffe des Ordens selbst fliesten. Unterdessen sind Maltheserinnen möglich, und aus eben dem Grunde auch Freymäurerinnen.

 

Man hat für die Damen eine Nachahmung des Freymäurerordens gestiftet, die als Nachahmumg von dem Originale selbst ganz unterschieden, aber sehr artig und auf das schöne Geschlecht sehr wohl passend ausgedacht ist. Ohnerachtet dieser Orden seiner löblichen Absicht gemäß bleiben und seinen Nutzen nicht verlieren würde, wenn er öffentlich bekannt würde; so wäre es doch sehr ungeziemend, den edlen Damen das unschuldige Vergnügen nicht zu gönnen, das sie an der Geheimhaltung ihrer Einrichtung finden. Man wird uns also verzeihen, wenn wir nichts weiter davon sagen, als: „Heil dem Manne, dem der Himmel eine Gattin schenket, die so ist, wie sie dieser Orden zu bilden trachtet."

 

 

Heftige Verfolgungen

 

Der Orden war zu verschiedenen Zeiten heftigen Verfolgungen ausgesetzt, die aber weder seine Grundfeste erschüttert, noch die Standhaftigkeit seiner Glieder überwunden haben. Die neuesten Exempel hat man zu Aachen und zu Neapel erlebt.

Am ersten Orte tobete blos ein fanatischer die Lehrstühle der sanften duldenden Christus Religion entheiligender Unsinn, der zwar den Pöbel aufrührisch machte und dadurch unschuldigen Menschen höchst gefährlich, eben deswegen aber auch bald zu Schanden wurde.

Die Schrift, welche den Vorgang erzehlt, ist:

Vertheidigung der Freymäurer, wider die Verläumdungen zweener Geistlichen, welche den Orden öffentlich auf der Kanzel angegriffen haben: aus dem Französischen, 8. Frankfurt und Leipzig 1779.

Am andern Orte aber wurde die obrigkeitliche Gewalt mißbraucht und ein sehr demüthigendes Beyspiel von den Vorzügen der christlichen Justiz vor der zu Tunis und Tripolis gegeben.

 

 

Wir wollen uns mit dem Schicksale dieses Unwürdigen nicht länger aufhalten, sondern nur noch bemerken, daß der Ausgang für den Orden der war, daß er nach wie vor in Neapel blühet. Man kann den Vorgang weitläuftiger beschrieben und mit den dazu gehörigen Beylagen lesen in der

Geschichte des Schicksals der Freymäurer zu Neapel, 12. Frankfurt und Leipzig 1779.

 

..

 

Widerlegung der Irreligiosität

 

Manche Einwürfe, die man wider den Orden zu machen pfleget, haben wir schon im Vorbeygehen aufgelöset; es sind aber noch einige zurücke, die wir zu berühren noch nicht Gelegenheit gehabt und die wir also nur noch kürzlich abfertigen müssen.

 

Man hat um den härtesten und bittersten zu erst abzulehnen, den Freymäurern bald Atheisterey, bald Abgötterey, bald diese, bald jene grobe Religionsirrthümer aufgebürdet; man hat Bücher wider die Deisten, Naturalisten, Freymäurer, Socinianer und noch mehr andre, mit deren Cameradschaft man sie zu beehren vor gut gefunden, geschrieben. Wer das Vorhergehende mit Aufmerksamkeit gelesen hat, kommt vielleicht über die ungewissenhafte Beschuldigung in Eifer. Der ächte Freymäurer aber ruft mit gelassenem Herzen aus: „Herr vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun".

Zu mehrerer Beruhigung derer, die durch dergleichen übele Nachreden irre gemacht werden könnten; versichern wir, daß von Gott und seinen heiligen Eigenschaften mit der allertiefsten Ehrerbietigkeit in den Logen der Freymäurer gesprochen wird , wie die darin gehaltenen und gedruckten Reden unumstößlich beweisen; daß Goit darin um seinen Seegen mit brünstigerer Andacht, als das Herz des lieblosen Ketzermachers fähig ist, angerufen wird; daß es aber sehr ernstlich verboten ist, darin über Religionsartickel zu disputiren. Der vernünftige Grund dieses Verbotes ist, damit nicht die brüderliche Einigkeit durch die Verschiedenheit der Meynungen, die gemeiniglich mit Hitze verfochten werden, gestöhret werde. Eben aus der Ursache ist es auch nicht erlaubt, in der Loge von Staatssachen zu discutiren.

