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                     Die erste deutsche Nachricht zur Freimaurerei

 

 

Vossische Zeitung. Berlin, 1733, Nr. 6.

 

 

Aus Groß-Britannien, den 2. Jan.

 

Bey der neulich zu London gehaltenen Versammlung der Fremesen oder Frey-Maurer-Gesellschaft sind der Graf von Sutherland, die Lords Inchequin und Coleraine, nebst vielen anderen vornehmen Personen, als Mitglieder derselben, mit zu gegen gewesen, da man denn für die Dürftigen eine Steur von 50 Pf. Sterling zusammen gebracht, und zugleich beschlossen hat, nechstens aufs neue etwas für selbige zu colligieren.

 

Weil die Liebhaber der Zeitung wol gerne wissen möchten, was es mit dieser Fremesen- in Engelland aufgerichteten Gesellschaft für eine Bewandtniß haben soll, so dienet denenselben folgendes zur Nachricht.

Es hat diese Fremesen-Gesellschaft ihren Ursprung in Engelland genommen, und ist selbige zuerst von einigen gemeinen Maurern errichtet worden, es haben sich aber hiernechts auch vornehme Hnn. In diese Gesellschaft begeben, da selbige sich eines gewissen Geheimnisses gerühmet. Dieses Geheimniß wird von denen Gliedern der Gesellschaft bey ihrer Aufnahme offenbaret, es müssen sich aber selbige mittelst eines scharfen Eides verbinden, solches niemanden zu entdecken. Dahero, als eine gewisse vornehme Printzeßin, die dieses Geheimniß gerne wissen wollen, einen auch vornehmen Hn. dazu beredete, daß er sich in diesen Fremesen-Orden begeben, und hiernechst die Eröffnung solchen Geheimnisses von ihm begehret, hat derselbe ihr solches gleichwol abgeschlagen.

 

Man muss sich freilich über diese Geheimhaltung um so mehr verwundern, da so viele gemeine Handwercks-Leute zu dieser Gesellschaft gehören. Indessen fordern ihr Gesetze, daß ein jedes Mitglied derselben zu seinen nechsten Bedienten keine andere denn dergleichen Fremesen oder Frey-Maurer habe, daher man auch derselben fast in allen Reichen von Europa findet; sie kennen sich auch sogleich bey dem ersten Handschlage, auch an ihren Häusern, ohne daß man weiß, worin solches Zeichen bestehen.

 

Drey Glieder der Gesellschaft sind befugt, einen andern, vermittelst des abzulegenden Eydes, in dieselbe aufzunehmen.

 

Ihr Haupt soll ehemals der letzt verstorbene König von Engelland gewesen seyn, jetzo aber ist es der Hertzog von Richmond.

 

Der vornehmste Nutzen und Vortheil, den sonderlich gemeine Leute davon haben, bestehet darin, daß wenn einer dürftig ist, die andern Mitglieder verbunden sind, demselben nöthigen Unterhalt zu verschaffen: woraus zu schließen, daß obgedachtes Geheimniß in keinem solchen Kunst-Stücke bestehe, das viel Geld einbrächte.

 

Diese Frey-Maurer müssen zu gewissen Zeiten in Proceßion mit Schurtz-Fellen herum gehen, welches auch vornehme Herren mitmachen, und darf man sich um so viel weniger wundern, daß dergleichen angesehene Personen sich in diese Gesellschaft begeben, da jüngsthin ein vornehmer Printz, als er sich in Engelland befunden, sich zu einem Mitglied derselben aufnehmen lassen.

 

[Aus Eberhard Buchner: Das Neueste von gestern. Kulturgeschichtlich interessante Dokumente aus alten deutschen Zeitungen. Band 2, 1700-1750. München: Langen 1912, 283-284.]

 


 

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