 

 

Wer hat ein Recht, das Geheimnis zu erfahren?

 

Ein andrer weniger beissender Einwurf wird von der Sorgfalt hergenommen, womit die Freymäurer alle ihre Gebrauche und Verrichtungen geheim halten. Man sagt: wenn alles gut und unsträflich ist, so darf es ja die ganze Welt wissen; man sollte also vielmehr sein Licht leuchten lassen vor den Leuten, als es unter dem Scheffel verbergen. Der Freymäurer bittet um Erlaubluß, diesen vorgeblichen Grundsatz und die daraus gezogene Folge zu läugnen. Darf man nicht insgeheim Gutes thun? darf man nicht Nothleidende erquicken, ohne daß sie wissen, wer ihr Wohlthäter ist? darf man nicht arbeiten, würdigen Männern durch seine Vermittelung zur Beförderung und Belohnung zu verhelfen, ohne daß sie je erfahren, wem sie ihre Glück zu danken haben? u. s. w. Soll denn dieses alles auf öffentlichem Markte geschehen, damit man seinen Lohn dahin habe?

Zudem giebt es Dinge, die nicht länger gut sind, als sie geheim sind. Gesetzt, das Geheimnis der Freymäurer bestünde in der Kunst, das verwünschte Metall zu machen, wofür so viele ihre Seele und ihre Seeligkeit verkaufen, wie man wohl ehedem auch geglaubet hat; würden sie nicht die ganze Welt in die äusserste Unordnung und in das größte Unglück stürzen, wenn sie ihre Kunst bekannt machten?

Ueber dieses alles warum beschwert man sich, daß die Freymaurer nicht sagen wollen, was sie in ihren Logen machen? hat man denn ein Recht es zu wissen.

 

 

Der Landesherr kann sich in den Orden aufnehmen lassen

 

Ja freylich, spricht man, hat der Landesherr das Recht es zu wissen, und man antwortet: Vom Landesherrn war bisher die Rede nicht, sondern von einem jeden Dritten, den die Neugier plaget. Der Landesherr ist ohne Widerrede befugt, keine mit Grund verdächtige Zusammenkünfte zu leiden. Allein er siehet, daß andre Landesherrn den Orden würdigen, selbst Mitglieder desselben zu seyn, daß sie ihn in ihren Schutz nehmen und als ein Kleinod ihres Reiches oder ihres Landes betrachten, wie in den preußischen Provinzen, in Schweden, in England u. s. w. geschiehet; er siehet ferner viele von den rechtschaffensten seiner Diener und Unterthanen, gegen deren Treue und Redlichkeit er mißtrauisch zu seyn, nicht Ursache hat, an demselben Theil nehmen; er kann unmöglich ein einiges Extempel anführen, daß, ohnerachtet viele hundert Logen in Europa, ja in allen Ecken und Enden der Welt zum Theil schon von langen Zeiten her angeleget sind, nur ein Kind von demselben beleidiget, geschweige denn Unruhe im Staat gestiftet worden; hingegen kann ihm unmöglich verborgen seyn, daß der Orden überall, wo man seinen Wachsthum nicht verstöhret, herrliche Früchte träget.

 

Man kann also nicht ohne offenbare Ungerechtigkeit die Zusammkünfte der Freymäurer unter die verdächtigen rechnen und ein Fürst kann daher nicht ohne Mißbrauch seiner Gewalt die Offenbahrung desjenigen, was die Freymäurer geheim halten, auf einen andern Weg von ihnen fordern, als auf den, auf welchem sie mit gutem Gewissen und ohnbeschadet ihrer Verfassung solche ihm thun können und zu thun alle Stunden und Augenblicke nicht nur bereit, sondern begierig sind. Dieser Weg ist, wie man leicht erachtet, daß er, wie mehrere Kaiser, Könige und Fürsten gethan haben, sich in den Orden aufnehmen lasse. Nicht nur die Exempel beweisen, daß es ohne Nachtheil der höchsten Würden geschehen kann, sondern vernünftige Freymäurer wissen auch da Ceremoniel der Aufnahme dergestalt abzuändern, daß es zugleich mit dem Respect und der Devotion, die sie dem aufzunehmenden schuldig sind, und mit dem Wesen des Ordens vollkommen bestehet.

Er hat überdieses die Macht, die auch ein jeder andrer hat, so bald es ihm gefällt, die Mäurerey wieder zu verlassen. Man hat aber noch kein Beyspiel, daß ein Regent, der im Orden gewesen, ihn wiederum verlassen, und noch weniger, daß er ihn vor schädlich gehalten hätte.

Noch ferner überdieses giebt man sehr willig zu, daß der Fürst die Macht habe, die Freymaurer in seinem Lande nicht zu dulden, aber nicht durch die Verrathung ihres Geheimnisses aus der Welt auszurotten, wie, wenn er selbst kein Gewürz an seinen Speisen haben und auch nicht leiden will, daß seine Diener und Unterthanen dasselbe gemessen, er dessen Einfuhr in sein Land verbieten, aber, da andre Fürsten Gewürz essen wollen und den Ihrigen auch erlauben es zu gemessen, die ihm zuständigen Gewürzinseln selbst nicht ohne deren Beleidigung in die Luft sprengen kann.

 

 

Empfohlene Lektüre

 

Wem daran gelegen ist, mehrers, was für und wider die Freymäurer gesagt worden ist, zu wissen, dem können folgende Schriften dienen.

 

Joh. Jacob Moser von Geduldung der Freymäurergesellschaften, besonders in Rücksicht auf den Westphälischen Frieden. 8.1776.

Carl Hubert Lobreich von Plumenoek geoffenbarter Einfluß in das allgemeine Wohl der. Staaten der ächten Freymäurerey aus dem wahren Endzweck ihrer ursprünglichen Stiftung erwiesen,

und der Schrift des Königl. Dänischen Etatsrathes Joh. Jac. Mosers von Geduldung der Freymäurergesellschaften, besonders in Absicht auf den Westphälischen Frieden, entgegengesetzt, 8. Amsterdam 1777.

Anderweitige Beantwortung der Fragen des Herrn Etatsraths Moser von Geduldung der Freymäurergesellschaften in Rücksicht auf den Westphälischen Frieden, 8.1776.

Apologie des Ordens der Freymäurer von dem Bruder *** Mitgliede der Schottischen Loge zu P**. Neue ganz umgearbeitete und einzige authentische Ausgabe, 8. Philadelphia im Jahr 3882.

 

 

Widerlegung von acht Einwürfen

 

Einer ganz neuen Schrift, deren Verfasser sich selbst für einen Abgetretenen von den Orden ausgiebt und die den Titel führet:

Ueber Freymäurer. Erste Warnung, 8.1784.

müssen wir noch mit wenigem gedenken, und die darin enthaltenen Einwürfe kürzlich beleuchten.

Den ersten, warum der Staat das Geheimniß nicht wissen solle haben wir schon aufgeloset.

Der andre ist: es werden der Freymäurer täglich mehr und der rechtschaffenen Leute täglich weniger. Wir beantworten: man bearbeitet alle Tage die Wirthschaftskunst mehr, und täglich werden mehr Leute bankerot; man bringt jährlich mehr Gold und Silber aus Indien, und jährlich steigt der Geldmangel höher u. s. w.; ist etwa die Bearbeitung der Wirthschaftskunst, die Einfuhr des Goldes und Silbers aus andern Welttheilen hieran schuld?

Den dritten Einwurf, der von einer höchstärgerlichen Verpflichtungsformel bey der Aufnahme neuer Mitglieder hergenommen ist, löset der Verfasser selbst auf, indem er gestehet, sie seye nur in Bayerischen Afterlogen, die mit keiner der guten, als worin man hievon nichts wisse, in Verbindung stehen, im Gebrauche. Wir reden keiner Afterloge das Wort und haben von solchen, die in Bayern sind oder seyn sollen, keine Nachricht. Wir lassen also den Verfasser, was er von ihnen sagt, vor Gott und seinem Gewissen verantworten; der Ausdruck aber, daß er die entschlossenste zahlreichste Räuberbande nicht vor so gefährlich halte, als diese Verschwörung, muß nothwendig unbefangenen Lesern eine Aufrichtigkeit verdächtig machen.

Der Vierte, die Mildthätigkeit gegen die Armen seye affectirt, der wider die ächtesten Freymäurer am meisten gerichtet seyn muß, weil er sie am meisten trift, unterstützt diesen Verdacht. Wie würde es ihm gefallen, wenn man sagte, er mache es, wie es alle Abgetrettene zu machen pflegen, sein Eifer vor das gemeine Beste, den er durch die Verfolgung der unschuldigen Freymäurer sowohl als der schuldigen Afterfreymäurer beweisen will, seye nur affectirt?

Fünftens innerhalb dem Heiligthum würden Entwürfe ausgebrütet, wovon die übrigen Unwissenden oft unschuldige Werkzeuge seyn müßten. Vorausgesetzt, daß nicht von Afterlogen die Rede seye, die man nicht kennet und deren Vertheidigung man nicht über sich nimmt, so nenne er einen einzigen bösen Entwurf, der in der ächten Freymäurer Heiligthum ausgebrütet worden; er nenne nur einen einzigen , beweise ihn aber auch, oder nehme nicht übel, wenn man von ihm denket, wie man von Leuten, die dergleichen in allgemeinen Worten abgefaßte unerweisliche Beschuldigungen ausstossen, zu denken gewohnt und befugt ist.

Sechstens sollen die Bayrischen Freymäurer ihre Ränke auf die Exjesuiten geschoben haben, um sich die Vorwürfe vom Halse zu schaffen. Wir lassen die Exjesuiten in ihren Würden und Unwürden und dringen nur auf Beweis von Ränken, die ächte Freymäurer geschmiedet haben sollen.

Siebentens bey diesen Logen gelte der gröbste Materialismus und Epicureismus. Die Antwort auf die dritte und fünfte Beschuldigung gilt auch hier.

Endlich achtens spricht er von Infimisten oder Minervalen, denen allerley Bosheilen auszuführen aufgetragen würden. In den Logen der Freymäurer weis man nichts von Infimisten und Minervalen, man kann ihnen also auch nichts Gutes und nichts Böses auf. tragen. Hat der Verfasser andre Männer im Kopfe, so mache ers mit diesen aus und lasse die Freymäurer unangezapft.

In den Beylagen dieser Schrift ist nichts enthalten, weswegen wir uns noch länger bey derselben zu verweilen Ursache hätten.

 

 

Weitere Literatur

 

Wer sonst noch nähere Kundschaft von dem Orden einzuziehen wünschet, ohne sich mit demselben zu verbinden, der kann, wofern es ihm nicht darauf ankommt, was wahr oder falsch, vernünftig oder lächerlich ist von dem, das er lieset,

den verrathenen Freymäurerorden,

oder wenn er ihm noch tiefer ins Herz sehen will,

den zerschmetterten Freymäurer,

oder andre dergleichen Bücher lesen, wovon die Buchläden dergestalt wimmeln, daß man sogar schon ein gelehrtes Freymäurerjournal hat. Wir meynen

die Freymäurerbibliothek, wovon schon in der zweyten Auflage im Jahr 1782. zu Berlin zwey Stücke in gr8. herausgekommen sind, die einen ordentlichen Octavband ausmachen.

 

 

Medaillen

 

Es sind verschiedene Medaillen auf den Orden und vorzügliche Mitglieder desselben geschlagen worden. Die auf den Herzog Ferdinand von Braunschweig zum Vorschein gekommene stellt auf der einen Seite das Bildniß desselben mit der Umschrift: FERDINAND. DUX. BRUNS.  ET LUNEB. und der Unterschrift: OMN. IN GERM. UNIT. LIB. MURAR. SUPREM. MODERATOR. auf der Rückseite aber einen unter dem Auge der Vorsehung ruhenden Löwen vor mit der Ueberschrift: VIDI. VICI. QUIESCO. und der Unterschrift: OB. FELIC. REUNION. MURAR. LIBEROR. GERMAN.

 

Eine 1733 in England verfertigte Medaille stellet auf der Hauptseite das Brustbild eines Mannes mit kurzen lockigten Haaren vor mit der Umschrift: CAROLUS. SACVILLE. FL. und Auf der andern Seite den Gott des Stillschweigens, Harpocrates als eine nackte Mannsperson, die eine Blume auf dem Haupte hat, den Zeigefinger der rechten Hand auf die Lippen leget, den linken Arm auf eine halbe Säule stützt und m der linken Hand das Horn des Ueberflusses mit Blumen und Früchten gefüllt, in die Höhe gerichtet hält. Zu Füssen desselben ist auf beiden Seiten allerley Maurerhandwerksgezeug aufgestellt, mit der Ueberschrift: AB ORIGINE.

 

Man hat noch mehrere auf die Hamburgische, Braunschweigische, Frankfurter, Hallische und andre Logen geschlagene.

 

Ein unseres Wissens noch nicht gestochene schöne zu Frankfurt a. M. geprägte Schaumünze ist in nemlicher Grösse auf dem Titelblatt und am Ende dieser Schrift als eine Vignette abgedruckt, wovon die eine den Avers und die andre den Revers vorstellt.

 


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